On Wed, 19 Oct 2016 23:22:17 -0500, "Andrew B. Chung, MD/PhD"
<***@T3WiJ.com> wrote:
Satan Andrew Ben Hua Chung is a sadistic swine. Yes, he is.
He harasses Netizens.
He wants his "god" to kill people he does not like, see his web-site.
Satan Andrew Ben Hua Chung is responsible for the death of Markea Berry.
He is a danger to the public. If you see him: DO CALL THE POLICE!
Hebammen, Hausgeburt... * Angeklagte wegen Totschlags zu Freiheitsstrafe
von 6 Jahren + 9 Monaten verurteilt
http://transgallaxys.com/~kanzlerzwo/index.php?topic=8933
[*quote*]
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TG-1 * Transgallaxys Forum 1
July 06, 2016, 04:40:45 PM
TG-1 * Transgallaxys Forum 1 >
Kindesmisshandlung durch >
Hebammen, Hausgeburt, Geburtshäuser und die Welt des Göttinnenwahns >
Angeklagte wegen Totschlags zu Freiheitsstrafe von 6 Jahren + 9 Monaten
verurte
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Topic: Angeklagte wegen Totschlags zu Freiheitsstrafe von 6 Jahren + 9
Monaten verurteilt
Julian
Boltbender
Jr. Member
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Angeklagte wegen Totschlags zu Freiheitsstrafe von 6 Jahren + 9 Monaten
verurte
« on: June 12, 2016, 04:22:04 AM »
Auf dieses Urteil warten wir seit rund zwei Jahren. Die Einzelheiten
sind für deutsche Verhältnisse im Urteil erstaunlich gut aufgearbeitet
worden. Auch wenn nur ein Bruchteil der Vorgänge erwähnt wird, eines ist
klar: Dieses Erlebnis ist wie ein Kriegstrauma. Diese Mutter hat die
Hölle durchgemacht wegen einer "Ärztin und Hebamme", die in Deutschland
großen Ruhm genossen hat. Was die Meisten eben nicht wissen: wie wenig
berechtigt dieser Ruhm war. Diejenigen, die eben dies wissen, sind nach
wie vor eifrig dabei, Legenden zu stricken. Was die Meisten nicht
wissen: wie sehr diese Legenden notwendig sind, um von den eigenen
Versäumnissen, Taten und Untaten abzulenken.
Hier ist ein Fall aufgedeckt und aufgerollt worden. Der ist aber nicht
die Ausnahme und das Extrem, sondern der ist die Spitze des Eisbergs.
http://openjur.de/u/739937.html
[*quote*]
LG Dortmund
Rechtsprechung
Urteil vom 1. Oktober 2014 - Az. 37 Ks 3/11
LG Dortmund · Urteil vom 1. Oktober 2014 · Az. 37 Ks 3/11
Informationen zum Urteil
Gericht:LG Dortmund
Datum: 1. Oktober 2014
Aktenzeichen:37 Ks 3/11
Typ:Urteil
Fundstelle:openJur 2016, 3153
Verfahrensgang:
Tenor
Die Angeklagte wird wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von
sechs Jahren und neun Monaten
verurteilt.
Zur Kompensation der auf einem konventions- und rechtsstaatswidrigen
Verhalten der Strafverfolgungsbehörden beruhenden langen Verfahrensdauer
gelten
drei Monate
der Strafe als vollstreckt.
Gegen die Angeklagte wird für immer ein Berufsverbot als Ärztin und
Hebamme verhängt.
Die Angeklagte wird weiter verurteilt, an die Nebenklägerin Z1, geb. am
..., einen Betrag von 34.000,- , sowie an den Nebenkläger Z1, geb. am
..., beide wohnhaft ..., einen Betrag von 8.500,- , jeweils nebst
Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem
05.09.2012 zu zahlen.
Die Angeklagte wird weiter verurteilt, an die Nebenklägerin Z1 einen
Betrag in Höhe 6.894,12 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über
dem Basiszinssatz seit dem 05.09.2012 zu zahlen.
Die Angeklagte wird weiter verurteilt, an die Nebenklägerin Z1
monatlich, beginnend mit dem 01.08.2012, einen Betrag von 148,80 zu
zahlen.
Die Angeklagte wird verurteilt, an die Nebenkläger außergerichtliche
Anwaltskosten in Höhe von 3.097,45 nebst 5 % Zinsen hieraus seit dem
05.09.2012 zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass die Angeklagte verpflichtet ist, den
Nebenklägern sämtliche zukünftig entstehenden materiellen Schäden aus
der Geburtsbetreuung vom 30.08.2008, soweit die Ansprüche nicht auf
Sozialversicherungsträger oder andere Dritte übergegangen sind, zu 85 %
zu ersetzen.
Das Urteil ist, soweit es auf Zahlung an die Nebenkläger lautet, jeweils
gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu
vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten
des Adhäsionsverfahrens, die notwendigen Auslagen der Nebenkläger im
Straf- und Adhäsionsverfahren und ihre Auslagen im Straf- und
Adhäsionsverfahren.
Angewandte Strafvorschriften:
§§ 212, 13, 70 Abs. 1 StGB.
Gründe
I.
Lebenslauf
Die heute 60 Jahre alte Angeklagte wurde am ... in O1 geboren. Ihr im
Jahre 1980 verstorbener Vater war Gießer; ihre Mutter war nicht
berufstätig, sie versorgte den Haushalt. Mit einem jüngeren schwerst
geistig behinderten Bruder wuchs sie in geordneten familiären
Verhältnissen auf, wobei sie bereits früh hat Verantwortung übernehmen
müssen. Besonderheiten in der frühkindlichen Entwicklung gab es nicht.
Die Angeklagte besuchte den Kindergarten und wurde altersgerecht
eingeschult. Ab dem Jahre 1960 besuchte sie vier Jahre lang die
Volksschule und wechselte anschließend auf das Gymnasium. Die Angeklagte
durchlief die Schulzeit ohne Probleme, nur einmal musste sie ein
Kurzschuljahr wiederholen. Nach dem Abitur im Jahre 1973 studierte sie
zunächst an der Pädagogischen Hochschule in O1 Pädagogik und Psychologie
bis zum Jahre 1976. Den Studiengang schloss sie nicht ab und begann
stattdessen im April 1976 eine zweijährige Hebammenausbildung in der
Landesfrauenklinik O2.
Im Anschluss an ihre Ausbildung erhielt sie eine Vertretungsstelle im
Sankt-V.-Krankenhaus in O3 im Sauerland. Die Stelle behielt sie auch
während des nachfolgenden Medizinstudiums inne, das sie sich u.a. mit
Wochenendarbeiten im Krankenhaus finanzierte. Nach ihren Angaben
übernahm sie weiter Urlaubsvertretungen in den Augusta-Anstalten in O2,
dem St. R. Hospital in O4 und dem evangelischen Krankenhaus in O5.
Bereits im Rahmen ihrer Ausbildung entwickelte die Angeklagte große
Vorbehalte und Bedenken gegen die klinische Geburtshilfe, die sie
gegenüber Hebammen als kasernenmäßig und hierarchisch und gegenüber den
gebärenden Frauen als wenig einfühlsam und grob empfand. Nach ihrer
Einschätzung waren dramatische Situationen bei Klinikgeburten
überwiegend durch ein ärztliches Eingreifen initiiert worden und
lebensgefährliche Situationen ausnahmslos durch medikamentöse
Einleitungen, wehenunterstützende Infusionen, Eingriffe, wie die
künstliche Eröffnung der Fruchtblase, manuelle Dehnung des Muttermundes
und die Verabreichung von Schmerzmitteln, beeinflusst. Bereits in dieser
Zeit sowie nach Abschluss ihrer Hebammenausbildung orientierte sie sich
zur originären Geburtshilfe im häuslichen Umfeld.
In der Zeit von 1978 bis 1985 absolvierte die Angeklagte das
Medizinstudium an den Universitäten in O6 und O2, das sie erfolgreich
abschloss. Eine Facharztausbildung hat sie nicht absolviert. Zu ihren
nachfolgenden beruflichen Tätigkeiten hat die Angeklagte keine
Einzelheiten angegeben. Die Angeklagte betrieb eine Hebammen- und
Arztpraxis für Eltern und Kinder. Seit 1981 führte sie als Hebamme
zunehmend Haus- und Praxisgeburten durch. Als Lehrhebamme und Autorin
verschiedener Fachartikel verficht sie in besonderer Weise die Vorteile
der Hausgeburt im Gegensatz zur Entbindung in der Klinik und bezeichnet
sich selbst als Spezialistin für Beckenendlagen, wozu im einzelnen noch
Ausführungen erfolgen.
Die Angeklagte richtete in ihrem Tätigkeitsumfeld einen "Hebammenzirkel"
ein, mit dem Ziel, problematische außerklinische Geburten aufzuarbeiten
und daraus zu lernen, in dem Bestreben, eine "hochstehende
Geburtshilfekultur" weiterzuentwickeln. Tatsächlich hat die Angeklagte
allerdings keine der verschiedentlich unter ihrer Begleitung
komplikationsträchtig verlaufenden und tragisch endenden Geburten, die
die Kammer im Laufe des Verfahrens aufgeklärt hat, zum Gegenstand einer
Besprechung in diesem Zirkel gemacht.
In der Zeit von 1992 bis 1998 war die Angeklagte erste Vorsitzende des
Bundes freiberuflicher Hebammen Deutschlands, wobei sie unter anderem
mit der "Entwicklung eines Qualitätserhebungsbogens als Grundlage einer
Untersuchung zur außerklinischen Geburtshilfe" beschäftigt war. Die
Gesellschaft QUAG wertet mit diesem Bogen seit 1999 außerklinisch
begonnene und stattgefundene Geburten aus, wobei die Erfassung der
perinatalen Mortalität und Morbidität eine Maßzahl für die Qualität und
die Risiken der außerklinischen Geburt und der Standards im Bereich
dieser Geburtshilfe darstellt. Angesichts der von der Kammer im Rahmen
des Verfahrens gewonnenen Erkenntnisse muss die Aussagekraft dieser
Auswertung allerdings erheblich angezweifelt werden, da die Angeklagte -
mindestens - zwei Todesfälle anlässlich von ihr im Jahre 2008
begleiteter außerklinischer Geburten nicht gemeldet hat und die
Dunkelziffer auch im Hinblick auf andere außerklinisch tätige Hebammen
nicht einschätzbar ist.
Seit dem Jahre 1992 war die Angeklagte als Lehrhebamme an der O7-er
Hebammenschule tätig. In der Zeit seit 1993 führte sie
Fortbildungsseminare im gesamten Bundesgebiet, weiter auch in der
Schweiz, in Österreich und Luxemburg durch. Die Angeklagte ist u.a.
Mitautorin des Lehrbuchs "Hebammenkunde", bezüglich der Kapitel
"Mütterliche Geburtsverletzungen", "Beckenendlagen", "Schräg- und
Querlagen" sowie der Empfehlungen für "Hebammengeleitete Geburtshilfe".
Für den Deutschen Fachverband für Geburtshilfe hat die Angeklagte nach
ihren Angaben im Jahre 2008 eine "Empfehlung zur Leitung von
Beckenendlagengeburten" entwickelt. An die publizierten Empfehlungen
hält die Angeklagte sich bei der von ihr praktizierten Entbindungshilfe
jedoch nicht, worauf im einzelnen noch eingegangen wird.
Durch Verfügung der Bezirksregierung Arnsberg vom 22.12.2011 wurde im
Zusammenhang mit dem der Angeklagten in diesem Verfahren gemachten
Vorwurf eines Tötungsdelikts im Rahmen eines Geburtsgeschehens das Ruhen
der ärztlichen Approbation der Angeklagten sowie die sofortige
Vollziehung der Verfügung angeordnet. Durch Beschluss des
Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 21.03.2012
wurde nach anderslautender Entscheidung des Verwaltungsgerichts
Gelsenkirchen der Antrag der Angeklagten auf Wiederherstellung der
aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Verfügung vom 22.12.2011
abgelehnt. Das Gericht hat bei seiner Beurteilung das Verhalten der
Angeklagten anlässlich des hier zugrunde liegenden Geburtsvorgangs als
Indiz für eine unvertretbare Selbstüberschätzung der Angeklagten und das
Bestreben, ihr Entbindungskonzept unter allen Umständen und auch in
schwierigen Geburtssituationen durchzuziehen, angesehen, wobei die von
der Angeklagten praktizierte Geburtsmethode als potentiell
gefahrenträchtig für Kind und Mutter, mit der Folge einer konkreten
Gefahr für wichtige Gemeinschaftsgüter angesehen wurde.
Die Angeklagte ist verwitwet. Aus ihrer Ehe mit dem Lehrer M., der im
Jahre 2007 verstorben ist, sind drei in den Jahren 198x,198y und 198z
geborene Kinder hervorgegangen. Der 198y geborene Sohn, der nach den
Angaben der Angeklagten als Frühgeburt zur Welt gekommen ist, leidet
infolge einer Hirnblutung am 6. Lebenstag unter einer geistigen
Behinderung und lebt in einer Heimeinrichtung. Die Wochenenden verbringt
er zum Teil bei seiner Mutter. Das erste Kind der Angeklagten ist wohl
auch aus einer Beckenendlage geboren worden, ob als Klinik- oder
Hausgeburt, hat die Kammer nicht festgestellt.
Krankheiten oder Unfälle mit Schädelhirn- oder Rückenmarksbeteiligung
hat die Angeklagte nicht erlitten. Alkoholmissbrauch oder illegaler
Drogenkonsum bestehen nicht.
Die Angeklagte ist bislang strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten.
II.
1. Allgemeines Vorgeschehen
Die Angeklagte betrieb seit mehreren Jahrzehnten eine Hebammenpraxis in
O8 mit der Spezialisierung auf Haus- bzw. Praxisgeburten, wobei sie sich
selbst eine Kompetenz als erfahrene Begleiterin in schwierigen
Geburtssituationen zuschreibt und sich dabei insbesondere als Fachfrau
für die Entbindung von Beckenendlagen, worauf noch eingegangen wird,
bezeichnet. Darüberhinaus betrieb sie auf der Grundlage ihrer Ausbildung
zur praktischen Ärztin eine ärztliche Praxis, in der sie auch Kinder
behandelte.
Der Angeklagten ist nicht abzusprechen, dass sie sicher mit großem
Idealismus in den Hebammenberuf gestartet ist, und zwar mit dem
Bestreben, die Geburt eines Kindes als natürlichen Vorgang für Mutter
und Kind angenehm und ohne nicht notwendige Interventionen zu gestalten,
was in Kliniken in den 70-er und 80-er Jahren wohl überwiegend anders
praktiziert wurde. Ihr mit Idealismus und Kompetenz begonnener Weg hat
jedoch zu einem konkret nicht feststellbaren Zeitpunkt, mindestens
jedoch in den letzten Jahren vor dem Tatgeschehen im Jahre 2008, eine
Umkehrung in eine in keiner Weise vertretbare, selbstüberschätzende,
medizinische Erkenntnisse und geburtshilfliche Erfordernisse negierende,
ideologisierte Sichtweise erfahren. Die Angeklagte sieht sich nicht als
Teil eines in Verbindung mit der Schulmedizin optimalen und
gefahrenminimierenden geburtshilflichen Systems, sondern in Konkurrenz
zu Fachärzten in Geburtskliniken, wobei die in den letzten Jahren bzw.
Jahrzehnten zur Sicherheit der Gebärenden und des ungeborenen Kindes
gewonnenen und umgesetzten Erkenntnisse von ihr angesichts ihrer
ideologisierten Sichtweise abgelehnt und bewusst außer Acht gelassen
werden. Die Angeklagte propagiert eine interventionsarme Geburtshilfe,
sieht Geburtskliniken als "medizinische Konkurrenzbetriebe", sowohl
Vorsorgeuntersuchungen während der Schwangerschaft als auch die
notwendige Überwachung der mütterlichen und kindlichen Vitalparameter
während des Geburtsvorgangs als Verängstigung und Ausdruck angeblicher
vorgegebener Sicherheit, Aufklärung über Geburtsrisiken als Weitergabe
schädigender Informationen und zeitliche Beschränkungen eines
Geburtsvorgangs zum Ausschluss von Sauerstoffmangel des Ungeborenen als
überflüssig an. Nach ihrer Auffassung ist eine Klinikgeburt die
medizinischmathematische Seite und als am wenigsten kompetent für
interventionsarme, menschliche Betreuung, mit ihrer Sichtweise von
Geburt als intensivmedizinisch kontroll- und steuerungspflichtigem
Geschehen, anzusehen. Die Angeklagte differenziert dabei zwischen -
außerklinischer - "Geburtshilfe" und - klinischer - "Geburtsmedizin" und
ist der Auffassung, dass die "weibliche Suche/Sucht nach Kompromissen
und der männliche Glaube an institutionelle Normen (z.B.
Krankenhausstandards)" einen erheblichen Anteil an der Auflösung der
ursprünglich klaren Trennung der zwei sehr unterschiedlichen
Arbeitsprinzipien haben.
Die Angeklagte - was auch für zahlreiche weitere ihrem Kreis zugehörige
freiberuflich tätige Hebammen zutrifft - gibt dabei nicht nur
grundsätzlich einer Geburt in häuslicher Umgebung einer Klinikentbindung
in hochtechnisierten Kreißsälen den Vorrang, die sie angesichts der
Einstellung, dass es sich bei einer Geburt um einen natürlichen Vorgang
handelt, grundsätzlich ablehnt, sondern vertritt eine ideologisierte und
selbstüberzeugte Einstellung, die auch unter der Inkaufnahme von
lebensbedrohlichen Risiken für Mutter und Kind die Durchführung von
Hausgeburten präferiert. Die Überzeugung, die Geburt eines Kindes sei
als natürlicher biologischer Vorgang ein prinzipiell
selbstinduzierender, selbstregulierender und selbsterhaltender Prozess
mit vielen weitgehend unbekannten Kompensationsmechanismen und bedürfe
zunächst grundsätzlich keiner medizinischen und hochtechnisierten
Überwachung, hat sich bei der Angeklagten - wie dargelegt, zumindest in
den letzten Jahren - zu der ideologischen Sichtweise verfestigt, dass
eine Hausgeburt als natürliche Geburt auch bei schwierigen
Geburtssituationen gegenüber einer Entbindung in einer Klinik
vorzugswürdig sei, wobei selbst beim Auftreten von Komplikationen mit
medizinisch gebotener Einweisung in eine Klinik unter der Inkaufnahme
von Risiken für das Leben und die Gesundheit der Mutter und des
ungeborenen Kindes der Geburtsvorgang in dem sogenannten natürlichen
Rahmen fortgesetzt wird.
Anders als von ihr zum Teil in offiziellen Empfehlungen publiziert und
vertreten - wozu sie sich aufgrund der medizinisch bekannten Standards
veranlasst sieht -, hat die Angeklagte zumindest in den letzten Jahren
vor dem hier zugrunde liegenden Geburtsgeschehen im Jahre 2008 - für
frühere Zeiten mag insoweit etwas anderes gegolten haben - entgegen
aller medizinischen und geburtshilflichen Standards und der für Hebammen
geltenden gesetzlichen und berufsordnungsrechtlichen Regelungen keine
Unterscheidung zwischen risikoarmen und damit grundsätzlich möglichen
Hausgeburten und problematischen Geburten, die letztlich zur Vermeidung
von Risiken für die Gesundheit und das Leben von Mutter und Kind eine
nur unter Klinikbedingungen durchgeführte Entbindung vertretbar machen,
vorgenommen. Nicht nur der - zu Recht - kritisierte sorglose Umgang mit
der Indikationsstellung zu einer Schnittentbindung und die
Vervielfachung der Kaiserschnittfrequenz in den meisten hoch
entwickelten Ländern der westlichen Welt ist dabei Grundlage der von der
Angeklagten vertretenen Einstellung. Vielmehr ist eine grundsätzliche,
neben der Bewertung der Geburt als grundsätzlich natürlichem Vorgang,
unter anderem von einem Schicksalsgedanken getragene Ideologie der
Angeklagten sowie eine Selbstüberschätzung und Arroganz und die
Ablehnung und Negierung ihr bekannter medizinischer Notwendigkeiten
Hintergrund ihres Tätigwerdens und Handelns, wonach schließlich auch
sogenannte Risikogeburten, wie etwa Beckenendlagen,
Mehrlingsschwangerschaften bzw. Geburten nach vorangegangenem
Kaiserschnitt von ihr entgegen berufsrechtlicher Vorschriften als
Hausgeburten durchgeführt wurden. Den Inhalt ihrer Veröffentlichungen
kann man teilweise so verstehen, dass ein - ihr natürlich grundsätzlich
unerwünschter - Tod eines Kindes im Rahmen eines Geburtsvorgangs vor dem
Hintergrund einer Einstellung, dass Tod und neues Leben zusammen
gehören, und auch Geburt und Tod zusammen fallen können, als tragischer
Ausgang im Einzelfall und als schicksalhaftes Geschehen im Rahmen eines
natürlichen Vorgangs zu akzeptieren sei.
Zumindest bei Geburtsgeschehen im Jahre 2008 - jedenfalls in den der
Kammer insoweit bekannt gewordenen Fällen - hat die Angeklagte als
Erklärung für tragisch endende Geburtsvorgänge gegenüber den Eltern
medizinisch fernliegende, nicht verifizierte und - soweit zum Teil
nachweisbar - unzutreffende Diagnosen einer Virusinfektion oder
Organschädigung herangezogen. Die in den der Kammer im Laufe des
Verfahrens bekannt gewordenen tragischen Ausgängen, mit Tod, Behinderung
oder intensivmedizinischer Betreuung nach Reanimation endenden
Geburtsvorgängen einzig naheliegende und wahrscheinliche, bzw. im
angeklagten und einem mit Schwerstbehinderung eines Kindes endenden Fall
bewiesene Diagnose eines Sauerstoffmangels unter der Geburt wird von der
Angeklagten bewusst negiert. Vielmehr vertritt sie nach außen zudem als
Erklärung und Rechtfertigung für tragisch endende außerklinische
Geburten die medizinisch nicht verifizierbare These, dass es sowohl
während als auch nach der Geburt in seltenen Einzelfällen zum "Versagen
der zentralregulativen Steuerung beim Kind" kommen könne. Die Ursachen
für diese Fehlfunktion seien komplex, würden aber bei der Geburt von
Medizinern häufig als "Sauerstoffmangel" bezeichnet. Ab dem siebten
Lebenstag werde dieser "kindliche Systemzusammenbruch" dann als
"Plötzlicher Kindstod" bezeichnet. Tatsächlich gibt es einen solchen
"kindlichen Systemzusammenbruch" ohne konkrete Ursache nicht. Sowohl ein
intrauteriner Fruchttod als auch der Tod eines Kindes im Rahmen eines
Geburtsvorgangs hat eine konkrete Ursache, etwa in Form einer kindlichen
Fehlbildung, einer Plazentainsuffizienz, einer intrauterinen Infektion
oder von Nabelschnurkomplikationen. Ein unerforschter "kindlicher
Systemzusammenbruch" ist eine Fiktion der Angeklagten und ihr
nahestehender Hebammen. Vor dem Hintergrund dieser von ihr vertretenen
haltlosen Theorien hat die Angeklagte - auch nach dem hier
abzuurteilenden Geschehen im Juni 2008 und sogar noch während der
laufenden Hauptverhandlung, etwa im November 2013 - als Referentin bei
Fortbildungsveranstaltungen für Hebammen, u.a. zu den Themen unter den
Titeln "Erste Hilfe und Reanimation im Säuglingsalter im außerklinischen
Bereich" oder "Selbstregulation unter der Geburt - Potenziale und
Grenzen" Vorträge gehalten. Dabei vertritt sie unter anderem die
medizinisch unhaltbare These einer Sauerstoffspeichermöglichkeit der
Leber des Ungeborenen, die praktisch das Auftreten eines
Sauerstoffmangels im Rahmen der Geburt ausschließen würde, worauf im
einzelnen noch eingegangen wird.
Die Angeklagte genießt grundsätzlich bundesweit bei den ihrem
Gedankengut nahestehenden Kolleginnen und Müttern hohes Ansehen. Sie ist
als kompetente Fachfrau in diesen Kreisen im Hinblick auf Risikogeburten
anerkannt, und ihr Rat wird als maßgebend und richtungsweisend
eingeschätzt. Auch die Angeklagte selbst sieht sich grundsätzlich - wie
ihre "Anhängerinnen" - in einer solchen Position eines Kompetenzgefälles
als jemand, der Rat erteilt, diesen aber selbst nicht benötigt. Von der
Angeklagten und weiteren ihrer Anhängerinnen, die zum Teil als Zeuginnen
gehört worden sind, wird ein Sauerstoffmangel unter der Geburt als
Ursache des Todes von Neugeborenen entgegen ihrem Wissen und
medizinischen Standards quasi grundsätzlich abgestritten, um das Konzept
der unmedizierten natürlichen Geburt nicht in Frage stellen zu müssen.
Soweit von der Medizin eine solche - belegte - Einschätzung der
Todesursache von Neugeborenen angenommen wird, handelt es sich insoweit
nach Einschätzung dieses Hebammenkreises um Verdachtsdiagnosen, die
lediglich mangels einer tatsächlich erklärbaren Todesursache
unzutreffend als Plazentainsuffizienz - der mangelnden Funktion des
Mutterkuchens, bzw. als Azidose - einer Übersäuerung des Blutes und
Absinken des ph-Wertes infolge Sauerstoffmangels - klassifiziert würden.
Im Hinblick auf den Geburtsvorgang an sich vertritt die Angeklagte vor
dem Hintergrund eines ärztlichen Selbstverständnisses und der Verfolgung
ihres bestimmten Entbindungskonzepts die grundsätzliche Einstellung,
dass sich biologische Phasen, wie u.a. die Geburt, aufgrund ihrer
Komplexität nicht wirklich mit einer oder mehreren Maschinen
kontrollieren und steuern ließen. Vergleichbar sei dies mit einer
"Wiese, bei der man auch nicht täglich an einzelnen Grashalmen ziehe
oder sie stündlich messe, was dem Gras beim Wachsen auch nicht helfe".
Anderenfalls müsste sonst jeder Wachstums- und Umbruchprozess
kontrolliert und von außen gesteuert werden, so als wüsste man bereits
von vornherein, was das Beste für jedes Individuum in seiner jeweiligen
Situation sei. Die Angeklagte ist der Ansicht, dass sich eine Geburt
kaum über objektive Zahlenwerte und Zeitabläufe definieren lasse und
Entwicklung keine Sicherheit kenne. Selbst "Anfänge und Endigungen"
seien schwer zu bestimmen.
In der Klinik herrsche die Vorstellung von einer Geburt als lineare
Funktion von Geburtsstadien und Geburtsmechanik, bei der entsprechend
dieser Newtonschen Sichtweise gemessen würde - in Zentimetern
Muttermundsweite, in definierten Höhenständen des vorangehenden
kindlichen Teils und in festgelegten Zeiteinheiten. Anders als in der
Klinik gelte das Kind demgegenüber in der Hausgeburtshilfe nicht als
gefährdetes Subjekt, sondern als kompetentes Wesen, das z.B. aufgrund
seiner eigenen Hormonantwort auf den Wehenstress mitbestimmen könne, wie
lange seine Erholungsphasen sein müssten. Wenn das Kind gesund sei,
werde es seine unmedizierte, unmanipulierte Geburt gut überstehen, egal,
wie lange sie dauere und gleichgültig, welche vegetativen Reaktionen
sein Herz dabei zeige. Die klassische Hebammenfaustregel dazu laute:
"Sind die Wehen gut und kräftig, ist die kindliche Herztonfrequenz
sekundär". Nach Auffassung der Angeklagten ist ein Zeitfaktor danach von
keiner Bedeutung, und eine Geburt zuhause darf so lange dauern, wie sie
dauert. Im Unterschied zur klinischen Vorgehensweise sei es danach bei
der Hausgeburtshilfe nur wichtig, zu beurteilen, ob die einzelnen
Geburtsphasen adäquat, das heißt, ohne deutliche Warnzeichen,
durchschritten würden, wobei dies mit objektiver Zeit nach ihrer
Einschätzung nichts zu tun habe, auch nicht mit Zentimetern
Muttermundsweite oder entsprechenden Höhenständen des kindlichen Kopfes
oder Steißes. Hausgeburtshilfe sei faktisch Geburtshilfe ohne Zahlen.
Die Dauer einer Geburt habe grundsätzlich nichts mit einer
Sauerstoffmangelversorgung des Kindes zu tun, das Kind werde im
Mutterleib wie in einer besten Intensivstation versorgt.
Nach Einschätzung der Angeklagten ist danach eine Kategorisierung der
Klinikgeburt als grundsätzlich pathologisch und der Hausgeburt als
physiologisch anzunehmen. Im Hinblick auf Klinikentbindungen kritisiert
die Angeklagte, dass auf Schwangerschaft und Geburt durch eine
"pathologische Brille und unter dem Gefahrenaspekt " gesehen werde. Die
Frauen würden sich dieser technischen Akribie unterordnen, wobei
versucht werde, von außen ein komplexes selbstregulierendes System zu
kontrollieren. Das klinische Angebot von "Sicherheit" versuche, den
Schicksalsgedanken "Der eine kommt, der andere geht", nahezu zu
verleugnen. Es zählten nur fachliche Betreuung, technische Kontrolle und
die Möglichkeit medizinischer Eingriffe. Sicherheit werde als machbar,
von außen kommend und vielfach lebensrettend dargestellt. Dagegen werde
in der Hausgeburtshilfe die Geburt als funktionierender Prozess
begriffen, mit der man unter günstigen Umständen selbst zurecht kommen
könne. "Kohärenzgefühl" sei der Ausdruck für die stimmige Verbundenheit
eines Menschen mit sich selbst und seiner Umwelt. Sicherheit sei dabei
"systemimmanent", also etwas, was im bekannten Rahmen bestehe und nicht
von außen hinzugegeben werden müsse. Allenfalls die als kompetent
begriffene Hebamme könne etwas "von außen" zur Sicherheit beitragen.
Bei diesen Beurteilungen der Angeklagten handelt es sich um fatale
Fehleinschätzungen, und mit den von ihr vertretenen ideologisierten und
selbstüberschätzenden Ansichten und dem von ihr verfolgten
Entbindungskonzept steht die Angeklagte nicht nur im Widerspruch zu den
- ihr insgesamt bekannten - medizinischen Standards der Geburtshilfe,
sondern auch zu sämtlichen berufsrechtlichen Vorschriften und den
zwischen Medizinern und Geburtshelfern und von der Hebammenschaft zur
Sicherung der Geburtshilfe entwickelten Leitlinien und Empfehlungen, an
denen die Angeklagte zum Teil sogar selbst beteiligt war.
Vorsorgeuntersuchungen während der Schwangerschaft beinhalten entgegen
der Einstellung der Angeklagten keinen "Angstappell", sondern dienen der
frühzeitigen Erkennung von problematischen Entwicklungssituationen, um
ggf. entsprechende Maßnahmen zur Gesunderhaltung von Mutter und Kind zu
veranlassen. Des weiteren ist es wissenschaftlich erwiesen, dass gewisse
Faktoren, wie etwa die rechnerische Übertragung der Schwangerschaft,
bzw. die Überschreitung des errechneten Geburtstermins, im Hinblick auf
eine Einschränkung der für das Ungeborene lebenswichtigen
Versorgungsfunktion der Plazenta und damit einhergehender Auswirkungen
auf die Entbindung, von Bedeutung ist, und sowohl normale als auch
insbesondere sogenannte pathologische Kindslagen gerade nicht
unüberwacht und zeitlich unbegrenzt hingenommen werden können, sondern
ein solches Vorgehen ganz massive lebensgefährdende Risiken für das
Ungeborene und zum Teil auch die Mutter bedingt, abgesehen davon, dass
eine Durchführung von Hausgeburten bei den sogenannten
Risikoschwangerschaften nach berufsrechtlichen Vorschriften gar nicht
zulässig ist. Bei von der Angeklagten betreuten Geburten hat sich -
zumindest - seit dem Jahr 2007 gerade dieses typische, durch Überwachung
sicher auszuschließende Risiko des Todes oder einer Behinderung des
Kindes infolge Sauerstoffmangels unter der Geburt wiederholt
verwirklicht.
Rechnerische Überschreitung des Geburtstermins/Übertragung:
Die rechnerische Überschreitung des errechneten Geburtstermins stellt
nach medizinischen Erkenntnissen infolge einer zunehmenden Einschränkung
der Funktion des Mutterkuchens (Plazentainsuffizienz) das Risiko einer
Minderversorgung bis hin zu einem Sauerstoffmangel und dem Absterben des
ungeborenen Kindes dar, was deshalb eine engmaschige und kontinuierliche
Überwachung des Ungeborenen bedingt. Die normale Schwangerschaftsdauer
beträgt 280 Tage, 40 Wochen bzw. 10 Mondmonate, woran sich eine 7-, 14-
oder 21-tägige rechnerische Übertragungszeit anschließt. Wenn das
Schwangerschaftsalter auf die Angabe der Schwangeren des ersten Tages
der letzten Periode bezogen wird (Amenorrhoedauer), ist die Bestimmung
des rechnerischen Entbindungstermins mit einem hohen Unsicherheitsfaktor
behaftet. Die Ultraschalluntersuchung der Scheitel-Steißlänge des
Ungeborenen im ersten Trimenon der Schwangerschaft ist daher heute als
zuverlässiger Standard für die Festlegung des Gestationsalters
unbestritten. Ebenso ist unzweifelhaft, dass das Morbiditäts- und
Mortalitätsrisiko im Hinblick auf eine Funktionseinschränkung der
Plazenta nach Überschreiten der 280 Tage ansteigen, was eine regelmäßige
Kontrolle des Gesundheitszustandes der Schwangeren und des Ungeborenen
erfordert. Dabei wird der Zeitraum vom 280. bis zum 294. Tag als
Überschreitung des errechneten Geburtstermins, und eine Überschreitung
ab dem 294. Tag als Übertragung bezeichnet. Es besteht ein bekannter
Kausalzusammenhang zwischen rechnerischer Übertragung, intrauterinem
Fruchttod, Totgeburt und Morbidität. Das Risiko einer Totgeburt weist
einen vierfachen Anstieg nach der 42. Schwangerschaftswoche auf, im
Hinblick auf die neonatale Mortalität ist von einem dreifachen Anstieg
nach 42 Schwangerschaftswochen auszugehen. Aufgrund der Tatsache der
Zunahme der Sterblichkeit nach Erreichen des sicheren Geburtstermins
nach 280 Tagen oder 40 Schwangerschaftswochen wird aus diesem Grund in
der Gynäkologie seit einigen Jahren empfohlen, Schwangerschaften nach 40
bzw. 41 Schwangerschaftswochen entweder sehr sorgfältig in zweitägigen
Abständen zu überwachen oder die Geburt einzuleiten. Bis zum Jahre 2011
wurde noch eine Überschreitung von 14 Tagen bis zum 294. Tag toleriert,
danach war bereits eine Reduzierung auf 10 Tage erfolgt, bevor unter
klinischen Bedingungen eine Einleitung der Geburt vorgenommen wird.
Während dieser Zeit der rechnerischen Überschreitung wird von
Geburtsmedizinern eine engmaschige zweitägliche Kontrolle der Herztöne
des ungeborenen Kindes und der Wehentätigkeit mittels CTG
(Kardiotokografie) über einen Zeitraum von 30 Minuten empfohlen. In
Kombination mit durchgeführten Doppler-Untersuchungen zur
Blutflussmessung sowie zur Fruchtwasservolumenmessung lässt sich ein
gutes Bild über den Zustand des Ungeborenen gewinnen und der Gefahr
einer Plazentainsuffizienz durch eine rechtzeitige Einleitung der Geburt
entgegenwirken.
Die Angeklagte hat vor dem Hintergrund ihrer ideologischen Einstellung
der grundsätzlichen Überflüssigkeit von Kontrolle bei einer
Überschreitung des rechnerischen Entbindungstermins vielfach nicht
einmal ein CTG geschrieben und dies erst recht nicht in den
erforderlichen zeitlichen Abständen getan.
Dauer der Geburt:
Auch die von der Angeklagten vertretene Einstellung, eine Geburt dürfe
so lange dauern, wie sie brauche und ein gesundes Kind werde jede Geburt
überstehen, gleichgültig, welche vegetativen Reaktionen sein Herz dabei
zeige, ist falsch. Auch für die zulässige Dauer des Geburtsvorgangs sind
anhand statistischer Untersuchungen Empfehlungen im Hinblick auf eine
zeitliche Begrenzung erfolgt. Grundlage sind Erkenntnisse und
statistische Untersuchungen über die Abhängigkeit der Asphyxiehäufigkeit
(als fetale oder intrauterine Asphyxie wird eine Unterversorgung des
Fötus durch ungenügende Sauerstoffzufuhr durch die Nabelvene bezeichnet,
etwa bei Plazentainsuffizienz oder Nabelschnurvorfall), der
Azidosefrequenz (der Übersäuerung des Blutes) und der Sterblichkeit der
Kinder von der Geburtsdauer. Die vorliegenden Befunde führen zu der
Empfehlung, die einzelnen Geburtsphasen auf bestimmte Zeiten zu
beschränken. Die Geburt beginnt mit dem Einsetzen regelmäßiger
muttermundswirksamer Wehen oder mit einem vorzeitigen Blasensprung,
wobei drei Phasen unterschieden werden - Eröffnungs-/Austreibungs- und
Nachgeburtsperiode. Danach wird überwiegend eine Begrenzung der
Eröffnungsperiode, des Zeitraums bis zur vollständigen
Muttermundseröffnung, auf 12 Stunden, der Austreibungsphase - deren
Beginn mit der Feststellung der vollständigen Muttermundseröffnung exakt
bestimmbar ist - auf ½ bis 1 1/2 Stunden, maximal 2 Stunden, der darin
enthaltenen Pressperiode auf 20 bis maximal 30 Minuten und der
Nachgeburtsperiode auf 1 Stunde empfohlen. Bei Überschreiten dieser
Grenzwerte nimmt die Gefährdung besonders des ungeborenen Kindes zu. Ein
Überschreiten der Grenzwerte wird als protrahierte Geburt bezeichnet,
wobei es hierfür allerdings keine allgemein anerkannte Definition gibt,
wie auch nicht für die Dauer der einzelnen Geburtsabschnitte. Nach der
bayrischen Perinatalerhebung wird eine Geburtsdauer über 12 Stunden als
protrahiert bezeichnet; zum Teil wird ein Zeitraum von 15 bis 20 Stunden
angenommen. Grundlage dieser zeitlichen Grenzwerte ist die Erkenntnis,
dass die kindliche Gefährdung durch eine Sauerstoffmangelversorgung bei
einem längeren Geburtsverlauf erheblich zunimmt und insbesondere die
Austreibungsphase die Zeit der höchsten hypoxischen Gefährdung
darstellt, da es zu einer Verminderung und sogar passageren Aufhebung
der intrauterinen Durchblutung kommt.
Übereinstimmung besteht unabhängig von zeitlichen Grenzwerten in Bezug
auf die Dauer der einzelnen Geburtsabschnitte aber dahingehend, dass
unabhängig von der Parität bei Fehlen eines Geburtsfortschritts während
zwei Stunden in der Eröffnungsperiode und einer Stunde während der
Austreibungsphase von einem Geburtsstillstand auszugehen ist, der die
Entscheidung zu einer sekundären Sectio nahelegt. Einigkeit besteht auch
darüber, dass sowohl eine längere Eröffnungs- als auch Austreibungsphase
nur bei unauffälligen fetalen subpartalen Parametern überschritten
werden kann. Die durchschnittliche Geburtsdauer beträgt bei einer
Erstgebärenden 6 bis 7 und einer Mehrgebärenden 3 bis 4 Stunden, die
Austreibungsphase bei einer Erstgebärenden durchschnittlich 54 Minuten
und bei einer Mehrgebärenden 18 Minuten. Die Überschreitung der
empfohlenen Grenzwerte bedingt nicht notwendig eine Schnittentbindung.
Das weitere Vorgehen entscheidet sich in einem solchen Fall aufgrund des
Muttermundbefundes und der kindlichen Herzfrequenz. Erforderlich ist
aber eine kontinuierliche Überwachung des Kindes durch eine
kardiotokographische Kontrolle (CTG) und gegebenenfalls
Mikroblutuntersuchungen, bei denen aus Steiß oder Kopf des Ungeborenen
eine Blutentnahme zur Überprüfung der Azidität - des Säuregehaltes - des
kindlichen Blutes erfolgt, da die andauernde Wehentätigkeit einen
erheblichen Stress für die Gebärende und das Ungeborene bedeutet. Bei
der Mutter resultieren daraus oft Erschöpfungserscheinungen und eine
sekundäre Wehenschwäche. Eine reduzierte Sauerstoffversorgung infolge
einer Minderperfusion der Plazenta bei langer Wehentätigkeit kann beim
Fetus eine Azidose auslösen. Eine solche Fetalblutanalyse zur Abklärung
des kindlichen Zustands ist außerklinisch nicht möglich, weshalb ein
protrahierter Geburtsverlauf eine Verlegung in ein Krankenhaus bedingt.
Für die Angeklagte ist der Umstand der Überschreitung der Grenzwerte von
keiner Bedeutung, da nach ihrer Einstellung eine Geburt so lange dauern
darf, wie sie dauert.
Unabhängig von einem protrahierten Geburtsverlauf ist auch jeder normale
Geburtsvorgang zur Sicherheit des Kindes durch die regelmäßige
Überwachung der Herztöne zu kontrollieren. Soweit bei außerklinischen
Geburten dafür kein CTG zur Verfügung steht, was nicht zwingend
erforderlich ist, werden die Herztöne durch die Hebamme mittels eines
Doptons oder eines vergleichbaren Geräts - wobei es sich um ein kleines,
tragbares, batteriebetriebenes Ultraschallgerät handelt - bzw. - weniger
zuverlässig bzw. erschwert - mit einem Hörrohr kontrolliert. Die Befunde
sind auch nach der Berufsordnung für Hebammen regelmäßig zu erheben und
zu dokumentieren. Danach sind die Herztöne dem Geburtsverlauf angepasst
in kurzen Zeitabständen zu ermitteln und zu dokumentieren. Bei einer
verlängerten Austreibungsphase ist das Befinden der Gebärenden genau zu
beschreiben; ergänzende Angaben über die Häufigkeit und Qualität der
Wehen sowie über den Zustand des Kindes sind erforderlich.
Auch dieser Umstand wird von der Angeklagten, die eine solche
Überprüfung im Rahmen von ihr begleiteter Geburtsvorgänge nur sporadisch
und ohne die nach der Hebammenberufsordnung gegebenen
Dokumentationspflicht vorgenommen hat, negiert. Die Angeklagte
unterlässt eine solche Dokumentation, aber auch Erhebung bewusst, da sie
die Auffassung vertritt, die Dokumentation der Befunde in einem
formalisierten System widerspreche der Arbeit einer freiberuflichen
Hebamme; die "so genannten" Vitalparameter seien bei einer gesunden
Gebärenden erst erforderlich bei einem Hinweis auf Krankheit oder
drohender Dekompensation - wobei die Angeklagte allerdings auch in
diesen Fällen eine entsprechende Kontrolle unterlassen hat, wie noch
dargelegt wird -, Krankheit bei einer gesunden Frau mit klinischen
Parametern auszuschließen, gehöre zum klinischen Verfahren, während die
Arbeit der Hebamme im außerklinischen Bereich überwiegend
soziopsychologischer Natur sei; der Versuch, einen biologischen Prozess
wie eine Geburt in einem Zwei-Stunden-Rhythmus zu bewerten, habe sich in
der Hausgeburtshilfe nicht bewährt, erst bei einem offensichtlichen
Geburtsstillstand setze das klinische Prozedere ein, welches die
Berufsordnung als Regel annehme. Je erfahrener eine Hebamme sei, desto
weniger vaginale Untersuchungen brauche sie, um den Geburtsfortschritt
zu beurteilen. Als weiteres Argument gegen die Dokumentation und
Kontrolle der Vitalparameter führt die Angeklagte die
Persönlichkeitsrechte der Gebärenden an, von der nicht alles, was sie
sage und tue, protokolliert und mit medizinischen Maßstäben gemessen
werden könne. Nach ihrer Ansicht hat sich in den letzten Jahrzehnten
eine interventionsarme Hebammengeburtshilfe entwickelt, die mit den
erlernten klinischen Standards nicht viel gemein habe, sondern
individuelle Gegebenheiten berücksichtige und deshalb als sehr sicher
gelten könne. Die Berufsordnung für Hebammen gehe an den Erfahrungen der
Hausgeburtshebammen in diesem Bundesland vorbei und sei eine
maßgeschneiderte Dienstanweisung für Klinikhebammen. Sie sei in erster
Linie geprägt durch die Angst vor juristischer und fachlicher
Verantwortung.
Die regelmäßige Überwachung der kindlichen Herztöne - auf die zeitlichen
Erfordernisse wird noch eingegangen - ist tatsächlich von ganz
erheblicher Bedeutung.
Während der Geburt kann es infolge von Sauerstoffmangel unter anderem zu
einer vorübergehenden Abnahme der fetalen Herzfrequenz, einer so
genannten Dezeleration kommen. Dabei können besonders Dezelerationen,
die jeweils im Anschluss an eine Wehe auftreten, Hinweis auf eine
Gefährdung des Kindes geben. Aber auch Dezelerationen, die wehensynchron
auftreten, können Zeichen einer akuten Gefährdung sein, wenn sie schon
am Geburtsbeginn regelmäßig auftreten, und dann Anlass für ein
geburtshilfliches Eingreifen geben. Bei einer über drei Minuten
fortbestehenden FHF unter 120 bpm (beats per minute) spricht man von
einer leichten, unter 100 bpm von einer schweren Bradykardie. In diesen
Fällen ist eine schnelle Geburtsbeendigung mittels Kaiserschnitt von
erheblicher Bedeutung, um eine Schädigung bzw. den Tod des Kindes
infolge Sauerstoffmangel zu vermeiden. Eine sichere
Beurteilungsgrundlage ist nur die kontinuierliche Überwachung der
kindlichen Herzfrequenz.
Risikoschwangerschaften:
Entgegen der von der Angeklagten praktizierten Geburtshilfe entspricht
es desweiteren medizinischen Standards und sämtlichen Empfehlungen und
Richtlinien der Ärzte und Hebammenschaft, dass Risikoentbindungen, die
mit einem erhöhten Risiko für die Mutter oder das Kind verbunden sind,
worunter etwa Schwangerschaften mit pathologischen Kindslagen oder einer
Erkrankung der Schwangeren sowie Mehrlingsgeburten oder Entbindungen
nach Kaiserschnitt zählen, grundsätzlich nicht geplant als Hausgeburt,
sondern unter den sicheren Bedingungen einer Klinikgeburt, zum Teil
sogar mit der Möglichkeit einer neonatologischen Versorgung der
Neugeborenen, durchgeführt werden sollen.
Die Angeklagte war sich dieser gesamten Umstände in vollem Umfang
bewusst.
Gem. § 2 der Berufsordnung für Hebammen und Entbindungspfleger (HebBO
NRW) sind diese verpflichtet, ihren Beruf entsprechend dem jeweiligen
Standard der medizinischen, psychologischen, soziologischen und
geburtshilflichen Erkenntnisse gewissenhaft auszuüben, sich über die für
die Berufsordnung geltenden Vorschriften zu unterrichten und diese zu
beachten. Danach ist die Durchführung von Normalgeburten bei Schädellage
eine im Rahmen dieser Aufgaben ausgeführte Tätigkeit. Die Durchführung
von sog. Risikogeburten, u.a. Beckenendlagengeburten - der im
vorliegenden abzuurteilenden Fall gegebenen Geburtslage, worauf im
einzelnen noch eingegangen wird - ist nur in Dringlichkeitsfällen, d.h.
soweit das rechtzeitige Aufsuchen einer Klinik infolge überraschenden
Einsetzens der Geburtswehen oder der Feststellung erst im Rahmen des
fortgeschrittenen Geburtsverlaufs nicht mehr möglich ist, zulässig.
Hebammen haben nach § 3 der Berufsordnung auf Regelwidrigkeiten und
Risikofaktoren zu achten und ggf. für ärztlichen Beistand zu sorgen. Das
Behandeln pathologischer Vorgänge bei Schwangeren, Gebärenden,
Wöchnerinnen und Neugeborenen ist Ärztinnen und Ärzten, vorbehalten.
Bei der Beckenendlage oder auch Steißlage handelt es sich um eine
Normabweichung der Kindslage (Poleinstellung), bei der nicht der Kopf,
sondern das Beckenende des ungeborenen Kindes vorangeht. Dabei befindet
sich der Kopf am oberen Rand der Gebärmutter; das Kind liegt im
Mutterleib mit dem Kopf nach oben. Der führende Teil ist der Steiß bzw.
die Beine des Kindes in verschiedenen Variationen.
Eine spontane Geburt - und nicht zwingend ein Kaiserschnitt - ist auch
bei dieser Kindslage grundsätzlich möglich, gestaltet sich aber deutlich
schwieriger und ist mit weitaus höheren Risiken verbunden, weil der
Geburtskanal durch das Becken des Kindes für das einfache Passieren des
Kopfes nicht genug geweitet wird. Gleichzeitig wird die Versorgung des
Kindes über die Nabelschnur beim Durchtritt des Kopfes durch das Becken
behindert. Bei der spontanen Beckenendlagengeburt ist vor allem eine
Gefährdung des ungeborenen Kindes zu befürchten. Die Risiken liegen
insbesondere in einer hypoxischen Gefährdung (Sauerstoffunterversorgung)
des Kindes, da die Nabelschnur häufiger als bei der Schädellage
komprimiert wird und es häufiger zu Nabelschnurvorfällen kommt, und es
gerade in der Austreibungsphase signifikant häufiger zu einem
protrahierten Geburtsverlauf kommt, da die Beinhaltung zu einem
Schienungseffekt der fetalen Hüfte führt, wodurch es zu einer
Pendelbewegung des Steißes kommt, was häufig verhindert, dass sich die
vordere fetale Gesäßhälfte unter der Symphyse in das kleine Becken
vorschiebt. Zu befürchten sind zudem kindliche Geburtsverletzungen des
Skelettsystems und des peripheren Nervensystems. Unter der Geburt ist
insbesondere eines Hochschlagen der Arme des Kindes eine
lebensbedrohliche Komplikation, da dadurch die Geburt des Kopfes
behindert wird und die Arme erst manuell gelöst werden müssen, wobei die
zuvor genannten Komplikationen bis hin zum Tod des Kindes unter der
Geburt eintreten können. Bei der spontanen Beckenendlagenentbindung ist
die Erfahrung und das praktischtechnische Können des Geburtshelfers von
erheblicher Bedeutung, der insbesondere auch unterstützende Handgriffe
zur Entwicklung des Kopfes, wie den nach Veit-Smellie und den
Bracht-Handgriff beherrschen muss, um eine mögliche Unterversorgung des
Kindes möglichst kurz zu halten. Da bei dieser Kindslage deutlich
häufiger mit dem Auftreten von Komplikationen und dem Erfordernis eines
sekundären Kaiserschnitts, unter Umständen auch eines Notkaiserschnitts,
zu rechnen ist, soll die Geburt nach den berufsrechtlichen Vorschriften
der Hebammen und sämtlichen Leitlinien und Empfehlungen zur
außerklinischen Geburtshilfe nur unter klinischen Bedingungen erfolgen.
Nach den vom Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen erstellten
Richtlinien über die ärztliche Betreuung während der Schwangerschaft und
nach der Entbindung ("Mutterschafts-Richtlinien") ist im Hinblick auf
die Erkennung und besondere Überwachung von sog. Risikoschwangerschaften
und Risikogeburten eine Aufstellung erhöhter Risikofaktoren und
entsprechender Maßnahmen erfolgt. Danach sind Risikoschwangerschaften,
aus denen sich auch Risikogeburten entwickeln können, solche, bei denen
aufgrund der Vorgeschichte oder erhobener Befunde mit einem erhöhten
Risiko für Leben und Gesundheit von Mutter und Kind zu rechnen ist.
Unter anderem werden hierunter Mehrlingsschwangerschaften und
pathologische Kindslagen, u.a. die Beckenendlage, gerechnet,
Schwangerschaften nach vorangegangenem Kaiserschnitt, bestimmte
Erkrankungen der Mutter, sowie eine Überschreitung des Geburtstermins
bzw. Unklarheit über den Termin. Auf der Grundlage dieser bestehenden
Risiken ist der betreuende Arzt gehalten, die Schwangere bei der Wahl
der Entbindungsklinik unter dem Gesichtspunkt zu beraten, dass die
Klinik über die nötigten personellen und apparativen Möglichkeiten zur
Betreuung von Risikogeburten verfügt. Hebammen wird der Inhalt dieser
Richtlinien in ihrer Aus- und Weiterbildung ebenso vermittelt, wie sie
auch darüber informiert werden, wie die Zusammenarbeit zwischen Ärzten -
womit gynäkologische Fachärzte gemeint sind - und Hebammen in der
Geburtshilfe unter Zugrundelegung der "Mutterschafts-Richtlinien" zu
erfolgen hat.
Die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e.V.(DGGG) -
eine wissenschaftliche Fachgesellschaft, die Wissenschaft und Bildung
auf dem Gebiet fördert und die ständige Erneuerung diagnostischer und
therapeutischer Richtlinien und Empfehlungen garantiert, wobei die
neuesten Erkenntnisse der Wissenschaft auf dem Deutschen Kongress für
Gynäkologie und Geburtshilfe alle zwei Jahre vorgestellt werden - hat im
Hinblick darauf, dass sowohl im klinischen als auch im außerklinischen
Bereich Ärzte (Gynäkologen) und Hebammen auf Zusammenarbeit angewiesen
sind, Empfehlungen zur Zusammenarbeit von Arzt und Hebamme in der
Geburtshilfe erarbeitet, die der Bund deutscher Hebammen 2001
veröffentlich hat. Darin wird Hebammen vermittelt, welche Tätigkeiten
inklusive Geburtshilfe von ihnen eigenverantwortlich durchgeführt werden
können und dürfen und in welchen Fällen Ärzte, womit Fachärzte der
Gynäkologie gemeint sind, bzw. Kliniken hinzugezogen werden müssen. Nach
diesen Empfehlungen sind Hebammen und Entbindungspfleger - wie es der
Berufsordnung entspricht - berechtigt und verpflichtet, in eigener
Verantwortung die Normalgeburt bei Schädellage sowie im
Dringlichkeitsfall die Beckenendlagengeburt durchzuführen; Anzeichen für
Anomalien und Risikofaktoren bei Mutter oder Kind, die das Tätigwerden
einer Ärztin oder eines Arztes oder die Einweisung in ein Krankenhaus
erforderlich machen, festzustellen sowie bei ärztlichen Maßnahmen
mitzuwirken oder bei Nichterreichbarkeit der Ärzte oder des Arztes die
notwendigen Maßnahmen durchzuführen. Im Hinblick auf Hausgeburten und
Geburten im Geburtshaus wird in Zusammenhang mit den
Hebammenberufsordnungen auf einen niedergelassenen Frauenarzt als
ärztlichen Geburtshelfer hingewiesen. Im Hinblick auf die in der
Hebammenberufsordnung enthaltene Definition der "Normalgeburt" enthalten
die Empfehlungen der DGGG eine dezidierte Auflistung derjenigen Befunde,
die als nichtnormal, nicht mehr physiologisch oder pathologisch
einzustufen sind. Danach sind Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett
primär dann als regelrecht, normal oder physiologisch anzusehen, wenn
während der Schwangerschaft keine Risiken diagnostiziert wurden, und
wenn keine geburtsrelevanten Risiken der Kataloge A und B des
Mutterpasses bestehen. Unter anderem enthält die Auflistung als
Ausschluss einer Normalgeburt folgende Kriterien:
eine Schwangerschaft mit Risiken für Mutter und Kind, wie bei Lage- oder
Poleinstellungsanomalien, einem erhöhten Präeklampsierisiko bei
auffälligen Laborwerten;
eine geplante Geburt mit Risiko für den Einsatz spezieller Handgriffe,
wie bei Entwicklung aus Beckenendlage oder eines 2. Zwillings, mit
Risiko für Plazentalösungsstörungen oder einer Uterusruptur, wie bei
Zustand nach einer Sectio, mit dem Risiko für überwachungs- bzw.
behandlungspflichtige Besonderheiten oder Erkrankungen der Mutter, z.B.
bei bestehener Präeklampsie/Eklampsie.
Sämtliche solche als "nichtnormal", nicht mehr physiologisch oder
pathologisch zu qualifizierenden Geburten, deren Durchführung ihr nach
der Hebammenberufsordnung untersagt ist, hat die Angeklagte allein als
Haus- bzw. Geburten in ihren Praxisräumen durchgeführt.
In den Empfehlungen der DGGG ist weiter geregelt, dass die Hebamme die
Schwangere bei der Wahl ihres ins Auge gefassten Entbindungsortes zu
beraten hat, und was im Rahmen einer außerklinischen Entbindung zu
beachten ist. Danach haben die Hebammen, die außerklinisch entbinden,
eine eigene Hinweis- und Aufklärungspflicht. Anlässlich einer Hausgeburt
hat die Hebamme mit der Schwangeren zu besprechen, welche logistischen
Vorkehrungen sie getroffen hat, um Komplikationen zu begegnen. Sie hat
Absprache mit Ärzten zu treffen, die bei auftretenden Komplikationen zum
Ort der Hausgeburt kommen und/oder Absprachen mit den Einsatzleitstellen
von Rettungsfahrzeugen und mit Kliniken, die zum Transport und zur
Aufnahme eines Notfalls bereitstehen; sämtlich Umstände, die die
Angeklagte ganz überwiegend aus Prinzip unbeachtet gelassen hat.
Die DGGG hat des weiteren im Jahre 2006 eine Beckenendlagen-Leitlinie
unter der Leitung des im hiesigen Verfahren tätigen Sachverständigen
Prof. Dr. C1 veröffentlicht. Danach muss für eine vaginale Geburt aus
Beckenendlage in der Geburtsklinik ein versierter Facharzt anwesend
sein. In der Geburtsklinik soll ein neonatologisches und
anästhesiologisches Team jederzeit für den geburtshilflichen Einsatz
abrufbar sein, gegebenenfalls müssen diese Teams anlässlich einer
Entbindung aus Beckenendlage anwesend sein. Weiter wird darauf
hingewiesen, dass ein protrahierter Geburtsverlauf neben den üblichen
Kriterien für eine sekundäre Sectio eine größere Rolle als bei einer
Geburt aus Schädellage spielt.
In weiteren vom Bund deutscher Hebammen und freiberuflicher Hebammen
herausgegebenen Empfehlungen und Auswahlkriterien für die Wahl des
Geburtsortes (Hebammengeleitete Geburtshilfe), deren Mitautorin die
Angeklagte war, ist eine Übereinkunft erfahrener Hausgeburtshebammen
formuliert worden, die Hebammen und schwangeren Frauen helfen soll, die
vernünftigste Wahl für den jeweiligen Ort der Geburt sowie der
entsprechenden Begleitung zu treffen. Danach müssen Hebammen fähig sein,
Abweichungen vom regulären Schwangerschafts- und Geburtsverlauf zu
erkennen, die Eltern darüber aufzuklären und unter Berücksichtigung
ihrer Wünsche sinnvoll Einfluss zu nehmen. Bei Regelwidrigkeiten müssen
sie in der Lage sein, notwendige Maßnahmen zu ergreifen, um bei
pathologischen Geburtsverläufen medizinische Versorgung einzuleiten und
ärztliche Unterstützung hinzuzuziehen.
Im Hinblick auf Krankheiten oder Besonderheiten mit chronischem Verlauf
ist nach den Empfehlungen bei der Entscheidung für den Geburtsort
abzuwägen, ob die in der Schwangerschaft festgestellten Besonderheiten
eine zusätzliche akute Gefährdung für den Geburtsverlauf darstellen und
ob die gut vorbereitete Versorgung zuhause mit der in der Klinik
gleichgestellt werden kann, wobei eine Hausgeburt nicht empfohlen wird
und nur auf Wunsch der Frau und nach umfassender Aufklärung die
Anbetreuung oder Begleitung zuhause möglich ist. Insbesondere u.a. bei
dem Vorliegen einer Beckenendlage soll nach den o.g. Empfehlungen die
freie Wahl des Geburtsortes nur nach umfassender Aufklärung und auf
besonderen Wunsch der Frau und der Hinzuziehung eines versierten
Geburtshelfers oder der Verlegung in Betracht kommen. Keine freie Wahl
des Geburtsortes, sondern vielmehr die klinische Betreuung unter der
Geburt ist dagegen hiernach nötig, wenn sich Besonderheiten während der
Geburt ergeben, wozu unter anderem eine Beckenendlage mit einem sog.
protrahierten Geburtsverlauf - d.h. wie dargelegt, das Vorliegen einer
verlängerten Eröffnungs- und/oder Austreibungsphase -, zählt.
In einem von ihr als Mitautorin verfassten Kapitel zur Beckenendlage in
dem Buch "Hebammenkunde", einem Lehrbuch für Schwangerschaft, Geburt,
Wochenbett und Beruf, tritt die Angeklagte für eine natürliche Geburt
ein, wobei sie jedoch allein die klinische vaginale Geburt im Gegensatz
zur Schnittentbindung darstellt, eine außerklinische Geburt - entgegen
ihrer Einstellung und tatsächlichen Vorgehensweise - aber offiziell
weder als Möglichkeit anspricht noch propagiert. Sie weist in dem
Kapitel darauf hin, dass Studien gezeigt hätten, dass nach "eingehender
Risikoselektion" und bei entsprechend "logistischen Voraussetzungen"
sowie ausreichender Erfahrung der Geburtshelfer "in einer Klinik" kein
erhöhtes Spätmorbiditätsrisiko für vaginal geborene Kinder aus
Beckenendlage gegenüber den per sectio entbundenen Kindern bestehe. In
jedem Fall solle vor einer vaginalen Beckenendlagen-Geburt eine
gründliche Untersuchung der Mutter durch den geburtshilflichen Facharzt
erfolgen (Ultraschallmessung: kindlicher Kopf, Thorax,
Fruchtwassermenge, mütterliche Beckenmaße etc.), um ein
Kopf-Becken-Missverhältnis auszuschließen. Mit den Eltern seien die Vor-
und Nachteile beider Entbindungsformen ausführlich zu besprechen. Die
Geburtsleitung der vaginalen Entwicklung einer Beckenendlage sei heute
in den meisten Kliniken ärztliche Tätigkeit, jede Hebamme müsse aber in
der Lage sein, im Dringlichkeitsfall ein Kind aus Beckenendlage zu
entwickeln. Als erforderliche Vorbereitungen zur Beckenendlagen-Geburt
werden in dem Kapitel u.a. ein venöser Zugang, die Bereitstellung von
Oxytocininfusionen, eine Bereitschaft der Anästhesie, eine ausreichende
Analgesie des Beckenbodens durch eine Pudendus- oder Periduralanästhesie
und eine Episiotomie - ein Dammschnitt - bei Erstgebärenden, um für den
nachfolgenden Kopf den Geburtsweg zu verkürzen und zu begradigen,
aufgeführt - alles Vorkehrungen, die bei einer Haus- bzw. Praxisgeburt
nicht in der Form zu leisten sind, und von der Angeklagten bei den von
ihr begleiteten außerklinischen Entbindungen aus Beckenendlage nicht nur
zu keinem Zeitpunkt getroffen, sondern aus grundsätzlichen Erwägungen
abgelehnt wurden.
Die Angeklagte führte unter anderem - was in Bezug auf das angeklagte
Geburtsgeschehen von Bedeutung ist - Geburten aus Beckenendlage als
Haus- und Praxisgeburt allein durch, ohne eine Aufklärung der
Kindseltern über die erhöhten Risiken vorzunehmen, ohne die Vor- und
Nachteile beider Entbindungsarten zu besprechen, ohne Vorbereitungen für
eine eventuell erforderliche Verlegung in ein Krankenhaus und die
Durchführung eines Kaiserschnitts zu treffen, ohne den Geburtsverlauf
und die Vitalparameter der Gebärenden und des Ungeborenen in
ausreichendem Maße zu überwachen und ohne in entsprechenden kritischen
Situationen angemessen zu reagieren. Die von Klinikärzten vorgenommene
Aufklärung hält sie für die Weitergabe schädigender Informationen und
vertritt die Einstellung, es sei die Entscheidung des Kindes, so geboren
zu werden, wobei es uns gebühre, Vertrauen in die Fähigkeiten des
Ungeborenen zu haben, diesen Geburtsverlauf gut zu überstehen. Dies sei
eine günstigere Basis, als es, noch weit bevor eine Gefährdung zu
erkennen wäre, retten zu wollen. Die medizinischen Erkenntnisse hält sie
für Angst machende Vorurteile und plädiert für eine antihysterische
Sichtweise. Die Angeklagte negiert dabei auch wissenschaftlichen
Erkenntnissen und ihren Kenntnissen zuwider die Gefahr der
Nabelschnurkompression bei der Geburt aus Beckenendlage. Sie vertritt
dies nach außen mit Erklärungen, dass die gut geschützte Nabelschnur
kaum mit einem kugeligen Gegenstand in noch dazu feuchter Umgebung
abdrückbar sei, und der kurze Moment zudem für das flexible Ungeborene
leicht tolerierbar wäre.
Auch in Bezug auf andere erhöht risikobehaftete Geburtsvorgänge
verfolgte die Angeklagte ihr Entbindungskonzept einer natürlichen
außerklinischen Geburt.
Die als sogenannte Risikoschwangerschaften bezeichneten
Schwangerschaften, die einen komplikationsträchtigen Geburtsverlauf
erwarten oder befürchten lassen, beinhalten, wie dargelegt, gegenüber
sog. normalen Schwangerschafts- und Geburtsverläufen gesteigerte Risiken
für das Leben von Mutter und Kind, die einer außerklinischen Entbindung
entgegenstehen. Die heute erreichte extrem niedrige peripartale
Sterblichkeit ist bedingt durch verschiedene Faktoren: die
Überwachungsmöglichkeiten während der Schwangerschaft sind heute so
ausdifferenziert, dass es gelingt, viele Risikokonstellationen schon
während der Schwangerschaft zu erkennen; ein weiterer Gesichtspunkt ist
die engmaschig mögliche Überwachung der Schwangeren auch während der
Geburt, wozu ein Kardiotokogramm (CTG) neben weiteren apparativen
Überwachungsmöglichkeiten wie der Ultraschalluntersuchung und der
Mikroblutuntersuchung ein wichtiges Instrument darstellen. Darüber
hinaus ist es in der klinischen Geburtshilfe möglich, auf überraschende
und unvorhersehbare Komplikationen im Geburtsverlauf sehr zeitnah zu
reagieren. In qualifizierten Perinatalzentren gelingt es, wie dargelegt,
regelmäßig bei einer akuten Notfallsituation mit einer Verschlechterung
der kindlichen Herztöne im Rahmen des Geburtsvorgangs innerhalb von
weniger als 10 Minuten eine Entbindung mittels Kaiserschnitt
herbeizuführen.
So besteht etwa bei den von der Angeklagten begleiteten Geburten nach
einer vorangegangenen Kaiserschnittentbindung das gesteigerte Risiko
einer Narbenruptur, die zu einem massiven Blutverlust und der Gefahr des
Todes der Mutter und des ungeborenen Kindes, das in einem solchen Fall
unmittelbar von der Sauerstoffversorgung abgeschnitten wird, einhergeht.
Wenn das Risiko einer Ruptur mit ca. 0,3 bis 0,8 % auch als gering
einzuschätzen ist, ist im Falle des Eintretens einer solchen
Uterusruptur unmittelbar eine Notsectio erforderlich, die innerhalb
eines Zeitraums von maximal 20 Minuten erfolgen muss, um Schäden sicher
ausschließen zu können, was im Rahmen einer Hausgeburt nicht zu leisten
ist.
Auch die vaginale Beckenendlagenentbindung - die im vorliegenden Fall
zugrunde liegt - beinhaltet, wie oben dargelegt, gesteigerte Risiken,
insbesondere für das ungeborene Kind, wie eine längere Geburtsdauer,
einen vorzeitigen Blasensprung, einen Nabelschnurvorfall, eine
vorzeitige Plazentaablösung sowie in der Austreibungs-/Pressperiode ein
Hochschlagen der kindlichen Arme, eine Deflexion des Kopfes, als
Geburtstrauma eine intrakranielle Blutung sowie eine Kompression der
Nabelschnur und eine Asphyxie - einen drohenden Erstickungszustand durch
Absinken des arteriellen Sauerstoffgehalts bei gleichzeitiger
Kohlendioxidretention. Gerade bei einer Beckenendlagenentbindung kommt
es überzufällig häufig zu pathologischen Herztonabfällen und der
Notwendigkeit einer raschen, häufig auch notfallmäßigen
Geburtsbeendigung mittels Kaiserschnitt. Bei dem bei einer
Beckenendlagengeburt häufigen Vorliegen eines sog. protrahierten, d.h.
verzögerten Geburtsverlaufs bestehen die fetalen Risiken in der
prolongierten Beeinträchtigung des Gasaustausches in der Plazenta. Es
kommt unter anderem zu einem Abfall der pH-Werte. Bleibt die dabei
resultierende Hypoxämie über längere Zeit bestehen, so resultiert aus
der ungenügenden Sauerstoffversorgung im Gewebe eine Hypoxie mit der
Gefahr der Zerstörung von Organgewebe mit entsprechenden funktionellen
Ausfällen.
Um Beckenendlagengeburten deshalb sicher für Mutter und Kind leiten zu
können, bedarf es aus ärztlicher Sicht mehrerer Voraussetzungen. Der
Geburtshelfer muss in jeder Geburtsphase die jeweils möglichen
Komplikationen im Voraus bedenken, um bei Auftreten einer Komplikation
adäquat reagieren zu können. Danach sind Facharztstandard und ständige
Anästhesieverfügbarkeit unbedingte Voraussetzung. In jeder Phase der
Geburt muss die Möglichkeit gegeben sein, ohne Zeitverlust vom vaginalen
Vorgehen auf den abdominalen Weg umzusteigen, mit den personellen und
apparativen Voraussetzungen zur Durchführung einer vaginalen
Beckenendlagengeburt. Unter der Geburt hat eine kontinuierliche
CTG-Registrierung zu erfolgen, d.h. eine Kardiotokographie - ein
Verfahren zur simultanen Registrierung der Herzschlagfrequenz des
ungeborenen Kindes und der Wehentätigkeit bei der werdenden Mutter. Die
EE-Zeit (Entscheidungs-/Entbindungszeit), die die Zeit zwischen dem
Entschluss zur sekundären Sectio und der Entwicklung des Kindes
kennzeichnet, muss weniger als 20 Minuten betragen, bei Eintritt eines
Notfalls muss sie unter 10 Minuten liegen, was außerklinisch unmöglich
ist.
Die Angeklagte, die neben einer Ausbildung zur Hebamme über ein
abgeschlossenes Medizinstudium verfügt - wobei sie jedoch praktische
Ärztin und keine Gynäkologin ist -, der neben der Berufsordnung
sämtliche Leitlinien bekannt sind und die u.a. an den Empfehlungen im
Hinblick auf die Entbindung von Risikoschwangerschaften durch den Bund
freiberuflicher Hebammen mitgearbeitet hat, waren diese sämtlichen
Umstände zu jedem Zeitpunkt bewusst. Gleichwohl hat sie eine Kontrolle
des Zustandes des ungeborenen Kindes auch nach einer Überschreitung des
errechneten Geburtstermins nicht bzw. nur ungenügend vorgenommen und
sowohl Mehrlingsschwangerschaften als auch Schwangerschaften nach einer
Sectio sowie Beckenendlagen außerklinisch und ohne das Treffen von
Vorkehrungen für den Fall eines erforderlich werdenden Notkaiserschnitts
in zahlreichen Fällen durchgeführt. In zwei der Kammer bekannt
gewordenen Entbindungen von Drillingen - die angesichts des
erforderlichen erheblichen personellen Aufwands selbst in
Entbindungskliniken kaum mehr spontan entbunden werden - wäre selbst
eine notfallmäßige Verlegung in ein Krankenhaus bei Eintritt einer
Geburtskomplikation in angemessenem zeitlichen Rahmen nicht einmal
möglich gewesen, da die Entbindungen auf einer Insel, auf der sich kein
Krankenhaus befindet, durchgeführt wurden. Mehrlingsschwangerschaften
sollen jedoch schon aus dem Grund, dass es sich aufgrund des geringeren
Geburtsgewichts der Kinder zumeist um Frühgeburten handelt, nicht nur
ausschließlich klinisch, sondern zudem idealerweise unter Anbindung an
ein Perinatal- oder neonatologisches Zentrum entbunden werden, um eine
sichere Versorgung der Kinder gewährleisten zu können. Bei einer
Mehrlingsgeburt besteht aufgrund einer Überdehnung der
Gebärmuttermuskulatur häufig das Risiko einer Wehenschwäche sowie weiter
die Gefahr einer vorzeitigen Plazentalösung, die unter anderem eine
massive Sauerstoffunterversorgung des Kindes bis hin zum Tod zur Folge
haben kann; wobei es sich bei der vorzeitigen Plazentalösung um ein
bekanntes Risiko handelt, das sich bei einer von der Angeklagten
begleiteten Zwillingsgeburt verwirklicht hat.
Vor dem Hintergrund ihrer ideologischen Sichtweise unterlässt die
Angeklagte auch insoweit vorgeburtliche Aufklärungen, erforderliche
Überwachungsmaßnahmen während des Geburtsgeschehens, Vorsorgemaßnahmen
für eine eventuell erforderliche Verlegung und die Beachtung der
möglichen Risiken. Im Hinblick auf Zwillingsgeburten vertritt die
Angeklagte die Einstellung, dass nach Erfahrungen aus der Tierwelt sich
das komplexe System Geburt auch hier selbst regulieren würde,
zusätzliche Ultraschallkontrollen während der Schwangerschaft zu
unterlassen seien, wenn sie eine psychische oder physische Belastung für
die Frau darstellen würden.
Die Gefahr der Uterusruptur nach vorangegangenem Kaiserschnitt stellt
sie fälschlich als ein 1:1000 Risiko dar und verbreitet weiter die
Auffassung, dass das Klinikprozedere nicht prinzipiell sicher und bei
gleich hoher Sicherheit mit der außerklinischen Geburtshilfe nicht für
jede Frau das Richtige sei; zudem könne eine Ruptur in der Hektik des
Klinikbetriebes eher übersehen werden als von ihr. Soweit die Angeklagte
einzuhaltende erforderliche Vorkehrungen im Rahmen der außerklinischen
Geburtshilfe in von ihr verfassten Artikeln zwar publiziert, wie etwa
die gute Kooperation mit der Klinik - telefonische Information mit
entsprechender OP-Bereitschaft bei schnellem Transport - hat sie solche
tatsächlich bei keiner der von ihr betreuten Risikogeburten getroffen
und vielmehr sogar gegen ausdrücklichen ärztlichen Rat unter Hinweis auf
eine bestehende akute Lebensgefahr für das Ungeborene einer Schwangeren
nach Sectio gemeinsam mit dieser die Klinik wieder verlassen und die
Geburt zunächst als Hausgeburt weiter betreut, bis es zum Eintritt einer
Uterusruptur kam, worauf im einzelnen noch eingegangen wird.
Bei den Kindseltern, von denen die Kammer einige im Rahmen der
Beweisaufnahme als Zeugen vernommen hat, die sich gleichwohl - zum Teil
auch entgegen dem ausdrücklichen Rat des behandelnden Gynäkologen - in
derartigen risikobehafteten Schwangerschaften für eine außerklinische
Geburt unter Begleitung durch die Angeklagte entschieden haben, handelt
es sich vielfach um Paare bzw. Frauen, die entweder, zum Teil mit einer
esoterischen Sichtweise, selbst eine "klinik- und
schulmedizinfeindliche" Einstellung unter zum Teil bewusster Inkaufnahme
von Risiken für ihr Leben und das ihres Kindes vertreten, oder um
Eltern, die angesichts mangelnder Aufklärung über die entsprechenden
Risiken einer außerklinischen Geburt seitens der Angeklagten im
konkreten Fall nicht in der Lage waren, eine tragfähige und fundierte
Entscheidung treffen zu können. Die der ersten Kategorie zugehörigen
Eltern haben dabei im Rahmen ihrer Zeugenvernehmungen oftmals ihrer
Überzeugung Ausdruck verliehen, zu der Entscheidung über das Schicksal
ihres Kindes berechtigt zu sein, wie dies auch später ihrer
Erziehungsberechtigung entspreche, und die Verantwortung für den
Geburtsvorgang und die Entscheidung zu einer bestimmten Entbindungsart
allein tragen zu dürfen.
Das offenbar im Verlauf ihrer langjährigen außerklinischen
Berufstätigkeit entwickelte Entbindungskonzept der Angeklagten, einer
"natürlichen" und damit nicht nur einer Haus- bzw. Praxisgeburt den
Vorrang gegenüber einer Entbindung in einer Klinik einzuräumen, hat
zumindest in den letzten Jahren vor dem hier zugrunde liegenden
Tatgeschehen eine dahingehende Einstellung entwickelt, auch bei den ihr
bekannten Geburtsrisiken bei Vorliegen besonderer
Schwangerschaftsverläufe, und absehbaren und naheliegend zu erwartenden
Komplikationen während einer Geburt, medizinische und geburtshilfliche
Standards außer Acht zu lassen, keine Vorkehrungen im Hinblick auf eine
ggf. medizinisch gebotene Hinzuziehung klinischer Hilfe zur Vermeidung
gesundheitlicher Gefahren für Mutter und Kind zu treffen, und damit
letztlich auch das Risiko einer Schädigung des Kindes im Rahmen eines
solchen natürlichen Geburtsgeschehens als schicksalhaftes Geschehen
hinzunehmen.
Im Rahmen der Hauptverhandlung sind der Kammer neben dem angeklagten -
mit dem Tode des gesunden Mädchens G. Z1 endenden Geburtsvorgang vom
30.06.2008 - mehrere weitere in den Jahren 2005 bis 2010 von der
Angeklagten begleitete, bzw. in einem Fall initiierte und unterstützte,
außerklinische Geburtsvorgänge bekannt geworden, die in zwei Fällen mit
dem Tod der Neugeborenen, einem schwerstbehinderten Kind und weiteren
Fällen akut lebensbedrohter Neugeborener ausgingen. Mit Ausnahme eines
tödlichen Geburtsausgangs, den die Kammer nicht weiter aufklären konnte,
sind die Folgen mit hoher Wahrscheinlichkeit bzw. zum Teil sicher
feststellbar auf die Selbstüberschätzung der Angeklagten, die Negierung
ihr bekannter medizinischer Notwendigkeiten, die idealisierte und
ideologisierte Verfolgung ihres "natürlichen" Entbindungskonzeptes und
die Überschreitung beruflicher Kompetenzen unter Missachtung
berufsordnungsrechtlicher Regelungen und Leitlinien zurückzuführen.
Angesichts des möglichen Verhaltens der im Falle tödlich endender
Geburtsvorgänge eventuell hinzugerufener Notärzte, die aus Unwissenheit,
mangelnder Erfahrung oder fehlendem Engagement - einen solchen Fall hat
die Kammer festgestellt - eine falsche oder unzulängliche Bewertung der
Todesursache vornehmen, oder der Kindseltern, die aufgrund ihrer
Einstellung oder infolge fehlender psychischer Belastbarkeit an einer
Aufklärung der Todesursache ihres bei der Geburt verstorbenen Kindes
nicht interessiert sind, ist darüber hinaus die Vermutung der Kammer,
dass es eine weitere Dunkelziffer tragisch ausgegangener Geburtsverläufe
gibt, nicht unbegründet.
Die Kammer hat im Rahmen der Hauptverhandlung zur Beurteilung der
Kenntnisse, der Erfahrungen, der Einstellung und der Risikobereitschaft
der Angeklagten konkrete Feststellungen zu folgenden Geburtsvorgängen
treffen können:
- der Geburt des toten Kindes F. Z5 am 23.05.2005
- der Geburt des schwerstbehinderten Kindes A. Z3
am 27.08.2007
- der Geburt des zugleich verstorbenen Kindes L. Z2 am
29.03.2008
- der Geburt des verstorbenen Kindes G. Z1 am 30.06.2008
(angeklagtes Tatgeschehen)
- der Geburt des infolge Sauerstoffmangels reanimationspflichtigen
Kindes J. Z6 am 25.07.2008
- zweier Drillingsgeburten ohne klinische Anbindung
auf der Insel O13 am 21.01.2008 und am 05.08.2008 sowie
- einer Zwillingsgeburt am 15.01.2009.
Darüberhinaus sind Feststellungen zu weiteren Geburtsverläufen bis zum
Jahre 2010, z.T. unter Beteiligung einer zweiten Hebamme, getroffen
worden, die ebenfalls die Entbindung von Risikogeburten anstelle im
erforderlichen klinischen Umfeld unter Inkaufnahme
komplikationsträchtiger Geburtssituationen - die sich zum Teil mit
lebensbedrohlichen Ausmaßen verwirklicht haben - beinhalteten, die als
Haus- bzw. Praxisgeburt begonnen worden und sodann - und die
überwiegende Anzahl auf Initiative einer zweiten beteiligten Hebamme
oder der Kindsmutter - mit einer Verlegung in ein Krankenhaus geendet
haben, wobei teilweise die Durchführung eines Notkaiserschnitts zur
Lebensrettung von Mutter und Kind erforderlich war.
Dabei ist sämtlichen Geburtsvorgängen, die Gegenstand der
Hauptverhandlung waren, immanent, dass die Angeklagte eine unmedizierte,
interventionsarme und im wesentlichen unüberwachte Geburt durchgeführt
hat. Sie hat insgesamt wissenschaftliche und medizinische Erkenntnisse
über Zeitvorgaben, Kontrollerfordernisse und die Erforderlichkeit
klinischer Überwachung negiert. Weder sind ausreichende Kontrollen und
Beachtung von Zeitvorgaben im Vorfeld der Geburt nach einer
Überschreitung des errechneten Geburtstermins, noch während des
Geburtsvorgangs erfolgt, obwohl der Angeklagten bewusst geworden ist,
dass nach Überschreitung dieser Zeitvorgaben eine signifikante Erhöhung
der Sauerstoffunterversorgung des Ungeborenen eintreten kann. Auch die
während der Geburt zwingend erforderlichen Kontrollen des mütterlichen
und kindlichen Status zur Einschätzung einer Gefahrensituation für das
ungeborene Kind, die auch im Rahmen einer Hausgeburt möglich und
mindestens nötig sind, wie die Messung des mütterlichen Pulses und
Blutdrucks und die regelmäßige Messung der kindlichen Herzfrequenz, sind
unterblieben und allenfalls völlig unzureichend sporadisch erfolgt, und
auch bei eindeutigen Anzeichen einer kindlichen Stresssituation, die als
Hinweis auf eine Asphyxie gedeutet werden mussten, nicht vorgenommen
worden. Nicht nur im Rahmen normaler physiologischer Geburtsvorgänge,
sondern unverändert auch bei der Begleitung der oben beschriebenen
Risikogeburten, die im Hinblick auf die erhebliche Risikoerhöhung
außerklinisch bereits gar nicht hätten stattfinden dürfen - wie
Mehrlingsgeburten, Beckenendlagen, Entbindungen nach einem Kaiserschnitt
und bestehenden Schwangerschaftserkrankungen der Mutter, wie einer
EPH-Gestose - hat die Angeklagte bewusst sämtliche medizinischen und
hebammenrechtlichen Standards und Empfehlungen außer Acht gelassen.
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Julian
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Re: Angeklagte wegen Totschlags zu Freiheitsstrafe von 6 Jahren + 9
Monaten verurte
« Reply #1 on: June 12, 2016, 04:24:15 AM »
2. Vortat-/Tat- und Nachtatgeschehen
Vortatgeschehen
Feststellungen zur Geburt des Kindes F. Z5
am 23.05.2005
Die zu diesem Zeitpunkt 39-jährige Kindsmutter Z5 war im Jahre 2005 mit
dem fünften Kind schwanger. Bei einer der vorangegangenen
Schwangerschaften war eine Geburt durch einen sekundären Kaiserschnitt
beendet worden. Etwa ein Jahr zuvor war ein ca. einjähriges Kind infolge
einer Meningitis verstorben. Die Schwangerschaft verlief problemlos und
die regelmäßigen Vorsorgeuntersuchungen bei der betreuenden Gynäkologin
waren insgesamt unauffällig. Die letzte Vorsorgeuntersuchung erfolgte am
30.04.2005 in der 38. Schwangerschaftswoche. In der 41.
Schwangerschaftswoche setzten nach Wehen über den gesamten Tag am Abend
des 22.05.2005 gegen 23.00 Uhr stärkere Wehen ein. Am Abend nahmen die
Kindseltern erstmals Kontakt zu ihrer Hebamme, der Zeugin Z7, auf, die
in der Nacht zu einem konkret nicht feststellbaren Zeitpunkt zwischen
01.00 Uhr und 02.00 Uhr im Haus der Kindseltern in O12 eintraf.
Die 1958 geborene Hebamme Z7 betreibt ein Geburtshaus in O10 bei O11 und
hat wiederholt mit der Angeklagten, insbesondere im Rahmen von Geburten
aus Beckenendlage, zusammengearbeitet. Die Zeugin Z7 vertritt ebenfalls
der Einstellung der Angeklagten nahestehende Ansichten, was die
Überwachung der Schwangerschaft und die Durchführung von Haus- bzw.
Praxisgeburten betrifft, worauf im einzelnen noch eingegangen wird. Ein
weiterer von beiden Hebammen betreuter Geburtsvorgang im Jahr 2007 - die
Geburt von A. Z3 - hatte eine geistige und körperliche
Schwerstbehinderung des Kindes zur Folge.
Nach einer Untersuchung der Schwangeren entschied man sich für die
Durchführung der zuvor geplanten Hausgeburt. Neben der Hebamme Z7 waren
weiter die Zeuginnen Z11 und Z12, zwei Hebammenschülerinnen, die zu der
Zeit ein Praktikum bei der Zeugin Z7 absolvierten, ab etwa 03.00 Uhr
anwesend.
Nach Feststellungen der Zeugin Z7 nach erfolgter gynäkologischer
Untersuchung war der Muttermund 3-4 cm offen; ihre Untersuchung mit
Hilfe der sog. Leopold`schen Handgriffe zur Feststellung der Kindslage
hatte eine Schädellage ergeben. Die Ableitung der kindlichen Herztöne
erfolgte mit Hilfe eines sog. Sonicaids - eines tragbaren
Ultraschallgeräts -. Eine CTG-Überwachung erfolgte nicht. Kurze Zeit
nach 03.30 Uhr kam es zum Fruchtblasensprung, bei dem sich normales
klares Fruchtwasser entleerte. Im weiteren Verlauf des Geburtsgeschehens
klagte die Gebärende etwa gegen 05.00 Uhr morgens über starke
Rückenschmerzen und es stellte sich zunehmend ein Erschöpfungszustand
ein, in dessen Verlauf sie etwa gegen 06.00 Uhr Zweifel an ausreichender
Kraft für eine Fortsetzung der Hausgeburt äußerte und Überlegungen im
Hinblick auf eine Klinikverlegung anstellte. Nach einem Gespräch mit
ihrem Ehemann, dem ein Festhalten an der Hausgeburt von Bedeutung war,
wurde die Entscheidung zur Fortsetzung der Hausgeburt getroffen. Die
Kindsmutter hegte jedoch auch in der Folgezeit weiter Zweifel an der
Richtigkeit der Entscheidung und ihrem Vermögen, die Geburt ohne Hilfe
und Schmerzmittel zu Hause zu Ende bringen zu können. In ihrem Wunsch
nach einer Verlegung bekam sie jedoch keine Unterstützung.
Nachdem es auch im weiteren Verlauf nicht zu einem Geburtsfortschritt
gekommen war, entschloss sich die Zeugin Z7 zur Hinzuziehung der
Angeklagten, die sie gegen 07.10 Uhr telefonisch erreichte und von ihrer
Einschätzung eines Geburtsstillstandes informierte. Gegen 07.00 Uhr
wiesen die Herztöne des ungeborenen Kindes wohl einen Normalwert von 138
bpm auf. Trotz der Dringlichkeit der Situation machte sich die
Angeklagte nicht sogleich auf den Weg, sondern erschien aus nicht
aufzuklärenden Gründen erst etwa 2 Stunden später, obwohl die Entfernung
zwischen O12 und O8 von ca. 47 km in einer Fahrzeit von ca. 40 Minuten
zu schaffen gewesen wäre. Der ihr von der Zeugin Z7 in dem Telefonat
beschriebene Geburtsstillstand, d.h. ein fehlender Geburtsfortschritt
über die Latenzzeit hinaus und eine Ausschöpfung der Maßnahmen zur
Förderung einer Spontangeburt hätte unmittelbar die Abklärung der
Ursache und weitere Maßnahmen erforderlich gemacht, wie die Überprüfung
der mütterlichen und kindlichen Vitalparameter mittels CTG, um neben den
Herztönen des ungeborenen Kindes die Wehentätigkeit bzw. das Vorliegen
einer Wehenschwäche abzuklären, einer Einstellungsanomalie des Kindes im
Geburtskanal und ggf. die Vorbereitung einer Sectio oder einer vaginalen
Operation.
Auch während dieser weiteren zwei Stunden, in denen die anderen auf das
Eintreffen der Angeklagten warteten, ließ sich keinerlei
Geburtsfortschritt verzeichnen; die Gebärende wirkte vielmehr zunehmend
erschöpft und kraftlos. Nach Einschätzung der Hebamme Z7 hinderte eine
vorliegende Muttermundslippe den weiteren Fortgang der Geburt;
tatsächlich hatte sich aber die übermäßig gefüllte Blase der Kindsmutter
vor den kindlichen Kopf geschoben. Dabei handelte es sich um eine
sogenannte zweitgradige Zystozele - eine Vorwölbung der Harnblase in die
vordere Vaginalwand - was zu einem geburtsunmöglichen Zustand geführt
hatte. Da die Kindsmutter seit längerer Zeit nicht mehr in der Lage
gewesen war, Wasser zu lassen, hatte sich die Blase stark angefüllt und
bereits vor den Kopf des Ungeborenen nach außen gedrückt. Ohne eine
Entleerung der Blase mittels eines Katheters bzw. eine
Zurückverlagerung, war die vaginale Entbindung des Kindes in der
Situation unmöglich. Eine weitere Geburtserschwernis bestand zudem
darin, dass das Kind sich in einer dorsoposterioren Lage (sog.
"Sternengucker") befand. Dabei befindet sich der Kopf in einer normalen
Hinterhauptslage, der Rücken ist jedoch nach hinten gerichtet. Eine
solche Lage ist immer mit einem verzögerten Verlauf und einer
erschwerten Entwicklung verbunden. Es tritt ein Geburtsstillstand auf
Beckenboden, gelegentlich auch bereits in Beckenmitte auf. Die hintere
Hinterhauptslage hat eine beträchtliche Verlängerung der
Austreibungsphase zur Folge, die in der maximalen Zwangsbeugehaltung des
Kopfes mit erhöhten Reibungskräften zwischen Kopf und Geburtskanal und
der Geburt des breiteren Hinterhauptes über den Damm, welcher vermehrt
angespannt und ausgewalzt wird, begründet ist. Das im Vergleich zum
Nacken viel breitere Vorderhaupt muss sich als Hypomochlion (Angelpunkt)
an der Symphyse (Schambeinfuge) anstemmen, womit der Kopf sich weiter
nach dorsal dislozieren muss, um die Enge des Schambeins zu überwinden.
Zusätzlich resultiert daraus eine größere Beckenbodentraumatisierung mit
der Gefahr von Muskel-Zerreißungen und tiefgreifenden Dammrissen,
weshalb das Anlegen einer großzügigen Episiotomie (Dammschnitt)
indiziert ist.
Das ungeborene Kind wird in einer solchen Situation einer protrahierten
Austreibungsphase durch eine Hypoxie erheblich gefährdet. Aus diesem
Grund ist bei einer abzusehenden Gefährdung des Kindes durch eine
langandauernde Austreibungsphase, eine sekundäre Wehenschwäche, starke
Erschöpfung der Mutter oder eine Azidose des Kindes, deren Einschätzung
letztlich nur mittels einer Kardiotokographie möglich ist, eine
vaginaloperative Entbindung mit Forceps (Zange) oder Vakuum (Saugglocke)
indiziert.
Das Vorliegen eines Geburtsstillstandes war von der Hebamme Z7 auch
zutreffend eingeschätzt worden.
Gegen 09.15 Uhr erschien die Angeklagte - bei einer Entfernung zwischen
O12 und O8 von ca. 47 km und einer ungefähren Fahrzeit von etwa 38
Minuten. Ihre Verspätung erklärte sie damit, dass sie ihr Erscheinen
nach der Darstellung der Zeugin Z7 nicht als so dringend eingeschätzt
habe.
Schon aufgrund des protrahierten Geburtsverlaufs - der Muttermund war
zum Zeitpunkt des Eintreffens der Angeklagten, was ihr bekannt war,
bereits seit mehreren Stunden vollständig eröffnet, bei einer
Fünftgebärenden, bei der die Austreibungsphase durchschnittlich nicht
länger als 18 Minuten dauert, ein massiv verzögerter Geburtsverlauf -
und der besonderen Geburtserschwernisse wären danach eine
kontinuierliche Überwachung des Kindes durch eine kardiotokographische
Kontrolle und gegebenenfalls Mikroblutuntersuchungen, bei denen aus
Steiß oder Kopf des Ungeborenen eine Blutentnahme zur Überprüfung der
Azidität - des Säuregehaltes - des kindlichen Blutes erfolgt,
erforderlich gewesen, da die andauernde Wehentätigkeit einen erheblichen
Stress für die Gebärende und das Ungeborene bedeutete. Die hieraus bei
der Mutter resultierenden Erschöpfungserscheinungen und eine sekundäre
Wehenschwäche ließen bereits länger das Festhalten an einer
außerklinischen Geburt nicht zu. Angesichts der weiteren Umstände, die
eine vaginale Entbindung nur erschwert bzw. unter Durchführung weiterer
Maßnahmen, wie eine Reponierung der Harnblase und einen Dammschnitt
möglich machten, wäre eine Untersuchung und Verlegung in eine
Geburtsklinik unmittelbar, und zwar auch bereits längere Zeit vor dem
Eintreffen der Angeklagten angezeigt gewesen.
Mit hoher Wahrscheinlichkeit führte die reduzierte Sauerstoffversorgung
infolge einer Minderperfusion der Plazenta bei langer Wehentätigkeit
bzw. Kompressionen der Nabelschnur bei dem Fetus zu einer Azidose. Eine
im Rahmen einer Verlegung in eine Klinik mögliche Fetalblutanalyse und
das Schreiben eines CTG zur Abklärung des kindlichen Zustands hätten
solche Probleme offenbart. Nach Einschätzung der Hebammenschülerin Z11
hätte eine frühzeitigere Verlegung ins Krankenhaus angesichts des
erschöpften Zustandes der Mutter und des Geburtsstillstands in Erwägung
gezogen werden müssen. Angesichts der vermeintlichen Kompetenz der
Ausbildungshebamme Z7 wagte die Zeugin jedoch keine eigene
Meinungsäußerung.
Trotz des ihr bekannten Geburtsstillstandes, der bereits gegen 7.00 Uhr
zu ihrer Hinzuziehung Veranlassung gegeben hatte, führte die Angeklagte
nach ihrem Eintreffen weder unmittelbar eine vaginale Untersuchung noch
eine Herztonkontrolle bei dem Ungeborenen durch; aufgrund ihrer
Einstellung, den Geburtsvorgang nicht irritieren und sich zurückhalten
zu wollen, beobachtete sie das Geschehen zunächst, nachdem sie sich als
"A" vorgestellt hatte. Um dann zunächst die stagnierende Wehentätigkeit
zu forcieren, forderte die Angeklagte die Zeugin Z12 auf, in einer
Apotheke Kalziumbrausetabletten zu besorgen. Erst nach Rückkehr der
Zeugin aus der Apotheke führte die Angeklagte erstmalig eine vaginale
Untersuchung durch, wobei sie eine sog. "Litzmann´sche Obliquität"
diagnostizierte - dabei handelt es sich um eine Scheitelbeineinstellung,
eine geburtshilfliche Einstellungsanomalie des Kindes und zwar eine
Schädellage mit quergestellter Pfeilnaht. Ist der Schädel des Kindes
dabei nach ventral gekippt, so spricht man von einer
Litzmann-Obliquität. Der führende Kindsteil wird dann das dorsale
Scheitelbein. Die Litzmann-Obliquität wird als eine geburtsunmögliche
Lage angesehen und stellt eine Indikation zur Sektio dar. Bei einer
schließlich durchgeführten Kontrolle der Herztöne mittels Sonicaid
konnten von keiner der beteiligten Hebammen bzw. der
Hebammenschülerinnen Herztöne festgestellt werden.
Ein CTG wurde in den Praxisräumen der Hebamme Z7 zu keinem Zeitpunkt
geschrieben. Zu diesem Zeitpunkt war F. Z5 mit hoher Wahrscheinlichkeit
bereits tot. Mit hoher Wahrscheinlichkeit hatte Sauerstoffmangel unter
der Geburt zum Tod des Kindes geführt. Zu einem zeitlich konkret nicht
feststellbarem Zeitpunkt, nach dem Platzen der Fruchtblase zwischen 3.00
und 3.30 Uhr in der Nacht, war es mutmaßlich infolge des
Geburtsstillstandes zu einer Stresssituation des Ungeborenen unter der
Geburt gekommen, die eine Asphyxie (einen Erstickungstod durch Absinken
des arteriellen Sauerstoffgehalts (Hypoxämie) bei gleichzeitiger
Kohlendioxidretention (Hyperkapnie) zur Folge hatte. Sichere
Feststellungen zur Todesursache des Kindes hat die Kammer nicht treffen
können, wie auch nicht dazu, ob F. Z5 möglicherweise bereits vor
Eintreffen der Angeklagten verstorben war. Festzustellen ist jedoch,
dass das lange Zuwarten der Hebamme Z7 angesichts des
Geburtsstillstandes nicht zu verantworten war und die Angeklagte
aufgrund ihrer Kenntnis der Situation bei ihrer Benachrichtigung und dem
späteren Eintreffen unmittelbar zu einer Verlegung hätte raten müssen.
Angesichts der nunmehr vorgefundenen Situation der fehlenden Wahrnehmung
von Herztönen blieb den Hebammen keine andere Entscheidung als eine
sofortige Verlegung in die Klinik.
Mit dem Pkw erfolgte der Transport in das H.-Krankenhaus in O11-H. Um
10.12 Uhr erfolgte dort die notfallmäßige Aufnahme mit starkem
Pressdrang und Geburtsstillstand in der Austreibungsphase. Gegenüber dem
Arzt Dr. Z9 machten die Angeklagte und die Hebamme Z7 die Angabe, dass
der Muttermund bereits seit 5 Stunden vollständig und der Kopf des
Kindes bereits seit 2 Stunden auf Beckenboden sei. Die Gebärende war
aufgrund der ausgeprägten Schmerzsymptomatik nur schwer zu führen; sie
schrie und versuchte, dem massiven Pressdrang nachzugeben. Bei der
durchgeführten Vaginaluntersuchung bestätigte sich der Befund des
vorangehenden Teils auf Beckenboden mit hinterer Hinterhauptslage und
einer seit mehreren Stunden bestehenden zweitgradigen Zystozele, die
sich vor den Kopf des Kindes geschoben hatte. Die Herztöne waren nur
schwer abzuleiten, wobei das CTG keinen typischen Doppelschlag zeigte,
da es sich tatsächlich auch nicht um die kindlichen, sondern die
Herztöne der Mutter handelte. Die Ärzte gingen deshalb auch davon aus,
keine kindlichen Herztöne wahrzunehmen. Nach einer daraufhin erfolgten
Information des Chefarztes Dr. Z10, der zwei Minuten später im Kreißsaal
erschien, wurde F. Z5 nach einer Zurückverlagerung der Harnblase und
Dammschnitt um 10.31 Uhr als Spontangeburt aus dorsoposteriorer
Schädellage geboren. Das sich entleerende Fruchtwasser war dickgrün -
ein Hinweis auf den erlittenen Sauerstoffmangel; das Neugeborene bot
initial keinen Tonus, das Hautkolorit war gräulich rosa und es wirkte
auf Anhieb tot. Es zeigte sich eine Nabelschnurumschlingung um Hals und
Körper, die nicht strangulierend wirkte, aber gleichwohl eine
Kompression im Geburtskanal annehmen ließ. Innerhalb der nächsten
Sekunden wurde mit der Reanimation des Kindes begonnen, die von einer
unmittelbar hinzugerufenen Anästhesistin unterstützt wurde. Auch nach
mehr ca. 20-minütiger suffizienter kontrollierter Reanmiation zeigte
sich keine Verbesserung der Situation. Eine Kontrolle der Herzaktion
mittels Ultraschall und eine weitere Fortsetzung der Reanimation zeigte
keine Veränderung. Nach Einschätzung aller beteiligten Mediziner war das
Kind bereits längere Zeit tot. Intubation und Beatmung waren problemlos
möglich, eine Kreislaufreaktion des Kindes zeigte sich nicht. F. Z5 war
ein eutrophes Neugeborenes von 4250 g und 54 cm. Sichtbare
Fehlbildungen, Dysmorphien oder Verletzungszeichen zeigte das Kind
nicht.
Die aus der Nabelschnur - nach Abnabelung des Kindes und während der
Geburt der Plazenta plazentanah - entnommenen ph-Werte von 7,21 passten
nicht zum Ausgang der Geburt eines toten Kindes, weshalb die
Aussagekraft von den Medizinern auf die Abnahmetechnik und den Umstand
der kollabierten Nabelschnur - was dazu geführt hatte, dass nur sehr
wenig Blut abgenommen werden konnte - zurückgeführt wurde. Die
Nabelschnur war bereits sulzig und von grauer Farbe, was für eine
bereits länger unterbrochene Durchblutung sprach.
Aus Sicht der behandelnden Klinikärzte war naheliegende Todesursache
eine Asphyxie infolge Geburtsstillstandes und Nabelschnurkompression,
was sie auch in der Todesbescheinigung diskutieren. Ob die Angeklagte
Kenntnis von dieser Vermutung erhielt, kann dahinstehen. Eine
offensichtliche andere Todesursache war nicht ersichtlich. Eine
Obduktion wurde zunächst nicht durchgeführt; die Kindseltern wünschten
keine weitere Aufklärung der Todesursache.
Nach einem Hinweis durch das Gesundheitsamt der Stadt O11 wurde im Juli
2005 durch die Staatsanwaltschaft O11 ein Todesermittlungsverfahren
eingeleitet. Die Angeklagte und die Hebamme Z7 wurden zunächst als
Zeuginnen vernommen, das Verfahren wurde im weiteren Verlauf ab November
2006 sodann gegen die Zeugin Z7 als Beschuldigte geführt.
Die Leiche von F. Z5 wurde im Auftrag der Staatsanwaltschaft O11 im
Dezember 2005 auf dem Friedhof enterdigt und im Institut für
Rechtsmedizin der Universität O11 seziert. Aufgrund der
fortgeschrittenen Leichenveränderungen konnte keine konkrete
Todesursache eruiert werden. Aufgrund der fortgeschrittenen Fäulnis
ergaben die feingeweblichen Untersuchungen keine verwertbaren
Ergebnisse. Festzustellen war aufgrund des bei der Geburt in der Klinik
abgegangenen erbsbreiartigen Fruchtwassers, dass es zu einem konkret
nicht feststellbaren Zeitpunkt zwischen dem Fruchtblasensprung am frühen
Morgen und der Geburt zu einem Sauerstoffmangelzustand des ungeborenen
Kindes gekommen war.
Der in dem Ermittlungsverfahren beauftragte gynäkologische
Sachverständige Prof. Dr. C2 kam im Rahmen seiner Gutachtenerstattung zu
dem Schluss, dass es bei früherer Verlegung in eine geburtshilfliche
Abteilung nicht zu dem tragischen Ausgang gekommen wäre, da die
intrauterine Stresssituation durch Schreiben eines CTG festgestellt
worden wäre. Zu der Feststellung der Veränderung der kindlichen Herztöne
durch die Hebamme und dem Zeitpunkt der Verfärbung des Fruchtwassers
konnten hinreichend sichere Feststellungen durch den Sachverständigen
auch aufgrund widersprüchlicher Zeugenaussagen nicht getroffen werden,
weshalb ein konkretes Verschulden der Zeugin Z7 von ihm nicht angenommen
werden konnte.
In ihrer Darstellung des Ablaufs anhand eines Geburtsprotokolls
beschrieb die Angeklagte lediglich die von ihr durchgeführte
Untersuchung, bei der sie angeblich bereits die Diagnose eines
"intrauterinen Fruchttodes" angenommen hatte. Ihr verspätetes
Erscheinen, die sodann nicht unmittelbar durchgeführte Untersuchung,
sondern die stattdessen zunächst in Auftrag gegebene Besorgung von
Kalzium, ließ sie unerwähnt. Später vertrat sie die Auffassung, der etwa
ein Jahr zurückliegende Tod des an einer Hirnhautentzündung verstorbenen
Geschwisterkindes müsse mit dem Tod des Neugeborenen in Zusammenhang
stehen. Anhaltspunkte für eine virale Infektion des Kindes - die
Schwangerschaft war erst nach dem Tod des Kleinkindes eingetreten - gab
es in keiner Weise.
Mit Verfügung der Staatsanwalt O11 vom 13.11.2007 wurde das
Ermittlungsverfahren gegen die Hebamme Z7 gem. § 170 Abs. 2 StPO
eingestellt.
Feststellungen zur Geburt des Kindes A. Z3
am 27.08.2007
Die am ... geborene und als Diplom-Psychologin tätige Zeugin Z3 und ihr
Ehemann, der als Journalist tätige Zeuge Z4, erwarteten im Sommer 2007
ihr erstes Kind. Der errechnete Geburtstermin war der 22.08.2007; die
Schwangerschaft war im Januar festgestellt worden. Auf Empfehlung ihres
Bruders, dessen Kinder unter Betreuung der Hebamme Z7 zur Welt gekommen
waren, und in Verfolgung ihres Wunsches einer natürlichen Geburt hatten
sich auch die Eheleute Z3/Z4 zu einer außerklinischen Geburt in den
Praxisräumen der Zeugin Z7 entschlossen. Bei ihrer Entscheidung stand
für die Eltern immer außer Frage, dass eine Entbindung im Geburtshaus
nur bei unproblematischem Verlauf erfolgen und im Falle von
Komplikationen eine sofortige Verlegung in ein Krankenhaus stattfinden
sollte. Vorsorglich hatten sie sich auch bereits in Kliniken informiert
und für den Fall, dass eine Entbindung im Geburtshaus nicht ohne
weiteres möglich sein würde, Kreißsäle angeschaut.
Wenn die Schwangerschaft auch zunächst unauffällig verlief, war sie
aufgrund des Alters der Zeugin Z3 als Erstgebärende mit über 35 Jahren
nach ärztlicher Bewertung des Gynäkologen unter den im Mutterpass
enthaltenen Kriterien des Katalogs A - die ebenso wie die unter Katalog
B enthaltenen Kriterien zur Einordnung eines Risikos im
Schwangerschaftsverlauf aufgrund der entwickelten
"Mutterschaftsrichtlinien" Eingang in den Mutterpass gefunden haben -
als Risikoschwangerschaft eingeordnet worden. Zwischen dem 09.01.2007
und dem 24.08.2007 wurden insgesamt 11
Schwangerschaftsvorsorgeuntersuchungen durchgeführt. Bis März 2007
befand sich die Zeugin Z3 in gynäkologischer Behandlung bei ihrer
Ärztin. Im Anschluss begab sie sich sodann in die
Schwangerschaftsvorsorgebetreuung der Hebamme Z7. Nachdem Anfang März
der Kontakt aufgenommen worden war, fand die erste Vorsorgeuntersuchung
bei der Hebamme am 03.04.2007 statt. Die weiteren Vorsorgeuntersuchungen
erfolgten dort in regelmäßigen Abständen von ca. vier Wochen. Nach dem
Erreichen des errechneten Geburtstermins erfolgte eine Untersuchung am
24.08.2007. Zu den Einzelheiten der erforderlichen Kontrollen nach
Überschreiten des errechneten Geburtstermins wird an späterer Stelle in
Bezug auf das Verhalten der Angeklagten in solchen Fällen eingegangen.
Nach der Übernahme der Betreuung durch die Zeugin Z7 suchte die Zeugin
Z3 ihre Gynäkologin auf Anraten der Hebamme nicht mehr auf. Die Zeugin
Z7 hatte ihr und ihrem Ehemann gegenüber anlässlich der
Vorsorgeuntersuchungen wiederholt erklärt, dass sie die alleinige
Betreuung der Schwangerschaft und Geburt vornehme, eine ärztliche
Betreuung überflüssig und die durchgeführten Ultraschalluntersuchungen
vielmehr schädlich für das Kind seien - eine These, die wissenschaftlich
unhaltbar ist. Sie wies darauf hin, durch Ertasten feststellen zu
können, ob es dem Kind gut gehe, dass sie am besten beurteilen könne,
was für Mutter und Kind gut sei und sie - die Zeugen - von medizinischer
Seite viele andere unzutreffende Dinge hören würden. Die Mediziner,
denen es nur ums Geld ginge, solle man außen vor lassen. Die Zeugen
hatten - auch angesichts der guten Erfahrungen des Bruders der Zeugin Z3
- großes Vertrauen zu der Hebamme und stellten ihre Angaben nicht in
Frage. Auf ihre Nachfragen hatte sie erklärt, dass es in ihrem
Geburtshaus und bei von ihr begleiteten Geburten noch nie zu
Komplikationen oder dem Eintreten von Notfällen gekommen sei und sie
sich eine Klinikverlegung immer bis zum Ende vorbehalte. Diese Angabe
war insofern nicht zutreffend, als es, wie dargelegt, bei der von der
Zeugin Z7 unter Beteiligung der Angeklagten begleiteten Hausgeburt des
Kindes F. Z5 im Jahre 2005 zur Geburt eines toten Kindes gekommen war.
Angesichts des Verhaltens der Hebammen im Hinblick auf unterbleibende
Dokumentationen von Todesfällen und des möglichen Verhaltens von
Notärzten, die unkritisch eine natürliche Todesursache bescheinigen, ist
auch die Dunkelziffer im Hinblick auf von der Zeugin Z7 begleitete
Geburten mit tragischem Ausgang nicht einzuschätzen.
Die Gewichtszunahme der Zeugin Z3 verlief normal, der Blutdruck war im
Normbereich und pathologische Befunde waren von der zunächst
behandelnden Frauenärztin und auch der Hebamme Z7 nicht festgestellt
worden. Eine Amniozentese (eine Fruchtwasserpunktion zur
Chromosomenanalyse des ungeborenen Kindes) aus Altersgründen war von der
Zeugin Z3 auf das Angebot der Gynäkologin abgelehnt worden. Es handelte
sich um ein Wunschkind, das auch im Falle einer angeborenen Behinderung
zur Welt kommen sollte.
Eine Veränderung des Zustandes der Schwangeren zeigte sich erstmals bei
einer Untersuchung am 11.07.2007. Die Zeugin Z3 zeigte einen auffällig
veränderten hohen Blutdruck und wies Ödeme auf, die sich bis zum Ende
des Monats noch deutlich steigerten. Während der Blutdruck bis zu diesem
Zeitpunkt Normalwerte im Bereich von 110-130 der systolischen und 65-80
der diastolischen Werte aufgewiesen und die Zeugin auch zu keinem
früheren Zeitpunkt vor der Schwangerschaft unter erhöhten
Blutdruckwerten gelitten hatte, ergab die Untersuchung durch die Hebamme
Z7 an diesem Tag einen Wert von 160/90. Darüberhinaus ergab eine 14 Tage
später durchgeführte Urinuntersuchung einen Eiweißbefund. Bereits
einzelne dieser Untersuchungsergebnisse, erst recht jedoch deren
Kombination ergab einen eindeutigen Hinweis auf das Vorliegen einer
Gestose - einer schwangerschaftsbedingten Erkrankung, die sich im
letzten Drittel der Schwangerschaft als Präeklampsie (EPH-Gestose)
darstellt. Die Leitsymptome dieser Erkrankung sind Ödeme (Edema), eine
Proteinurie (Eiweiß im Urin) und eine Hypertonie (erhöhter Blutdruck).
Von der Erkrankung sind häufig Erstgebärende in einem Alter über 35
Jahren betroffen. Die Diagnose einer EPH-Gestose erfordert eine
stationäre Aufnahme der Schwangeren mit einer engmaschigen medizinischen
Überwachung, da die Erkrankung zu gefährlichen bis lebensbedrohlichen
Auswirkungen auf die Kindesentwicklung und die Gesundheit der
Schwangeren führen kann. Obligatorisch sind neben der Behandlung der
Schwangeren regelmäßige Kontrollen der kindlichen Herzaktionen mittels
CTG und regelmäßige Wachstums- und ggf. Dopplerultraschallkontrollen des
Kindes, um eine chronische Plazentainsuffizienz diagnostizieren zu
können. Eine schwere Komplikation der Gestose ist die Eklampsie, wobei
es zum Auftreten tonischklonischer Krämpfe mit oder ohne
Bewusstseinsverlust kommt. In einem solchen Fall besteht unmittelbar
Lebensgefahr für die Mutter und das ungeborene Kind. Zu der
Verwirklichung dieses Risikos sollte es bei dem späteren
Geburtsgeschehen in dem Geburtshaus der Hebamme Z7 kommen. Die Zeugin
Z7, der sowohl bewusst war, dass die Symptome Anzeichen einer Gestose
der Zeugin Z3 waren, als damit auch die unbedingt erforderliche
stationäre Aufnahme und Überwachung der Schwangeren, spielte das Risiko
bewusst herunter. Sie ließ die beunruhigte Zeugin Z3 im Unklaren über
die lebensgefährliche Situation und gab ihr gegenüber unzutreffend an,
dass alles in Ordnung sei und kein Grund zur Sorge bestehe, man die
Dinge zwar im Auge behalten müsse, der gemessene Wert aber so lange
nicht problematisch sei, wenn dieser bei der Geburt 150 und der zweite
Wert 100 nicht übersteige. Dabei handelte es sich um eine insgesamt
unzutreffende Angabe. Die Zeugin solle darauf achten, nicht zu viel
Stress zu haben. Im Hinblick auf den Urinbefund erklärte die Hebamme,
dass man diesen Umstand mit einer Ernährungsumstellung in den Griff
bekommen könne. Die Zeugin solle kein Fleisch essen und viel schwimmen
gehen. Mit dem Hinweis, dass es später für sie selber keine Probleme
geben solle, wenn mal ein Arzt auf den Mutterpass schaue, erklärte die
Zeugin Z7, dass sie den tatsächlich gemessenen Wert nicht in den
Mutterpass eintrage. Tatsächlich trug sie den Wert 140/85 in den
Mutterpass ein und dokumentierte nur eine geringgradige Ausprägung von
Ödemen. Den auffälligen Eiweißbefund trug sie bewusst gar nicht in den
Mutterpass ein. Auch in der Folgezeit wurden die Urinbefunde entgegen
der tatsächlichen Ergebnisse für Eiweiß, Zucker, Nitrit und Blut immer
als negativ oder unauffällig notiert. Vaginale Untersuchungen erfolgten
nicht. Auch die in der Folgezeit dokumentierten Blutdruckwerte waren
weiterhin grenzwertig und entsprachen nicht den tatsächlich, zum Teil
erheblich darüber liegenden gemessenen Werten. Am 08.08.2007 wurde in
den Mutterpass ein Wert von 147/90 eingetragen, am 24.08.2007 erfolgte
erneut der Eintrag eines Wertes von 145/95. Tatsächlich betrug der am
08.08. gemessene Wert 160/110, was die Hebamme auch entsprechend in
ihren eigenen Behandlungsunterlagen eintrug.
Da die Zeugin Z7 Ultraschalluntersuchungen grundsätzlich ablehnte,
stellte sie die Lage des Kindes nur durch Ertasten mit Hilfe der
Leopold`schen Handgriffe fest, wobei sie - zumindest zum Ende der
Schwangerschaft - fehlerhaft eine Schädellage dokumentierte. Tatsächlich
befand sich das Ungeborene ab einem bestimmten Zeitpunkt - naheliegend
in den letzten Wochen vor der Geburt - in Steißlage. Auch ein vaginaler
Untersuchungsbefund wurde von der Hebamme zu keinem Zeitpunkt erhoben.
Auch die im letzten Monat erfolgte massive Gewichtszunahme der Zeugin Z3
wurde von der Zeugin Z7 - mutmaßlich im Hinblick auf die von ihr
erkannten massiven Wassereinlagerungen - bewusst falsch im Mutterpass
dokumentiert und ein deutlich niedrigeres Gewicht eingetragen. Anstelle
des tatsächlichen Gewichts kurz vor der Niederkunft von ca. 95 kg, trug
die Zeugin Z7 lediglich ein Gewicht von 88 kg in den Mutterpass ein,
wobei nach ihrer Dokumentation das Körpergewicht vom 08. bis zum
24.08.2007 auffälligerweise konstant blieb.
Die zunächst angesichts der ab dem 11.07. erhobenen auffälligen Befunde
gleichwohl beunruhigten Eltern besorgten sich trotz der anderslautenden
Erklärung der Zeugin Z7 in der Apotheke Urin-Teststreifen, mit denen sie
auch selbst eine Kontrolle der Eiweißwerte vornahmen. Auch besorgten sie
sich ein Blutdruckmessgerät, mit dem sie selbst die Werte
kontrollierten. Da sich auch dabei wiederholt auffällig hohe Werte
ergaben, stellte die Zeugin Z3 entgegen dem Rat ihrer Hebamme
Überlegungen an, eine Klinik aufzusuchen. Nachdem sie zuvor noch mit der
Zeugin Z7 telefonisch Kontakt aufgenommen und ihr von dieser Absicht
berichtet hatte, gab sie ihr Vorhaben jedoch wieder auf, nachdem die
Hebamme ihr erneut davon abgeraten und erklärt hatte, dass alles in
Ordnung und ganz normal sei und sie lediglich auf ihre Ernährung achten
solle. Weiter riet die Zeugin Z7 der Schwangeren, an einem sogenannten
"Karma-Malen" in ihrem Haus teilzunehmen, um herauszufinden, was sie
belasten und zu den erhöhten Werten führen könnte. Hintergrund dieser
Empfehlung war das den indischen Religionen entstammende spirituelle
Konzept, nach dem jede Handlung unweigerlich eine Folge hat, die sich
auch erst in einem späteren Leben manifestieren kann. Nach Auffassung
der Zeugin Z7 stand die gesundheitliche Verfassung der Zeugin Z3 mit
einem traumatischen Ereignis in Zusammenhang, das sich im jetzigen
Bewusstseinszustand niederschlug. Weiter empfahl sie der Kindsmutter
eine craniosakrale Behandlung bei einem mit ihr befreundeten
Heilpraktiker, wobei mit Hilfe von Entspannungstechniken das Lösen von
Blockaden bewirkt werden sollte.
Die Zeugin Z3 setzte die Empfehlungen der Hebamme in der Hoffnung auf
Besserung um. Eine solche trat jedoch nicht ein; die Blutdruckwerte
waren nach wie vor bei jeder Messung deutlich zu hoch und die Ödeme
hatten weiter zugenommen, wobei die Zeugin Z3 unter anderem aufgrund des
starken Anschwellens der Finger bereits längere Zeit ihren Ehering nicht
mehr tragen konnte.
Am späten Vormittag des 26.08.2007 kam es sodann mit einsetzender
Wehentätigkeit zum Geburtsbeginn. Nach einem Anruf bei der Zeugin Z7
teilte diese den Eltern mit, dass sie sich - die Zeugen wohnen in
Niedersachsen, O9, wobei die Entfernung nach O10 etwa 45 km beträgt - in
aller Ruhe auf den Weg machen könnten. Eine außerklinische Geburt in den
Räumen der Hebamme Z7 hätte angesichts der hypertensiven
Schwangerschaftserkrankung der Zeugin Z3, was der Zeugin Z7 bewusst war,
unter keinen Umständen stattfinden dürfen. Vielmehr war eine stationäre
Behandlung und stationäre Entbindung erforderlich, um Lebensgefahren für
Mutter und Kind zu vermeiden. Etwa gegen 15 Uhr trafen die Eltern im
Geburtshaus ein, wo die Hebamme eine Kontrolle der Herztöne des Kindes
und eine gynäkologische Untersuchung vornahm. Bis zu diesem Zeitpunkt
war, wie dargelegt, eine Schädellage des Kindes dokumentiert, von der
die Zeugin Z7 auch nach der jetzigen Untersuchung weiter ausging.
Tatsächlich befand sich A. Z3 in Beckenendlage, was erst im weiteren
Geburtsverlauf von der Hebamme festgestellt wurde. Dieser Umstand ist
auf ein weiteres Fehlverhalten der Zeugin Z7 zurückzuführen. Mit Hilfe
der Leopold´schen Handgriffe ist es in der Regel leicht möglich, die
Lage des Kindes im Mutterleib auch ohne eine Ultraschalluntersuchung zu
bestimmen. Bei sorgfältiger Anwendung dieser Handgriffe ist eine
Schädellage in der Regel sehr gut von einer Beckenendlage zu
differenzieren, wie auch feststellbar ist, auf welcher Seite sich der
kindliche Rücken befindet. Eine solche Untersuchung ist von der Hebamme
Z7 zu diesem Zeitpunkt fehlerhaft unterlassen worden. Auch eine
Kontrolle der Blutdruckwerte nahm die Zeugin Z7 nicht vor, was ebenfalls
einen elementaren Verstoß gegen die bei der angewandten klassischen
außerklinischen Hebammengeburtshilfe erforderlichen Maßnahmen
darstellte. Neben der Blutdruckmessung, um die Vitalfunktionen der
Schwangeren beurteilen zu können, ist eine Pulsmessung bei der Mutter
durchzuführen und zu dokumentieren, um den mütterlichen Puls vom
kindlichen Puls differenzieren zu können. Eine Beurteilung des
kindlichen Zustandes ist nur bei einer parallelen Messung der kindlichen
Herztöne und des Pulses der Mutter möglich. Da bei der außerklinischen
Geburtshilfe anders als in einer Klinik zumeist kein CTG eingesetzt
wird, ist es erforderlich, anstelle einer solchen kardiotokographischen
Aufzeichnung der Herztöne in regemäßigen Abständen die kindliche
Herzfrequenz durch Auskultation mit dem speziellen
Schwangerschaftsstethoskop vorzunehmen. Eine Bewertung der Herzfrequenz
des Kindes ist letztlich nur möglich, wenn man weiß, dass die
mütterliche Herzfrequenz entsprechend niedriger liegt.
Im Verlauf des Geburtsgeschehens traf am Abend eine bei der Zeugin Z7
hospitierende Junghebamme, die Zeugin Z8, im Geburtshaus ein. Diese war
von der Zeugin Z7 über die bei der Kindsmutter bestehende Gestose
aufgeklärt worden. Während die Geburt zunächst äußerlich einen normalen
Verlauf nahm, kam es zu einem konkret nicht feststellbaren Zeitpunkt
zwischen 20 und 22 Uhr bei nahezu vollständig, nämlich 9 cm eröffnetem
Muttermund - eine vollständige Eröffnung besteht bei 10 cm - zu einem
Fruchtblasensprung, wobei sich grünbraunes Fruchtwasser entleerte - ein
Zeichen dafür, dass dieses mit Mekonium, dem ersten Stuhlgang des
Kindes, versetzt war. Dabei handelt es sich, wie dargelegt, um eine im
funktionslosen Darm angesammelte zähe, dunkle Masse, die in der Regel in
den ersten 24 bis 48 Lebensstunden eines Kindes ausgeschieden wird.
Mekoniumhaltiges Fruchtwasser ist generell ein krankhafter Befund und
insbesondere im Rahmen des Geburtsgeschehens ein Warnhinweis. Das
vorzeitige Absetzen des Mekoniums ist, wie oben dargelegt, immer ein
pathologischer und kein physiologischer Prozess und signalisiert eine
Stresssituation, der das ungeborene Kind durch die zunehmende
Wehentätigkeit ausgesetzt ist, wobei es zu einer Übersäuerung des
kindlichen Blutes (Azidose) infolge Sauerstoffmangels kommt.
Insbesondere bei einer Beckenendlage ist in erhöhtem Maße damit zu
rechnen und der vorzeitige Abgang von Mekonium immer ein Warnsignal und
Hinweis auf einen Sauerstoffmangel, wobei bei dieser Kindslage zudem
nach dem Platzen der Fruchtblase die weitere Gefahr besteht, dass die
Nabelschnur in einer Wehe komprimiert wird, weil der Steiß den
Geburtskanal nicht so gut abdichtet wie der Schädel. Der Abgang von
Mekonium bedeutet zwar grundsätzlich nicht zwangsläufig eine Änderung
des Geburtsmodus und die Durchführung eines Kaiserschnitts. In jedem
Fall sind jedoch häufigere engmaschige Kontrollen der Herztöne des
Kindes und gegebenenfalls - was in der Klinik immer durchgeführt wird
und außerklinisch nicht möglich ist - Überprüfungen der Blutgaswerte
durch Mikroblutuntersuchungen erforderlich, um einen längere Zeit
andauernden Sauerstoffmangel des Kindes auszuschließen zu können.
Bei der im Anschluss an den Blasensprung erfolgten vaginalen
Untersuchung stellte die Zeugin Z7 erstmals das Vorliegen einer
Beckenendlage fest. Trotz ihrer Kenntnis dieses Warnsignals vorzeitigen
Mekoniumabgangs, der damit verbundenen Risiken für die Gesundheit und
das Leben des ungeborenen Kindes und entgegen der ihr bekannten
Berufsordnung für Hebammen, wonach eine außerklinische Entbindung einer
Beckenendlage nur im Dringlichkeitsfall von ihr durchgeführt werden
durfte, entschloss sich die Hebamme zur Fortsetzung der Geburt in ihren
Praxisräumen. Hinzu kam, dass die Zeugin Z7 aufgrund unterbliebener
Ultraschalluntersuchungen keine Anhaltspunkte über die Größe des Kindes,
das Gewicht und die Proportionen des Kindes und insbesondere nicht über
die Proportionen des kindlichen Kopfes im Verhältnis zum Becken der
Kindsmutter hatte, was unabdingbare Voraussetzung zur Durchführung einer
vaginalen Entbindung aus Beckenendlage ist.
Die Verlegung der Zeuge Z3 in eine Geburtsklinik wäre zu diesem
Zeitpunkt problemlos möglich gewesen, weshalb ein sog.
Dringlichkeitsfall nicht gegeben war. Entgegen ihrer Verpflichtung, die
Zeugin Z3 und deren Ehemann auf die Notwendigkeit einer Verlegung
dringlich hinzuweisen und über die Risiken einer vaginalen
Beckenendlagenentbindung aufzuklären, erklärte die Hebamme Z7 vielmehr
nach dem für sie überraschenden Befund, dass dieser Umstand nichts
ändere, kein Problem darstellen und man ganz normal weitermachen würde.
Sie würde lediglich A., eine Ärztin, hinzuziehen, mit der sie schon
viele Beckenendlagen in ihrem Geburtshaus zur Welt gebracht habe.
Während die Zeugin Z8 bei der Zeugin Z3 verblieb, telefonierte die
Zeugin Z7 mit der Angeklagten, die sich sodann von O8 - die Entfernung
nach O10 beträgt ebenfalls ca. 47 km - auf den Weg machte und spätestens
gegen 23 Uhr, möglicherweise auch früher, im Geburtshaus in O10 eintraf.
Das Tätigwerden der Angeklagten erfolgte im Hinblick auf ihre jahrelange
Erfahrung als Hebamme in der Entbindung von Beckenendlagen, ärztliche
Tätigkeiten entfaltete sie nicht. Sie ist auch keine Fachärztin der
Gynäkologie, sondern allgemeine praktische Ärztin ohne
Facharztausbildung. Der weiter in den Privaträumen des Geburtshauses
anwesende Lebensgefährte der Zeugin Z7, ein inzwischen nicht mehr
praktizierender Gynäkologe, wurde zu keinem Zeitpunkt in das
Geburtsgeschehen involviert.
Worüber die Hebamme Z7 die Angeklagte im einzelnen konkret in Kenntnis
gesetzt hatte, ob sie ihr insbesondere von bestimmten auffälligen
Blutdruck-, und Eiweißwerten berichtete, hat die Kammer nicht
feststellen können. Sicher ist, dass sie sie von dem Vorliegen einer
EPH-Gestose in Kenntnis setzte. Auch als die Angeklagte die Zeugin Z3
begrüßte, wobei ihr die massiven Ödeme an Händen und Füßen auffielen,
deutete sie diese Anzeichen zutreffend als Symptome einer vorliegenden
EPH-Gestose. Die Angeklagte stellte sich der Zeugin Z3 und ihrem Ehemann
lediglich als "A." vor - diesen Namen benutzt sie, auch in
Publikationen, stets anstelle ihres tatsächlichen Vornamens A. - und
erklärte beiden, ebenso wie zuvor die Zeugin Z7, dass die Fortsetzung
der Geburt im Geburtshaus trotz der Steißlage des Kindes kein Problem
darstellen würde. Mit Ausnahme eines Abtastens des Bauches nahm die
Angeklagte keine Kontrolluntersuchungen im Hinblick auf den Blutdruck
oder den Puls der Zeugin Z3 vor. Die massiven, auf den ersten Blick
sichtbaren Ödeme an den Extremitäten, insbesondere an beiden Beinen und
Händen, nahm sie, wie dargelegt, wahr, was sie jedoch ebenfalls nicht zu
weiteren Maßnahmen oder Nachfragen veranlasste. Zu keinem Zeitpunkt
wurden die Zeugin Z3 und ihr Ehemann durch die Angeklagte oder die
Zeugin Z7 über die Bedeutung der pathologischen Kindslage, deren
spezifische Risiken für das ungeborene Kind und den Umstand, dass eine
Entbindung aufgrund der erheblich gesteigerten Risiken Hebammen nur im
Dringlichkeitsfall gestattet ist, aufgeklärt.
Die Angeklagte zog sich zunächst entsprechend ihrer Philosophie eines
möglichst interventionsarmen Geburtsgeschehens in einen Nebenraum
zurück, während die Zeugin Z7 weiter bei den werdenden Eltern blieb.
Spätestens ab 23.30 Uhr war auch die Angeklagte im Geburtsraum anwesend.
Zu dieser Zeit befand sich die Geburt bereits seit längerer Zeit in der
Austreibungsphase und die Zeugin Z3 erhielt durch die Angeklagte
Pressanweisungen. Die Geburt nahm jedoch keinen Fortschritt, vielmehr
kam es kurz nach Mitternacht erneut zum Abgang von reichlich Mekonium.
Auch dieses Warnzeichen wurde von der Angeklagten und der Hebamme Z7,
die aus ideologischen Gründen an der außerklinischen Geburt festhalten
wollten, ignoriert. Es gab ihnen auch keine Veranlassung, die Herztöne
des Kindes engmaschig und regelmäßig zu kontrollieren.
Das Ungeborene litt während der vorangegangenen Zeit wiederholt unter
einem Sauerstoffmangel, was eine unbedingte unmittelbare Beendigung der
Geburt bzw. mindestens deren kontinuierliche Überwachung und damit
Verlegung in ein Krankenhaus zur Folge hätte haben müssen, was beide
Hebammen auch erkannten. Gleichwohl unternahmen sie nichts und ließen
die Kindseltern völlig im Unklaren über die dramatische Bedeutung der
konkreten Situation. Weder klärten sie diese über die konkreten Umstände
noch insbesondere über die massiven, durch den Abgang von Mekonium
signalisierten Risiken einer Sauerstoffmangelversorgung des Kindes auf.
Auch eine Verlegung in eine Klinik wurde zu keinem Zeitpunkt
angesprochen. Die Eltern wurden in keiner Weise in die Lage versetzt,
eine eigene, auf Aufklärung basierende Entscheidung über das Eingehen
weiterer Risiken für die Gesundheit und das Leben ihres Kindes zu
treffen.
In der Folgezeit übernahm vielmehr die Angeklagte die Geburtsleitung und
legte der Zeugin Z7 nahe, sich für einige Stunden zurückzuziehen, um
Ruhe einkehren zu lassen - nach Einschätzung der Angeklagten brachte die
Hebamme zuviel Unruhe in den Geburtsablauf. Nach ihrer Erklärung
gegenüber der Zeugin Z8, dass nunmehr die Angeklagte die Verantwortung
für die Geburt übernommen habe, zog sich die Zeugin Z7 in einen
Nebenraum zurück. Mindestens für einen Zeitraum von zwei Stunden,
möglicherweise auch bis zu drei Stunden, hatte die Angeklagte die
Geburtsleitung inne, wobei sie sich weder ununterbrochen bei der
Schwangeren aufhielt, noch zu irgendeinem Zeitpunkt die erforderliche
Kontrolle der Blutdruck- und Pulswerte der Zeugin Z3 vornahm. Vielmehr
ließ die Angeklagte die Schwangere mit ihrem Ehemann und der Zeugin Z8
über längere Zeiträume alleine. Die Herztöne des Kindes wurden in
Abständen, wohl von zwei Wehen, von der Zeugin Z8 kontrolliert, während
sich die Angeklagte im Nebenzimmer aufhielt. Erforderlich ist bei
Risikoschwangerschaften wie der Beckenendlage eine Kontrolle in der
Austreibungsphase alle fünf Minuten über einen Zeitraum von einer
Minute, was entsprechend zu dokumentieren ist. Weder ist eine derartige
Kontrolle erfolgt, noch sind entsprechende Messungen dokumentiert
worden. In einem zweistündigen Zeitraum findet sich lediglich eine
Dokumentation der Herzfrequenz des Kindes, die mit 120-160 angegeben
wird. Insgesamt ist während des gesamten Geburtsvorgangs nur eine völlig
unzulängliche Überwachung der kindlichen Herzfrequenz erfolgt, während
eine Kontrolle der Parameter der Mutter sogar völlig unterblieben ist.
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Julian
Boltbender
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Re: Angeklagte wegen Totschlags zu Freiheitsstrafe von 6 Jahren + 9
Monaten verurte
« Reply #2 on: June 12, 2016, 04:27:03 AM »
Während der Abwesenheit der Zeugin Z7 versuchte die Angeklagte einmal,
die Geburt durch andere Positionen, wie den sog. Vierfüßlerstand, und
die Aufforderung zum heftigen Mitschieben zu beschleunigen, was jedoch
nicht gelang und den Steiß des Kindes lediglich bis zur Beckenmitte
brachte. Während der Anwesenheit der Angeklagten verschlechterte sich
der Zustand der Zeugin Z3 - eine Folge des verzögerten Geburtsverlaufs,
wie im einzelnen im Rahmen des Geburtsgeschehens G. Z1, des
Tatgeschehens, noch dargelegt wird - zusehends. Sie verlor an Kräften,
wirkte sehr erschöpft, wobei sie mehrfach äußerte, dass sie nicht mehr
könne, öffnete kaum noch die Augen, schaffte es weiter kaum mehr, den
Anweisungen der Angeklagten zum Veratmen der Wehen Folge zu leisten, und
klagte insbesondere wiederholt über Kopfschmerzen, Sehbeschwerden und
Flimmern vor den Augen. Diese von ihr geäußerten Beschwerden waren
bereits Vorboten eines infolge der bestehenden Präeklampsie drohenden
eklamptischen Krampfanfalls. Gekennzeichnet sind diese spezifischen
Vorsymptome durch infolge eines raschen Blutdruckanstiegs bestehende
Kopfschmerzen, Flimmern vor den Augen, verschwommenes Sehen und
neurologische Beschwerden. Die Angeklagte, die ohnehin die Verpflichtung
zur Durchführung der entsprechenden Untersuchungen der klassischen
Hebammengeburtshilfe, wie Blutdruck- und Pulsmessung der Schwangeren,
gehabt hätte, war hierzu erst recht in Anbetracht der massiven
Wassereinlagerungen der Zeugin und der von ihr konkret geäußerten
Beschwerden gehalten, da sie jedenfalls die klassischen Anzeichen als
Folge einer Gestose einschätzte. Gleichwohl nahm die Angeklagte, der
aufgrund ihrer Ausbildung die typischen Anzeichen einer Gestose bekannt
sind, entsprechende Untersuchungen zu keinem Zeitpunkt vor, sondern
veranlasste lediglich die Zeugin Z8 dazu, einen feuchten Waschlappen zu
bringen, um ihn der Schwangeren auf die Stirn zu legen, während die
Angeklagte sich im Anschluss wieder in das Nebenzimmer zurückzog.
Wohl etwa gegen 3.10 Uhr übernahm die Hebamme Z7 erneut die
Geburtsleitung. Während sich die Zeugin Z3 zu diesem Zeitpunkt mit ihrem
Ehemann und der Angeklagten im Badezimmer befand, war die Zeugin Z8, die
sich in die Küche begeben hatte, um Kaffee zu kochen, gerade
zurückgekehrt. Ein Geburtsfortschritt hatte während der gesamten
zurückliegenden Stunden nicht stattgefunden. Mittlerweile war der
Zeitraum der Austreibungsphase, die ca. eine Stunde und im Falle einer
Beckenendlage auch wenig länger dauern darf, mit nahezu fünf Stunden
massiv überschritten, was, wie dargelegt, im Rahmen eines protrahierten
Geburtsverlaufs einen weiteren erheblichen Risikofaktor im Hinblick auf
eine Sauerstoffmangelversorgung des Kindes darstellt. Sowohl die
Angeklagte als auch die Hebamme Z7 realisierten einen Geburtsstillstand,
der ein weiteres Kriterium für eine unbedingte sofortige Verlegung in
eine Geburtsklinik darstellte. Auch zu diesem Zeitpunkt wurde von beiden
Hebammen eine Verlegung in eine Geburtsklinik nicht in Betracht gezogen.
Die Hebamme Z7 versuchte nach ihrer Rückkehr vielmehr, die Kindsmutter
im Badezimmer zu einem erneuten Positionswechsel zu bewegen, um so die
zum Stillstand gekommene Geburt fortzusetzen. Der Aufforderung der
Zeugin Z7, sich im Stehen an einer Ablagefläche abzustützen und mit
gespreizten Beinen in die Hocke zu gehen, konnte die Zeugin Z3 nicht
mehr nachkommen. Bereits kurz zuvor hatte sie auf die Angeklagte und die
Zeugin Z7 einen desorientierten Eindruck gemacht und wirkte nach der
Beschreibung der Angeklagten in ihrer späteren Dokumentation "wie
weggetreten", was die Zeugin Z7 veranlasste, ihr sog. "Rescue-Tropfen"
zu verabreichen. Dabei handelt es sich um eine Behandlungsmethode, bei
der mittels einzelner oder kombinierter Blütenessenzen in Form
hochverdünnter Tropfen negative seelische Zustände verbessert werden
sollen. Tatsächlich war dies der Beginn der gefürchteten Komplikation
der Schwangerschaftserkrankung.
In dieser Situation erlitt die Zeugin Z3 einen eklamptischen Anfall, die
hochlebensbedrohliche Endkomplikation der EPH-Gestose. Z3 zeigte einen
tonischklonischen Krampfzustand mit Zuckungen, tiefer schnarchender
Atmung und Nichtansprechbarkeit. Ihr Gesicht verzog sich zu einer
Grimasse, sie hyperventilierte und stieß einen Laut aus, der ihren
Ehemann angesichts der Verfassung seiner Ehefrau in Panik versetzte. Er
versuchte verzweifelt, seine Ehefrau anzusprechen, die jedoch nicht mehr
reagierte. Erst jetzt wurden die Angeklagte und die Zeugin Z7 tätig. Zu
keinem Zeitpunkt war von der Angeklagten oder der Zeugin Z7 - wie dies
später von ihnen behauptet wurde - zuvor eine angezeigte Verlegung in
ein Krankenhaus angesprochen worden. Beide waren bis zu diesem Zeitpunkt
nach wie vor entschlossen gewesen, unter Außerachtlassung sämtlicher
Warnzeichen die für Mutter und Kind mit lebensbedrohlichen Risiken
behaftete Geburt als außerklinische Geburt zu Ende zu bringen. Erst
jetzt wurde die Verlegung in ein Krankenhaus als erforderlich und
nunmehr angesichts des für die Zeugin Z3 und ihr ungeborenes Kind
lebensbedrohlichen Zustandes als dringlich angesehen und angesprochen.
Die Zeugin Z8 erhielt zunächst die Aufforderung, Diazepam in einer
Spritze aufzuziehen, das zur Behandlung eines eklamptischen Anfalls
eingesetzt wird. Die im Anschluss durch die Angeklagte versuchte
intravenöse Injektion schlug jedoch fehl, da es ihr nicht gelang, einen
Zugang zu legen. Eine ebenfalls mögliche intramuskuläre Injektion
unterließ die Angeklagte. Sodann wurde der Schwangeren kurzzeitig eine
Tüte über den Kopf gezogen, um durch das Einatmen der
kohlenstoffdioxidhaltigen Atemluft eine Erweiterung der Hirngefäße und
eine Beruhigung der Zeugin zu bewirken.
Auf Aufforderung der Angeklagten oder der Zeugin Z7 erfolgte erst im
Anschluss an diese Maßnahmen um 3.31 Uhr die Alarmierung des
Rettungsdienstes durch die Zeugin Z8, ohne dass jedoch auf die
Erforderlichkeit eines Notarzteinsatzes hingewiesen worden war, wodurch
weitere Zeit verloren ging. Die zunächst eintreffenden
Rettungssanitäter, die darüber hinaus den Weg zum abseits gelegenen
Geburtshaus nicht unmittelbar fanden, konnten die notwendige Versorgung
nicht leisten und mussten den Notarzt nachfordern, der erst kurz vor
4.00 Uhr in dem Geburtshaus eintraf. Die Angeklagte veranlasste
schließlich weiter über die Zeugin Z8 die telefonische Benachrichtigung
des St.-Franziskus-Krankenhauses in O11 unter Hinweis auf eine
erforderliche Notsectio.
Nicht nur für das ungeborene Kind bestand in der Situation infolge der
mit einem eklamptischen Anfall der Mutter verbundenen
Sauerstoffminderversorgung und der Gefahr einer Plazentainsuffizienz
akute Lebensgefahr. Auch für die Zeugin Z3 bestanden massive Risiken
eines Schlaganfallgeschehens mit einer Massenblutung im Gehirn, eines
akuten Nierenversagens, eines Hirnödems, von Thrombosen und
Netzhautschäden. Darüber hinaus bestand das Risiko eines weiteren
Anfallsgeschehens innerhalb der nächsten Minuten, weshalb zur Vermeidung
von Schäden des Ungeborenen eine sofortige Notsectio hätte erfolgen
müssen.
Die Zeugin Z3 traf sodann erst um 04.33 Uhr mit dem Rettungswagen im
etwa 19 km entfernt liegenden F.-Hospital in O11 ein. Der anwesende
geburtshilfliche Oberarzt diagnostizierte einen somnolenten Zustand der
Patientin, massive Ödeme und einen Pressdrang. Die Zeugin Z3 war immer
noch kaum mehr in der Lage, auf Fragen zu antworten und konnte gerade
ihren Namen angeben. Es wurde die sofortige Notsectio vorbereitet und
eine Notfalltokolyse zur Wehenhemmung mit dem Medikament Partusisten
begonnen. Die vaginale Untersuchung zeigte einen vollständig eröffneten
Muttermund, der Steiß stand in Beckenmitte. Bei der Sectio caesarea
entleerte sich erbsbreiartiges mekoniumhaltiges Fruchtwasser. Um 4.46
Uhr wurde A. Z3 massiv deprimiert geboren. Das Neugeborene zeigte keine
Eigenatmung, war bradycard und von weißer Farbe bei ansonsten reifer
Entwicklung mit einer Größe von 50 cm und einem Geburtsgewicht von 3520
g. A. Z3 wurde unmittelbar an die bereitstehenden Kinderärzte übergeben,
die die sofortige Reanimation durchführten. Es erfolgte eine
CPAP-Beatmung sowie die fraktionierte Volumengabe und die Pufferung mit
Natriumbicarbonat. Die Apgar-Werte - ein Punkteschema, mit dem der
klinische Zustand von Neugeborenen standardisiert beurteilt wird -
betrugen 1/5 und nach erfolgter Beatmung 7. Dabei werden Herzfrequenz,
Atemanstrengung, Reflexauslösbarkeit, Muskeltonus und Hautfarbe
beurteilt. Die optimale Punktzahl für Neugeborene beträgt 9 - 10; bei
Wertungen unter 5 gilt das Neugeborene als akut lebensgefährdet.
Soweit die Hebamme Z7 und die Angeklagte in ihren anschließend
gefertigten Geburtsprotokollen das "kräftige Schreien eines
Neugeborenen" dokumentiert und A. Z3 als "rosig" beschrieben haben, ist
auch dies unwahr und im Hinblick auf ihre Entlastung erfolgt.
Anschließend wurde A. Z3 mit einer schweren Asphyxie auf die
Neugeborenenintensivstation verlegt. Bereits in der zweiten Lebensstunde
zeigte sich ein beginnendes Hirnödem mit verwaschener Zeichnung des
Großhirns und schmalen Seitenventrikeln. Dieses nahm in den nächsten
Lebenstagen deutlich zu, Kleinhirnstrukturen konnten aufgrund des Ödems
im Sagittalschnitt kaum dargestellt werden. A. Z3 entwickelte weiter
unter der schweren Asphyxie leichte Pleuraergüsse sowie einen
Perikarderguss. Die stationäre Behandlung erfolgte bis zum 14.09.2007.
Im weiteren Verlauf entwickelte sich eine BNS-Epilepsie - eine seltene
und schwer zu behandelnde generalisierte maligne Epilepsie - sowie eine
zunehmende psychomentale und statomotorische Entwicklungsverzögerung.
Infolge des unter der Geburt erlittenen Sauerstoffmangels ist A. Z3 zu
100 % schwerstbehindert. Sie ist nicht in der Lage zu sprechen, zu
laufen, zu sitzen, zu greifen, sie kann den Kopf nicht eigenständig
halten, hat Schluckschwierigkeiten, geht ständig in Überstreckung mit
einschließenden Spastiken in den Armen und Beinen. A. Z3 wird ihr Leben
lang ein Dauerpflegefall bleiben; eine Pflege, die ihre Eltern massiv
fordert und an die Grenzen ihrer psychischen und physischen
Belastbarkeit bringt. Wäre zu einem rechtzeitigen Zeitpunkt,
insbesondere nach Feststellung der Beckenendlage, aber auch noch später,
die Verlegung in ein Krankenhaus erfolgt, wäre A. Z3 mit an Sicherheit
grenzender Wahrscheinlichkeit gesund geboren worden. Die von ihr
erlittenen massiven Schäden sind auch allein auf das Geburtsgeschehen
zurückzuführen. Eine Schädigung bereits im Mutterleib in der
zurückliegenden Zeit infolge der Gestoseerkrankung ihrer Mutter ist
auszuschließen.
Die Zeugin Z3 musste im Anschluss an die Sectio ebenfalls auf die
Intensivstation verlegt werden. Der Oberarzt teilte dem Zeugen Z4 mit,
dass es ein Wunder sei, dass sowohl seine Ehefrau als auch seine Tochter
überlebt hätten. Wegen weiter anhaltend erhöhter Blutdruckwerte bis
200/110 mm Hg musste die Zeugin bis zum 03.09.2007 intensiv
antihypertensiv behandelt werden. Sie litt weiter unter massiven Ödemen.
Sechs Tage nach der Geburt betrug ihr Körpergewicht 85 kg. Erst am
09.09.2007 gingen die Blutdruckwerte in den Normbereich zurück, während
zuvor stets die deutlich pathologischen Werte vorgelegen hatten.
Zu einem konkret nicht feststellbaren Zeitpunkt im Anschluss an das
Geburtsgeschehen fertigten die Angeklagte und die Hebamme Z7 eine von
ihr auf einem Briefbogen geschriebene und von beiden unterschriebene
handschriftliche Erklärung, die sie auf den 26.08.2007 rückdatierten und
die folgenden Inhalt hatte:
"Vereinbarung
Frau S. geht heute (26.08.2007) ca. 23.00 Uhr in Arbeitsbereitschaft für
die Geburt von Frau Z3. Sie wird sich lediglich für die nicht zu
erwartende Komplikation einer erschwerten Armlösung bei bekannter
Steißlage zur Verfügung stellen. Zu diesem Zweck wird sie sich auf dem
Gelände aufhalten. Die Geburtsleitung bleibt in meiner Hand.
O10, 26.08.07".
Hintergrund dieser nachträglich fälschlich gefertigten Erklärung war
mutmaßlich eine Haftungsfreizeichnung der Angeklagten im Hinblick auf
die befürchtete zivilrechtliche Inanspruchnahme.
Darüberhinaus erstellten sowohl die Angeklagte als auch die Zeugin Z7 im
Anschluss an das Geburtsgeschehen nach entsprechender Absprache ein
zumindest in Teilen unzutreffendes Geburtsprotokoll. So haben beide
insbesondere eine falsche Darstellung in der Weise vorgenommen, dass
bereits vor dem Auftreten des eklamptischen Anfallsgeschehens eine
Entscheidung zu einer "Verlegung in Ruhe" in ein Krankenhaus getroffen
worden sein soll, wobei das Anfallsgeschehen als Reaktion der Zeugin Z3
auf die Ankündigung der Verlegung dargestellt wird. Eine solche
Ankündigung einer Verlegung hat es - wie dargelegt - zu keinem Zeitpunkt
gegeben. Auch die Beschreibung des Neugeborenen nach dem von der
Angeklagten gefertigten Geburtsprotokoll als rosig und die Schilderung
eines kräftigen Schreiens des Mädchens aus dem Kreißsaal ist angesichts
des Umstands, dass A. Z3 nach der Beschreibung der Ärzte "fast tot zur
Welt gekommen ist", wie dargelegt, unzutreffend. Auch die in den von
beiden gefertigten hand- bzw. maschinenschriftlichen Geburtsprotokollen
angegebenen Daten zur Alarmierung des Notdienstes sind unzutreffend
wiedergegeben.
Die Angeklagte hat ihre Leistungen als Hebammentätigkeit (Hilfe bei
Schwangerschaftsbeschwerden/Wehen) über den gesamten Zeitraum von 22.30
Uhr bis 00.00 Uhr am 26.08. und von 0.00 Uhr bis 04.00 Uhr am 27.08.2007
nach § 134 a SGB V gegenüber der Krankenkasse der Zeugin Z3 mit Rechnung
vom 30.01.2008 abgerechnet.
Die Zeugen Z3 und Z4 führen in gesetzlicher Vertretung ihrer Tochter A.
Z3 inzwischen ein Zivilverfahren vor dem Landgericht O11, in dem die
Hebamme Z7 und die Angeklagte auf Zahlung von Schmerzensgeld, einer
Schmerzensgeldrente sowie die Übernahme von materiellen Schäden in
Anspruch genommen werden. Im Rahmen des Zivilverfahrens haben die
Angeklagte und die Zeugin Z7 inzwischen eine wechselseitige Zuweisung
der Verantwortung für das Geburtsgeschehen vorgenommen.
Feststellungen zur Drillingsgeburt Z13 am 21.01.2008
Zweimal, nämlich etwa 5 Monate vor dem hier abzuurteilenden
Geburtsgeschehen und erneut ca. 6 Wochen nach dem tödlichen endenden
Geburtsgeschehen am 30.06.2008, begleitete die Angeklagte gemeinsam mit
der Zeugin Z14, die als Hebamme auf der Insel O13 tätig war, eine
außerklinische Drillingsgeburt. Die Zeugin Z14 vertritt eine
gleichgelagerte ideologische Einstellung wie die Angeklagte - worauf im
einzelnen noch eingegangen wird -. Auch die Zeugin Z14, die mittlerweile
nicht mehr als Hebamme tätig ist, führte Risikogeburten, u.a.
Drillingsgeburten, als geplante Praxisgeburten auf der Insel O13, auf
der es kein Krankenhaus gibt, mit extra zu diesem Zweck aus anderen
Teilen Deutschlands angereisten Müttern, wiederholt mit Unterstützung
der Angeklagten durch. Neben der von beiden vertretenen ideologischen
Sichtweise spielten für die Angeklagte dabei auch Gründe eine Rolle, ihr
Ansehen und ihre Anerkennung auszubauen und ihre Kompetenz zu
untermauern. Die Ideologie der Zeugin Z14, die, wie die Angeklagte, eine
grundsätzlich ablehnende Haltung gegenüber einer operativen Entbindung
durch Kaiserschnitt vertritt, ging dabei möglicherweise soweit, ihr
eigenes Kind dem Tod im Mutterleib preiszugeben anstatt einen
lebensrettenden Kaiserschnitt durchführen zu lassen - zumindest hat sie
ein solches Geschehen den Kindseltern des bei dem angeklagten
Geburtsgeschehen zu Tode gekommenen Kindes G. Z1 berichtet, worauf an
späterer Stelle noch eingegangen wird.
Auch Mehrlingsschwangerschaften und -Geburten zählen zu den sogenannten
Risikoschwangerschaften. Nach den Empfehlungen und Auswahlkriterien für
die Wahl des Geburtsortes des Bundes Deutscher Hebammen ist auch im Fall
einer Drillingsgeburt eine freie Wahl des Geburtsortes nicht möglich,
sondern vielmehr eine klinische Betreuung unter der Geburt erforderlich.
Auch nach der Hebammenberufsordnung stellt die Mehrlingsschwangerschaft
ein geburtsrelevantes Risiko dar, und nicht eine "normale"
physiologische Geburt, die von der Hebamme durchgeführt werden darf,
sondern eine pathologische Geburt, die in den Bereich der ärztlichen
Verantwortung fällt. Dabei ist immanent, dass nicht die Präsenz eines
Arztes schlechthin, sondern eines geburtshilflich erfahrenen Gynäkologen
erforderlich ist. In der Regel werden Drillinge mit Kaiserschnitt
entbunden. Die Planung einer Spontanentbindung in einer Klinik mit der
Möglichkeit eines eventuell erforderlichen Notkaiserschnitts ist zwar
grundsätzlich möglich, angesichts des immens hohen logistischen Aufwands
aber kaum realisierbar. In einer Klinik sind bei einer Drillingsgeburt
mindestens 14 Personen zugegen, wobei es sich um drei Neonatologen, drei
Intensivschwestern, einen Anästhesisten mit Schwester, einen Gynäkologen
mit zwei Assistenten und drei Hebammen handelt. Da ein solcher Aufwand
kaum zu realisieren ist, geht die klinische Empfehlung dahin, in der 32
bis 34. Schwangerschaftswoche eine elektive Sectio vorzunehmen.
Insbesondere bei vaginalen Drillingsgeburten besteht ein erhöhtes Risiko
von Nabelschnurumschlingungen und einer Asphyxie unter der Geburt.
Darüber hinaus handelt es sich aufgrund des geringen Geburtsgewichts
immer um Frühgeburten, die besonderer ärztlicher Überwachung bedürfen.
Fetale Risiken - Frühgeburtlichkeit und die einhergehenden
Komplikationen (z. B. neonatales Atemnotsyndrom,
Frühgeborenenretinopathie) betreffen Mehrlinge in besonderem Maße. Auch
die Rate an Zerebralparese ist deutlich erhöht.
Ein weiteres typisches Risiko einer vaginalen Mehrlingsentbindung ist
zudem eine vorzeitige Lösung der Plazenta unter der Geburt, zumeist nach
der Geburt eines ersten Zwillings, die zentral oder randständig
eintreten kann. Hierzu kommt es durch die plötzlichen intrauterinen
Druck- und Volumenveränderungen nach der Geburt des ersten Zwillings.
Unter allen Schwangerschaftskomplikationen weist die vorzeitige
Plazentalösung eine sehr hohe perinatale kindliche Mortalität auf. Da
durch die - teilweise oder vollständige - Plazentalösung Blutungen aus
den uterinen Gefäßen auftreten, besteht die Gefahr eines hämorrhagischen
Schocks bei der Mutter, der eine komplette Plazentainsuffizienz und
damit eine fetale Hypoxie zur Folge hätte. Auch ohne einen Schockzustand
der Mutter besteht die große Gefahr einer Asphyxie des zweiten
Zwillings.
Die Angeklagte und die Zeugin Z14, die sich als "letzte Kämpferinnen"
für die natürliche Geburt ansahen, zeigten sich hiervon unbeeindruckt.
Sie waren der Überzeugung, jedes Geburtsgeschehen allein durchführen zu
können, wobei ihnen bewusst war, dass auch im Falle von eintretenden
Komplikationen medizinische Hilfe rechtzeitig nicht in Anspruch genommen
werden könnte, und insbesondere die Möglichkeit eines eventuell
erforderlich werdenden Notkaiserschnitts praktisch ausgeschlossen war.
Im Jahre 2008 gab es auf der Insel O13 nämlich nicht einmal ein
Krankenhaus, und Notfälle mussten mit dem Rettungshubschrauber in die
Klinik an das Festland verlegt werden. Eine entsprechende Verlegung mit
der Durchführung eines Notkaiserschnitts in einem erforderlichen
Zeitraum von unter 20 Minuten wäre ausgeschlossen gewesen.
Bei der Zeugin Z13 bestanden neben den allgemeinen Risiken einer
Mehrlingsgeburt nach dem intrauterinen Tod eines der drei Kinder etwa
drei Wochen vor der Geburt weitere massive Geburtsrisiken für die beiden
weiteren Kinder, worauf noch weiter eingegangen wird. Auch diese
Umstände hielten die Angeklagte und die Zeugin Z14, die vom
intrauterinen Tod des Drillings - der im übrigen bei der Befolgung
ärztlichen Rates durch die Kindsmutter mit an Sicherheit grenzender
Wahrscheinlichkeit zu vermeiden gewesen wäre - nicht von der Planung
einer außerklinischen Geburt auf einer Insel ohne die Möglichkeit einer
intensivmedizinischen Versorgung und einer klinischen Versorgung
überhaupt ab.
Die Zeugin Z13 war im Jahre 2007 nach einem Abort und einer Entbindung
im Jahre 2001 mit Drillingen schwanger. Es handelte sich um eine sog.
dichorialtriamniote Drillingsschwangerschaft, mit eineiigen Zwillingen
und einem weiteren Drilling mit eigener Fruchthöhle und Plazenta. Im
Verlauf der Schwangerschaft wurde ein seltenes, aber in den Auswirkungen
schwerwiegendes Risiko einer Zwillingsschwangerschaft, ein sog.
Feto-Fetales-Transfusionssyndrom (FFTS) festgestellt. Dabei handelt es
sich um eine Durchblutungs- und Ernährungsstörung, die speziell bei
monochorialen Zwillingsschwangerschaften, d.h. solchen, bei denen sich
eineiige Zwillinge eine Plazenta teilen, auftritt. Es bestehen unübliche
Gefäßverbindungen - Anastomosen - in der Plazenta, durch die es zu einem
Ungleichgewicht des Blutaustausches zwischen den ungeborenen Kindern
kommt. Dabei bilden sich im Mutterkuchen Blutgefäßanastomosen, also
Verbindungen zwischen zwei Arterien (= arterioarteriell), zwischen zwei
Venen (= venovenös) oder zwischen einer Arterie und einer Vene (=
arteriovenös). Es findet eine wechselseitige Transfusion von Blut durch
die Gefäßanastomose in der Plazenta statt. In der Mehrzahl der Fälle ist
dieser Blutaustausch nicht gefährlich, solange sich die Transfusionen
die Waage halten. Gelangt durch atypische Verbindungen der
Plazentakreisläufe der Zwillinge Blut ausschließlich aus dem Kreislauf
des einen Kindes (Donor = Spenderzwilling) in den Kreislauf des anderen
Kindes (Akzeptor = Empfängerzwilling) entsteht durch dieses
Ungleichgewicht das Feto-Fetale Transfusionssyndrom.
Der Empfängerzwilling ist deutlich größer als der abgebende Zwilling
(Donor). Durch eine gesteigerte Urinausscheidung (Diurese) bildet er
vermehrt Fruchtwasser und entwickelt ein so genanntes Polyhydramnion.
Dies führt zu einer Überdehnung der Gebärmutter und unbehandelt zu
vorzeitiger Wehentätigkeit, vorzeitigem Platzen der Fruchtblase
(Blasensprung) und dementsprechend einer Fehl- oder Frühgeburt. Wenn das
Herz des Ungeborenen die zusätzliche Blutmenge nicht mehr adäquat pumpen
kann, kommt es durch die Herzinsuffizienz zu einem Hydrops fetalis mit
einer vergrößerten Nackentransparenz, Flüssigkeitsansammlung in der
Bauchhöhle (Aszites), Ansammlung von Flüssigkeit im Brustfellraum
(Pleuraerguss) und im Herzbeutel (Perikarderguss), Funktionsschwäche der
AV-Klappen, Leber- und Milzvergrößerung (Hepatosplenomegalie) und
ödematösen Veränderungen der Haut. Durch Herzversagen kann es auch zum
vorgeburtlichen Tod kommen. Nach der Geburt weist der Akzeptor eine
unüblich große Menge Blut auf (Plethora).
Der Spenderzwilling ist aufgrund einer Wachstumsverzögerung deutlich
kleiner als der aufnehmende Zwilling. Durch eine verminderte oder gar
aussetzende Urinausscheidung kommt es in seiner Fruchthöhle zu einer
Verminderung des Fruchtwassers (Oligohydramnion) und in schweren Fällen
zu einem völligen Fehlen des Fruchtwassers (Anhydramnion, "stuck twin").
Entsprechend ist die Fruchtblase mittels Ultraschall meistens nicht
darstellbar. Durch Blutarmut (Anämie) und allgemeine Mangelversorgung
bei zu kleinem Anteil am Mutterkuchen kann auch beim Donor ein
vorgeburtlicher Tod eintreten. Nach der Geburt weist der Spenderzwilling
immer eine Blutarmut mit einer Differenz der Hämoglobinkonzentration zum
Empfängerzwilling auf.
Am 02.10.2007, in der 21. Schwangerschaftswoche, sollte im
Universitätsklinikum in O18 eine Laserkoagulation durchgeführt werden.
Dabei erfolgt die Durchtrennung der Gefäßanastomosen mittels Laser im
Rahmen einer Fruchtblasenspiegelung (Fetoskopie) durch einen kleinen
Stich in der Bauchdecke. Bei dem Eingriff kam es - ein typisches Risiko
- aus der Einstichstelle des Fetoskopes an der Uterusvorderwand zu einer
Blutung, woraufhin eine genügende Sicht nicht mehr hergestellt werden
konnte, um die Anastomosen zu identifizieren. Da die beabsichtigte
Laserkoagulation daraufhin nicht mehr möglich war, wurde nur eine
Amniodrainage (eine Fruchtwasserentlastungspunktion) durchgeführt, wobei
durch eine Punktion der Fruchtblase des Akzeptors das überschüssige
Fruchtwasser abgelassen wird. Hierdurch gelingt durch die Verminderung
des Perfusionsdruckes auf die Plazenta die Absenkung des Risikos einer
Fehlgeburt oder Frühgeburt.
Zum Zeitpunkt der Entlassung der Zeugin Z13 am 04.10.2007 erschien die
Situation stabil, der Donor zeigte eine gute Blasenfüllung und war kein
"stuck twin" mehr. Die Zeugin Z13 wurde auf die notwendige engmaschige
Betreuung und Befundkontrolle nach etwa einer Woche hingewiesen und ihr
wurde die stationäre Aufnahme in der 25. Schwangerschaftswoche in der
Universitätsklinik O19 zur Lungenreifeinduktion und ggf. weiteren
stationären Überwachung angeraten. Primäres Behandlungsziel war die
Schwangerschaftsverlängerung so lange wie möglich, die Durchführung
regelmäßiger Dopplerultraschalluntersuchungen und ggf. weiterer
Amniodrainagen.
Bei der am 11.10.2007 durchgeführten Kontrolluntersuchung zeigten sich
weiter ausgeglichene Fruchtwasserverhältnisse. Bei dem Akzeptor - dem
später geborenen Kind L. Z13 - zeigte sich jedoch eine
Trikuspidalinsuffizienz - eine Undichtigkeit der Trikuspidalklappe des
Herzens - und es bestand der Verdacht auf eine latente Herzinsuffizienz,
die sich bei einer nachfolgenden Untersuchung am 19.10.2007 bestätigte.
Die Fruchtwasserverhältnisse waren zwar nach wie vor ausgeglichen, es
zeigte sich jedoch eine progrediente Dilatation des Herzens des
Akzeptors und Zeichen der beginnenden Herzinsuffizienz. Die Zeugin Z13
war in einem anschließenden Gespräch ausführlich über den Befund, der
eine ungünstige Entwicklung für das Kind L. Z13 zeigte, aufgeklärt
worden. Die Zeugin wurde insbesondere erneut über die dringende
Erforderlichkeit weiterer engmaschiger Befundkontrolle, der stationären
Aufnahme zur Durchführung eines Kaiserschnitts für den Fall einer
Notsituation, wobei nach wie vor versucht werden sollte, eine
Entwicklung der Kinder im Mutterleib so lange wie möglich
aufrechtzuerhalten, die zu erwartende Frühgeburtlichkeit und das Risiko
des Absterbens einer oder beider monochorialer Drillinge aufgeklärt.
Nach dem Fehlschlagen der Laserkoagulation weigerte sich die Zeugin Z13,
den ärztlichen Ratschlägen Folge zu leisten. Insbesondere kam für sie
eine Entbindung mittels Kaiserschnitt, die ihr angesichts des FFTSs
unausweichlich avisiert wurde, nicht in Betracht.
Auch weitere Dopplerultraschalluntersuchungen ließ sie nicht mehr
durchführen und suchte im Anschluss zu Untersuchungen ausschließlich
noch ihre Frauenärztin auf. Sie verließ sich auf ihr Gefühl, dass es den
drei Kindern gut gehe und suchte nach Alternativen für die Entbindung.
Bei ihren Recherchen stieß sie auf die Zeugin Z14, mit der sodann die
Planung für eine Entbindung der Drillinge auf O13 stattfand. Die Zeugin
Z14 führte lediglich eine einmalige Untersuchung der Schwangeren durch,
als sie sich - wohl im Oktober 2007 - zu einer Fortbildungsveranstaltung
in O16 aufhielt. Weitere Untersuchungen fanden in der Folgezeit nicht
statt; die Kontakte beschränkten sich auf Telefonate. Die Zeugin Z14 war
von der Zeugin Z13 über die gesamten Umstände in Kenntnis gesetzt
worden; sie wusste sowohl von dem Feto-Fetalen Transfusionssyndrom und
der fehlgeschlagenen Laserkoagulation, als auch von den problematischen
Verhältnissen des Akzeptor-Zwillings mit der beginnenden
Herzinsuffizienz. Die Zeugin Z14 unterstützte die Zeugin Z13 gleichwohl
in ihrem Vorhaben einer außerklinischen Geburt auf der Insel O13, wobei
die Kindsmutter ebenfalls nicht in Unkenntnis darüber war, dass es auf
der Insel nicht einmal ein Krankenhaus gab und im Falle von
Komplikationen sowohl ihr Leben als auch das der Kinder in konkreter
Gefahr wäre.
Am 18.12.2007 ließ die Zeugin Z13 im Krankenhaus in O19 lediglich eine
normale Ultraschalluntersuchung durchführen. Sie erklärte, dass sie
eigentlich gar keine Überwachung wünsche, sie spüre, dass es den Kindern
gut gehe und sie ihrer Intuition folgen wolle. In einem ausführlichen
Gespräch wurde sie daraufhin von dem Leiter der Abteilung über die
Notwendigkeit eines Kaiserschnitts bei dem Vorliegen eines Feto-Fetalen
Transfusionssyndroms, die Lebensgefahr für alle drei Kinder im Fall
einer möglichen schnellen Progredienz sowie die Notwendigkeit und den
Ablauf der Lungenreifeinduktion aufgeklärt. Auch nach wiederholtem
Hinweis auf die dringende Erforderlichkeit einer
Dopplerultraschalluntersuchung und einer Fetometrie (Ausmessen des Fetus
mittels Ultraschalldiagnostik) lehnte die Zeugin Z13 diese kategorisch
ab. Nachdem sie auch die Planung einer Kaiserschnittgeburt nach der 32.
SSW trotz langer Diskussion und Aufklärung über die Risiken einer
Spontanentbindung ablehnte, erklärte sie sich schließlich mit der
Äußerung, dass sie zu einem früheren Termin einfach nicht kommen werde,
mit der Planung einer Sectio erst in der 37. Schwangerschaftswoche
einverstanden.
Tatsächlich war sie zu diesem Zeitpunkt bereits fest entschlossen, die
Spontangeburt auf der Insel O13 durchzuführen.
Da die Zeugin Z13 nach wie vor eine stationäre Krankenhausaufnahme
ablehnte und auch weitere Dopplerultraschalluntersuchungen und erst
recht eine erneute Amniodrainage verweigerte, kam es schließlich in der
33. Schwangerschaftswoche - in der Zeit zwischen dem 19.12. und dem
28.12.2007 - zum Absterben des Donor-Zwillings. Bei einer erneuten
Ultraschalluntersuchung am 28.12.2007 wurde der Tod des Feten
festgestellt. Dem eindringlichen Rat zur Durchführung eines
Kaiserschnitts leistete die Zeugin auch jetzt keine Folge. Unbeeindruckt
verfolgte sie weiter die geplante Spontanentbindung der Kinder auf der
Insel O13.
Auch nach dem Absterben des Donor-Zwillings riet die Zeugin Z14 der
Zeugin Z13, die sie unmittelbar davon in Kenntnis gesetzt hatte, nicht
zu einer stationären Aufnahme und klinischen Entbindung, sondern dazu,
den beiden weiteren Kindern noch möglichst viel Zeit zu geben. Zu einem
erneuten Kontrolltermin in der O19er Klinik am 05.01.2008, bei dem ein
CTG geschrieben werden sollte, erschien die Zeugin Z13 nicht im
Krankenhaus und gab telefonisch an, unter einem grippalen Infekt zu
leiden. Ob dies tatsächlich der Fall war, hat die Kammer nicht
feststellen können, wenngleich mehr dafür spricht, dass es sich um einen
Vorwand handelte. Trotz der eindringlichen Empfehlung, die Kontrolle
durchführen zu lassen unter Hinweis auf eine mögliche Wehentätigkeit bei
dem Vorliegen von Fieber nahm die Zeugin den Termin weder an diesem Tag
noch in der Folgezeit wahr.
Am 20.01.2007 reiste die Zeugin Z13 schließlich gemeinsam mit dem
Kindsvater, von dem sie inzwischen getrennt lebt, auf die Insel O13; am
darauffolgenden Tag fand die Geburt statt. Die Zeugin Z14 hatte bereits
im Vorfeld mit der Angeklagten deren Teilnahme geregelt. Zu welchem
Zeitpunkt die Angeklagte anreiste, hat die Kammer nicht feststellen
können. Naheliegend ist, dass die Zeugin Z14 sie von dem Anreisetermin
der Kindseltern rechtzeitig in Kenntnis gesetzt hatte, wie sie dies auch
bei der weiteren Mehrlingsgeburt im August 2008 tat. Der
Akzeptor-Zwilling L. Z13 hatte zu einem konkret nicht feststellbaren
Zeitpunkt - mutmaßlich intrauterin infolge des Absterbens seines
Zwillingsbruders - einen Hirninfarkt erlitten. Zudem wäre infolge der
beginnenden Herzinsuffizienz eine klinische Versorgung unmittelbar im
Anschluss an die Geburt erforderlich gewesen. Wenn die Zeugin Z14 und
die Angeklagte, wie auch die Kindsmutter, von dem Hirninfarkt auch keine
Kenntnis hatten, wussten sie im einzelnen um die anderen Umstände und
die damit - neben den allgemeinen Risiken einer Mehrlingsgeburt -
bestehenden weiteren Risiken für das Leben des Kindes L. Z13 bei einer
außerklinischen Geburt.
Zu den Einzelheiten des Geburtsgeschehens, das von der Zeugin Z14
gemeinsam mit der Angeklagten durchgeführt wurde, hat die Kammer
konkrete Feststellungen nicht treffen können. Der Einling A. Z13 wurde
um 15.13 Uhr mit einem Frühgeborenengewicht von 2050 g bei einer Größe
von 47 cm in der 37. Schwangerschaftswoche geboren. Der
Akzeptor-Zwilling L. Z13 wurde über eine Stunde später um 16.22 Uhr mit
einem Gewicht von 2300 g und einer Länge von 46 cm aus Beckenendlage
geboren. Das Fruchtwasser war altblutig und dickbreiig. L. Z13 hatte bei
der ersten Untersuchung durch die Angeklagte einen eingetragenen Apgar
von 8 und 9; ob diese von der Angeklagten eingetragenen Werte zutrafen,
hat die Kammer nicht feststellen können. Postnatal entwickelte L. Z13
ein Atemnotsyndrom. Dabei handelt es sich, wie dargelegt, um eine
typische Komplikation der Frühgeburtlichkeit, und zwar um eine
Lungenfunktionsstörung, die zu den häufigsten Todesursachen im
Neugeborenenalter zählt. Mögliche akute Komplikationen eines
Atemnotsyndroms sind die Ausbildung eines Emphysems und Luftansammlung
in den Körperhöhlen (Pneumothorax, Pneumomediastinum, Pneumoperitoneum).
Zu weiteren konkreten Komplikationen kam es vorliegend zunächst nicht.
Die Kindseltern meldeten bei dem Standesamt auf O13 lediglich eine
Zwillingsgeburt an. Dass es sich um eine Drillingsgeburt gehandelt hatte
und ein Kind verstorben war, gaben sie nicht an. Der im Mutterleib
verstorbene Zwilling, der mutmaßlich weniger Gewicht als seine
Geschwister aufwies, mit Sicherheit aber weit über der Grenze des
bestattungspflichtigen Geburtsgewichts von 500 g lag, wurde nicht
bestattet, sondern zusammen mit der Plazenta an einer unbekannten Stelle
vergraben. Auch die Angeklagte trug im Untersuchungsheft lediglich eine
Zwillingsgeburt ein.
In der Zeit vom 28.01. bis zum 16.02.2008 befand sich L. Z13 sodann in
stationärer Behandlung im St. J.krankenhaus in O19. Die Aufnahme
erfolgte wegen schlechten Trinkverhaltens am 7.Lebenstag. L. Z13 wies zu
diesem Zeitpunkt ein Gewicht von 2120 g auf und zeigte einen leicht
reduzierten Allgemeinzustand. Im Rahmen der stationären Behandlung wegen
einer Viruspneumonie wurde anlässlich einer durchgeführten
Schädelsonographie ein Zustand nach älterem Hirninfarkt mit
Kolliquationsnekrose und Resorptionszysten parietookzipital links
festgestellt. Da ein genauer Zeitpunkt des erlittenen Hirninfarktes
nicht festgestellt werden konnte, wurde dieser als am ehesten durch
einen Infarkt im Rahmen des Feto-Fetalen-Transfusionssyndroms gesehen.
Als Residuum der intrauterinen Herzinsuffizienz fand sich noch eine
kontrollbedürftie Trikuspidalinsuffizienz.
Einige Stunden nach der Aufnahme entwickelte L. Z13 ohne Zeichen einer
Dyspnoe einen Sauerstoffbedarf von 25 %, der sich zunehmend bis 45 %
verschlechterte. Im Tiefschlaf zeigte er periodenweise grenzwertige
Sättigungen (88%), die sich spontan erholten und nie von einer Apnoe
oder Bradykardie begleitet waren.
Infolge des erlittenen Hirninfarktes leidet L. Z13 unter einer
Halbseitenlähmung und Entwicklungsstörungen.
Feststellungen zur Geburt des Kindes L. Z2 am 29.03.2008
Nur drei Monate vor dem Geburtsgeschehen, das den Gegenstand des
Verfahrens bildet, kam es zu einer von der Angeklagten begleiteten
Hausgeburt, bei der das augenscheinlich reife, gesunde Neugeborene im
Rahmen des Geburtsvorgangs verstarb. Angesichts des Verlaufs der
Schwangerschaft und der zum Geburtsgeschehen getroffenen Feststellungen
spricht alles für einen Tod infolge Sauerstoffmangels aufgrund
protrahierten Verlaufs - für eine andere Ursache, wie eine Fehlbildung
oder eine Infektion des Kindes haben sich keinerlei Hinweise ergeben.
Konkrete Feststellungen hat die Kammer insoweit nicht treffen können;
eine Obduktion des Kindes fand nicht statt.
Die 37-jährige Diplom-Psychologin Z2 war mit ihrem zweiten Kind
schwanger. Ihre im Dezember 2004 geborene Tochter - das erste Kind - war
mittels eines Kaiserschnitts geboren worden. Eine Hausgeburt war in
diesem Fall war von vornherein nicht möglich gewesen, da eine Fehllage
der Plazenta - eine sog. Placenta praevia - vorgelegen hatte. Dabei
befindet sich die Plazenta zu tief in der Gebärmutter, wodurch es zu
einer Verlegung des Geburtsweges kommen kann, so dass eine normale
vaginale Geburt unmöglich wird. Einen zeitlich geplanten Kaiserschnitt
hatten die Eltern abgelehnt, so dass es bei Einsetzen der Geburt zur
Durchführung eines Notkaiserschnitts gekommen war. Bei dieser ersten
Geburt der Eheleute Z2 war die Angeklagte nicht beteiligt.
Auch bei ihrem zweiten Kind strebte die Kindsmutter, die die Angeklagte
beruflich von einer gemeinsamen Tätigkeit kannte, trotz der
Komplikationen bei der ersten Schwangerschaft, eine Hausgeburt an.
Die letzte Periode war nach der Angabe der Schwangeren am 01.06.2007,
der errechnete Entbindungstermin der 14.03.2008, der sich auch durch die
durchgeführte Ultraschalluntersuchung in der 13. Schwangerschaftswoche
am 04.09.2007 bestätigte. Während der ohne besondere Auffälligkeiten
verlaufenden Schwangerschaft befand sich Z2 in regelmäßiger Behandlung
bei ihrem Gynäkologen, der auch die erste Schwangerschaft begleitet
hatte, dem in O8 tätigen Zeugen Dr. Z17. Lediglich die letzte
Untersuchung in der 37. Woche am 18.02.2008, bei der sich Z2 mit
Beschwerden - Kopfschmerzen und Augenflimmern - gemeldet hatte, erfolgte
durch dessen Kollegin.
Angesichts mehrerer Faktoren des im Mutterpass enthaltenen Kataloges A
über Anamnese und allgemeine Befunde, die er auch entsprechend
dokumentiert hatte, ordnete der Gynäkologe Dr. Z17 die Schwangerschaft
als Risikoschwangerschaft ein. Aus seiner Sicht bestanden viele Risiken,
weshalb sowohl eine besondere Überwachung bei der
Schwangerschaftsbetreuung angezeigt war als auch eine Hausgeburt aus
seiner Sicht völlig unvertretbar erschien. Dabei ordnete der Zeuge Dr.
Z17 das Altersrisiko - bei Z2 handelte es sich um eine Schwangere über
35 Jahren - als nicht derart gravierend ein, da sie auch bereits ihr
zweites Kind erwartete. Entscheidende Risiken sah er jedoch darin, dass
auch die erste Schwangerschaft und Geburt infolge der Fehllage der
Plazenta nicht unproblematisch verlaufen waren, nunmehr ein Zustand nach
vorangegangenem Kaiserschnitt mit der Gefahr einer Narbenruptur bestand,
die Kindsmutter desweiteren über die gesamte Schwangerschaft unter einer
Schwangerschaftsanämie litt, wobei der Hämoglobinwert anstelle zwischen
12 und 16 zum Teil bis auf 7 herabsank. Der Grund hierfür lag in einer
Autoimmunerkrankung der Kindsmutter, die im Jahre 1998 erkannt worden
war. Dabei handelt es sich um Lupus erythematodes - eine Erkrankung aus
dem rheumatischen Formenkreis. Die Anämie stellte im Hinblick auf eine
Geburt von daher ein besonderes Risiko dar, als ein weiterer Blutverlust
von ca. 1 l aufgrund des zum Teil bereits extrem niedrigen hb-Wertes
eine konkrete Lebensgefahr für die Schwangere bedeutet hätte. Im Falle
einer Narbenruptur, die wie dargelegt, ein Risiko einer Entbindung nach
vorangegangenem Kaiserschnitt bedeutet, wären ein Verbluten der Mutter
und der Tod des Kindes nahezu unvermeidbar gewesen. Darüber hinaus
besteht bei der Erkrankung eine erhöhte Blutungsneigung. In diesem
Zusammenhang sah der betreuende Gynäkologe zudem ein weiteres Risiko
darin, dass es sich bei der Kindsmutter um ein zierliche rothaarige Frau
handelte, da ihm auf der Grundlage medizinischer Studien und eigener
Erfahrungen ein Zusammenhang zwischen der Haarfarbe und einer erhöhten
Blutungsneigung bekannt war.
Die bestehende Autoimmunerkrankung der Zeugin Z2 hatte auch eine
engmaschige Betreuung während der Schwangerschaft zur Folge mit
durchgeführten Dopplerultraschalluntersuchungen zur Kontrolle der
Herzfrequenz des ungeborenen Kindes. Die Schwangerschaft verlief jedoch
insgesamt unproblematisch und eine Gefährdung des Kindes bestand nicht.
Insbesondere realisierte sich eine mögliche Komplikation der Erkrankung
mit einer Auswirkung auf die Nierentätigkeit der Zeugin nicht, die zu
einer Retardierung des Ungeborenen hätte führen können. Die Zeugin Z2
durchlief eine insgesamt unbeeinträchtigte Schwangerschaft, das
Ungeborene entwickelte sich zu jedem Zeitpunkt normal, was der Zeuge Dr.
Z17 im Mutterpass auch anhand der Ultraschallscreenings dokumentierte.
Im Winter litt die Zeugin Z2 zwar unter einer längeren Erkältung;
Medikamente nahm sie jedoch nicht ein, und Auswirkungen auf das
Ungeborene gab es nicht. Nachdem sie sich im Januar bereits wieder gut
fühlte, unternahm sie mit Zustimmung ihres Arztes noch eine Flugreise
nach London. Die von Dr. Z17 durchgeführten Ultraschalluntersuchungen
des Kindes waren zu jedem Zeitpunkt unauffällig und zeigten keine
pathologischen Veränderungen; vielmehr war das ungeborene Kind von der
Entwicklung und den Ultraschallbefunden organisch völlig gesund.
Nachdem der Zeuge Dr. Z17 im weiteren Verlauf schließlich von der
Kindsmutter erfahren hatte, dass sie mit Betreuung der Angeklagten eine
Hausgeburt anstrebte, führte er am 03.01.2008 ein ausführliches
Beratungsgespräch. Nicht nur vor dem Hintergrund, dass ihm, wie auch
anderen seiner Kollegen in O8, die Angeklagte als risikobereit bekannt
war, sah er sich zu dem Gespräch veranlasst, in dem er Z2 eindringlich
von einer Hausgeburt abriet. In diesem Gespräch wies der Gynäkologe die
Kindsmutter auf die besonderen Risiken der Geburt, unter anderem die
mögliche Ruptur der Kaiserschnittnarbe, hin. Er riet weiter zu einem
Geburtsplanungsgespräch in dem anthroposophischen Krankenhaus in O20,
wobei Z2 zusagte, dies mit der Angeklagten besprechen zu wollen. Auch
bei einem nachfolgenden Gespräch am 29.01.2008 sprach der Zeuge Dr. Z17
die Kindsmutter erneut auf ihre Geburtsplanung an und riet ihr nach
ihrer Angabe, die Geburt nach wie vor mit der Angeklagten durchführen zu
wollen, aufgrund der für sie und das Kind bestehenden erheblichen
Risiken wiederholt dringend von einer Hausgeburt ab. Die Zeugin Z2 hatte
die Bedenken des Gynäkologen mit der Angeklagten besprochen, die ihr
jedoch nicht - wie es von ihr zu erwarten und ihre Verpflichtung gewesen
wäre - eindringlich zu einem Planungsgespräch in der Klinik riet,
sondern nach wie vor an ihrem Entbindungskonzept der natürlichen
Hausgeburt festhielt. Sie unterstützte sie im Gegenteil im Hinblick auf
die Planung einer außerklinischen Geburt, indem sie der Zeugin Z2 davon
berichtete, dass sie schon mehrfach selbst erlebt habe, dass Frauen mit
einer Kaiserschnittnarbe spontan entbunden hätten, ohne dass es zu
Komplikationen gekommen sei.
Trotz der eindringlichen Warnhinweise ihres Gynäkologen ließen sich die
Kindseltern nicht von ihrem Vorhaben einer Hausgeburt abbringen. Auch
die Angeklagte riet ihnen zu keinem Zeitpunkt dazu, besser eine
Entbindung in der Klinik vorzunehmen. Wie dargelegt, suchte Z2 ihren
Gynäkologen bzw. dessen Vertreterin nach dem 18.02.2008, in der 37.
Schwangerschaftswoche, nicht mehr auf. Die nach dem errechneten
Entbindungstermin vom 14.03.2008 erforderlichen engmaschigen Kontrollen
wurden auch von der Angeklagten nicht durchgeführt. Im wesentlichen
fanden in den letzten Wochen vor der Geburt telefonische Kontakte statt.
Möglicherweise suchte die Angeklagte die Zeugin Z2 auch einmal auf.
Regelmäßige Kontrollen, Untersuchungen und Dokumentationen der
kindlichen Herztöne, des Blutdrucks der Mutter und Urinuntersuchungen,
insbesondere nach der Überschreitung des errechneten Geburtstermins, gab
es nicht.
Die Angeklagte untersuchte die Kindsmutter lediglich am 28.03.2008,
mithin 14 Tage nach dem errechneten Geburtstermin, was sie im Mutterpass
dokumentierte. Zu dieser Untersuchung war es auf Initiative der
Kindsmutter gekommen, die sich aus Sorge um ihr ungeborenes Kind bei der
Angeklagten gemeldet hatte. Gegen 5.00 Uhr morgens hatte sie in Panik
bei der Angeklagten angerufen, da sie das Gefühl hatte, ihrem Kind gehe
es nicht gut, und meinte, keine Kindsbewegungen mehr zu spüren. Ihr
Ehemann, der sicher war, durch die Bauchdecke die Herztöne des Kindes
hören zu können und auch eine Bewegung der Bauchdecke wahrzunehmen,
versuchte seine Ehefrau zu beruhigen. Bei einer sodann später an dem Tag
von der Angeklagten vorgenommenen äußerlichen Untersuchung stellte sie
ebenfalls keine Auffälligkeiten fest, sie kontrollierte die Herztöne,
realisierte einen Widerstand der Füße des Ungeborenen, und ging
angesichts des Umstands, dass die Gebärmutter auf die äußerlichen
Manipulationen nicht reagierte, davon aus, dass mit dem Geburtsbeginn
noch nicht so bald zu rechnen war. Die angesichts des Umstands des
deutlich überschrittenen Geburtstermins an sich erforderliche
Überprüfung des Zustands des Neugeborenen und der Plazenta, mit einer
Überprüfung der Herztätigkeit und der Wehentätigkeit durch das Schreiben
eines CTGs, nahm die Angeklagte nicht vor.
Tatsächlich sollte die Geburt entgegen der Einschätzung der Angeklagten
auch nicht mehr lange auf sich warten lassen. In der Nacht zum folgenden
Tag setzten bei Z2 die Wehen ein. Am frühen Morgen, wohl gegen 04.20 Uhr
wurde die Angeklagte durch einen Anruf der Kindseltern davon in Kenntnis
gesetzt, dass bereits seit mehreren Stunden, seit ca. 01.30 Uhr,
regelmäßige Wehen eingesetzt hatten. Die Angeklagte machte sich
angesichts einer von ihr empfundenen "Panikstimmung" der Kindsmutter
sogleich auf den Weg und erreichte die in O21 wohnenden Kindseltern um
kurz nach 05.00 Uhr. Die Geburt zog sich sodann über zahlreiche Stunden
bis nach 15 Uhr am Nachmittag des 29.03.2008 hin, wobei die
Eröffnungsperiode bei einer Mehrgebärenden mit über 12 Stunden bis zur
vollständigen Eröffnung des Muttermundes um kurz vor 14 Uhr bereits
einen protrahierten Verlauf genommen hatte und zumindest zu einer
besonderen Überwachung des Zustands des ungeborenen Kindes Veranlassung
gab. Insgesamt kontrollierte die Angeklagte während des gesamten
Geburtsverlaufs in 10 Stunden seit ihrer Anwesenheit bis zur Geburt des
kindlichen Kopfes nur 7-mal die Herztöne; eine Blutdruck- und
Pulsmessung bei der Kindsmutter nahm sie zu keinem Zeitpunkt vor.
Tatsächlich wäre eine 48- malige Kontrolle der fetalen Herzfrequenz zum
Ausschluss einer Gefährdung des Kindes angezeigt gewesen. Trotz eines
mehrfachen Positionswechsels, wiederholt auch zum sog. Vierfüßlerstand,
und eines zwischenzeitlichen Vollbads, kam es zu Stagnationen im
Geburtsverlauf. Schon der Verlauf der Eröffnungsperiode zeigte Probleme.
Trotz sehr starker und regelmäßiger Eröffnungswehen war der Muttermund
gegen 6.30 Uhr, mithin nach 5 Stunden, erst etwa 1 cm weit eröffnet.
Auch in der nachfolgenden Zeit zwischen 7.00 Uhr und 10.00 Uhr am
Vormittag, während die Kindsmutter sich zeitgleich um ihre erste Tochter
kümmerte, kam es zu einer längeren Verzögerung, wobei die Abstände der
Wehen sich verlängerten. Während der Zeit zwischen 06.20 Uhr und 12.25
Uhr, mithin über nahezu 6 Stunden, nahm die Angeklagte vor dem
Hintergrund ihrer Einstellung einer unmedizierten, unkontrollierten
Geburt keinerlei Kontrollen der Herztöne des ungeborenen Kindes vor;
auch kontrollierte sie nicht den Geburtsfortschritt anhand der Öffnung
des Muttermundes, wenngleich die lange Dauer der Eröffnungseriode bei
einer Zweitgebärenden und der phasenweise fehlende Geburtsfortschritt
Veranlassung zu engmaschigen Kontrollen gegeben hätte.
Auch die Zeugin Z2, die von ihrer Konstitution sehr zierlich ist,
empfand den Geburtsverlauf als übermäßig anstrengend und kräftezehrend
und machte sich angesichts des Umstands, dass der Muttermund sich trotz
mehrstündiger heftiger Wehen nicht weiter öffnete, bereits Sorgen. Kurz
nach ihrem Eintreffen am frühen Morgen war der Angeklagten bereits ein
auffälliges Muskelzittern der Kindsmutter, wie nach großer Anstrengung
aufgefallen. Nachdem sie selbst immer stärker das Gefühl verspürte, dass
die Geburt zu lange dauerte, äußerte die Zeugin Z2 gegen Mittag - wohl
gegen 12.20 Uhr - schließlich ihren Entschluss, eine Verlegung in ein
Krankenhaus und eine Periduralanästhesie vornehmen lassen zu wollen,
sollte die Geburt nicht binnen einer weiteren Stunde beendet sein.
Nachdem die Angeklagte ihr sodann gegen 12.25 Uhr davon berichtete, dass
der Muttermund sich mittlerweile auf 5 - 6 cm geöffnet hatte, hatte die
Kindsmutter die Hoffnung auf ein nunmehr schnelles Ende der Geburt.
Mit großer Wahrscheinlichkeit litt das ungeborene Kind infolge des
protrahierten Geburtsverlaufs in der Eröffnungsperiode unter einem
massiven Sauerstoffmangel, was naheliegend letztlich dazu führte, dass
L. Z2 die Geburt nicht überlebte.
Der Angeklagten ist bekannt, dass - wie dargelegt - nach Überschreiten
der maximalen Grenzdauer des Geburtsgeschehens das Risiko der
Übersäuerung des kindlichen Blutes (Azidose) sowie die Sterblichkeit der
Kinder zunehmen. Ebenso war ihr bewusst, dass mit fortschreitendem
Geburtsverlauf eine engmaschige Kontrolle des kindlichen Zustands im
Hinblick auf die Sauerstoffversorgung erforderlich war, insbesondere vor
dem Hintergrund einer bereits 15-tägigen Übertragung, die nicht selten
mit einer eingeschränkten Funktion der Plazenta unter der Geburt
einhergeht. Vor dem Hintergrund ihrer ideologischen Sichtweise eines
natürlichen, weder medikamentös noch medizinisch zu beeinflussenden,
noch zu kontrollierenden Vorgangs, ließ die Angeklagte jegliche
medizinischen und geburtshilflichen Standards außer Acht.
Sicher festzustellen ist, dass das Ungeborene infolge einer durch
Sauerstoffmangel bedingten Azidose während des Geburtsgeschehens unter
erheblichen Stress geriet, wobei es infolge der Hypoxie zu einem konkret
nicht feststellbaren Zeitpunkt, möglicherweise auch wiederholt, durch
die Hyperperistaltik des Darms zum Absatz von Mekonium in das
Fruchtwasser kam. Um 15.01 Uhr wurde schließlich ein Teil des kindlichen
Kopfes sichtbar, wobei sich die Angeklagte schließlich um 15.10 h wegen
des problematischen langsamen Durchtritts zur Öffnung der Fruchtblase
entschloss. Hieraufhin entleerte sich reichlich dickgrünes mit Mekonium
versetztes Fruchtwasser. Herztöne des Kindes konnte die Angeklagte zu
diesem Zeitpunkt bereits nicht mehr wahrnehmen. Soweit sie in ihrem
später gefertigten Geburtsbericht angab, noch um 15.10 Uhr normfrequente
Herztöne des Kindes wahrgenommen zu haben, während sie 3 Minuten später
keine kindliche Herzaktion mehr ausmachen konnte, handelt es sich um
eine falsche Dokumentation - wie dies von der Angeklagten auch im Fall
des Kindes G. Z1 praktiziert worden ist - da in dem Fall auszuschließen
wäre, dass nur wenige Minuten später ein lebloses, nicht reanimierbares
Kind geboren worden wäre.
Es dauerte von der Öffnung der Fruchtblase noch weitere mindestens 7
Minuten, bis der Kopf des Kindes vollständig geboren war. Angesichts des
Zustands des Kindes, das keinerlei Reaktion zeigte, begann die
Angeklagte noch vor der vollständigen Geburt damit, Mund und Nase des
Kindes abzusaugen. Auch hierauf erfolgte keine Reaktion des Kindes. Im
Anschluss entwickelte die Angeklagte das Kind nach mehreren weiteren
Minuten vollständig. L. Z2 kam leblos und mutmaßlich ohne pulsierende
Nabelschnur auf die Welt. Die Angeklagte begann sofort mit
Reanimationsmaßnahmen, wobei sie abwechselnd Herzmassagen und eine
Beatmung vornahm. Nachdem sie mehrere - mindestens 5 - Minuten lang
vergeblich Reanimationsversuche unternommen hatte, erklärte die
Angeklagte dem Kindsvater in einem relativ ruhigen und gelassenen Ton,
dass er besser einen Notarzt rufen solle. Bei Eintreffen der Notärztin
Z18, Fachärztin für Chirurgie, stellte die Angeklagte die
Reanimationsbemühungen ein, da diese aus ihrer Sicht nunmehr mit mehr
als 10 Minuten keine Aussicht auf Erfolg mehr versprachen. Bei
Eintreffen der Notärztin lag der Säugling auf dem Boden im Badezimmer,
wo die Endphase der Geburt stattgefunden hatte.
Die Zeugin Z18 unternahm keine eigenen Reanimationsbemühungen, nachdem
ihr von der Angeklagten mitgeteilt worden war, dass das Kind bereits
ohne Atmung und Puls zur Welt gekommen sei und sie bereits
Reanimationsmaßnahmen über 10 - 15 Minuten durchgeführt habe. Die
Notärztin kontrollierte lediglich die Pupillen des Kindes, die zu diesem
Zeitpunkt entrundet waren. Die Zeugin Z18 hinterfragte die Angaben der
Angeklagten nicht. Sie hatte weder im Hinblick auf Geburtshilfe noch in
Bezug auf Säuglinge besondere Kenntnisse und erinnerte sich lediglich
daran, etwas von "Totgeburten" gehört zu haben, was sie zu dem Schluss
brachte, dass dies wohl so ein Fall sein müsse. Sie verließ sich dabei
ausschließlich auf die Angaben der Angeklagten, ohne sich das
Neugeborene eingehend anzusehen oder ergänzende Fragen zu dem konkreten
Geburtsverlauf zu stellen. Sie unterließ eine Benachrichtigung der
Polizei wie auch weitere Maßnahmen zur Klärung der tatsächlichen
Todesursache. Der Einsatz wurde sodann unmittelbar abgebrochen.
In dem von ihr gefertigten Notarzteinsatzprotokoll trug sie als
Erstdiagnose und abschließende Diagnose "Totgeburt" ein. Auf der
Grundlage der Angaben der Angeklagten vermerkte sie, dass es sich um
eine geplante termingerechte Hausgeburt gehandelt habe. Laut Angaben der
Hebamme sei der Säugling apnoeisch und pulslos geboren worden und habe
trotz 10 - 15 minütiger Reanimationsbehandlung kein Lebenszeichen
gezeigt. Das Kind sei tieflivide und schlaff gewesen. Als Befund wurde
von der Zeugin Z18 folgendes angekreuzt:
hinsichtlich der Glasgow-Coma-Scale - eine Skala zur Abschätzung einer
Bewusstseinsstörung - "kein Augenöffnen, keine verbale Reaktion, keine
motorische Reaktion", weiter wurde unter dem Punkt Bewusstseinslage
"bewusstlos" angekreuzt sowie die Pupillenreaktion als entrundet.
Messwerte in Bezug auf Puls und Atmung wurden von ihr nicht erhoben, in
Bezug auf die Atmung wurde Apnoe - Atemstillstand - angekreuzt.
Maßnahmen, auch ein Monitoring, wurden insgesamt von der Zeugin Z18
nicht ergriffen. Als Ergebnis wurde von ihr eine "akute Erkrankung" und
"Tod" nach "primär erfolgloser Reanimation" eingetragen. Den Begriff der
"akuten Erkrankung" unter der Rubrik Notfallkategorie kreuzte sie nur
aus dem Grund an, dass dieser Begriff neben den weiteren Möglichkeiten
"kein Notfall; Vergiftung; Verletzung" aus ihrer Sicht am ehesten
zutraf. Als Zeitpunkt der Todesfeststellung wurde 15.20 Uhr, der
Zeitpunkt der nach Angabe der Angeklagten erfolgten Geburt des leblosen
Kindes, eingetragen.
Entsprechend der Erwartung der Angeklagten stellte die Zeugin Z18 den
Totenschein für das Kind L. Z2 aus, in dem sie eine natürliche
Todesursache bescheinigte. Die Angeklagte ging davon aus, dass ihr
selbst eine solche Ausstellung eines Totenscheins im Rahmen eines von
ihr begleiteten Geburtsgeschehens trotz ihrer Approbation als Ärztin
gesetzlich untersagt wäre.
Es spricht alles dafür, dass das Kind L. Z2 bei einer rechtzeitigen
Verlegung in ein Krankenhaus gegen Mittag lebend und gesund geboren
worden wäre und todesursächlich ein Sauerstoffmangel infolge eines
protrahierten Geburtsverlaufs war. Das Kind wies keine Fehlbildungen
auf; während der Schwangerschaft erkennbare Organschäden oder
Infektionsgeschehen bestanden nicht. Auch eine spätere Untersuchung der
Plazenta ergab keinen Hinweis auf eine Funktionseinschränkung vor oder
unter der Geburt. Sichere Feststellungen hat die Kammer mangels einer
durchgeführten Obduktion nicht treffen können.
Die Angeklagte nahm im Anschluss an die Geburt die Plazenta mit, um
diese, wie sie den Eheleuten Z2 erklärte, auf Auffälligkeiten
untersuchen zu lassen. Tatsächlich erwartete sie kein entsprechendes
Ergebnis, da sie die Plazenta für unauffällig hielt. In der Folgezeit -
erst im Juli 2008, nach dem Tode des Neugeborenen G. Z1 und der
diesbezüglich gegen sie geführten Ermittlungen - ließ die Angeklagte die
zwischenzeitlich eingefrorene Plazenta gleichwohl untersuchen, was noch
dargelegt wird.
Die Angeklagte fertigte zu dem Geburtsgeschehen nachfolgendes
Geburtsprotokoll. Inwieweit ihre Eintragungen zutreffen oder
nachträglich manipuliert wurden - wie dies bei dem hier abzuurteilenden
Geburtsgeschehen zum Nachteil von G. Z1 durch sie erfolgt ist - bzw.
inwieweit die Eintragungen auf tatsächlichen Befunderhebungen beruhen,
hat die Kammer nicht feststellen können. Jedenfalls ist, wie dargelegt,
davon auszugehen, dass die für den Zeitpunkt von 15.10 Uhr eingetragene
normfrequente Herztätigkeit des Ungeborenen sicher nicht zutreffen kann.
Auszuschließen ist, dass die Angeklagte für sie nachteilig zu bewertende
Umstände, wie die dokumentierte Dauer der Eröffnungsperiode und den
Status des Muttermundes, zu ihren Lasten eingetragen bzw. verfälscht
hat.
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Julian
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Re: Angeklagte wegen Totschlags zu Freiheitsstrafe von 6 Jahren + 9
Monaten verurte
« Reply #3 on: June 12, 2016, 04:28:38 AM »
"L. Z2, geboren und gestorben am 29. März 2008
Anamnese:
Keine maßgeblichen Vorerkrankungen. Eine vorausgehende Schwangerschaft,
die nach einer verfehlten Einleitung (Bradykardie im CTG) bei E.T. + 12
(?) mit Kaiserschnitt endete; Tochter ..., normalgewichtig. Verlängerte
Tragzeit auch bei der Mutter von ...(Vorname Z2) bekannt (zwei
Schwangerschaften).
Jetzige Schwangerschaft: ...(Auslassung)
Lezte Regel am 1. Juni 2007, Test positiv am 7. August,
Konzeptionstermin: 20.06.07.
Errechneter Entbindungszeitraum, modifiziert nach Anamnese: 14. -
29.03.08.
Ernährung kohlehydratreduziert bei zierlichem Körperbau der Mutter.
Keine Auffälligkeiten bis Sylvester. Ab dann gelegentlich Abgang von
Flüssigkeit (Fluor, Fruchtwasser, oft mit grünlich, schleimiger
Beimengung wie altes Blut oder aber auch minimal Mekonium).
Bis Anfang März eher zurückhaltendes fötales Wachstum (ca. minus zwei
Wochen), dann deutliche Wachstumsschübe.
Häufige offenbar grippale Infekte, insgesamt ca. drei Monate.
18.02. Blutung (mäßig), gyn. Kontrolle.
Wechselbetreuung, insgesamt keine verifizierbare Gefahrensituation.
Am 28.03.08 plötzliche Panikstimmung bei ...(Vorname Z2). Anruf ca. 5
Uhr, äußert große Angst, dass das Kind gefährdet sein könnte. Sieht
Parallelitäten zur letzten Schwangerschaft (Situation bei der Geburt,
Bradycardie des Kindes, Panikstimmung, Not-OP). Langsame Beruhigung
während des Gesprächs. ... (Vorname Ehemann Z2) kann kurze Zeit später
mit bloßem Ohr die Herztöne wahrnehmen. Als ich später ankomme, hat sich
die Situation beruhigt. Ich finde keine Auffälligkeiten. Das Kind ist
seit dem letzten Kontakt noch einmal gut gewachsen. Ich zeige
...(Vorname Z2), dass sie die gute Muskelspannung des Kindes an dem
Widerstand der Füßchen feststellen kann, die rechts deutlich zu fühlen
sind.
Die Gebärmutter reagiert auf meine Manipulationen nicht mit
Kontraktionen, so dass ich mit dem Geburtsbeginn noch nicht so bald
rechne.
Geburt:
29.03.08
Ca. 4.20 h Anruf: "lange Wehen" seit ca. 1.30 h, "so irgendetwas ganz
Heftiges"; ich habe den Eindruck leichter Panikatmung und beschließe,
sofort loszufahren.
Ca. 5.10 h Ankunft: Vierfüßlerstellung im Bad, vor 10 Minuten fraglicher
Fruchtwasserabgang, - Atemlenkung mit Betonung der langsamen Ausatmung,
Aufforderung möglichst häufig Wasser zu lassen, fetale Herzfrequenz
(fHf) bei 120-128/min
Ca. 6.00 h: auffälliges Muskelzittern wie normalerweise nach großer
Anstrengung oder Angst, Parallelitäten zu letzten Geburt?
(OP-Situation), dabei Müdigkeits- und Schlappheitsgefühl
Ca. 6.10 h: Wechsel ins Schlafzimmer, Vierfüßler auf dem Bett, milde
Schiebeeffekte, Stimmungsaufhellung ("Energie kommt zurück.")
Ca. 6.20 h: VU (vaginale Untersuchung) wegen unklarem Geburtsstadium
(bei optisch 5 - 6 cm) - Portio völlig verstrichen, Muttermund etwas
sakral, 1 cm weit, straff. Kopf fest im Beckeneingang, fHf 124 - 128/min
Ca. 6.50 h: Vollbad zur Entspannung
Ca. 7.00 h: Tochter ... wird wach. Wehenpausen werden länger. Wehen alle
4 Minuten. Müdigkeit.
Bis ca. 10 Uhr tritt die Geburtsarbeit etwas in den Hintergrund, weil
... (Tochter) Kümmerung beansprucht und ... (Vorname Ehemann Z2) dafür
sorgt, dass sie von den Großeltern abgeholt werden kann. Um 9.30 h wird
sie verabschiedet.
Ca. 10 Uhr: Wehenabstände werden wieder kürzer
11.40 h: stärkere Zeichnungsblutung, vorher etwas wie Analkrampf,
allerdings offenbar tief im Becken (Muttermund?, innere Hämorrhoiden?),
bis 12.10 Uhr in die Badewanne
12.20 h: ...(Vorname Z2) macht einen entschiedenen Eindruck: Sie gibt
sich noch eine Stunde, wenn dann kein deutliches Ende absehbar ist, will
sie eine Periduralanästhesie.
12.25 h: VU MM weich und zentriert, 5 - 6 cm (!), Vorblase drückt auf
den Darm, Kopf gut im Beckeneingang, Pfeilnaht im ersten schrägen
Durchmesser, Zeichnungs- resp. Randsinusblutung tolerabel. fHf 128/min
Kurze Erleichterung und Zuversicht, immer wieder mal Selbstzweifel
12.32 h: Druck auf Darm nimmt zu
12.37 h: Klositz, kurzfristige Übelkeit, leichtes Mitschieben,
Stuhlabgang, Blutung bleibt
12.51 h: Vierfüßler vor Bett
12.54 h: fhf 120/min regelrecht, Lust auf Cola; Wehen alle 2 - 3 Minuten
13.56 h: Lust auf Mitschieben wird stärker. VU: Kopf tief und fest im
Beckeneingang, Muttermund bis auf schmalen Saum eröffnet, fHf 124/min
14.05 h: Wechsel vom Vierfüßler vor dem Bett auf dasselbe
14.11 h: tönendes Mitschieben
14.15 h: Klo, Schiebereflex persistiert
14.28 h: Vorblase wird sichtbar, fHf 120/min
14.45 h: Wechsel in Vierfüßler vor Badewanne, fHf 120-124/min,
...(Vorname Z2) gibt sich dem Geschehen völlig hin, jammert nicht, hat
jetzt das klare, spürbare Ziel, das Kind herausschieben zu können.
15.01 h: ein Teil des kindlichen Köpfchens wird sichtbar, fHf 124/min.
...(Vorname Ehemann Z2) macht ...(Vorname Z2) Mut, freut sich über den
bisher guten und unkomplizierten Geburtsverlauf.
15.10 h: fHf 120/min, wegen langsamen Durchtritts Entschluss zur Öffnung
der Fruchtblase: reichlich dickgrünes Fruchtwasser
15.13 h: forciertes Pressen bei dieser Wehe, ...(Vorname Z2) aktiviert
alle Kraft, kindliche Herzaktion fraglich feststellbar, da sofort die
nächste Wehe kommt
15.15 h: Kopf fast zur Hälfte geboren
15.17 h: Kopf ganz geboren, sofort Nase und Mund abgesaugt, friedlicher
und entspannter Gesichtsausdruck, keine Reaktion, daher: Anleitung zum
Weiterschieben, vorsichtige aktive Schulterentwicklung
15.20 h: Kind "landet" ohne Lebenszeichen, keine Nabelschnurpulsation,
sofortige Herzmassage, anschließend Beatmung, Wiederholung Herzmassage:
keine Herzaktivität festzustellen, Wiederholung Beatmung und Herzmassage
bis ca. 15.25 h, dann Benachrichtigung Babynotarzt über ...(Vorname
Ehemann Z2)
...(Vorname Z2) redet mit ihrem Söhnchen, bittet es wiederzukommen, ist
sicher, dass sie es erreicht. Ich habe währenddessen den Eindruck, dass
im kindlichen Thorax kaum Hohlräume sind. Weder gelingt es mir, die
Lunge zu entfalten, noch das Herz effektiv zu bearbeiten, da es sich
kaum zusammendrücken lässt. Ich muss aufpassen, dass ich vom Thorax
nicht abgleite, weil er in der Mitte untypischerweise höher bleibt.
"...(Vorname Z2), ich kriege ihn nicht wieder!" sage ich, als
...(Vorname Ehemann Z2) am Telefon ist. Als die Notärztin kommt, stelle
ich meine Bemühungen ein, weil mittlerweile mehr als 10 Minuten
vergangen sind, ohne die geringste Reanimationsantwort vom Kind. alle
zusammen versuchen wir zu akzeptieren, dass wir nichts für das Kind tun
können. Ich nabele es ab, wickele es in ein Handtuch und gebe es den
Eltern.
Ich setze mich still in eine Ecke des Badezimmers, bin zu erschüttert,
um professionell zu sein. Die Eltern versuchen, die Tragödie zu
begreifen. Die Notärztin verhält sich mit den beiden AssistentInnen
feinfühlig zurückhaltend. Ich erzähle ganz kurz, dass während der Geburt
nicht der geringste Verdacht auf eine akute Gefährdung bestand. Und dass
ich beim Anblick des verfärbten Fruchtwassers mit ...s (Vorname Z2)
Hilfe die Geburt so schnell wie möglich beendet habe. Das Kind wurde
schon abgesaugt, als es noch nicht ganz geboren war und mit der
Reanimation wurde sofort begonnen.
Warum war die Reanimation vergeblich? Warum war die kindliche Herzaktion
bis zum Schluss so unbeeindruckt von dem Geschehen? War das Kind
vorgeschädigt? Hatte die lange Tragezeit etwas damit zu tun?
16.08 h: ...(Vorname Z2) gebiert die Plazenta. Sie zeigt keine
gestaltlichen Abweichungen. Die Nabelschnur hat eher wenig
Wharton-Sulze, war aber an keiner Stelle um das Kind geschlungen, so
dass sich auch hier kein Grund für eine Minderversorgung erkennen lässt.
Ich untersuche die Plazenta auf Vollständigkeit und lege sie dann in
einer Nierenschale. Sie wird später für eine gewebliche Untersuchung
gebraucht, die einen Hinweis auf die Grunderkrankung des Kindes geben
könnte.
Nach der Abfahrt des Notärzteteams ziehen sich ...(Vorname Z2) und
...(Vorname Ehemann Z2) mit ihrem toten Kind ins Schlafzimmer zurück.
Später bade ich das Kind, vermesse und wiege es. Es wiegt 2.800 g, ist
52 cm lang und hat einen Kopfumfang von 35 cm. Das meiste der
grüngelblich verfärbten Käseschmiere lässt sich gut entfernen. Der
kleine Junge ist schlank, aber nicht ausgezehrt, wie dies bei einer
Übertragung zu erwarten wäre. Das Gesicht zeigt keine Spuren eines
längeren Leidens.
Liebevoll wird L. Z3 von seinem Vater angezogen. Dabei fällt diesem eine
deutliche Asymmetrie auf. Die rechte Brustkorbseite ist höher und
konvexer als die linke. Bei der Palpation zeigt sich der Grund als stark
vergrößerte Leber, die fast bis zum rechten Rand der Crista ilica reicht
und eine sehr harte Konsistenz hat. Man darf davon ausgehen, dass
Organveränderungen dieser Art sich über Monate entwickeln, und sich der
gesamte Stoffwechsel verändert."
Die Eltern des kleinen L. Z2 wollten eine Klärung der Todesursache durch
eine Obduktion nicht veranlassen. Sie gaben sich zunächst mit der
Erklärung der Angeklagten, dass der Tod des Kindes auf einer
Organveränderung beruhen müsse, zufrieden, ohne diese durch nichts
belegte Vermutung zu hinterfragen. Mutmaßlich ist Ursache für dieses
Verhalten ein Selbstschutz, um auch sein eigenes Verhalten nicht in
Zweifel ziehen und sich eine mögliche Mitverantwortlichkeit für den Tod
des eigenen Kindes vor dem alleinigen Hintergrund einer präferierten
Entbindungsart nicht eingestehen zu müssen. Für sich selber fanden sie
später die fernliegende Erklärung, dass die Ursache für den Tod von L.
Z2 darin liegen müsse, dass sie beide während der Schwangerschaft
mehrfach erkältet gewesen seien, da die Klientel in dem Kindergarten,
den ihre erste Tochter besuchte, nicht besonders gesundheitsbewusst sei.
Diese Einschätzung beruhte auf einer einige Tage nach der Geburt
geäußerten weiteren Vermutung der Angeklagten, dass L. Z2 an einem in
Deutschland wenig erforschten Lungenvirus gelitten haben könnte, was sie
daraus schlösse, dass sich die Lungen bei der von ihr durchgeführten
Beatmung nicht "entfaltet" hätten - eine wiederum unzutreffende und
durch nichts zu verifizierende Erklärung, die sie im übrigen identisch
bei dem angeklagten Geburtsgeschehen gegenüber den Eltern von G. Z1 ohne
jedweden Anhaltspunkt bemüht hat -.
Tatsächlich gibt es für das Vorliegen einer Organschädigung, und
insbesondere für die geäußerte Vermutung der Angeklagten einer
Schädigung der Leber, nach dem bestehenden Erkenntnisstand - eine
Exhumierung und Obduktion des Kindes im Hinblick auf die konkrete
Feststellung der Todesursache ist angesichts des Zeitablaufs nicht
erfolgversprechend gewesen - keinerlei Anhaltspunkte. Vielmehr spricht
angesichts der im Schwangerschaftsverlauf erhobenen und dokumentierten
gynäkologischen Befunde alles zweifelsfrei gegen eine solche Schädigung
oder Vergrößerung der Leber. Auch ist dem Kindsvater, anders als von der
Angeklagten im Geburtsbericht beschrieben, eine Asymmetrie des
Brustkorbs zu keinem Zeitpunkt aufgefallen. Sicher auszuschließen ist
auch eine Auswirkung der Autoimmunerkrankung der Kindsmutter auf die
Todesursache des Neugeborenen. Entsprechende Folgen für das Kind, wie
etwa eine Vererbung, hätten sich erst im Anschluss an das
Geburtsgeschehen ausgewirkt, aber keinesfalls einen tödlichen
Geburtsausgang bedingen können. Eine Korrelation zwischen der
Lupus-Erkrankung der Mutter und dem Tod des Neugeborenen gibt es nicht.
Es ist vielmehr davon auszugehen, dass die Angeklagte, wie auch im
nachfolgend dargestellten angeklagten Geburtsgeschehen, im nachhinein
eine wissenschaftlich und medizinisch unbegründete Diagnose einer
Organschädigung als Erklärung und Rechtfertigung vor sich selber und den
Kindseltern für ihr eigenes Fehlverhalten eines unterbliebenen
rechtzeitig initiierten Kaiserschnitts benutzt hat. Vielmehr spricht
alles für eine unter der Geburt erlittene todesursächliche Hypoxie des
Kindes, was auch der Angeklagten klar sein musste.
Auch der ihr freundschaftlich verbundene gleichgesinnte Hebammenkreis -
soweit einzelne Kolleginnen von dem Geburtsgeschehen informiert waren -
zweifelten die Kompetenz der Angeklagten zu keinem Zeitpunkt an und
gaben sich mit fragwürdigen Theorien zufrieden. Die mit ihr befreundete,
in Österreich lebende Hebamme Caroline Oblasser, in deren Buch "Der
Kaiserschnitt hat kein Gesicht" - ein Buch, das die traumatischen
Erlebnisse der operierten Frauen mit Bildern der Kaiserschnittnarben
beschreibt - die Angeklagte ein Vorwort verfasst hat, schrieb ihr noch
am Nachmittag des 29.03.2008, dass die Angeklagte sich sofort anwaltlich
absichern solle, der Tod leider zum Leben dazu gehöre, das Kind sicher
einen "Totalabsturz" im System gehabt und nur im Mutterleib habe
funktionieren können und draußen eben nicht.
Anfang April 2008 wandte sich die Angeklagte in einem Telefonat an den
Zeugen Dr. Z17, der sich ein solches Telefonat zu einem Zeitpunkt vor
der Geburt gewünscht hätte, wobei sie ihn nach etwaigen Auffälligkeiten
im Ultraschall befragte. Solche konnten von dem behandelnden Gynäkologen
in keiner Weise bestätigt werden. Auffälligkeiten zur körperlichen und
organischen Entwicklung von L. Z2 hatte es während der gesamten
Schwangerschaft nie gegeben. Auf Anraten der Angeklagten haben die
Kindseltern eine Trauerbegleitung durch die Zeugin Z19, eine mit der
Angeklagten befreundete Hebamme, in Anspruch genommen.
Die Eheleute Z2 haben mittlerweile ein drittes, am ... im Krankenhaus in
O20 gesund geborenes Kind.
Im Anschluss an das ebenfalls tödlich endende nachfolgend dargestellte
angeklagte Geburtsgeschehen sandte die Angeklagte die Plazenta der
Zeugin Z2 am 29.07.2008 schließlich an den stellvertretenden Leiter des
Instituts für Zellbiologie, Histologie und Embryologie der Medizinischen
Universität O22, Prof. Dr. Z20, zu dem die Zeugin Z14 nach dem Tod der
G. Z1 einen Kontakt hergestellt hatte. Die Untersuchung ergab weder im
Hinblick auf die Plazenta, noch die Eihaut oder die Nabelschnur
irgendwelche Auffälligkeiten. Drei unterschiedlich untersuchte Bereiche
der Plazenta zeigte keine Auffälligkeiten; weder fand sich eine
Veränderung der Zotten, noch der Gefäße oder des Trophoblasten. Die
Zottenverzweigungen waren normal, wie auch die Chorionplatte und die
Basalplatte nichts ungewöhnliches aufwiesen. Die Eihaut zeigte eine
normale Schichtung; auch die Dicke der Schichten war unauffällig. Die
Nabelschnur zeigte drei normal große und angeordnete Gefäße, keine
sonstigen Abnormitäten und war insgesamt unauffällig. Eine
Funktionseinschränkung der Plazenta schied damit als Ursache für den Tod
des Kindes ebenfalls aus.
Die Angeklagte reagierte auf die Mitteilung des Sachverständigen mit
einem Schreiben, dass auch sie keine große Hoffnung gehabt habe, dass
etwas zu finden sei, und mit einiger Sicherheit wohl ein "Infekt
abgelaufen" sei. Nach ihrer Auffassung seien einige unerklärliche
Säuglingstode vor und nach der Geburt infektassoziiert. Konkrete
Hinweise auf ein solches infektiöses Geschehen gab es auch für die
Angeklagte weder bei L. Z2 noch bei G. Z1, die zudem beide nicht "vor"
oder "nach", sondern bei dem Geburtsgeschehen verstorben sind. Die
Angeklagte hat auch im Rahmen der Hauptverhandlung keine weiteren
Angaben dazu gemacht, um was für eine Art Lungenkeim es sich ihrer
Auffassung nach handeln sollte, der in Deutschland angeblich noch wenig
erforscht sei.
Tatgeschehen
Feststellungen zur Geburt des Kindes G. Z1 am 30.06.2008
Nur drei Monate nach dem Tod des Kindes L. Z2 begleitete die Angeklagte
in einem Hotelzimmer eine Beckenendlagengeburt, bei der das organisch
völlig gesunde Neugeborene infolge erkennbaren Sauerstoffmangels während
des Geburtsgeschehens verstarb. Bei rechtzeitiger Verlegung in ein
Krankenhaus, noch wenige Stunden vor der Geburt, wäre G. Z1 lebend und
gesund, und etwa eine Stunde zuvor noch lebend, wenn auch mit schweren
hypoxischen Hirnschäden geboren worden.
Die aus Deutschland stammenden und aufgrund einer beruflichen Tätigkeit
in O23, Lettland, lebenden Nebenkläger, die ... geborene Ethnologin Z1,
mittlerweile verheiratete Z1, und ihr Ehemann, der ... geborene Ökonom
Z1, erwarteten im Jahre 2008 ihr erstes gemeinsames Kind. Die
Schwangerschaft wurde am 02.11.2007 festgestellt. Der errechnete
Geburtstermin nach der letzten Periode vom 10.09.2007 war von der
behandelnden Gynäkologin Dr. Z21 anhand zweier Ultraschalluntersuchungen
vom 13.11. und 12.12.2007 zunächst auf den 16. und anhand der Maße des
Kindes bei der zweiten Untersuchung auf den 17.06.2008 festgelegt
worden. Erst im weiteren Verlauf der Schwangerschaft, bei einer erneuten
am 26.05.2008 durchgeführten Ultraschalluntersuchung wurde der
Geburtstermin auf den 22.06. korrigiert.
Die Kindseltern freuten sich auf ihr Wunschkind; die Schwangerschaft
verlief ohne jegliche Komplikationen und mit Ausnahme einer kleinen
Erkältung zu Jahresanfang, bei der sie keine Medikamente, mit Ausnahme
einer einmaligen unbedeutenden Applikation von Paracetamol, einnahm, war
die Nebenklägerin auch gänzlich gesund. Eine im Jahre 2004 erfolgte
operative Entfernung der Schilddrüse hatte keine Auswirkungen auf die
Schwangerschaft. Eine in früheren Jahren in Afrika durchgemachte
Bilharziose - eine tropische Infektionskrankheit durch Saugwürmer - war
nach erfolgter Behandlung folgenlos ausgeheilt. Aufgrund fehlender
Plazentagängigkeit hätten sich auch sonst keinerlei Gefahren für das
Ungeborene ergeben. Die Zeugin Z1 nahm die regelmäßigen
Vorsorgeuntersuchungen bei ihrer Gynäkologin wahr, bei der sich zu
keinem Zeitpunkt Auffälligkeiten im Hinblick auf die kindliche
Entwicklung, die völlig normal verlief, zeigten. In keiner Hinsicht gab
es maternale oder fetale Umstände, die zu einer Schädigung des
ungeborenen Kindes hätten führen können. Es bestanden keine
Blutgruppenunverträglichkeiten, Blutdruck und Gewichtszunahme der Mutter
waren normal, Blutund Urinkontrolluntersuchungen zeigten keinerlei
pathologische Befunde; anhand der Ultraschallscreenings konnte ein
altersgerechtes Wachstum des Ungeborenen festgestellt werden.
Nachdem sie sich über Geburten in lettischen Kliniken informiert hatten,
waren die Nebenkläger entschlossen, ihr Kind im Rahmen einer Hausgeburt
in O23 zur Welt zu bringen. Weder die behandelnde Gynäkologin noch die
mit ihnen in Kontakt stehende Hebamme Z22 hatten diesbezüglich Bedenken.
Dies änderte sich, als sich gegen Ende der Schwangerschaft in der 37.
Schwangerschaftswoche am 26.05.2008 bei einer Untersuchung
herausstellte, dass sich das ungeborene Kind in der Beckenendlage befand
und angesichts der fortgeschrittenen Schwangerschaft schließlich nicht
mehr zu erwarten war, dass es sich noch in die Schädellage zurückdrehen
würde, woraufhin die behandelnde Gynäkologin zu einer
Kaiserschnittentbindung riet. Die Kindseltern informierten sich
daraufhin umgehend über die Besonderheiten der Beckenendlage und
Entbindungsmöglichkeiten sowohl im Internet als auch durch Gespräche mit
ihrer Hebamme und - telefonisch - dem Gynäkologen Prof. em. Z23, einem
früheren Leiter des Klinikums O24. Darüber hinaus nahmen sie Kontakt zu
dem an der Universitätsklinik in O25 tätigen Oberarztes Dr. Z24 auf, der
früher gemeinsam mit dem in diesem Verfahren mit der Gutachtenerstattung
beauftragten Sachverständigen Prof. Dr. C1 tätig war und mit diesem u.a.
ein Buch über die Beckenendlage verfasst hat. Das Angebot ihrer Hebamme,
auch angesichts der festgestellten Beckenendlage eine Hausgeburt
durchführen zu können, erschien den Zeugen mangels ausreichender
Erfahrung der Hebamme als zu großes Risiko. In den Telefonaten mit den
genannten Medizinern in Deutschland wurde ihnen jedoch auch bestätigt,
dass grundsätzlich eine vaginale Entbindung der Beckenendlage möglich
sei, wobei ihnen Prof. Z24 den Leiter der Abteilung für Geburtshilfe und
Pränatalmedizin des Universitätsklinikums O26, Prof. Dr. Z25, empfahl,
zugleich aber auch äußerte, dass auch eine Geburt unter Begleitung einer
entsprechend qualifizierten und erfahrenen Hebamme möglich sei. Dabei
äußerte der Arzt scherzhaft, dass sie einen solchen Rat nicht als von
ihm stammend darstellen sollten, da ihm Kollegen sonst wohl die
Autoreifen zerstechen würden. Von ihrer Hebamme in O23 wurde den Zeugen
Z1 die in Deutschland auf der Insel O13 tätige Zeugin Z14 sowie die
Angeklagte als in der Entbindung von Beckenendlagen erfahrene Hebammen
benannt.
Die Kindseltern verfolgten zwar nach wie vor den Wunsch nach einer
außerklinischen Geburt, die Gesundheit ihres Kindes stand für sie jedoch
im Vordergrund und sie wollten in keinem Fall ein Risiko eingehen. In
einem solchen Fall hätten sie sich uneingeschränkt für eine Entbindung
in einer Klinik entschieden. Angesichts der eingeholten Informationen
entschieden sie sich dafür, die Geburt auf jeden Fall in Deutschland und
nicht in O23 durchzuführen, woraufhin sie bereits am 28.05.2008 nach O26
flogen. Aus Sicht der Gynäkologin sprach angesichts des
zufriedenstellenden Zustands der Schwangeren und des Fötus nichts gegen
eine Flugreise in diesem Schwangerschaftsstadium, was sie entsprechend
in ihren Behandlungsunterlagen am 28.05.2008 dokumentierte. In O26
suchten die Kindseltern am nächsten Tag die Universitätsklinik zu einem
Termin bei dem Spezialisten für Beckenendlagenentbindungen Prof. Z25
auf. Noch bevor ein Gespräch mit dem Mediziner erfolgte - insbesondere
gab es keinerlei Aufklärungsgespräch über die Vor- und Nachteile einer
vaginalen Entbindung -, entschieden sich die Eheleute jedoch dazu, den
Termin in der Klinik abzubrechen. Diese Entscheidung hatte ihre Ursache
darin, dass zur Bestimmung des Größenverhältnisses des mütterlichen
Beckens und des kindlichen Kopfes - eine unumgängliche Voraussetzung für
die Entscheidung zu einer vaginalen Entbindung - ein MRT erstellt werden
sollte. Da die Zeugen Z1 und Z1 die Sorge hatten, dass die
Strahlenbelastung für das ungeborene Kind schädlich sein könnte,
entschieden sie sich gegen eine solche Untersuchung. In dieser Situation
fiel ihnen der von ihrer Hebamme benannte Name der Angeklagten wieder
ein. In einem vorangegangenen Telefonat mit der Zeugin Z14 hatte auch
diese die Angeklagte als echte Expertin für die Entbindung von
Beckenendlagen empfohlen und selbst davon abgeraten, zu einer solchen
Entbindung nach O13 zu reisen, was für die Kindseltern ohnehin aufgrund
der Insellage nicht in Betracht kam. Vom Parkplatz der Uniklinik rief
die Zeugin Z1 daraufhin bei der Angeklagten an, die ihr sogleich
erklärte, dass die Durchführung einer Magnetresonanztomographie
überflüssig sei und sie die Begleitung der Geburt übernehmen könne. Sie
erklärte den Kindseltern, dass eine Beckenendlage in Deutschland
hysterisch behandelt werde und diese noch vor 20 Jahren ganz
selbstverständlich auf natürlichem Wege entbunden worden sei.
In O26 kauften sich die Kindseltern das vorerwähnte Buch "Hebammenkunde"
und lasen insbesondere das Kapitel "Beckenendlage", das die Angeklagte
als Mitautorin, gemeinsam mit der Hebamme Ulrike Harder, verfasst hatte.
Noch am selben Tag fuhren die Zeugen sodann nach O8 zu der Angeklagten,
wo in den Praxisräumen ein etwa ein bis anderthalbstündiges Gespräch
stattfand. In diesem Gespräch stellte die Angeklagte im wesentlichen
ihre Kompetenz im Hinblick auf den Entbindungsmodus dar und riet den
werdenden Eltern uneingeschränkt zu einer natürlichen außerklinischen
Geburt. Die Angeklagte setzte die werdenden Eltern weder darüber in
Kenntnis, dass ihr die außerklinische Entbindung einer Beckenendlage
nach der Hebammenberufsordnung nicht gestattet war, noch beriet sie sie
zutreffend in Bezug auf die eingeschränkte freie Wahl des Geburtsortes.
Auch eine Aufklärung über die gesteigerten Risiken einer
Beckenendlageentbindung nahm sie vor dem Hintergrund ihrer Einstellung
und des von ihr verfolgten Entbindungskonzepts nicht vor, wobei sie
solche aufgrund ihrer Ansicht, dass es sich um schädigende Informationen
und Angstmacherei handle, sogar auf konkrete Nachfragen der Eltern
verharmloste und negierte. So berichtete die Angeklagte davon, selbst
ein Kind in Beckenendlage mit einer Hebamme als Hausgeburt entbunden zu
haben, seit über 30 Jahren Entbindungen aus Beckenendlage durchzuführen
und über 100 Beckenendlagengeburten erfolgreich begleitet zu haben,
bezeichnete sich selbst als Fachfrau auf dem Gebiet und berichtete von
ihrer Ausbildung bei einem Mediziner, der routinemäßig Beckenendlagen
vaginal entbunden habe. Sie berichtete von ihrer Tätigkeit als
Lehrhebamme und ihrer über die Landesgrenzen hinaus bestehenden
Bekanntheit. Die Beckenendlage bezeichnete sie als eine Normvariante der
Längslage. Die Angeklagte riet den werdenden Eltern unter anderem unter
Hinweis darauf, dass in Krankenhäusern ein rigides System mit einer
nicht immer sinnvollen medizinischen Behandlung herrsche, unbedingt zu
einer Hausgeburt bzw. einer Geburt in ihren Praxisräumen. Die Angeklagte
schilderte zur Abschreckung dabei unter anderem, dass bei einer
Entbindung im Krankenhaus bei einer Beckenendlage immer von vornherein
ein großer Dammschnitt gemacht würde. Bei einer Besichtigung ihrer
Praxisräume erklärte sie auch, dass man "in die Geburt hineingehe" und
bei Problemen jederzeit sofort in ein Krankenhaus verlegen würde, was
für die Kindseltern von entscheidender Bedeutung war. Auf Nachfrage der
Kindseltern nach der konkreten Entfernung zu dem nächsten Krankenhaus
wurde ihnen von der Angeklagten versichert, dass es zwei Krankenhäuser
gäbe, von denen eins nur wenige Minuten entfernt sei; einen
Kaiserschnitt könne man im Notfall in 10 Minuten hinkriegen. Auch in
späteren Gesprächen beruhigte die Angeklagte die Zeugen wiederholt
dahingehend, dass bei etwaigen Komplikationen im Rahmen des
Geburtsverlaufs eine Verlegung schnell zu organisieren und "in 10
Minuten der Bauch der Zeugin Z1 aufgeschnitten sei".
Die Auskunft der Angeklagten hinsichtlich der zu erreichenden
Geburtskliniken war bereits nicht zutreffend. Das in unmittelbarer Nähe
ihrer Praxis gelegene Evangelische Krankenhaus O8 verfügte seit dem
Jahre 2005 nicht mehr über eine gynäkologisch/geburtshilfliche
Fachabteilung, die Klinik hatte danach einen diesbezüglichen
Versorgungsauftrag nicht mehr angenommen, mangels medizinischer
Expertise wäre eine abgebrochene Hausgeburt auch nicht behandelt worden.
Über eine geburtshilfliche Abteilung verfügte zwar das ebenfalls nicht
weit entfernte, in O8 in der O-straße gelegene K.hospital; in den
zurückliegenden 12 Jahren war es jedoch zu keiner Zusammenarbeit der
Angeklagten mit der Abteilung gekommen und die Angeklagte hatte auch zu
keinem Zeitpunkt Mitteilung von einer anstehenden - ggf. auch
problematischen - Geburt gemacht.
Auf Nachfrage der Kindseltern, die sich vorab bereits informiert hatten,
nach den möglichen Risiken und Komplikationen einer vaginalen
Beckenendlagenentbindung, erwiderte die Angeklagte lediglich, ob die
Eltern das wirklich wissen wollten, das würde sie nur verwirren. Es
werde alles gut gehen und wenn das Kind da sei, werde die Zeugin "ihr
Baby dick und rund stillen". Die Zeugin Z1, die sich neben dem Buch
"Hebammenkunde" bereits entsprechende Lektüre aus dem Internet besorgt
und einen Aufsatz des Spezialisten Dr. Z24 zu Entbindungen aus
Beckenendlage erhalten, auch über konkrete Risiken des Geburtsmodus
gelesen hatte, fragte die Angeklagte daraufhin ausdrücklich nach der
Gefahr eines Nabelschnurvorfalls bzw. einer Nabelschnurkompression und
eines dadurch bedingten Sauerstoffmangels des ungeborenen Kindes. Die
Angeklagte nahm auch hieraufhin keine zutreffende Aufklärung vor;
vielmehr versicherte sie der Zeugin Z1 und ihrem Ehemann, dass aus
physikalischen Gründen die Nabelschnur nur eine kurze Zeit abgepresst
werden könne und das Kind ausreichende Möglichkeiten und ein natürliches
System habe, dies zu regulieren. In einem späteren Telefonat mit der
Zeugin erklärte die Angeklagte auf erneute Nachfrage zu diesem Umstand
weiter, dass das Risiko so groß sei, als wenn die Zeugin Z1 im
Restaurant Fisch bestellen und eine Gräte verschlucken würde. Die
Kindseltern waren vom Auftreten der Angeklagten, die ihnen Kompetenz und
Zuversicht vermittelte, beeindruckt, hielten die Ausstattung der
Praxisräume, in denen sich auch ein CTG befand, für sicher und fühlten
sich angesichts der Zusage der Angeklagten, im Falle auftretender
Probleme unter der Geburt innerhalb weniger Minuten eine Verlegung in
eine nahegelegene Geburtsklink organisieren zu können, gut aufgehoben.
Im Rahmen des ersten Gesprächs nahm die Angeklagte auch Einsicht in den
Mutterpass und stellte durch ein Abtasten des Bauches ebenfalls die
Beckenendlage fest, was sie mit einer Zeichnung in den Mutterpass
eintrug. Ein von ihr mit den Händen vorgenommener äußerlicher
Wendeversuch führte nicht zu einer Veränderung der Kindslage, was die
Angeklagte dahin kommentierte, dass das Kind vielleicht seine Gründe
habe, sich nicht drehen zu wollen. Die Angeklagte hörte weiter mit einem
Stethoskop die Herztöne des ungeborenen Kindes ab, vermaß das Becken der
Zeugin Z1 und machte einen Urintest. Ein CTG schrieb sie nicht.
Die Kindseltern, die nach dem Gespräch mit der Angeklagten das Gefühl
hatten, eine Haus- bzw. Praxisgeburt in den Räumen der Angeklagten
gefahrlos wagen zu können und im Falle eines problematischen Verlaufs
unmittelbar ohne großen Zeitverlust eine Verlegung in ein nahegelegenes
Krankenhaus vornehmen zu können, entschlossen sich daraufhin, bis zur
Geburt in Deutschland zu bleiben. Angesichts der Ausführungen und des
Auftretens der Angeklagten sahen sie in der geplanten Praxisgeburt
keinerlei Risiko, da sie davon ausgingen, dass die Angeklagte aufgrund
ihrer geschilderten Erfahrung etwaige Komplikationen im Rahmen des
Geburtsgeschehens auch sofort würde erkennen können. Wie es auch ihrer
Einstellung entsprach, brachten sie der Angeklagten gegenüber - auch in
späteren Gesprächen - wiederholt ausdrücklich zum Ausdruck, dass sie den
Wunsch nach einer natürlichen Geburt hatten, es ihnen aber in erster
Linie um die Sicherheit und Gesundheit ihres Kindes ging, sie im Falle
von etwaigen Problemen oder Komplikationen in jedem Fall mit der
Durchführung einer Kaiserschnittentbindung einverstanden waren und diese
auch wollten. Die Nebenkläger gehörten in keiner Weise zu der Klientel,
die aus ideologischen oder anderen Gründen eine Klinik oder einen
operativen Geburtsmodus prinzipiell ablehnt. Sie hatten lediglich den
Wunsch nach einer natürlichen Entbindung, soweit eine solche möglich,
vertretbar, gefahrlos und ohne das Eingehen größerer Risiken
durchzuführen war.
Auf Empfehlung der Angeklagten mieteten sie in einem nahegelegenen Hotel
- dem ... im L.weg .. in O8 -, das nur 3 bis 4 Auto- bzw. ca. 12
Fußminuten von der in ihrem Wohnhaus befindlichen Praxis der Angeklagten
entfernt liegt, ein Zimmer. In den folgenden Tagen erfolgten Telefonate,
in denen die Zeugin Z1 zum Teil ihre Zweifel darüber zum Ausdruck
brachte, ob eine außerklinische Geburt verantwortungsvoll sei, woraufhin
die Angeklagte sie wiederholt beruhigte, ihr den Vergleich mit der
Fischgräte nannte, erklärte, dass die Zeugin sich zwischen dem
pathologischen Weg - einer Klinikentbindung - und dem physiologischen
Weg - einer außerklinischen natürlichen Geburt - entscheiden müsse und
beruhigte die Zeugin erneut im Hinblick auf mögliche Komplikationen, die
sie für unwahrscheinlich erachtete, mit dem Hinweis auf die problemlose
Möglichkeit einer Verlegung in ein Krankenhaus. Dieser Umstand wurde
wiederholt in mehreren persönlichen Gesprächen und Telefonaten
thematisiert, wobei die Angeklagte in einem Fall auf die weitere
konkrete Nachfrage des Zeugen Z1 angab, dass mehrere Krankenhäuser in
Frage kämen, wovon zwei in O8 und eins in O27 gelegen seien; wie
dargelegt, eine zumindest teilweise unzutreffende Auskunft.
Zu keinem Zeitpunkt wurde den Eltern ein Formular vorgelegt, mit dem
eine Einverständniserklärung im Hinblick auf eine außerklinische
Entbindung unter Darlegung möglicher Risiken abgegeben werden sollte.
Die Angeklagte erklärte lediglich im Verlauf des ersten Gesprächs, dass
eine Abrechnung nach Hebammentarif erfolgen würde und lediglich einzelne
Leistungen nach Ärztetarif abgerechnet würden.
In der Folgezeit suchten die Eltern am 04. und am 09.06.2008 die Praxis
der Angeklagten in Eigeninitiative auf, um sich des gesunden Zustandes
ihres Kindes zu vergewissern. Die Angeklagte hatte ihnen lediglich mit
auf den Weg gegeben, sich wieder zu melden. Der Zeugin Z1 ging es
während der gesamten Zeit weiter gut, sie spürte auch regelmäßige
Kindsbewegungen. Sie litt weder - wie dies später von der Angeklagten
behauptet wurde -, unter "immer wiederkehrenden
Abgeschlagenheitsschüben", noch verspürte sie wiederholte
"Lungenstiche". Die Nebenklägerin war gesund, fühlte sich wohl und war
in großer Vorfreude und Erwartung der Geburt ihres ersten Kindes. Die
Angeklagte tastete bei den Besuchen der Kindseltern jeweils den Bauch
der Zeugin ab, nahm eine Urinuntersuchung vor und hörte die Herztöne des
Kindes ab. Weitere Untersuchungen nahm sie nicht vor; insbesondere
schrieb sie zunächst zu keinem Zeitpunkt ein CTG. Auch bei dem Termin am
09.06.2008, bei dem ein längeres Gespräch erfolgte, in dem die
Kindseltern erneut ihre Bedenken für den Fall einer auftretenden
Komplikation äußerten, wurde die Möglichkeit einer Verlegung besprochen.
Die Angeklagte ließ jedoch dabei deutlich werden, dass sie lediglich
eine Begleitung in der Eröffnungsperiode mit anschließender Verlegung
und Entbindung in einem Krankenhaus nicht gutheiße, falls dies die
Vorstellung der Eltern sei. Auch Bedenken der Nebenkläger im Hinblick
auf gesteigerte Risiken einer Beckenendlagenentbindung zerstreute die
Angeklagte erneut, indem sie aus Sicht der Zeugen fachmännisch erklärte,
dass ein Nabelschnurvorfall für das Kind keine besorgniserregende
Situation sei. Die Nebenkläger recherchierten im Internet
Geburtsberichte von Müttern, die mit der Angeklagten entbunden hatten
und ihre Zufriedenheit äußerten, was sie weiter bestärkte.
Weitere Besuche in der Praxis der Angeklagten erfolgten im Anschluss am
11., 18., 23., 25., 27. und 29.06.2008. Die Angeklagte beruhigte die
Zeugen auch im Hinblick auf eine mögliche Überschreitung des
Geburtstermins und erklärte, dass es völlig normal sei, wenn Kinder bis
zur 43. Schwangerschaftswoche (SSW) zur Welt kämen. Über die
Erforderlichkeit einer engmaschigen Überwachung nach der 41. SSW , wie
dargelegt, in zweitägigen Abständen, mit einer Empfehlung zur Einleitung
der Geburt ab 41 SSW und einer Indikation zur Einleitung ab 42 SSW,
klärte die Angeklagte die Kindseltern nicht auf. Auch hielt sie
grundsätzlich die Erforderlichkeit einer Überwachung aufgrund ihrer
Einstellung, dass die Schwangerschaft ein natürlicher Vorgang sei, für
nicht gegeben und gab den werdenden Eltern lediglich mit auf den Weg,
sich bald wieder zu melden.
Dass die letzen drei Besuche im Abstand von jeweils zwei Tagen
erfolgten, war auf entsprechende Nachfragen der Kindseltern
zurückzuführen. Terminvorgaben durch die Angeklagte gab es nicht.
Lediglich bei den letzten drei Terminen erstellte die Angeklagte ein CTG
und erklärte dazu, dass es dem Kind prächtig gehe. Das CTG erstellte sie
nicht aus eigener Veranlassung, sondern erst, nachdem die Zeugin Z1
darum gebeten hatte. Diese war nämlich von ihrer als Krankenschwester
tätigen Mutter darauf angesprochen worden, ob ein CTG geschrieben worden
sei, um den Gesundheitszustand des ungeborenen Kindes zu überprüfen.
Angesichts des Umstands, dass der ursprünglich errechnete Geburtstermin
vom 16. bzw. 17.06.2008 bereits um 12 bzw. 13 Tage und auch der zuletzt
korrigierte Termin zuletzt um 7 Tage überschritten und damit eine
Erhöhung des Risikos für das Ungeborene infolge einer
Plazentainsuffizienz sowie eines Mekoniumaspirationssyndroms gegeben
war, war eine regelmäßige Überprüfung des kindlichen Zustands von großer
Wichtigkeit.
Bereits mit Erreichen des errechneten Geburtstermins wäre eine
Überwachung in 2-tägigen Abständen mindestens durch Schreiben eines CTG
angezeigt gewesen. Zum sicheren Ausschluss einer Funktionseinschränkung
der Plazenta wäre weiter eine Fruchtwasservolumenmessung mittels
Ultraschall - was von der DGGG empfohlen wird - angeraten gewesen. Die
Angeklagte setzte sich vor dem Hintergrund ihrer dargelegten
ideologischen Sichtweise bewusst über diese Empfehlungen hinweg. Sicher
festzustellen ist, dass die Angeklagte von der Korrektur des errechneten
Geburtstermins auf den 22.06.2008 entweder keine Kenntnis genommen hatte
oder diesen für unzutreffend hielt. Sie selbst ging zu jedem Zeitpunkt
vom 16. bzw. 17.06.2008 als errechnetem Geburtstermin aus. Soweit sie im
Rahmen der Hauptverhandlung in ihrer Einlassung angegeben hat, für den
der Geburt folgenden Tag, dem 01.07., aufgrund der dann 15-tägigen
Überschreitung eine Einweisung der Kindsmutter in ein Krankenhaus
geplant zu haben, ist dies unwahr. Die Angeklagte hätte vielmehr auch
eine dreiwöchige Überschreitung des Geburtstermins toleriert.
Am Morgen des 30.06.2008 kam es schließlich zum Beginn der Geburt. Die
Zeugin Z1 erwachte gegen 04.00 Uhr, als sie ein Ziehen im Bauch
verspürte, wobei es sich um die ersten Eröffnungswehen handelte. Zu
diesem Zeitpunkt kam es darüber hinaus zum Fruchtblasensprung und Abgang
von Fruchtwasser. Aus diesem Grund rief die Zeugin Z1 sodann um 05.09
Uhr bei der Angeklagten an, die ihr bestätigte, dass die Geburt
losgegangen, aber noch alles am Anfang sei, die Zeugin ihre Kräfte
sparen, sich noch entspannen oder noch etwas schlafen solle. Sie solle
sich später noch einmal bei der Angeklagten melden. Die Zeugin Z1 ruhte
sich zunächst noch aus und frühstückte etwas. Nachdem im Anschluss an
das Telefonat weiterer Flüssigkeitsabgang erfolgt war und die
Wehentätigkeit an Intensität und Regelmäßigkeit zugenommen hatte, rief
die Zeugin Z1 um 09.39 Uhr erneut bei der Angeklagten an, und berichtete
ihr von diesen Umständen, worauf die Angeklagte ihr erklärte, dass es
sich dabei um eine gerissene Eihaut handeln würde, was völlig normal
sei. Tatsächlich ging die Angeklagte von einem Blasensprung zum
erstgenannten Zeitpunkt um 4.00 Uhr aus. Sie dokumentierte die
telefonischen Kontakte in einem Notizbuch, in dem sie vermerkte: "4 Uhr
...(Vorname Z1) V.a. FBS (als Abkürzung für Verdacht auf
Fruchtblasensprung), vereinzelte Wehen". Per Definition liegt mit einem
Fruchtblasensprung oder dem Beginn regelmäßiger Wehen der Beginn der
Geburt vor. In einer solchen Situation ist grundsätzlich eine
Überprüfung der Kindslage, soweit diese nicht bereits in den Tagen zuvor
stattgefunden hat, von besonderer Bedeutung. Bei einer Beckenendlage ist
insbesondere entscheidend, ob der kindliche Steiß bereits so tief in das
Becken eingetreten ist, dass der Geburtskanal ausreichend abgedichtet
ist, um einen Nabelschnurvorfall und damit eine lebensbedrohliche
Hypoxie zu vermeiden. Eine solche Untersuchung nahm die Angeklagte nicht
vor. In dem um 09.39 Uhr erfolgenden Telefonat gab die Angeklagte der
Kindsmutter weiter den Rat, sich zu entspannen, zu lesen oder spazieren
zu gehen. Die Zeugin Z1 vertraute der erfahrenen Geburtshelferin. Mit
dem Beginn der Geburt war insbesondere wegen der besonderen Kindslage
sowie der - aus Sicht der Angeklagten sogar erheblichen - Überschreitung
des errechneten Geburtstermins eine kontinuierliche Überwachung des
kindlichen Zustandes mittels CTG mit Beginn in der frühen
Eröffnungsphase angezeigt, da eine deutlich verminderte Toleranz des
Fetus gegenüber dem Wehenstress bestand und bereits allein im Hinblick
auf die rechnerische Überschreitung des Geburtstermins das theoretische
Risiko der Sauerstoffverarmung des Blutes für das ungeborene Kind
bestand.
Die Angeklagte, deren Praxis, wie dargelegt, nur etwa einen Kilometer
vom Hotel entfernt lag, suchte die Kindsmutter jedoch weder im Hotel auf
noch bestellte sie die werdenden Eltern in die Praxis oder nahm erneuten
telefonischen Kontakt auf, um sich vom Zustand der werdenden Mutter und
des Ungeborenen und von dem Geburtsfortschritt zu überzeugen. Bis zum
Nachmittag nahm die Angeklagte zu keinem Zeitpunkt Kontakt zu den Zeugen
auf. Sie ließ vom Beginn der Geburt an 11 Stunden vergehen, einen
Zeitraum, in dem bereits die durchschnittliche Geburt einer
Erstgebärenden beendet ist und nahezu der Grenzwert für die abzuwartende
Dauer der Eröffnungsperiode erreicht war. In dem von ihr mit verfassten
Artikel zur Beckenendlage - der allerdings allein Geburten im klinischen
Rahmen beschreibt und keine Haus- oder Praxisgeburten - wird darauf
hingewiesen, wie wichtig eine positive Unterstützung und Betreuung der
Gebärenden in der Eröffnungsperiode durch die Hebamme oder Ärztin, und
eine Atmosphäre von Sicherheit und Geborgenheit zu schaffen ist. Unter
den weiter nachfolgend beschriebenen Risiken der vaginalen
Beckenendlagengeburt werden explizit der protrahierte Geburtsverlauf,
der Nabelschnurvorfall bei Fruchtblasensprung, akuter Sauerstoffmangel
in der Austreibungsphase, erschwerte Arm- und Kopfentwicklung,
Plexus-Verletzungen und intrakranielle Blutungen aufgeführt.
Die Angeklagte ließ die Erstgebärende Z1 während der gesamten
Eröffnungsperiode ohne jegliche Überwachung, Hilfe, Begleitung und
Unterstützung allein. Wichtige Umstände, die sie an der Wahrnehmung
ihrer Aufgaben gehindert hätten, gab es an diesem Tag nicht. Zu keinem
Zeitpunkt hat sie zudem die werdenden Eltern dazu aufgefordert, sich
nunmehr in die Praxis zu begeben. In der Zeit von 09.39 Uhr bis 14.49
Uhr, mithin über 5 Stunden ist es zu keinerlei Kontakten gekommen. Die
Angeklagte erkundigte sich trotz ihrer Kenntnis, dass die Geburt um
04.00 Uhr am Morgen begonnen hatte, von sich aus nicht einmal nach dem
Zustand der Gebärenden. Die Zeugin Z1 verspürte im Verlauf des Tages
zunehmende, häufiger und heftiger auftretende Wehen, wobei sie wie auch
ihr Partner davon ausgingen, dass dies der normale Verlauf der
Eröffnungsphase sei. Da sie von der Angeklagten keine andere Weisung
hatten, verblieben sie weiter im Hotelzimmer. Die Zeugin Z1 verlor
aufgrund der schmerzhaften Geburtswehen, die sie schließlich nach ihren
Kenntnissen aus der Geburtsvorbereitung zu veratmen versuchte, das
Gefühl für die Zeit. Am frühen Nachmittag nahm die Wehenstärke
schließlich weiter und in immer kürzer werdenden zeitlichen Abständen
deutlich zu.
Um 14.49 Uhr war es dann der Zeuge Z1 und immer noch nicht die
Angeklagte, der Kontakt aufnahm. Nach einem vergeblichen Versuch über
ihren Festnetzanschluss konnte er sie schließlich über ihr Handy
erreichen. Nicht nur im Hinblick darauf, dass es sich bei der Zeugin Z1
um eine Erstgebärende handelte, die nur angelesene Kenntnisse hatte und
mit dem Ablauf einer Geburt in keiner Weise vertraut war, sondern
insbesondere wegen des Vorliegens einer Beckenendlage wäre ein Aufsuchen
der Zeugin oder die Aufforderung, die Praxis aufzusuchen, um eine
Untersuchung und eine Kontrolle des Geburtsfortschritts und des Zustands
des Ungeborenen durchzuführen, schon zu Beginn der Eröffnungsperiode
notwendig gewesen; unabhängig davon, dass die Angeklagte entsprechend
der Berufsordnung für Hebammen verpflichtet gewesen wäre, die Entbindung
in einer Klinik durchführen zu lassen. Die Angeklagte ließ die
unerfahrenen Kindseltern mit allen potentiellen Risiken für die
Gesundheit und das Leben der Mutter und des ungeborenen Kindes
anlässlich der pathologischen Geburt über einen Zeitraum von 11 Stunden
alleine.
Als der Zeuge Z1 nunmehr erneut bei der Angeklagten anrief, war die
Zeugin Z1 aufgrund der Heftigkeit und Schmerzhaftigkeit der mittlerweile
in relativ kurzen Abständen von nur wenigen Minuten aufeinander
folgenden Wehen nicht mehr in der Lage, selbst zu telefonieren. Die
Angeklagte zeigte sich nach Schilderung der Situation durch den
Kindsvater nicht weiter beeindruckt und erklärte vielmehr, nunmehr
Wasser in die Wanne einlassen zu wollen, die Eltern sollten sich in Ruhe
auf den Weg in die Praxis machen. Hierzu war die Zeugin Z1 aufgrund des
Geburtsfortschritts jedoch bereits nicht mehr in der Lage. Sie befand
sich bereits in der Endphase der Eröffnungs- und unmittelbar vor dem
Beginn der Austreibungsphase. Sie versuchte weiter die Wehen, die
entsprechend dem Geburtsfortschritt an Intensität und Schmerzhaftigkeit
erheblich zugenommen hatten, und in Abständen von nur wenigen Minuten
aufeinanderfolgten zu veratmen, und unternahm in den kurzen Wehenpausen
mehrere Anläufe, das Hotelzimmer zu verlassen. Hierzu war sie aufgrund
der Massivität der Schmerzen und ihrer Entkräftung infolge der über
11-stündigen Wehentätigkeit nicht mehr in der Lage. Sie hatte das
Gefühl, keine Kontrolle mehr über ihren Körper zu haben und von den
Schmerzen völlig vereinnahmt und beherrscht zu werden.
Der Zeuge Z1 holte schließlich das Fahrzeug zur Hoteleingangstür; der
Versuch seiner Partnerin, mit seiner Hilfe das Zimmer zu verlassen,
gelang aber nicht. Der Zeuge Z1 rief daraufhin um 15.59 Uhr erneut über
den Festnetzanschluss die Angeklagte an, um ihr dies mitzuteilen. Obwohl
der letzte Anruf bereits über eine Stunde zurücklag, hatte die
Angeklagte zwischenzeitlich keine Veranlassung gesehen, sich von sich
aus um die Gebärende zu kümmern. Als sie während dieses Telefonats im
Hintergrund ein Aufschreien der Kindsmutter infolge einer sehr heftigen
Wehe hörte, beendete sie das Gespräch unmittelbar mit den Worten "Ich
komme sofort" und machte sie sich nunmehr unverzüglich auf den Weg in
das nahegelegene Hotel, wo sie nur wenige Minuten später um 16.08 Uhr
eintraf. Der Angeklagten war bewusst, dass sich die Geburt angesichts
eines Zeitraums von nunmehr 12 Stunden Dauer nach durchschnittlichen
Berechnungen bereits im Endstadium hätte befinden müssen.
Während dieser letzten Wehe bemerkte die Zeugin Z1 den Austritt einer
zähen Flüssigkeit, was sie in Panik versetzte. Dabei handelte es sich um
Mekonium. Das ungeborene Kind befand sich zu diesem Zeitpunkt durch die
anhaltende Wehentätigkeit in einer erheblichen Stresssituation, die zu
einer intrauterinen Hypoxie, d.h. zu einer verminderten
Sauerstoffversorgung durch eine ungenügende Sauerstoffzufuhr durch die
Nabelvene geführt hatte und damit der Beginn einer Übersäuerung des
kindlichen Blutes (Azidose) war. Infolge des erlittenen
Sauerstoffmangels war es bei dem Ungeborenen zum Einsetzen einer sog.
Hyperperistaltik des Darms - starken Darmbewegungen - gekommen,
woraufhin Mekonium - nach dem Blasensprung nicht mehr in das
Fruchtwasser, sondern nach außen - abgesetzt wurde. Eine mechanische
Ursache des Mekoniumabgangs zu diesem Zeitpunkt der Geburt durch ein
Tiefertreten des kindlichen Steißes in das Becken und einen hierdurch
verursachten abdominalen Druck, ist sicher auszuschließen. Ein solcher
Abgang von Mekonium wird nur zum Ende der Austreibungsphase, in der sog.
Pressperiode - die maximal 20 bis 30 Minuten dauert - beobachtet, bevor
das Kind nur wenige Presswehen später auf der Welt ist. Lediglich für
diesen Zeitpunkt wird der Abgang von Mekonium unter dem Gesichtspunkt
einer mechanische Ursache diskutiert.
Das Ungeborene befand sich zu diesem Zeitpunkt noch nicht unmittelbar in
einer akut lebensbedrohlichen Situation. Etwa 30 % der Kinder setzen
unter der Geburt Mekonium ab. Das Signal der vorliegenden
Stresssituation und der damit gegebene Warnhinweis auf eine drohende
Übersäuerung des kindlichen Blutes, die grundsätzlich Ursache für die
Entstehung schwerer neurologischer Schäden bis hin zu einer Totgeburt
ist, bedingte jedoch eine engmaschige Überwachung des Kindes, um
rechtzeitig einen Eingriff vornehmen zu können, bevor die Reserven des
Feten so weit aufgebraucht waren, dass sich das Risiko bleibender
Schäden oder des Todes verwirklichte. Mindestens wäre das Schreiben
eines CTG zur regelmäßigen Kontrolle der kindlichen Herztöne
erforderlich gewesen, sicherer noch die Vornahme von
Mikroblutuntersuchungen in einer Klinik.
Nur Minuten nach dem letzten Telefonat erschien die Angeklagte - wie
erwähnt - um 16.08 Uhr im Hotelzimmer, wobei sie die Gefahr mit den
Worten: "Ihr fangt ja schon ohne mich an" herunterspielte. Bei ihrem
Eintreffen stellte die Angeklagte fest, dass Z1, die in Seitenlage auf
dem Bett lag, bereits völlig erschöpft war und dass reichlich Mekonium
abgegangen war. Nach einer vaginalen Untersuchung, bei der sie den
Geburtsfortschritt feststellte, erklärte die Angeklagte den Eltern, dass
alles in Ordnung sei und die Geburt ganz normal verlaufe. Auf den
Mekoniumabgang angesprochen, wobei der Begriff nicht benannt wurde,
beruhigte die Angeklagte die Kindseltern mit der unzutreffenden
Erklärung, dass dies alles normal sei. Das gesamte Verhalten der
Angeklagten in der Zeit ihrer nachfolgenden Anwesenheit von 16.08 bis
zur Geburt des Kindes um 22.14 Uhr bewegte sich außerhalb sämtlicher
geburtshilflicher Standards. Trotz des Mekoniumabgangs und in dem
Bewusstsein, dass sie eine Überwachung des Ungeborenen in dem Hotel
mangels CTG nicht in ausreichendem Maße würde durchführen können,
entschloss sie sich vor dem Hintergrund ihrer grundsätzlichen
Einstellung dazu, die Entbindung in dem Hotelzimmer fortzusetzen. Eine
Verlegung in die Klinik zog sie nicht in Betracht. Die Angeklagte hatte
bei der vaginalen Untersuchung festgestellt, dass der Muttermund bereits
bis auf einen Saum, mithin fast ganz eröffnet war, was bedeutete, dass
die Gebärende die gesamte Eröffnungsperiode unüberwacht allein verbracht
hatte und nunmehr bereits die Austreibungsphase, mithin das Endstadium
der Geburt, anfing. Die Austreibungsphase beginnt bei annähernd oder
vollständiger Eröffnung des Muttermundes von 9 bis 10 cm; eine Eröffnung
bis auf einen Saum wird bei 9 cm Weite beschrieben.
Die Zeugen Z1 vertrauten der Angeklagten, die im Vorfeld wiederholt auf
ihre Erfahrung und Kompetenz hingewiesen hatte, und hatten angesichts
des Umstands, dass ihnen der konkrete Ablauf einer Geburt völlig
unbekannt war, keine Veranlassung, die Angaben der Angeklagten
anzuzweifeln. Mit einem Dopton, einem kleinen tragbaren
Ultraschallgerät, kontrollierte die Angeklagte die kindlichen Herztöne.
Ein konkreter Wert ist nicht festzustellen, da von der Angeklagten in
anschließend von ihr gefertigten Geburtsprotokollen, die in drei
Versionen existieren - einer den Kindseltern übergebenen, einer der
Staatsanwaltschaft übergebenen und einer im Rahmen der Hauptverhandlung
auf einem Laptop gespeicherten und sichergestellten -, unterschiedliche
Werte eingetragen wurden. Nicht nur der nach der Hebammenberufsordnung
erforderlichen Dokumentationspflicht hinsichtlich der zum Schutz der
Gesundheit von Mutter und Kind erforderlichen Überwachungsmaßnahmen der
Herztöne des ungeborenen Kindes sowie der Puls und Blutdruckwerte der
Mutter kam die Angeklagte nicht nach. Auch hat sie diese Werte zu keinem
Zeitpunkt in ausreichendem Maße während des folgenden Geburtsverlaufs
erhoben. Angezeigt gewesen wäre es, in der Austreibungsphase 12 mal in
der Stunde, mithin insgesamt 72 mal die Herztöne des Kindes zu
kontrollieren; die Angeklagte hat dies während ihrer sechsstündigen
Anwesenheit allenfalls fünfmal getan.
In ihrem mitgeführten Kalender, in dem sie die einzigen Eintragungen
während des Geburtsgeschehens vornahm, notierte sie für die Zeit 16.00
Uhr lediglich den Eintrag: "plötzlich Presslust; Abgang v. reichlich
Mekonium" und um 16.08 Uhr den Eintrag "HT (Herztöne) normfrequent, kein
Pressdrang mehr".
Danach ist für die gesamte Restdauer der Geburt die konkrete
Herzfrequenz des ungeborenen Kindes nicht festzustellen. Festzustellen
ist jedoch, dass eine angesichts der fortgeschrittenen Geburt und des
Abgangs von Mekonium erforderliche engmaschige Überwachung der
Herztätigkeit des Kindes durch die Angeklagte nicht stattgefunden hat.
Die Angeklagte hat während der gesamten sechs Stunden ihrer Anwesenheit
lediglich fünfmal die Kontrolle der Herztöne des Ungeborenen
durchgeführt und in dem Kalender eingetragen, wobei sie konkrete Werte
zu keinem Zeitpunkt notiert hat. Solche hat sie erst bei der Erstellung
eines ersten Gedächtnisprotokolls am darauffolgenden Tag aufgeschrieben,
dessen Zuverlässigkeit, wie dargelegt, bereits aufgrund abweichender
Angaben in zwei weiteren Protokollen zweifelhaft ist.
Die Angeklagte stellte bei ihrem Eintreffen weiter fest, dass die Wehen
bereits in kurzen zeitlichen Abständen von nur 3 Minuten erfolgten, was
ebenfalls dem Zeitpunkt der endenden Eröffnungsphase und der beginnenden
Austreibungsphase entsprach. Unabhängig davon, dass bereits eine
geplante außerklinische Geburt der Beckenendlage allen medizinischen
Standards, den Vorschriften der Hebammenberufsordnung und sämtlichen
Leitlinien und Empfehlungen der geburtshilflichen Organisationen und
auch des Hebammenverbandes widersprach, hätte die Angeklagte spätestens
nunmehr von der weiteren Durchführung einer außerklinischen Geburt
absehen und eine Verlegung der Kindsmutter in eine Klinik veranlassen
müssen, wo mindestens weitergehende, im außerklinischen Bereich, und
erst recht in einem Hotelzimmer, unmögliche Untersuchungen zum Zustand
des ungeborenen Kindes hätten durchgeführt werden können, um jederzeit
vom vaginalen auf den abdominalen Weg umsteigen zu können.
Die Angeklagte unterließ eine solche Verlegung aus den oben ausgeführten
ideologischen Gesichtspunkten, dass eine Klinikgeburt ein pathologischer
Weg sei und zeitliche Beschränkungen ebensowenig von Bedeutung seien wie
erkennbare Warnzeichen einer Sauerstoffmangelversorgung des Feten. Die
Angeklagte, der bewusst war, dass der Abgang von Mekonium, den sie zudem
als "reichlich" einschätzte, in diesem Geburtsstadium Ausdruck einer
stattgefundenen fetalen Hypoxie war, erkannte die damit objektiv
vorliegende Gefährdung des Feten durch eine Übersäuerung des Blutes.
Wenn auch, wie dargelegt, allein der Abgang von Mekonium nicht zwingend
zu der Durchführung eines Kaiserschnitts Anlass gab, war der Angeklagten
klar, dass zumindest eine kontinuierliche CTG-Überwachung und ggf.
Fetalblutanalysen bzw. ein Ultraschall unabdingbar waren, um Sicherheit
darüber zu gewinnen, dass das Ungeborene die Fortsetzung der vaginalen
Entbindung unbeschadet überstehen würde. Stattdessen setzte die
Angeklagte die Geburt in dem Hotelzimmer fort, ohne wenigstens auf eine
in ihren Praxisräumen zur Verfügung stehende Kardiotokographie
zurückgreifen zu können. Auch unterließ sie die zumindest erforderliche
engmaschige Kontrolle der Herztöne mittels ihres Doptons. Der
Angeklagten war die Gefährdung des Kindes bewusst, wobei sie neben der
Verfolgung ihres ideologischen Entbindungskonzepts auch Gedanken daran
beschäftigten, dass sie die eigens aus O23 angereisten Eltern nicht
enttäuschen wollte. Zu diesem Zeitpunkt mag die Angeklagte auch noch
davon ausgegangen sein, dass mit einer baldigen Beendigung der Geburt
ein weitergehender Schaden des Kindes nicht eintreten würde.
Hiervon konnte sie jedoch mit zunehmendem Zeitablauf nicht mehr
ausgehen. Zu den bereits bestehenden Risiken für die Gesundheit des
ungeborenen Kindes, die sich aus der Überschreitung des errechneten
Geburtstermins und der bereits signalisierten Sauerstoffminderversorgung
zum Zeitpunkt ihres Eintreffens ergaben, verwirklichte sich im weiteren
Verlauf das weitere bei einer vaginalen Beckenendlagenentbindung
bestehende typische Risiko des protrahierten Geburtsverlaufs bis hin zu
einem Geburtsstillstand infolge der Entkräftung der Kindsmutter.
Wie dargelegt, führt bei der reinen Steißlage ausschließlich der Steiß
des Kindes, während die Beine taschenmesserartig an den Rumpf angelegt
sind. Diese Beinhaltung führt zu einem Schienungseffekt der fetalen
Hüfte, der die Ursache für eine Pendelbewegung des Steißes in der
Austreibungsphase ist. Unter der Wehe tritt der Steiß tiefer, während
der Wehenpause federt er wieder bis zur Beckenmitte oder höher zurück.
Der Schienungseffekt der fetalen Hüfte verhindert, dass sich die vordere
fetale Gesäßhälfte unter der Symphyse in das kleine Becken vorschiebt.
In dieser Phase der Geburt protrahiert der Geburtsvorgang nicht selten,
weshalb er besonders aufmerksamer Beobachtung durch den Geburtshelfer
bedarf. Bei einer Befundpersistenz in einem Zeitraum von ca. 60 bis 90
Minuten vermindert sich die Wahrscheinlichkeit einer komplikationsarmen
vaginalen Geburt. Aus diesem Grund ist die Indikation bei der
Befundkonstellation eines protrahierten Geburtsverlaufs und
Geburtsstillstandes in der Austreibungsphase zu einer sekundären Sectio
caesarea großzügig zu stellen.
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Julian
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Re: Angeklagte wegen Totschlags zu Freiheitsstrafe von 6 Jahren + 9
Monaten verurte
« Reply #4 on: June 12, 2016, 04:32:07 AM »
In den folgenden Stunden der Anwesenheit der Angeklagten kam es zu einem
solchen verzögerten Geburtsverlauf bis hin zu einem zeitweiligen
Geburtsstillstand, mithin einer massiven Zunahme der Gefährdung der
Gesundheit und des Lebens des ungeborenen Kindes. Da der Muttermund
bereits bei Eintreffen der Angeklagten gegen kurz nach 16.00 Uhr
praktisch vollständig eröffnet war - was sie so in dem später der
Staatsanwaltschaft übermittelten Gedächtnisprotokoll dokumentierte
(16.08 MM bis auf einen Saum) und in einem während der Geburt mit der
Zeugin Z14 geführten Telefonat bekundet hat, und was auch mit den
zeitlichen Abständen der von ihr in dem sichergestellten
Gedächtnisprotokoll notierten Wehenfolge um 16.15 Uhr im Abstand von
drei Minuten korrespondiert -, bedeutete dies, dass die Geburt mit dem
Ende der Eröffnungsperiode und dem Beginn der Austreibungsphase
spätestens in den nächsten 2 Stunden hätte beendet sein müssen, um die
Gefahr einer Sauerstoffmangelversorgung des Kindes zu verhindern. Die
Angeklagte ließ weitere 6 Stunden vergehen, die das ungeborene Kind
infolge einer Sauerstoffminderversorgung schließlich nicht überleben
sollte. Während in der Folgezeit die Wehen bereits sehr regelmäßig in
kurzen Abständen und sehr stark und schmerzhaft erfolgten, ging das
Austreiben des Kindes, anders als dies angesichts der Abstände und der
Wehenstärke sowie aufgrund des Geburtsstadiums hätte der Fall sein
müssen, nicht voran. Gegen 18 Uhr wurde Z1 angesichts der massiven
Anstrengung zunehmend kraftlos, ihr gelang lediglich ein Wechsel der
Seitenlage, während sie kaum noch aufstehen konnte. Sie begann zu
frösteln und musste mit Decken und einer Wärmflasche versorgt werden.
Ein Wechsel in den sog. Vierfüßlerstand, eine bei der Beckenendlage
günstige Geburtsposition, bei der die werdende Mutter mit aufgestützten
Händen kniet, gelang ihr angesichts der Kraftanstrengung und massiver
Schmerzen nicht mehr. Wie bereits dargelegt, erfolgten lediglich fünf
Messungen der Herzfrequenz des Feten während der gesamten sechs Stunden.
Selbst wenn einzelne Messungen einen normfrequenten Wert ergaben, konnte
sich die Angeklagte allein auf dieser Basis vor dem Hintergrund der
völlig unzureichenden Überwachung keinen aussagekräftigen Eindruck vom
Zustand des Ungeborenen verschaffen.
Auch im weiteren Verlauf erholte sich die Kindsmutter nicht, sondern war
infolge der andauernden Wehentätigkeit zunehmend erschöpft, was in eine
sekundäre Wehenschwäche mündete. Der Angeklagten gelang es auch in den
folgenden zwei Stunden nach 18 Uhr nicht, die Kindsmutter zu
mobilisieren und die Geburt voranzubringen. Ihr war bewusst, dass die
andauernde Wehentätigkeit einen erheblichen Stress für die Gebärende und
das Kind bedeutete, dass ein protrahierter Geburtsverlauf für eine
sekundäre Sectio bei einer Geburt aus Beckenendlage eine viel größere
Rolle spielt, als bei einer Geburt aus Schädellage, und dass die
kontinuierliche Überwachung des kindlichen Zustandes zwingend
erforderlich war. Aus grundsätzlichen Erwägungen, dass eine Geburt so
lange dauern dürfe, wie sie dauere, und ein natürlicher, nicht ständig
zu überwachender Vorgang sei, unterließ sie alles erforderliche, um sich
einen zutreffenden Eindruck vom Zustand des ungeborenen Kindes zu
machen.
Mittlerweile lag angesichts des Zeitablaufs ein deutlich protrahierter
Geburtsverlauf vor. Angesichts einer normalen Geburtsdauer einer
Erstgebärenden mit durchschnittlich 6 - 7 Stunden, wobei die maximale
Eröffnungsperiode mit 12 Stunden und die Austreibungsphase mit einer
halben bis einer Stunde definiert ist, da nach Überschreiten dieser
Grenzdauern das Azidoserisiko sowie die Sterblichkeit der Kinder
zunehmen, war dieser Zeitpunkt bereits deutlich überschritten. Bereits
mit vollständiger Eröffnung des Muttermunds um kurz nach 16 Uhr, mithin
nahezu 12 Stunden nach dem Fruchtblasensprung, war die Eröffnungsperiode
um kurz nach 18 Uhr seit 2 Stunden beendet, mithin hätte die
Austreibungsphase bis 17.45, spätestens um ca. 18.15 Uhr beendet sein
müssen. In dem Zeitraum nach dem Eintreffen der Angeklagten und im
weiteren Verlauf der Geburt im Rahmen der protrahierten
Austreibungsphase erlitt das Ungeborene durch eine - wiederholte -
Kompression der Nabelschnur und/oder eine prolongierte Beeinträchtigung
des Gasaustausches in der Plazenta eine ausgeprägte
Sauerstoffmangelversorgung, die zu einer akuten Asphyxie führte. Die
durch Sauerstoffmangel bedingte Übersäuerung des kindlichen Blutes
zeigte sich schließlich gegen 18.22 Uhr erneut, als es zum erneuten
Abgang von viel Mekonium kam, was die Angeklagte mit dem Eintrag "18.22
"Es kommt was", HT normfrequent, viel Mek" während der Geburt
dokumentierte. Nur kurze Zeit zuvor, um 17.50 Uhr, befand sich der Steiß
des Kindes nach der Eintragung der Angeklagten in ihrem bei der Geburt
mitgeführten Kalender noch in der Beckenmitte und nicht bereits im
Beckenausgang, was allein auf eine baldige Beendigung der Geburt hätte
hoffen lassen können.
Es ist auch naheliegend, dass die Herztöne des Kindes zu diesem
Zeitpunkt nicht normfrequent waren. Eine konkrete Dokumentation durch
die Angeklagte erfolgte bewusst nicht. Während sie in ihrem Kalender nur
allgemein die Herztöne zu diesem Zeitpunkt als normfrequent bezeichnete,
trug sie später zwei unterschiedliche Werte, nämlich 124 bpm bzw. 132
bpm, in die Geburtsprotokolle für denselben Zeitpunkt ein. In dem von
ihr bei der Geburt mitgeführten Kalender notierte sie lediglich um
16.08, 17.50, 18.22, 19.45 und 21.00 Uhr - weitere Messungen der
Herztöne nahm sie während der gesamten Geburt nicht vor - mit der
Eintragung "HT nf" die Herztöne als normfrequent, ohne auch nur einmal
einen konkreten Wert zu dokumentieren. Lediglich in einer später im
Ermittlungsverfahren für die Staatsanwaltschaft verfassten Version hat
die Angeklagte eine kontinuierliche Überprüfung der Herztätigkeit mit
konkreten Werten angegeben, die tatsächlich so nicht stattgefunden hat.
Soweit sie in ihrer Einlassung am Ende der Beweisaufnahme erklärt hat,
die Herztöne tatsächlich jede 1/4 Stunde kontrolliert zu haben, ist das
unwahr.
Spätestens ab ca. 18.30 Uhr war der Angeklagten angesichts des Zustands
der werdenden Mutter, des Zeitablaufs und des erneuten vorzeitigen
massiven Abgangs von Mekonium klar, dass die Geburt keinen regulären
Verlauf nahm und mindestens die Gesundheit des Ungeborenen in zunehmend
konkreter Gefahr war. Im Anschluss trat keine Besserung der Situation,
sondern im Gegenteil eine weitere Verschlechterung ein. Die Entkräftung
der Kindsmutter hatte inzwischen ein solches Maß erreicht, dass sie
anschließend über eine Stunde lang auf dem Bett lag, ohne sich rühren zu
können. Erst recht war nicht daran zu denken, dass sie bei der
Austreibung durch aktive Stellungswechsel hätte mitwirken können.
Gleichwohl entschloss sich die Angeklagte zwischen 18:30 Uhr und
spätestens 19:50 Uhr dazu, trotz der erkannten Gefahren für das Leben
des Kindes keinesfalls eine Verlegung in ein Krankenhaus zu veranlassen.
Dabei war der Angeklagten bewusst, dass sich neben den allgemeinen
Risiken einer Sauerstoffmangelversorgung des Neugeborenen bei einer
vaginalen Entbindung aus Beckenendlage, den konkreten weiteren
Risikofaktoren der aus ihrer Sicht rechnerischen Überschreitung des
Geburtstermins um 13 Tage, die eine verminderte Toleranz des Fetus
gegenüber dem Wehenstress bedingte und deshalb eine kontinuierliche
CTG-Überwachung erfordert hätte, weitere massive Risiken einer
Sauerstoffmangelversorgung des Kindes infolge des protrahierten
Geburtsverlaufs und bereits durch den zweimaligen Mekoniumabgang in den
Stadien der Geburt signalisiert, in denen ein solcher durch eine
mechanische Ursache nicht bedingt sein konnte, sondern bereits Ausdruck
einer Azidose war, vorlagen. Ihr war bewusst, dass die Chance, zu diesem
Zeitpunkt noch ein gesundes Kind zu entbinden, bereits kaum mehr zu
realisieren war und mit zunehmendem Zeitablauf auch die Hoffnung auf ein
Überleben des Kindes weiter sank. Wenn sie zu vorangegangenen
Zeitpunkten aus grundsätzlichen Überlegungen vor dem Hintergrund des von
ihr vertretenen Entbindungskonzepts der vaginalen Geburt als einzigem
physiologischen, selbstregulierenden Weg sowie ihres Selbstbildes und
der den Kindseltern gegenüber vertretenen Kompetenz, ihnen eine sichere
natürliche und zudem noch außerklinische Geburt bieten zu können, nicht
das Eingeständnis machen wollte, ihnen unbegründete Hoffnungen gemacht
zu haben, wobei sie anfänglich von einem glücklichen Ausgang der Geburt
ausging, von einer Verlegung abgesehen hatte, traten nunmehr weitere
Überlegungen hinzu. Zu keinem Zeitpunkt hatte sie eine unter ihrer
Leitung begonnene Hausgeburt in dem nahegelegenen katholischen
Krankenhaus in O8 beendet. Ihr war bewusst, dass niedergelassene
Gynäkologen in O8 und insbesondere Klinikärzte das von ihr verfolgte
Entbindungskonzept nicht guthießen und sie mit der in dem Hotelzimmer
fortgesetzten Beckenendlagenentbindung gegen sämtliche
geburtsrechtlichen und medizinischen Standards verstieß und sich die
typischen Risiken nicht nur realisiert, sondern potenziert hatten, sie
sich deshalb Vorwürfen ausgesetzt sehen musste, bereits viel zu lange
eine Verlegung abgewartet zu haben und damit das naheliegende konkrete
Risiko eines hypoxischen Hirnschadens in Kauf genommen zu haben. Sie
hatte auch Gedanken daran, welchen Schaden ein solcher Geburtsausgang
für ihre Reputation als Fachfrau für Beckenendlagegeburten in ganz
Deutschland haben würde, wobei Vertreter der klinischen Geburtshilfe aus
ihrer Sicht schon lange darauf warteten, dass ihr ein solcher
nachweisbarer Fehler unterlief, um Konsequenzen hieraus ziehen zu
können. Auch die Folgen, bei einem sauerstoffmangelbedingten Hirnschaden
des Kindes zivilrechtlichen Schadensersatzansprüchen ausgesetzt zu sein,
gingen ihr durch den Kopf. Demgegenüber war ihr bewusst, dass im Falle
eines tragischen Ausgangs die Kindseltern in der sie übermannenden
Trauer von einer außerhalb des Geburtsgeschehens liegenden Todesursache
zu überzeugen und an einer weiteren Aufklärung nicht interessiert bzw.
dazu psychisch nicht in der Lage sein würden und Aussicht bestand, eine
Todesbescheinigung von einem Notarzt zu erhalten - wie das bereits bei
der Geburt von L. Z2 der Fall gewesen war. Die Angeklagte hoffte zwar
nach wie vor auf eine baldige Beendigung der Geburt mit einem lebenden
gesunden Kind, wobei sie besondere Gründe, auf einen solch glücklichen
Ausgang zu vertrauen, nicht hatte. Ihr war klar, dass es - nicht nur
ganz fernliegend - zum Tode des Kindes aufgrund einer andauernden oder
erneuten Sauerstoffmangelversorgung bei Fortsetzung der Geburt in dem
Hotelzimmer kommen könne; sie wusste, dass sie gegenüber den Kindseltern
und dem Kinde aufgrund ihrer Gewährsübernahme verpflichtet war, die
Verlegung der Gebärenden in ein Krankenhaus, in dem die Rettung des
Lebens des Kindes am ehesten möglich war, zu veranlassen und ging bis
zum Telefonat mit der Zeugin Z14 auch davon aus, dass G. Z1s Leben im
Falle einer Verlegung zu retten gewesen wäre. In Anbetracht der bereits
eingetretenen Situation fand sie sich auch für den Fall eines tödlichen
Ausgangs des Geburtsgeschehens spätestens kurz vor 19.50 Uhr auch damit
ab.
Im Anschluss entschloss sich die Angeklagte dann dazu, Kontakt zu der
mit ihr befreundeten Hebamme, der Zeugin Z14, aufzunehmen, da sie nicht
mehr wusste, wie sie den Geburtsvorgang forcieren sollte.
Die Angeklagte versprach sich von einer Kontaktaufnahme zu der Kollegin
Z14 Hilfestellungen für den Versuch einer Mobilisierung der Kindsmutter
und ein Voranbringen des stagnierenden Geburtsgeschehens. Eine solche
Vorgehensweise war für sie unüblich, da sie in Überzeugung ihrer eigenen
Kompetenz Ratschläge von Kolleginnen grundsätzlich nicht für nötig
erachtete. Sie erkannte jedoch, dass sie in diesem Fall an ihre Grenzen
gekommen war, was sie jedoch gleichwohl an einem Festhalten an ihren
Prinzipien nicht hinderte. Soweit die Angeklagte in ihrer Einlassung am
50. Verhandlungstag erklärt hat, dieses sog. "Secondlook-Prinzip"
regelmäßig angewandt zu haben, ist dies unwahr.
In einem Telefonat, das sie entweder im Bad oder vom Hotelflur aus von
den Kindseltern unbemerkt führte, schilderte sie der Zeugin Z14, dass
sich die Zeugin Z1 in einem schlechten Zustand befände und nicht zu
mobilisieren sei, in Seitenlage auf dem Bett liege, der Muttermund
bereits seit ihrem Eintreffen am Nachmittag vollständig eröffnet, das
Kind aber noch hoch sei. Sehr auffällig sei für sie der massive
Mekoniumabgang. Sogar für die Zeugin Z14, selbst Verfechterin der
natürlichen Geburt, war diese Situation angesichts der fehlenden
Mobilität der Mutter bei der bekannten Kindslage, des Mekoniumabgangs,
des erheblichen Zeitablaufs, der protrahierten Austreibungsphase und des
stagnierenden Geburtsverlaufs ein Alarmsignal. Sie riet der Angeklagten
deshalb mit der Bemerkung, dass sich die Situation nicht gut anhören
würde, dringend zu einer Verlegung ins Krankenhaus und der dortigen
Verabreichung von Oxytocin, einem hormonellen wehenfördernden Mittel.
Die Angeklagte lehnte dies unbeeindruckt ab, weil sie sich wie dargelegt
spätestens kurz vor dem Telefonat gegen die Verlegung entschlossen
hatte. Stattdessen erklärte sie, dass es dem Kind aus ihrer Sicht gut
gehe, was angesichts des auch für sie besorgniserregenden
Mekoniumabgangs nicht zutraf, und dazu kein Grund bestehe. Die Zeugin
Z14, die realisierte, dass die Angeklagte zu einer Verlegung keine
Bereitschaft zeigte, gab ihr daraufhin den Rat, dass die Kindsmutter
abführen solle, um größtmöglichen Platz im Becken zu schaffen, sie sich
wegen der Schwerkraft für die Geburt in die aufrechte Position begeben
solle und für die Wehentätigkeit aktiv sein müsse und nicht passiv auf
der Seite liegen dürfe.
Die Angeklagte blieb trotz des Rats ihrer Kollegin bei ihrer
Entscheidung, die Gebärende nicht in ein Krankenhaus zu verlegen, und
das, obwohl sich an das Telefonat ein weiterer Zeitraum von mindestens
20 Minuten anschloss, in denen die Wehenpausen immer länger wurden und
es zu keinerlei Geburtsfortschritt kam. In ihrem Kalender notierte die
Angeklagte nach dem Telefonat für die Zeit um 20.30 Uhr "Toilette,
Kontr. (Kontraktionen) seltener, schmerzhaft, Pausen länger, kein
Geb.fortschritt, Pinkeln nicht möglich, Frau schlapp, insgesamt aber
besser erträgliche Situation". Die Angeklagte wartete sogar mehr als
zwei weitere Stunden ab, bis die Geburt schließlich zu Ende geführt
werden konnte. Nach diesen weiteren zwei Stunden kam für das Neugeborene
G. Z1 allerdings jede Hilfe zu spät.
Zu keinem Zeitpunkt während des gesamten Geburtsgeschehens sprach die
Angeklagte eine Verlegung in ein Krankenhaus an, geschweige denn legte
sie eine solche den Kindseltern nahe. Zu keinem Zeitpunkt klärte sie die
Zeugen Z1 über die Gefahren der langen Geburtsdauer für ihr Kind, die
Risiken eines protrahierten Verlaufs und fehlender
Überwachungsmöglichkeiten mangels CTG und weiterer
Untersuchungsmöglichkeiten, und die Bedeutung eines Mekoniumabgangs vor
der Endphase der Geburt, Umstände, die die grundsätzlichen Risiken der
vaginalen Beckenendlagenentbindung noch einmal steigerten, auf. Sie
deutete nicht einmal an, ob eine Verlegung in eine Klinik bedenkenswert
wäre, obwohl ihr der wiederholte Mekoniumabgang selbst Sorgen bereitete.
Angesichts des Verhaltens der Angeklagten drängte sich auch dem Zeugen
Z1, der während der gesamten Zeit versuchte, seiner Partnerin
beizustehen, ihr die schmerzhafte Situation in irgendeiner Form
erträglicher zu machen, sie mit Decken, Getränk und Massagen versorgte,
jederzeit zugegen war und sie unterstützte, nicht auf, dass eine
Verlegung in ein Krankenhaus dringend angezeigt war. Bis zum Schluss
vertrauten die Kindseltern darauf, bald ihr gesundes Kind in den Armen
zu halten. Dass sich die Angeklagte bereits vor 20.00 Uhr unter
Inkaufnahme eines tödlichen Ausgangs gegen die Verlegung entschlossen
hatte, ahnten sie nicht.
Die Angeklagte versuchte im Anschluss an das Telefonat, die alternativen
Ratschläge der Zeugin Z14 umzusetzen. Der Versuch, die Gebärende in der
liegenden Position zum Wasserlassen zu motivieren, gelang nicht.
Gemeinsam mit dem Zeugen Z1 brachte sie die Kindsmutter schließlich ins
Badezimmer zur Toilette. Auch hier war der Zeugin ein Wasserlassen
zunächst kaum möglich, was die Angeklagte im weiteren Verlauf auch zu
der Frage veranlasste, ob der Zeugin von ihrer Frauenärztin mitgeteilt
worden sei, wo ihre Plazenta liege. Die Frage der Angeklagten zielte
dabei offensichtlich auf das mögliche Vorliegen der sog. placenta
praevia, wobei es sich, wie dargelegt, um eine Lageanomalie der Plazenta
in der Gebärmutter handelt, die eine vaginale Geburt unmöglich macht.
Tatsächlich findet sich eine solche Vermutung im Mutterpass der Zeugin
Z1, die sich jedoch als unzutreffend herausgestellt hatte. Auch auf der
Toilette wurden die Abstände der Wehen weiter seltener und betrugen
schließlich 4 bis 5 Minuten. Einen Geburtsfortschritt gab es auch in dem
folgenden Zeitraum bis 21 Uhr nicht. Vielmehr befand sich der Steiß des
Kindes auch um 21.03 Uhr noch immer auf Beckenmitte.
Zwischenzeitlich ließ die Angeklagte die Eltern allein im Bad zurück,
während sie mit der Zeugin Z14 weitere Kurznachrichten austauschte. Auch
versuchte sie, der von der körperlichen Konstitution sehr schlanken
Kindsmutter, die mittlerweile weiter Kreislaufprobleme zeigte, sich kaum
noch selbst auf den Beinen halten konnte, Schwindelgefühle verspürte und
ihre Augen kaum mehr öffnen konnte, im Bad löffelweise Espresso
einzuflößen, um sie zu mobilisieren. Der Angeklagten war bewusst, dass
der Erschöpfungszustand und die sekundäre Wehenschwäche Folge des
protrahierten Geburtsverlaufs waren und die dadurch infolge der
Minderperfusion der Plazenta reduzierte Sauerstoffversorgung die weitere
Gefahr einer Übersäuerung des kindlichen Blutes bedeutete. Damit war es
angesichts des Umstands einer bereits über nahezu fünf Stunden dauernden
Austreibungsphase bereits länger zu einem definierten Geburtsstillstand
und damit einem weiteren der Angeklagten auch bewussten massiv
bedrohlichen Zustand gekommen. Der Erschöpfungszustand der Mutter, die
fehlende Wehentätigkeit und der mehrfache Abgang von Mekonium ließen
eine natürliche Beendigung der Geburt, wie dargelegt, bereits seit
längerer Zeit - zumindest in keinem Fall ohne eine ausreichende
Kontrolle des kindlichen Zustandes - nicht mehr zu und deuteten auf eine
erhebliche Sauerstoffunterversorgung des ungeborenen Kindes hin.
Spätestens zu diesem Zeitpunkt, letztlich bereits ab dem Zeitpunkt des
ersten Mekoniumabgangs bei Eintreffen der Angeklagten, bestand ohne die
Möglichkeit der Überprüfung der fetalen subpartalen Parameter für die
Angeklagte durch ein CTG und Fetalblutgasanalysen die absolute
Indikation für eine Beendigung der außerklinischen Geburt. Die
Wahrscheinlichkeit, dass das ungeborene Kind angesichts des vorliegenden
Geburtsstillstandes und des protrahierten Geburtsverlaufs bei einer
Fortsetzung der vaginalen Entbindung gesund geboren würde, lag zu diesem
Zeitpunkt nur noch bei ca. 10 %. Ein Festhalten an dem vaginalen
Geburtsmodus wäre nur unter Anwendung eines CTG und einer
Fetalblutgasanalyse bei ausreichend guten Werten des Kindes möglich
gewesen, was im außerklinischen Bereich nicht durchzuführen ist und bei
einer Überwachung praktisch auszuschließen gewesen wäre. Bei einer
klinischen Geburt hätten die ermittelten Werte längst den bedrohlichen
Zustand des Kindes gezeigt, der zu einer Beendigung der Geburt durch
eine sekundäre Sectio caesarea geführt hätte. Tatsächlich erlitt G. Z1
während des Geburtsgeschehens frühestens ab 16.00 Uhr und sicher auch
wiederholt in den folgenden Stunden um 18.22 Uhr und zum Zeitpunkt des
Geburtsstillstandes gegen 20.30 Uhr eine intrauterine Hypoxie, die mit
fortschreitendem Zeitablauf ein gesundes und infolge des lange Zuwartens
der Angeklagten am Ende sogar ihr grundsätzliches Überleben unmöglich
machte.
Die Angeklagte war gleichwohl aus der oben dargelegten Motivation vor
dem Hintergrund sachfremder Erwägungen nach wie vor entschlossen, die
Geburt auf natürlichem Wege zu beenden. Dabei ließ sie nach dem
Telefonat mit der Zeugin Z14 noch weitere zwei Stunden vergehen, wobei
ihr zum Schluss, nach dem Versagen ihres batteriebetriebenen Doptons,
nicht einmal mehr eine sichere Kontrolle der Herztöne des Kindes möglich
war.
Auf weitere Nachfragen der Eltern, ob alles in Ordnung sei, versicherte
sie ihnen gegenüber vielmehr immer wieder, dass alles normal verlaufe
und sie sich keine Sorgen machen müssten. Die Angeklagte blieb bis
zuletzt dabei, den Kindseltern keinerlei Mitteilung von den drohenden
Gefahren zu machen. Sie sprach auch auf keinen Fall eine Verlegung in
ein Krankenhaus oder die Möglichkeit eines Wehentropfes an. Ihre am Ende
des Verfahrens diesbezüglich erklärte Einlassung ist auch insoweit
unwahr.
In den auf das Telefonat mit der Zeugin Z14 folgenden zwei Stunden
tauschte die Angeklagte noch mehrfach Kurznachrichten mit der Zeugin Z14
aus. Um 20.30 Uhr sandte sie ihr eine SMS unter anderem des Inhalts,
dass die Kontraktionen alle 4 Minuten nur schmerzhaft seien, die
Gebärende reichlich schlapp und die Pausen lang seien. Auf die
anschließende Antwort der Zeugin Z14, dass sie nichts pathologisches
entdecke und die Frau wach werden solle, dann werde es bestimmt besser,
und die Frage, wann der Blasensprung stattgefunden habe, was die Zeugin
Z14 mit den Buchstaben "bs" abkürzte, erhielt sie von der Angeklagten
mit SMS die Antwort: "ca 4 Uhr". Mit einer weiteren SMS um 21.03 Uhr
teilte die Angeklagte sodann weiter mit, dass der Steiß in Höhe der
Beckenmitte - was sie mit BM abkürzte - war, und die Gebärende sich
immer noch auf der Toilette befand. Etwa eine halbe Stunde später
beschrieb die Angeklagte der Zeugin Z14, dass die Zeugin Z1 jetzt in
jeder Wehe halb aufstehe, wobei sie von ihrem Partner gehalten werde,
sie das Becken kreise und Espresso bekomme, was die Zeugin Z14 dahin
kommentierte, dass sich das "gut anhören" würde. In der nächsten
Viertelstunde schrieb die Angeklagte die letzten zwei SMS, wobei sie um
21.35 Uhr mitteilte, dass die Gebärende lebendiger würde und die Scheide
sich zu öffnen beginne, während sie um 21.45 Uhr Mitteilung von der
Position des Vierfüßlerstands machte.
Nachdem ein längerer Zeitraum auf der Toilette verbracht worden war, und
die Kindsmutter schließlich von ihrem Partner im Stand gehalten,
versuchte, bei den Wehen mitzuschieben, was langsam den kindlichen Steiß
tiefer Richtung Beckenausgang brachte, verbrachte die Angeklagte die
Zeugin Z1 sodann wieder zurück in das Hotelzimmer, wo erneut ein Wechsel
in den Vierfüßlerstand unternommen wurde. Mittlerweile war es ca. 21.45
Uhr, als die Zeugin Z1 unter Aufbietung ihrer letzten Kräfte versuchte,
das Kind mit jeder Presswehe herauszuschieben.
Der eigentliche Austritt des Körpers sollte noch eine halbe Stunde in
Anspruch nehmen. Angesichts des massiven im Laufe der letzten Stunden
der Geburt durch eine Kompression der Nabelschnur und die in der
Austreibungsphase durch die Retraktion des Gebärmutterkörpers erfolgte
Verminderung und passagere Aufhebung der uterinen Durchblutung
erlittenen Sauerstoffmangels sollte sie die Geburt jedoch nicht
überleben. Mittlerweile, etwa gegen 21.45 Uhr, hatte das
batteriebetriebene Gerät zur Herzfrequenzmessung der Angeklagten seine
Funktion aufgegeben, da die Batterien leer waren. Nachdem das Gerät nur
noch ein Quietschen von sich gab, musste die Angeklagte dazu übergehen,
die Herztöne des Kindes mit einem Hörrohr zu überprüfen, was ihr nicht
mehr gelang. Mittlerweile waren auch die Kindseltern in großer Sorge.
Das besorgte Gesicht der Angeklagten nach dem Ausfall ihres Messgerätes
zur Überprüfung der Herztöne des Kindes und ihre Äußerung zum Schluss,
die Herztöne nicht mehr sicher zu finden, löste in ihnen einen
unbestimmte Angst aus. In einem Moment kurz vor dem Austreten ihres
Kindes aus dem Mutterleib - und nicht, wie von der Angeklagte später im
Laufe der Hauptverhandlung behauptet, bereits bei ihrem Eintreffen am
Nachmittag - sahen sich beide an und verspürten eine unbestimmte Ahnung,
dass ihrem Kind etwas zugestoßen war.
Wohl um 22.12 Uhr kam es zum Durchtritt des Steißes, woraufhin die
Angeklagte mit der Manualhilfe nach Bracht - einer bei der Beckenendlage
angewandten Geburtstechnik, bei der der Steiß mit beiden Händen umfasst
und nach oben geführt wird - das Kind entwickelte. Die im Anschluss
erfolgte Entwicklung zunächst einzeln der Beine und im Anschluss der
Arme gelang nicht ohne Probleme. Da der Bracht-Handgriff nicht ohne
Schwierigkeiten zur Entwicklung des Kindes führte, musste die Angeklagte
sodann mit einem weiteren speziellen Handgriff - dem
Veit-Smellie-Handgriff - den Kopf des Kindes entwickeln, wobei ein
Finger in den Mund des Kindes gesteckt wird, um so eine maximale Flexion
des Kindes zu erreichen.
Um 22.14 Uhr kam G. Z1 sterbend zur Welt. Sie wies ein eutrophes
Geburtsgewicht von 3.210 g, eine Länge von 49,5 cm und einen Kopfumfang
von 36,5 cm auf. Der reife, gesunde und ursprünglich uneingeschränkt
lebensfähige Säugling G. Z1 verstarb infolge des unter der Geburt in der
Anwesenheit der Angeklagten erlittenen massiven Sauerstoffmangels. Das
Gehirn hatte massive sauerstoffmangelbedingte Schäden erlitten, die bei
einer erfolgreichen Reanimation ein geistig und körperlich
schwerstbehindertes Kind zur Folge gehabt hätten.
Wäre die Zeugin Z1 bis 18.00 Uhr in ein Krankenhaus eingewiesen worden,
hätte G. Z1 durch einen Kaiserschnitt lebend und gesund auf die Welt
geholt werden können. Selbst bei einer späteren Einweisung, einer
Betätigung des Notrufs im Anschluss an das vor 20.00 Uhr beendete
Telefonat der Angeklagten mit der Zeugin Z14 und sogar noch bis 20.30
Uhr und der dann möglichen Durchführung eines Kaiserschnitts bis 21.00
Uhr wäre das Kind noch lebend geboren worden, wenn auch mit
irreversiblen sauerstoffmangelbedingten Hirnschäden. Eine andere
Todesursache als eine Hypoxie unter der von der Angeklagten begleiteten
Geburt, wie etwa eine Organschädigung, eine Intoxikation oder eine
Infektion des Kindes, ist zweifelsfrei auszuschließen. Es wäre auch zu
jedem Zeitpunkt organisatorisch eine Verlegung der Zeugin Z1 in das
nahegelegene K.hospital und die dortige Durchführung eines
Notkaiserschnitts möglich gewesen.
Insbesondere sämtliche von der Angeklagten im Rahmen des Verfahrens
geltend gemachten Ursachen, die von variierenden Organschädigungen und
einer Erbkrankheit über Infektionen, einen intrauterinen Hirntod des
Kindes längere Zeit vor der Geburt, eine Vergiftung des Ungeborenen
durch Teekonsum der Mutter bis hin zu einer fehlerhaften Reanimation des
Notarztes reichten - worauf im einzelnen im Rahmen der Beweiswürdigung
einzugehen ist - sind sicher auszuschließen.
Die Angeklagte, die die infolge des erlittenen Sauerstoffmangels
eingetretene Schädigung des Kindes unmittelbar realisierte, war nicht
überrascht. Ihr war bewusst, dass der vorhersehbare schlimmste Fall
einer Asphyxie eingetreten war und G. Z1 schwerste Hirnschäden erlitten
haben musste. Die Angeklagte begann unmittelbar mit
Reanimationsbemühungen in Form von Mundzu-Mund-Beatmung und
Herzdruckmassage, wobei ihr klar war, dass das sterbende Kind nicht und
wenn überhaupt, nur schwerstbehindert zurückzuholen war. Die Angeklagte
verfügt auch über besondere Kenntnisse im Hinblick auf die Reanimation
von Neugeborenen, über die sie noch während des laufenden Verfahrens auf
Fortbildungsveranstaltungen für Hebammen Vorträge hielt. Um den
Kindseltern gegenüber ihre Bemühungen zu signalisieren, alles für ein
Überleben ihres Kindes zu tun, führte sie die Wiederbelebungsmaßnahmen
über mehrere Minuten durch, ließ jedoch nicht unmittelbar einen Notarzt
hinzurufen, wenngleich sie erkannte, dass sie allein das Kind nicht
reanimieren konnte. Sie unternahm auch keine Versuche, den Rachenraum
des Kindes abzusaugen. Nachdem sie selbst es einige Minuten erfolglos
versucht hatte, forderte die Angeklagte den verzweifelten Vater mit den
Worten, dass er es versuchen solle und sein Kind vielleicht
wiederbekomme, auf, seine kleine Tochter zu beatmen. Der völlig
überforderte Zeuge Z1, der keinerlei Erfahrungen mit der Beatmung eines
Neugeborenen hatte, unternahm gleichwohl vorsichtige Beatmungsversuche.
Der von der Angeklagten erhobene Apgar-Befund betrug nach einer und nach
fünf Minuten 0. Erst nach weitere eigenen Reanimationsbemühungen
forderte die Angeklagte den Zeugen Z1 erst ca. 10 Minuten nach der
Geburt des Kindes auf, den Notarzt zu informieren, während sie selbst
die Reanimation weiter übernahm. Soweit sie in ihrer späteren Einlassung
die Anforderung eines Babynotarztes behauptet hat, ist dies unwahr; eine
solche Mitteilung an den Kindsvater ist nicht erfolgt.
Die Angeklagte ließ den Notarzt erst mit der erheblichen zeitlichen
Verzögerung informieren, da ihr die Folgen eines derart massiven
Sauerstoffmangels mindestens durch die Geburt von A. Z3 vor Augen
geführt worden waren. Dass sie auch durch die Geburt ihres eigenen
behinderten Kindes und die Erfahrungen mit ihrem Bruder beeinflusst war,
liegt nahe. Jedenfalls äußerte die Angeklagte zu einem späteren
Zeitpunkt den Kindseltern gegenüber, den Notarzt bewusst erst später
informiert zu haben, da sie ihnen ein Leben ihres behinderten Kindes,
das "nur wie eine Pflanze vor sich hinvegetiere", habe ersparen wollen.
Die Angeklagte ging davon aus, dass der Notarzt entweder weitere
Reanimationsbemühungen nicht unternehmen würde oder solche jedenfalls
nach der Zeit nicht mehr erfolgreich sein würden. Infolge der durch die
Angeklagte verspätet initiierten Alarmierung traf der Notarzt erst 16
Minuten nach der Geburt G. Z1s ein, anderenfalls wäre er bereits nach 6
Minuten vor Ort gewesen. Die Intention der Angeklagten bestand lediglich
darin, die Ausstellung einer Todesbescheinigung über eine natürliche
Todesursache zu erlangen, wie es auch in Bezug auf das nur drei Monate
zurückliegende Geburtsgeschehen des Kindes L. Z2 erfolgt war. Sie ging
davon aus, dass sie aufgrund ihrer Teilnahme an der Geburt nicht
berechtigt war, eine solche Bescheinigung selbst auszustellen. Sie
hoffte auf die Unerfahrenheit des diensthabenden Notarztes in bezug auf
neonatologische Fragen und ging davon aus, dass Nachfragen seitens des
Notarztes, wie auch zuvor seitens der Zeugin Z18, nicht erfolgen würden.
Etwa um 22.24 Uhr ging die Alarmierung des Notarztes mit dem
Einsatzstichwort "Kinderreanimation" ohne weitere Details ein. Der
diensthabende Notarzt Z26, Anästhesist im Evangelischen Krankenhaus in
O8, traf nur wenige Minuten später um 22.30 Uhr am Hotel ein. Auf seine
unmittelbar im Anschluss an seine Ankunft im Hotel erfolgte Anforderung
des Babynotarztes wurde ihm erst einmal mitgeteilt, dass der Babynotarzt
nicht unmittelbar zur Verfügung stand. Der Zeuge Z26 fand die Angeklagte
bei noch durchgeführter Mundzu-Mund-Beatmung an dem auf dem Hotelbett
liegenden Säugling vor. Die Zeugin Z1 saß nur mit einem T-Shirt
bekleidet verzweifelt und völlig entkräftet in einer Blutlache auf dem
Fußboden. Die Angeklagte machte dem Zeugen Z26 sofort unmissverständlich
klar, zu welchem Zweck sie ihn hatte rufen lassen. Sie empfing ihn mit
der Angabe, dass der Apgar 0 sei und das Kind bei der Geburt keine
Lebenszeichen gezeigt habe, wobei sie unmittelbar die Bemerkung anfügte:
"Herr Kollege, ich glaube, Sie können bestätigen, dass das Kind tot
ist!". Von weiteren Umständen, insbesondere, dass es sich um einen über
18 Stunden dauernden Geburtsvorgang aus Beckenendlage handelte,
informierte sie den Arzt zunächst nicht. Soweit die Angeklagte in ihrer
späteren Einlassung erklärt hat, sie habe aus Verzweiflung einen
"ärztlichen Kollegen als Unterstützung, Zeugen und zur Einleitung einer
Untersuchung" dabei haben wollen, ist dies ebenfalls unwahr.
Der Zeuge Z26, der selbst fünf Jahre in einer geburtshilflichen
Abteilung eines Krankenhauses mit der Betreuung von Neugeborenen betraut
war und auch Reanimationen von Neugeborenen durchgeführt hatte,
reagierte jedoch anders, als die Angeklagte es gehofft hatte und es
ihrer Erfahrung mindestens in einem Fall, möglicherweise auch in
weiteren Fällen, entsprach. Er unternahm zunächst eigene, insgesamt lege
artis durchgeführte Reanimationsmaßnahmen.
Gemeinsam mit dem Zeugen Z27, dem Rettungsassistenten, begann der Zeuge
Z26 zunächst nach einer kurzen Kindsuntersuchung mit der Durchführung
von Herzdruckmassage und einer Beutelbeatmung mit Druckreservoir.
Optisch lag nach seiner Einschätzung ein prolongierter
Kreislaufstillstand vor. G. Z1 war zum Zeitpunkt der ersten Untersuchung
tief zyanotisch, die Haut marmoriert, sie war schlaff, die Pupillen weit
und soweit beurteilbar entrundet, ein Puls war weder an der Aorta
carotis noch an der Aorta brachialis tastbar, auch war ein Pulsieren der
Nabelarterie nicht festzustellen. Parallel erhob der Notarzt die
Anamnese, wobei er von der Angeklagten Mitteilung davon erhielt, dass
die Kindseltern aus Lettland zu der in der Praxis geplanten vaginalen
Entbindung einer bekannten Beckenendlage angereist seien, die Mutter
Erstgebärende und ca. 15 Tage über dem errechneten Termin sei. Der Zeuge
Z26 erhielt im weiteren auf seine Nachfragen von der Angeklagten die
ergänzenden Informationen, dass die Kindseltern eine Hausgeburt geplant
hätten, da alle geburtshilflichen Abteilungen der Krankenhäuser im Falle
einer Steißlage eine Sectio-Indikation stellen würden. Sie gab an, zu
der Familie, die vor ca. vier Wochen aus Lettland angereist sei, auch
private Kontakte zu unterhalten und über 30 Jahre Erfahrung in der
Entbindung von Beckenendlagen zu verfügen. Die Angeklagte teilte weiter
mit, dass die Geburt dann überraschend im Hotel begonnen habe, die
Geburt einfach und nur die Entwicklung der Arme erschwert gewesen sei.
Angaben zur Dauer des Geburtsverlaufs und der Dauer einer möglichen
Nabelschnurkompression machte die Angeklagte nicht. Sie gab weiter an,
dass die Entwicklung des Kindes deutlich vor dem Eintreffen des
Notarztes gelegen und sie seitdem Wiederbelebungsmaßnahmen durchgeführt
habe.
Parallel zur Erhebung der Anamnese führte der Zeuge Z26 eine suffiziente
Maskenbeatmung der kleinen G. Z1 durch, die - entgegen der späteren
Darstellung der Angeklagten, eine Beatmung des Kindes sei infolge eines
Lungenschadens gar nicht möglich gewesen - problemlos durchzuführen war,
wobei sich der Brustkorb deutlich hob und senkte. Nachdem die Beatmung
jedoch keine Kreislaufreaktion des Kindes auslöste, unternahm der Zeuge
einen Intubationsversuch. Bei der Inspizierung des Rachenraums mittels
eines Laryngoskops - eines Hilfsmittels zur endotrachealen Intubation -
stellte der Notarzt fest, dass der gesamte Rachenraum mit einem zähen
dunklen Sekret - nach seiner Einschätzung handelte es sich dabei
naheliegend um Mekonium - verlegt war, wobei die Epiglottis - der
Kehldeckel - zwar darstellbar, ein ausreichender Blick auf die
Stimmritze jedoch nicht möglich war. Es spricht alles dafür, dass es
sich auch tatsächlich um Mekonium handelte, sicher festzustellen war
dies nicht, eine Aspiration von Mekonium hatte jedenfalls nicht
stattgefunden, was aber nicht dagegen spricht. Auch nach mehrfach
durchgeführten Absaugversuchen mit einer Pumpe mit Absaugkatheter bis
tief in die Atemwege änderte sich dies nicht. Da eine Intubation ohne
die ausreichende Sicht zu gefährlich im Hinblick auf eine Schädigung des
Kindes war, wurde erneut die Maskenbeatmung mit symmetrischer
Thoraxexkursion fortgesetzt. Sämtliche Maßnahmen führten nicht zu einer
Veränderung des Hautkolorits; G. Z1 zeigte keinerlei Lebenszeichen.
Parallel zu der medizinischen Versorgung der kleinen G. Z1 versuchte der
Zeuge Z26, G. Z1s Eltern die Tragweite der Maßnahmen und die Dramatik
und Komplexität der Gesamtsituation zu vermitteln. Gegenüber dem Zeugen
Z1 erklärte der Arzt, ob ihm bewusst sei, dass das EKG ein "sterbendes
Herz" zeigen würde. Für den Zeugen Z26 war klar, dass nur noch eine
reine elektrische Restaktivität des Herzmuskels, der nicht pumpte,
vorlag. Nachdem das EKG nach wie vor einen bradycarden Rhythmus mit
verbreiterten QRS-Komplexen aufwies - ein Kurvenbestandteil des EKG, der
die Erregungsausbreitung im Ventrikelmyokard des Herzens von seiner
Basis zur Spitze bis hin ins Ventrikelseptum zeigt -, weniger als 50
Aktionen pro Minute zeigte, ein Puls nicht tastbar war und auch die
Angeklagte die Prognose wiederholt als infaust einschätzte, wurden die
Reanimationsmaßnahmen um ca. 22.40 Uhr abgebrochen. Längere
Reanimationsbemühungen waren weder erforderlich noch erfolgversprechend.
Der Zeuge Z26 weigerte sich, den von der Angeklagten gewünschten
Totenschein unter Bescheinigung einer natürlichen Todesursache
auszustellen; vielmehr unterbreitete er der völlig konsternierten
Angeklagten, angesichts der Gesamtumstände - der aus seiner Sicht
verantwortungslosen Entbindung einer Beckenendlage in einem Hotelzimmer
und der sich ihm aufdrängenden Diagnose eines Sauerstoffmangels unter
der Geburt - aufgrund einer unklaren Todesursache die Polizei
hinzuziehen zu wollen.
Diese Reaktion des Zeugen Z26 stieß auf vehementen Widerspruch der
Angeklagten, die nunmehr erhebliche Konsequenzen für sich befürchtete.
Energisch erklärte sie, dass dies aus ihrer Sicht nicht nötig sei, da
das Kind nicht umgebracht worden, sondern tot zur Welt gekommen sei. Sie
habe den Notarzt lediglich hinzugezogen, obwohl sie selbst nicht nur
Hebamme, sondern auch approbierte Ärztin sei, da sie den Totenschein
nicht selbst ausstellen könne. Unbeeindruckt von dem entrüsteten
Auftreten der Angeklagten ließ sich der Zeuge Z26 von seinem Vorhaben
nicht abbringen.
Gegen 22.53 Uhr traf schließlich noch der um 22.31 Uhr nachgeforderte
Kinder/Baby-Notarzt der Städtischen Klinik O36, der Zeuge Dr. Z28, am
Hotel ein. Nachdem er von seinem Kollegen die Informationen des
Geburtszeitpunktes und der erfolgten Reanimationsmaßnahmen seitens der
Angeklagten und des Zeugen Z26 erhalten hatte, war ihm klar, dass eigene
Wiederbelebungsmaßnahmen keinen Erfolg mehr versprachen, weshalb er
davon absah und seinen Einsatz nach einem Blick auf das Kind beendete.
Um 23.04 Uhr schrieb die Angeklagte schließlich erneut eine SMS
folgenden Inhalts an die Zeugin Z14:
"Kind schwere Entwicklung, 22.14 h, sofort reanimiert, Apgar 0, nach 15
min Babynotarzt, jetzt ist die Polizei da."
Gegen 23 Uhr trafen die ersten Beamten, die Zeugen PK Z29 und PK Z30 am
Hotel ein, die die Kindseltern mit dem toten Säugling im Bett liegend
vorfanden. In Anbetracht der angeforderten Kriminalbeamten unterließen
sie aus Pietätsgründen eine Erstbefragung. Vor dem Hotelzimmer ließen
sie sich sodann von der Angeklagten und dem Zeugen Z26 den Sachverhalt
schildern. Die Angeklagte berichtete dabei in einem für die Zeugen
auffällig ruhigen, sachlichen und emotional unbeteiligten Tonfall von
der geplanten "Praxisgeburt" der aus dem Ausland angereisten Eltern. Im
Beisein der Beamten, etwa eine halbe Stunde nach Einstellung der
Reanimationsmaßnahmen, untersuchte der Notarzt G. Z1 erneut, um die
sicheren Todeszeichen festzustellen. Im Badezimmer dokumentierte er
Totenflecke sowie die bereits beginnende Totenstarre. Hier wurden auch
Lichtbilder von G. Z1 angefertigt. Schließlich nahm die Angeklagte noch
die Vermessung des Säuglings vor, der im Anschluss der im Bett liegenden
Zeugin Z1 wieder übergeben wurde.
Zu diesem Zeitpunkt waren auch die Beamten der K-Wache, die Zeugen KOK
Z31, KAin Z32 und KOK Z33 am Einsatzort eingetroffen. Aufgrund der
erhaltenen Mitteilung einer unklaren Todesursache ermittelten die
Beamten wie in derartigen Fällen üblich im Rahmen eines ergebnisoffenen
Todesermittlungsverfahrens, indem eine Befragung der Anwesenden
durchgeführt wurde. Der Zeuge Z26 teilte die ihm bekannten Umstände und
seine Bemühungen mit und brachte dabei seine Einschätzung zum Ausdruck,
dass das Kind bei einer Entbindung im Krankenhaus mittels Kaiserschnitt
hätte lebend zur Welt kommen können. Im Anschluss nahm der Zeuge KOK Z33
eine Befragung der Angeklagten vor, die angab, Ärztin und Hebamme zu
sein, die Kindseltern bereits längere Zeit zu kennen und die
Schwangerschaft seit Ende Mai begleitet zu haben. Sie gab weiter an,
dass es in Deutschland lediglich vier oder fünf Spezialisten gebe, die
eine Geburt aus Beckenendlage als Hausgeburt durchführen würden;
schulmedizinisch würde in einem derartigen Fall immer ein Kaiserschnitt
empfohlen, was aber nicht nötig sei. Es gäbe auch genügend Frauen, die
sich den Bauch nicht aufschneiden lassen und ein Kind auf natürliche Art
und Weise zur Welt bringen wollten.
Hinsichtlich des Geburtsverlaufs gab die Angeklagte wahrheitswidrig an,
sich bereits nach dem ersten Anruf der Kindsmutter am frühen Morgen
gegen 05.00 Uhr sowie ein weiteres Mal im Verlauf des Tages vor 16.00
Uhr in das Hotel begeben zu haben. Unzutreffend schilderte sie weitere
mehrere Telefonate mit den Kindseltern im Lauf des Tages. Die Angeklagte
gab an, dass bei ihrem Eintreffen gegen 16.00 Uhr die Geburt bereits
relativ weit gewesen sei, das Kind gelebt habe und es ihm gut gegangen
sei, während es gegen 21.00 Uhr zu einem Geburtsstillstand gekommen sei,
gegen 21.45 Uhr habe die Mutter sich vor das Bett gekniet und es sei
langsam zur Geburt gekommen. 10 Minuten vor der Geburt des Kindes um
22.14 Uhr seien die von ihr überprüften Herztöne des Kindes etwas
langsam gewesen, weshalb sie die Geburt nunmehr beschleunigt habe. Die
Angeklagte benannte die von ihr daraufhin angewandten Geburtshandgriffe
und erklärte weiter, dass während der gesamten Geburt mit Ausnahme der
letzten 10 Minuten keinerlei Anhaltspunkte vorgelegen hätten, die auf
Schwierigkeiten hingewiesen hätten; wobei es auch in einem Krankenhaus
10 Minuten dauere, bis die Frau für die Operation vorbereitet sei. Die
Angeklagte gab an, es habe sich um eine Totgeburt gehandelt, das Kind
sei leblos, ohne feststellbaren Herzschlag und Atmung, mit blasser
Hautfarbe und bewegungslos zur Welt gekommen. Sie habe zwar mit der
Reanimation begonnen und den Notarzt informiert; an sich aber keine
Hoffnung gehabt, dass das Kind reanimiert werden könnte und nur eine
zweite Meinung des Notarztes haben wollen. Die Angeklagte brachte
abschließend im Rahmen der Befragung auch ihre Überraschung in Bezug auf
die Benachrichtigung der Polizei zum Ausdruck, wobei sie erklärte, dass
es sich nach ihrer Meinung "um einen normalen Fall einer Totgeburt"
handeln würde, in einem solchen Fall noch nie die Polizei informiert
worden sei und im Krankenhaus durch den Gynäkologen ein natürlicher Tod
bescheinigt worden wäre.
Der Zeuge KOK Z33 befragte im Anschluss nur kurz die Kindseltern, die
deutlich traumatisiert unter dem Eindruck des Geschehens standen. Sie
schilderten ihre Kontaktaufnahme zu der ihnen als Spezialistin für
Steißlagen bekannt gewordenen Angeklagten vor dem Hintergrund ihres
Wunsches nach einer natürlichen außerklinischen Geburt. Die Zeugin Z1
berichtete ebenfalls von dem Geburtsbeginn am frühen Morgen des 30.06.
Wie den Eltern vor dem Erscheinen der Polizei von der Angeklagten
aufgegeben worden war, bestätigten auch sie wahrheitswidrig deren
Schilderung, dass es sowohl mehrere Telefonate an dem Tag gegeben habe,
als auch, dass die Angeklagte sie bereits vor 16.00 Uhr an dem Tag
zweimal in dem Hotel aufgesucht habe. Zu diesem Zeitpunkt und auch noch
in den folgenden Tagen standen die Kindseltern noch massiv unter dem
Eindruck des Geburtsgeschehens, des Schocks und der Trauer über den Tod
ihres Kindes und der von der Angeklagten vermittelten Überzeugung von
ihrer Kompetenz, dass sie andere Gedanken zunächst gar nicht an sich
heranließen. Sie wollten nicht daran glauben, dass der Tod ihres Kindes
auf einem Versäumnis und Fehlern der Angeklagten beruhe, und ließen sich
zunächst auch von ihr dahin beeinflussen, anzunehmen, dass ihr Kind
infolge einer Erkrankung nicht lebensfähig gewesen war. Vor diesem
Hintergrund gaben sie im Rahmen ihrer ersten Befragung auch
übereinstimmend an, sich trotz der "Totgeburt" weiter gut bei der
Angeklagten aufgehoben zu fühlen und keine Versäumnisse ihrerseits zu
erkennen. Weiter hatte die Angeklagte den Kindseltern bei dem Eintreffen
der Polizeibeamten zugeflüstert, dass sie angeben sollten, die
Angeklagte schon seit 3 Jahren persönlich zu kennen.
In Anbetracht der von ihnen medizinisch nicht einzuschätzenden Situation
und der nicht unmittelbar zu beurteilenden Frage, ob es sich um den Fall
einer Totgeburt oder geburtshilfliche Versäumnisse handelte, wurde das
Verfahren von den Polizeibeamten als Todesermittlungsverfahren ohne
konkreten Beschuldigten geführt.
Auf die Bitte der Kriminalpolizei stellte der Zeuge Z26 zur
Vereinfachung des Leichentransports sodann eine Todesbescheinigung aus,
in der er eine unklare Todesart dokumentierte. Noch in der Nacht im
Anschluss an den Einsatz fertigte der Zeuge Z26 ein ausführliches,
Einzelheiten enthaltendes Gedächtnisprotokoll.
Die Angeklagte verblieb noch einige Zeit bei den Eltern im Hotel. Ihr
war bewusst, dass ihr angesichts des Verhaltens des Notarztes
Konsequenzen drohten, was sie beunruhigte. Sie versuchte, die
Kindseltern davon zu überzeugen, dass G. Z1 krank gewesen sein müsse, da
die Geburt völlig normal verlaufen sei. Unzutreffend erklärte sie, dass
G. Z1s Lunge sich nicht geöffnet habe und nicht zu beatmen gewesen sei
und sie deshalb davon ausgehe, dass die Lunge krank gewesen sei. Auch
äußerte sie ihr Bedauern darüber, überhaupt einen Notarzt gerufen zu
haben, der die Situation aus ihrer Sicht völlig falsch eingeschätzt,
sich unmenschlich benommen habe und man ihr nur etwas anhängen wolle.
Mitgefühl mit den verzweifelten traumatisierten Eltern ließ sie nicht
erkennen. Vielmehr verstieg sie sich in der Situation noch zu der
vorwurfsvollen Äußerung, dass die Zeugin Z1 bei der Geburt auch nicht
richtig mitgearbeitet habe.
Nachtatverhalten
Am Mittag des darauffolgenden Tages erfolgte auf Anordnung der
Staatsanwaltschaft die Durchsuchung der Wohn- und Praxisräume der
Angeklagten, um Behandlungsunterlagen sicherzustellen. Die Angeklagte
informierte einen befreundeten Rechtsanwalt, den Zeugen Z34, dessen
Eintreffen abgewartet wurde. Sie händigte sodann die einzigen zur
Verfügung stehenden Unterlagen, eine Karteikarte und einen Kalender, von
dem auszugsweise eine Kopie angefertigt wurde, aus. Die Angeklagte
erklärte gegenüber den Beamten, u.a. dem Zeugen KHK Z35, dass sie
Notizen am gestrigen Tag ausschließlich in ihrem Kalender vorgenommen
habe und eine schriftliche Fixierung der Geschehnisse vom Vortag noch
vornehmen wolle. Sie äußerte weiter, dass ihres Erachtens in einem
Krankenhaus ein natürlicher Tod bescheinigt worden wäre, und sie den
Fehler gemacht habe, den Notarzt hinzuzurufen, anstatt die
Todesbescheinigung selbst auszustellen.
Die von der Angeklagten übergebene Karteikarte enthielt neben den
Personalien der Zeugin Z1 und des Kindsvaters lediglich die
handschriftlichen Eintragungen; "2008 E.T. (US) 18.-22.6. sowie unter
der Rubrik Schwangerschaft, in der Eintragung Beratung "29.5." und CTG
"25.6. durchschnittl. HF 124 - 145". Mit Bleistift hatte sie in einer
Ecke der Karteikarte den Eintrag "2005 über ..." vorgenommen;
offensichtlich im Anschluss an die Geburt, um die längere behauptete
Bekanntschaft zu dokumentieren. In dem Kalender hatte die Angeklagte
unter dem Datum des 30.06. lediglich fragmentarische Eintragungen zum
Geburtsverlauf gemacht. Während in einer mit Uhrzeiten von 7 bis 21
versehenen Tabelle lediglich die Eintragung erfolgte: 5.00, wobei die
zuvor notierte Uhrzeit von 4.00 Uhr überschrieben wurde, ...(Vorname Z1)
Va FBS (Verdacht auf Fruchtblasensprung, vereinz. Wehen", fanden sich
unter der Rubrik Notizen insgesamt folgende Eintragungen:
"16.00 plötzlich Presslust, wechselnde Seitenlage, Abg. v. reichl.
Mekonium
16.08 A. (für Ankunft) HT (=Herztöne) normfrequent kein Pressdrang mehr
17.50 Unruhe VU (Vaginaluntersuchung) Steiß fast BM (Beckenmitte) HTnf.
18.00 Frösteln
18.22 "Es kommt was" HT normfrequent, viel Mek.
19.05 HT nf. 4F (Vierfüßler) geht nicht zeitweilig kurzer Pressdrang
20.20 Toilette Kontr. (Kontraktionen) seltener, schmerzhaft, Pausen
länger, kein Geb.fortschritt, Pinkeln nicht möglich, Frau schlapp,
insgesamt aber besser erträgliche Situation
21.00 Steiß tiefer fast BA (Beckenausgang) HT nf. - Riechen - Espresso
Hierauf beschränkte sich die während des Geburtsvorgangs erfolgte
Dokumentation seitens der Angeklagten, die neben der fehlenden
kontinuierlichen Überwachung der Herztöne des Ungeborenen und des
mütterlichen Pulses ebenfalls völlig unzureichend war. Sowohl nach der
Berufsordnung für Hebammen (§ 2 Nr. 10; § 6) als auch nach dem
Hebammengesetz NRW (§ 1 Abs. 2 Nr. 3) ist unter anderem über den
Geburtsverlauf eine Dokumentation so abzufassen, dass die gesamte
Tätigkeit während der Geburt nachvollziehbar ist. Unter zahlreichen
anderen Punkten sind insbesondere alle aus Temperatur-, Puls- und
Blutdruckkontrolle gewonnenen Werte zu dokumentieren, die mit dem
Hörrohr oder technischen Hilfsmitteln festgestellten Frequenzen der
kindlichen Herztöne müssen dokumentiert werden, wobei die Herztöne dem
Geburtsverlauf angepasst in kurzen Zeitabständen zu ermitteln und
dokumentieren sind. Insgesamt hätte die Angeklagte aufgrund der langen
Dauer der Geburt die Herztöne des Kindes etwa 70-mal kontrollieren
müssen. Mindestens alle zwei Stunden sind über Häufigkeit und Qualität
der Wehentätigkeit Aufzeichnungen zu machen; durch regelmäßige
Untersuchungen müssen Befunde wie Cervix und Muttermund (Beschaffenheit
und Weite) erhoben und dokumentiert werden. Zur Abgrenzung der
Austreibungsphase und Eröffnungsperiode sind die vollständige Eröffnung
des Muttermundes und der Höhenstand des vorangehenden Teils des Kindes
sowie der Beginn der Presswehen zeitlich festzuhalten. Insbesondere bei
einer verlängerten Austreibungsphase ist das Befinden der Gebärenden
genau zu beschreiben, wobei ergänzende Angaben über die Häufigkeit und
Qualität der Wehen sowie über den Zustand des Kindes erforderlich sind.
All das hat die Angeklagte während der Geburt des Kindes G. Z1 vor dem
Hintergrund ihrer ideologischen Einstellung, dass die Geburt ein
natürlicher Vorgang ist, so lange dauert, wie sie braucht und eine
Kontrolle von Werten überflüssig ist, unterlassen.
Während der polizeilichen Maßnahmen erschienen auch die Kindseltern zur
Nachuntersuchung bei der Angeklagten. Auf vorherigen telefonischen
Wunsch des Zeugen Z35 händigten sie den Mutterpass, Ultraschallaufnahmen
und Untersuchungsunterlagen ihrer behandelnden Gynäkologin in O23 aus.
Die Angeklagte ließ in dem nachfolgenden Gespräch nur wenig Mitgefühl
mit den trauernden Eltern erkennen. Vielmehr gab sie wiederholt ihrer
Sorge vor ihr nunmehr drohenden Konsequenzen bis hin zu einem
Berufsverbot Ausdruck. Sie äußerte, dass man ihr nun "etwas anhängen
wolle" und "viele nur darauf warten würden, sie fertigzumachen". Sie
versuchte die Eltern erneut davon zu überzeugen, dass die Geburt völlig
normal verlaufen sei und berichtete diesen erstmals davon, während des
Geburtsgeschehens Kontakt zu der Zeugin Z14 aufgenommen zu haben, die
ihr zu einem Oxytocintropf geraten habe, was sie jedoch abgelehnt habe.
Während die Angeklagte die Kindseltern erneut darum bat, bei ihrer noch
anstehenden polizeilichen Vernehmung anzugeben, dass sie schon lange
miteinander bekannt seien, wirkte der mit ihr befreundete Rechtsanwalt
Z34 nach vorheriger Abstimmung mit der Angeklagten zur Verhinderung von
Konsequenzen für sie auf die Eltern ein, dass sie ein Schreiben
verfassen sollten, in dem sie bekunden sollten, entgegen der Empfehlung
der Angeklagten unter der Geburt eine Verlegung in ein Krankenhaus
abgelehnt zu haben. Die Zeugen Z1 weigerten sich jedoch, ein solches
Schreiben aufzusetzen, da dies nicht der Wahrheit entsprach. Zu keinem
Zeitpunkt hatte die Angeklagte auf Komplikationen hingewiesen und erst
recht keine Verlegung in ein Krankenhaus angeraten, der die Zeugen in
dem Fall unmittelbar nachgekommen wären.
Auf den Rat des Zeugen Z34 hin nahm die Angeklagte im Anschluss eine
ausführliche Dokumentation der Geburtsereignisse vor, die allerdings in
zahlreichen Punkten unzutreffend und ohne konkrete Vorlagen in Bezug auf
Messwerte und Uhrzeiten ergänzt worden ist. Zudem fertigte die
Angeklagte mindestens drei Versionen eines entsprechenden
"Gedächtnisgeburtsprotokolls", die in Bezug dokumentierter Vorkommnisse
noch voneinander abwichen sowie z.T. auch unterschiedliche Messwerte in
Bezug auf die Herzfrequenzwerte enthielten. Den im Kalendereintrag
enthaltenen zweimaligen Mekoniumabgang konnte die Angeklagte dabei nicht
verheimlichen.
Soweit von der Verteidigung im Rahmen des Plädoyers vorgetragen worden
ist, dass die unterschiedlichen Versionen der Gedächtnisprotokolle auf
der detaillierteren Erinnerung der Angeklagten mit weiterer gedanklicher
Beschäftigung mit den Vorgängen entstanden seien, ist dies angesichts
der unterschiedlichen Dokumentation konkreter Zahlen in einer der
Staatsanwaltschaft, einer den Kindseltern übergebenen Version und der
aus dem Inhalt des sichergestellten Laptops der Angeklagten
ersichtlichen Version nicht nur unplausibel, sondern unter weiterer
Berücksichtigung des Umstands, dass Fakten, wie die telefonische
Kontaktaufnahme der Kindseltern am frühen Morgen und zu der Hebamme Z14
etwa in der der Staatsanwaltschaft übersandten Version völlig fehlen,
offenkundig falsch.
Jeweils stellte die Angeklagte in den Protokollen die Situation
unzutreffend so dar, als seien die kindlichen Herztöne bis etwa 20
Minuten vor der Geburt völlig unauffällig gewesen und hätten um 22.02
Uhr 100 bpm betragen. Weder hatte sie diese ausreichend gemessen, noch
zutreffend dokumentiert, noch war die Herzfrequenz bis zu diesem
Zeitpunkt tatsächlich unauffällig gewesen. Vielmehr hatte sich der von
G. Z1 unter der Geburt wiederholt bzw. andauernd, und durch den für die
Angeklagte auch sichtbaren Mekoniumabgang erkennbar erlittene
Sauerstoffmangel, auch auf die Herzfrequenz ausgewirkt, und diese war
mitnichten noch 10 Minuten vor dem Austritt aus dem Mutterleib in der
dokumentierten Frequenzhöhe. Der eingetragene Wert wurde von der
Angeklagten nachträglich fingiert; der Versuch, zu diesem Zeitpunkt mit
dem Hörrohr die konkreten Herztonwerte zu ermitteln, war ihr vielmehr
nicht möglich gewesen.
In dem am 01.07.2008 an die Kreispolizeibehörde O8 mit der Bitte um
Weiterleitung an die Staatsanwaltschaft Dortmund übersandten
"Gedächtnisgeburtsprotokoll des Kindes G. Z1 (Totgeburt)" schilderte sie
nunmehr eine erste Kontaktaufnahme durch den Kindsvater mit einem Anruf
um 16.02 Uhr mit "der Bitte um Untersuchung der werdenden Mutter".
Das den Kindseltern am selben Tag übergebene Protokoll enthielt als
vorhergehende Eintragung: "Fraglicher Geburtsbeginn gegen 4 Uhr morgens
mit Abgang von wenig klarem Fruchtwasser und leichten Kontraktionen bei
bekannter Steißlage und Erstparität. Über den Tag dann langsame
Steigerung der Wehentätigkeit bei normalen Kindsbewegungen".
Das dritte angefertigte Protokoll enthielt als erste Eintragung für den
30.06.:
"Ca. 5 Uhr: Telefonat wegen Abgangs von Fruchtwasser und Beginn leichter
Wehentätigkeit, Kindsbewegungen vorhanden, Beratung über Verhalten
(Ruhe, Wärme und Entspannung) bei fraglichem Geburtsbeginn".
Während das für die Staatsanwaltschaft angefertigte Protokoll die
neunmalige Messung der Herztöne des Ungeborenen jeweils vor, während und
nach einer Wehe beschreibt, enthält die den Eltern übergebene Version 4
Zeitpunkte, die im Laptop sichergestellte 11 Messungen. Nahezu in
sämtlichen Fällen stimmten die Werte nicht überein; so trug die
Angeklagte für den Zeitpunkt des Mekoniumabgangs um 18.22 Uhr in der
staatsanwaltschaftlichen Version den Wert von 124 ein, in der auf dem
Laptop gespeicherten Version lautet der Wert 132; für die Zeit von 19.50
Uhr enthält das erstgenannte Protokoll den Wert 120-128, das den
Kindseltern übergebene Protokoll den Wert 124-132.
Gleiches gilt für die Beschreibung des Geburtsfortschritts. Während das
der Staatsanwaltschaft übersandte Protokoll für den Zeitpunkt ihres
Eintreffens um 16.08 Uhr den Muttermundsbefund als bis auf einen Saum
eröffnet beschreibt, wird dieser Zeitpunkt in dem den Kindseltern
übergebenen Protokoll und in der sichergestellten Version auf 17.50 Uhr
festgelegt.
Eine ausdrückliche Dokumentation des fehlenden Geburtsfortschritts
findet sich allein in der den Kindseltern übergebenen Version ("20.20
Uhr während der nächsten 20 Minuten gibt es keinen Hinweis auf einen
Geburtsfortschritt"); das Telefonat mit der Zeugin Z14 ist, wie
dargelegt, allein in der sichergestellten Version zu finden.
In der Zeit zwischen dem 30.06. und dem 02.07. nahm die Angeklagte
erneut Kontakt zu der Zeugin Z14 auf. Angesichts der polizeilichen
Ermittlungen und ihrer Kenntnis von der zu ermittelnden tatsächlichen
Todesursache des Kindes befürchtete die Angeklagte erhebliche
Konsequenzen, weshalb sie gemeinsam mit der befreundeten Hebamme nach
Lösungen suchte. Wichtig erschien beiden eine Freizeichnung der
Angeklagten in der Form, dass die Durchführung der Hausgeburt und eine
unterbliebene Verlegung in ein Krankenhaus allein auf die Initiative und
den Wunsch der Kindseltern zurückzuführen waren. Da die Unterzeichnung
eines entsprechenden Formulars unter Einbeziehung des Rechtsanwalts Z34
nicht gelungen war, überlegte man sich, dass die Zeugin Z14 im Rahmen
eines Aufenthalts der Kindseltern auf der Insel O13, der ihnen formal
als Hilfe bei der Trauerarbeit angeboten werden sollte, erneut auf die
Eltern einwirken, sie von dem natürlichen Tod ihres Kindes überzeugen
und eine entsprechende Unterschrift erlangen sollte. Es liegt nahe, dass
sowohl die Angeklagte als auch der Zeuge Z34 an dem Entwurf eines
entsprechenden Formulars beteiligt waren. Konkrete Feststellungen hat
die Kammer dazu nicht treffen können.
Am 02.07.2008 wurde G. Z1 obduziert. Die Obduktion ergab keine Hinweise
auf eine stattgehabte grobe mechanische Gewalteinwirkung von
todesursächlicher Relevanz. Auch fanden sich etwaige Organmissbildungen
als Erklärung für den eingetretenen Tod autoptisch nicht. Sämtliche
Organe des Kindes waren, wie auch eine spätere histologische,
kardiologische und fetalpathologische Untersuchungen ergaben,
altersentsprechend entwickelt, gehörig angelegt und ohne jegliche
Hinweise auf eine Fehlbildung oder Erkrankung. Es fanden sich petechiale
Blutungen als Zeichen des Sauerstoffmangels unter dem Lungenfell, dem
Herzaußenfell und der Thymusdrüsenkapsel. Weiter zeigten sich eine akute
Blutfülle des Gehirns und ein Hirnödem. Die Magenschwimmprobe und die
Schwimmprobe der Dünndarmschlingen im oberen Drittel waren positiv.
Das Herz war von der Größe der rechten kindlichen Leichenfaust, das
Herzgewicht betrug 25 g. Die Herzklappen waren gehörig angelegt, die
Herzkranzarterien mit gehörigen Abgängen. Die rechten Herzhöhlen waren
schlaff ausgeweitet, vereinzelt fanden sich unter dem Herzaußenfell bis
stecknadelkopfgroße Blutungen. Die Kammerwandstärke betrug rechts 4 mm
und links 6 mm; insgesamt fand sich kein Nachweis einer Herzmissbildung.
Auch die Lunge war altersentsprechend entwickelt. Beide Lungenflügel
waren gehörig gelappt; das Gewicht des rechten Lungenflügels betrug 25
g, das des linken 20 g; auch die Lungenschlagadern waren gehörig
angelegt. Das Lungengewebe erschien abschnittsweise belüftet, in
überwiegenden Arealen jedoch minderbelüftet. Unter dem Lungenfell
zeigten sich ebenfalls einzelne bis stecknadelkopfgroße Blutungen. Die
Lungenschwimmprobe des rechten und linken Lungenflügels war positiv; die
des gesamten Hals-Thorax-Paketes (ohne Herz) negativ.
Die Leber wog 200 g; es zeigte sich eine zarte Leberkapsel und am
Schnitt ein blutreiches Organ von tiefbraunroter Farbe. Sämtliche
weiteren inneren Organe wiesen keine Auffälligkeiten auf.
Auch die Plazenta war von gehöriger Größe ohne grobsichtig relevante
Alterationen als Erklärung für eine hierdurch bedingte Sauerstoffnot
unter der Geburt; auffällig, aber ohne Bedeutung, war lediglich ein
randständiger Ansatz der Nabelschnur. Bei Würdigung des Sachverhalts aus
der Vorgeschichte und der Berücksichtigung aller Obduktionsbefunde
zählte nach Auffassung des Rechtsmediziners Dr. C3, Leiter des
rechtsmedizinischen Instituts O36s, insbesondere eine Hypoxie, d.h. ein
Sauerstoffmangel, unter der Geburt zu dem differenzialdiagnostischen
Todesursachenspektrum, was sich nach der Durchführung weiterer
histologischer, neuropathologischer, chemischtoxikologischer,
fetalpathologischer und kardiologischer Untersuchungen zweifelsfrei
bestätigen sollte. Für chemischtoxikologische Analysen nebst
Alkoholbestimmung wurden Proben zurückbehalten; für histologische
Untersuchungen standen Proben der wichtigen Organe in Formalin fixiert
zur Verfügung. Das Gehirn wurde für eine neuropathologische Untersuchung
insgesamt asserviert und in Formalin fixiert. Desweiteren wurde die
Plazenta asserviert und in Formalin fixiert.
Die Kindseltern, denen Mitteilung von dem Ergebnis der Obduktion gemacht
worden war, führten im Anschluss ein Telefonat mit der Angeklagten, in
dem sie erneut versicherte, dass die Geburt völlig normal verlaufen,
aber G. Z1s Lunge nicht zu beatmen gewesen sei. Sie - die Angeklagte -
wolle versuchen, an die Plazenta zu gelangen, um diese auf ein mögliches
Virus als Ursache für die Lungenschädigung untersuchen zu lassen.
Während dieses Telefonats unterbreitete die Angeklagte den Kindseltern
auch den Vorschlag, sich auf O13 im Haus der Zeugin Z14 kostenlos
erholen zu können, die selbst 10 Tage beruflich unterwegs sei.
Bei ihrer polizeilichen Vernehmung am darauffolgenden Tag standen die
Zeugen Z1 immer noch unter dem Eindruck des traumatischen Geschehens.
Nach wie vor wollten sie sich, auch als Folge eines Selbstschutzes, eine
Verantwortlichkeit der Angeklagten für den Tod ihrer Tochter nicht
eingestehen und an eine Organschädigung als unvermeidbare Todesursache
glauben. Entsprechend nahmen sie die Angeklagte in Schutz; so gab die
Zeugin Z1 dem Wunsch der Angeklagten folgend wahrheitswidrig an, diese
bereits seit 2005 zu kennen. Auch gaben beide ihrer Überzeugung
Ausdruck, dass ein organisches Problem vorgelegen haben müsse, man kein
Verschulden der Hebamme sehe und bei einer Problemschwangerschaft erneut
deren Hilfe in Anspruch nehmen würde.
Im Anschluss an die Vernehmung fuhren die Eltern gemeinsam mit der als
Krankenschwester tätigen Mutter der Zeugin Z1 erneut zu der Angeklagten.
Anlässlich dieses Gesprächs legte die Angeklagte den Kindseltern eine
Erklärung vor, mit der sie bestätigen sollten, ca. 20 Fachartikel über
Beckenendlagen gelesen zu haben. Diese Erklärung unterschrieben die
Zeugen, da sie sich tatsächlich zuvor über die Kindslage und
Entbindungsmöglichkeiten informiert hatten. Weiter versuchte die
Angeklagte erneut, die Kindseltern von einer organischen Todesursache zu
überzeugen. Sie gab an, dass die Plazenta normal gewesen sei und
schilderte wiederum, dass G. Z1s Lunge nicht zu öffnen und wie
zugewachsen gewesen sei. Als Ursache vermutete sie einen Gendefekt der
Kindsmutter oder ein seltenes plazentagängiges Virus, das bei einer
normalen gerichtsmedizinischen Obduktion nicht zu erkennen und in
Deutschland auch nur wenig erforscht sei. Während sie dies zuvor zu
keinem Zeitpunkt geäußert hatte, erklärte die Angeklagte nunmehr,
anlässlich einer Vorsorgeuntersuchung, bei der die Zeugin Z1 ein
leichtes Stechen in der Lunge verspürt habe, einen Virusbefall vermutet
zu haben. Um die Eltern von ihrer Version zu überzeugen, machte die
Angeklagte Ausführungen dazu, dass eine Erkenntnis über die Todesursache
von erheblicher Bedeutung auch für weitere Schwangerschaften sei, sofern
es sich um einen Gendefekt handeln würde, weshalb sie daran interessiert
sei, einem renommierten Professor aus O22 Gewebeproben zur Untersuchung
zu schicken. Da die in der Gerichtsmedizin entnommenen Gewebeproben
nicht ausreichen würden, überzeugte die Angeklagte die Kindseltern
schließlich davon, ihr eine Organentnahme zu gestatten, um durch eine
Untersuchung die organische Todesursache belegen zu können. Die Eltern
Z1 klammerten sich an diese verzweifelte Hoffnung, eine außerhalb des
Geburtsgeschehens liegende Erklärung für den Tod ihres Kindes zu
erhalten. Sie unterzeichneten daraufhin die von der Angeklagten
vorgefertigte Erklärung folgenden Inhalts:
"Wir beauftragen unsere Ärztin, Frau ... S., dem Leichnam unserer
Tochter einige Organe (z.B. Lunge, Niere, Leber) zu entnehmen.
O8, 3.07.08"
Noch am selben Abend begab sich die Angeklagte in Begleitung der Mutter
der Nebenklägerin, der Zeugin M. Z1, zu dem Bestattungsinstitut ... in
O8. Sie beschränkte sich jedoch nicht auf die Entnahme "einiger" Organe,
sondern entnahm dem Leichnam des Neugeborenen nahezu sämtliche Organe:
neben dem Zungenkörper und dem Zungengrund entnahm sie dem kindlichen
Körper das Darmkonvolut - Dünn- und Dickdarm -, den Magen, den
Zwölffingerdarm, das Zwerchfell, die Bauchschlagader, das Rektum, die
Vagina, den Uterus und Adnexe, die Harnblase, Drüsengewebe, Nieren- und
Lungengewebe, Herzmuskelgewebe, Thymus, Leberanteile und die Gallenblase
sowie ein Stück der Nabelschnur.
Nach ihrer Rückkehr legte die Angeklagte die Organe G. Z1s im Beisein
ihrer Eltern in ihren Kühlschrank in der Küche, wobei sie zusicherte,
diese in Formalin einzulegen und in einem Spezialgefäß zur Untersuchung
nach O22 zu verschicken. In einer E-Mail vom 09.07.2008 an den
Zellbiologen und Plazentologen Prof. Dr. Z20 richtete die Angeklagte
eine Anfrage wegen der Untersuchung der Organe, was dieser jedoch mit
der Begründung, dass dies nicht zu seinem Spezialgebiet gehöre,
zurückwies. In ihrem Anschreiben gab die Angeklagte unzutreffend an, bei
dem Neugeborenen sei eine faktische Unpassierbarkeit der kindlichen
Lunge aufgefallen; bei der Kindsmutter hätten sich in den Wochen vor der
Geburt Hinweise auf ein virales Geschehen mit immer wiederkehrenden
Abgeschlagenheitsschüben und zeitweiligen "Lungenstichen" mit breiten
Intervallen ohne jegliche Symptomatik gezeigt. Diese Darstellung war
unwahr. Nachgeburtlich hätte die Kindsmutter eine auffällige, leicht
livide Hautfärbung der Beine und eine wechselnde an Petechien erinnernde
Zeichnung gezeigt.
Sofern es anderweitig eine von der Angeklagten initiierte Untersuchung
des Gewebes gegeben hat, war diese ohne nennenswertes Ergebnis. Die
Organe des Kindes G. Z1 waren sämtlich gesund. Die Angeklagte bewahrte
die gesamten Organe noch mehrere Jahre später bis zum Zeitpunkt der
Hauptverhandlung, während derer sie nach einem Durchsuchungs- und
Beschlagnahmebeschluss der Kammer sichergestellt werden konnten, in
ihrem Haus auf. Teilweise hatte sie sie in Gläsern in einer
Formalinlösung eingelegt, teilweise in einer Plastiktüte eingeforen im
Eisfach ihres Küchenkühlschranks neben Lebensmitteln gelagert.
In einem am Abend des 03.07.2008 weiter geführten Gespräch berichtete
die Angeklagte den Kindseltern nunmehr davon, bei der Geburt daran
gedacht zu haben, eine Kollegin aus dem Gemeinschaftskrankenhaus O20 -
ein u.a. auf Beckenendlagenentbindungen spezialisiertes
anthroposophisches Krankenhaus - anzurufen, um dorthin zu verlegen, wenn
die Kollegin Dienst gehabt hätte. Einen von der Angeklagten weiter in
dem Gespräch geäußerten Satz " dass sie - die Kindseltern - extra so
weit angereist seien, um eine natürliche Geburt zu haben" und sie - die
Angeklagte - deshalb voreingenommen gewesen sei, konnten die Zeugen zu
dem Zeitpunkt nicht einordnen. Weiter erklärte die Angeklagte, dass sie
bewusst den Notarzt erst etwa 5 Minuten später habe rufen lassen, da sie
es als furchtbar ansehe, wenn Kinder in Krankenhäusern um jeden Preis
wiederbelebt würden und dann nur noch wie Pflanzen vor sich hin
vegetieren würden, bis die Eltern entscheiden müssten, die Geräte
abzustellen oder mit einem schwer behinderten Kind leben müssten.
Angesichts dieser Äußerungen der Angeklagten spürten die Zeugen Z1
langsam erste Zweifel an ihrer Kompetenz und Verantwortlichkeit im
Hinblick auf den Geburtsverlauf.
Am Morgen des 04.07. - die Kindseltern hatten im Haus der Angeklagten
übernachtet - kam es zu einem weiteren Gespräch, in dem die Zeugen die
Angeklagte unter anderem auf den von ihr in dem Buch "Hebammenkunde"
verfassten Artikel über Beckenendlagen und deren Entbindung unter
Klinikbedingungen ansprachen, wobei die Angeklagte erklärte, dass sie
aus Gründen des Verlages nichts anderes habe schreiben dürfen. Bei einem
ebenfalls an diesem Tag mit der Zeugin Z14 geführten Telefonat
bekräftigte diese eine Einladung auf die Insel, wobei sie unter
Schilderung einer eigenen im Jahre 1993 erlittenen Totgeburt Verständnis
für die trauernden Eltern heuchelte.
Der Leichnam von G. Z1 wurde am 04.07.2008 im Krematorium in O27
eingeäschert und am 07.07. in Altrip beigesetzt. Einer Einladung der
Eltern zur Beerdigung kam die Angeklagte nicht nach.
Am darauffolgenden Tag reisten die Zeugen Z1 sodann nach O13, wo sie
sich Unterstützung bei der Trauerarbeit und Ablenkung versprachen. Nach
ihrer Ankunft suchten sie gemeinsam mit der Zeugin Z14, die sie am
Fähranleger abholte, ein Restaurant auf. Noch auf der Autofahrt
berichtete die Zeugin Z14 davon, dass bei ihrer Schwangerschaft der
Gynäkologe im achten Schwangerschaftsmonat eine Einblutung in die
Plazenta festgestellt und aus dem Grund einen Kaiserschnitt empfohlen
habe. Sie habe daraufhin das Krankenhaus verlassen, sei im Wald
spazieren gegangen und habe den Tod ihres ungeborenen Kindes abgewartet.
Dieses Verhalten begründete die Hebamme damit, dass nach ihrer
Überzeugung nur Kinder, die es aus eigener Kraft auf die Welt schaffen
würden, eine Daseinsberechtigung hätten.
Bei dem anschließenden Gespräch im Restaurant berichtete die Zeugin Z14
auch von dem telefonischen Kontakt mit der Angeklagten während der
Geburt und ihrem Rat, angesichts des protrahierten Geburtsverlaufs eine
Verlegung in ein Krankenhaus vorzunehmen, was die Angeklagte, wie auch
die Gabe eines Oxytocintropfes, abgelehnt habe. Man habe sich dann auf
ein Zeitlimit von zwei Stunden geeinigt und im Falle eines
Geburtsstillstandes eine Verlegung angedacht. Die Zeugin Z14 berichtete
den Eltern weiter davon, dass die Plazenta nach den Angaben der
Angeklagten auffällig gewesen sei, was die Kindseltern angesichts der
vorangegangenen anderslautenden Äußerung der Angeklagten verwunderte.
Im Verlauf des Abends versuchte die Zeugin Z14 die Kindseltern davon zu
überzeugen, den Tod ihres Kindes als Schicksalsschlag zu akzeptieren.
Sie verwies dabei auf ein tibetisches Buch vom Leben und Sterben, wonach
der Geist eines Verstorbenen 6 Wochen in Frieden gelassen werden müsse,
damit er in Frieden gehen könne. Die Eltern sollten deshalb nicht nach
den Ursachen für ihren Tod suchen, damit G. Z1s Seele sich in Ruhe von
der Welt verabschieden könne. Die Zeugin berichtete weiter davon, die
Angeklagte von Gedanken nach G. Z1s Tod, die Geburtshilfe aufzugeben,
abgebracht zu haben, da sie beide die letzten Kämpferinnen für die
natürliche Geburt in Deutschland seien. In dem Zusammenhang berichtete
sie weiter von einer gemeinsam mit der Angeklagten auf der Insel
geplanten Drillingsgeburt im August. Bei einem an das Essen
anschließenden Strandspaziergang unterhielt man sich über den bereits
seit langem gehegten Wunsch der Zeugin Z1, ebenfalls eine
Hebammenausbildung absolvieren zu wollen, wovon die Zeugin Z14 ihr mit
der Bemerkung abriet, dass Schwangere gequält und ihnen die Bäuche
aufgeschnitten würden.
Am Morgen des 09.07. begann die Zeugin Z14 sodann mit der gemeinsam mit
der Angeklagten geplanten Einwirkung auf die Zeugen, um eine
Unterschrift unter die für die Angeklagte günstige Erklärung zu
erhalten. Sie sprach zunächst die Zeugin Z1 an, während der Zeuge Z1
Einkäufe erledigte. Sie versuchte wie beiläufig zu erwähnen, dass die
Angeklagte noch eine schriftliche Bestätigung benötige, die sie ihr
anschließend mitnehmen wolle, des Inhalts, dass die Zeugen von ihr über
alle Risiken einer Beckenendlagengeburt aufgeklärt worden seien,
gleichwohl unbedingt auf einer Hausgeburt bestanden und eine Verlegung
in ein Krankenhaus unter der Geburt entgegen deren Rat abgelehnt hätten.
Anderenfalls käme die Angeklagte in "Teufels Küche", da
Beckenendlagenentbindungen in NRW nicht außerklinisch gemacht werden
dürften. Die Zeugin Z1 lehnte eine solche Unterschrift angesichts
anderslautender Erklärungen der Angeklagten und da dies nicht der
Wahrheit entsprach ab. Während des nachfolgenden gemeinsamen Frühstücks
versuchte die Hebamme weiter, auf die Eltern einzuwirken. Sie äußerte
erneut, dass der Tod G. Z1s als Schicksalsschlag und quasi natürliche
Selektion zu akzeptieren sei, und berichtete von ihren Lehrjahren in
Indien und auf Trinidad. In Indien seien neugeborene gesunde Töchter mit
Gift getötet worden, eine Vorstellung, die doch den Tod G. Z1s
relativiere. Auch in Deutschland müsse man bei der Hebammenausbildung
bei Aborten assistieren, wenn mit einer langen Spritze durch die
Fruchtblase in das Herz des Embryos gestochen werde.
Als die Zeugen Z1 und Z1 auch auf weitere Einwirkungen der Hebamme Z14
eine Unterschriftleistung verweigerten, drohte sie ihnen mit weiteren
Konsequenzen. Sie erklärte den Eltern, dass sie selbst auch mit einer
Anzeige wegen Mordes rechnen müssten, und dass man angesichts der
Umstände, dass ein Paar aus Lettland anreise, um in einem Hotelzimmer zu
entbinden, auch auf die Idee kommen könne, dass der Vater das Kind
vielleicht nie gewollt habe.
Die Kindseltern waren aufgrund dieses Verhaltens der Hebamme, von der
sie sich tröstende Worte und Verständnis erwartet hatten, völlig
konsterniert, und sie verspürten das zutreffende Gefühl, manipuliert
werden zu sollen. Sie beschlossen daraufhin, unmittelbar nach der
Abreise der Zeugin Z14 deren Haus zu verlassen. Eine
Unterschriftleistung verweigerten sie nach wie vor, und zwar unter
Hinweis darauf, dass eine entsprechende Risikoaufklärung im Vorfeld
tatsächlich nicht stattgefunden hatte, im Gegenteil immer ausdrücklich
eine Verlegung in ein Krankenhaus bei Auftreten etwaiger Probleme
besprochen worden war und die Angeklagte zu keinem Zeitpunkt während der
Geburt eine Verlegung angesprochen, geschweige denn angeraten und die
Kindseltern eine solche insbesondere nie verweigert hätten. Die Zeugin
Z14 verabschiedete sich schließlich am Mittag mit der Ankündigung von
ihnen, nunmehr zu der Angeklagten zu fahren, um gemeinsam mit ihr den
Notarzt "fertig zu machen", wobei sie auf Nachfrage des Zeugen Z1
bestätigte, ihn anzeigen zu wollen. Noch am selben Abend verließen die
Kindseltern das Haus der Zeugin Z14 und reisten nach einer Nacht im
Hotel von der Insel ab.
Mit weiterem Abstand von dem Geburtsgeschehen und in Anbetracht des
Verhaltens der Angeklagten und der mit ihr befreundeten Zeugin Z14 kamen
die Kindseltern immer mehr zu der Überzeugung, dass der Tod ihres Kindes
nicht, wie von der Angeklagten behauptet, eine organische Ursache hatte,
sondern der Grund in einem Fehlverhalten der Angeklagten lag. Man
entschloss sich dazu, die Polizei von der inzwischen geänderten
Einstellung sowie auch von der im August auf O13 unter Beteiligung der
Angeklagten geplanten Drillingsgeburt in Kenntnis zu setzen, um anderen
Eltern ein ähnliches Schicksal zu ersparen. In einem daraufhin am
24.07.2008 mit dem Zeugen KHK Z35 geführten Telefonat teilte der Zeuge
Z1 sowohl die Tatsache der während des Geburtsgeschehens erfolgten
Kontakte zwischen der Angeklagten und der Zeugin Z14 sowie die Umstände
der von der Hebamme als "Lehrgeburt von Drillingen als Hausgeburt"
bezeichnete geplante Mehrlingsgeburt unter Beteiligung der Angeklagten
im August 2008 mit, was im weiteren zu einer Auswertung des
Handyverkehrs der Angeklagten führte.
Die Plazenta wurde im Oktober 2009 nach Übersendung durch den
Rechtsmediziner Dr. C3 im Pathologischen Institut O36 durch den
Sachverständigen Dr. C4 untersucht. Dabei ergaben sich keine Hinweise
auf eine akute Plazentainsuffizienz; die festzustellenden älteren
Durchblutungsstörungen der Plazenta, die eine latent eingeschränkte
Leistungskapazität zeigte, waren von keiner Bedeutung. Es fanden sich
lediglich einzelne bis maximal 20 mm messende gelblichweiße Infarkte auf
den Schnittflächen, welche insgesamt weniger als 10 % der Plazentafläche
einnahmen. Probleme im Rahmen einer Geburt entstehen erst in einem
Bereich von ca. 20 %.
Auch eine Chorioamnionitis - eine Infektion des Plazentagewebes - bzw
ein Amnioninfektionssyndrom - eine Infektion der Eihöhle, Plazenta oder
der Eihäute mit der Gefahr einer Sepsis für das Ungeborene - oder eine
Vaskulitis - eine durch autoimmunologische Prozesse ausgelöste
Entzündung - der Nabelschnur lagen nicht vor. Plazentagewicht und
Plazentaquotient (Gewicht der Plazenta/Gewicht des Neugeborenen) lagen
mit 421 g bzw. 0,131 im Normbereich eines reifen Neugeborenen etwa der
40. Schwangerschaftswoche. Auf eine später erfolgte Anfrage der
Angeklagten bei dem Plazentologen Prof. Dr. Z20 unter Übersendung des
Gutachtens des Sachverständigen Dr. C4 bestätigte dieser dessen Befund,
der eine Gefährdung des Kindes durch eine Funktionseinschränkung der
Plazenta ausschließen ließ.
Die neuropathologische Sektion des Gehirns von G. Z1 im Institut für
Neuropathologie des Universitätsklinikums O28 ergab ein altersgemäß
differenziertes und entwickeltes Gehirn ohne feststellbare
Fehlbildungen. Eine mögliche Entwicklungsstörung oder eine Fehlbildung
als Todesursache ließen sich ausschließen. Ebenso fanden sich keinerlei
Anhaltspunkte für einen kongenitalen Hirntumor oder ein entzündliches
Geschehen im Sinne einer akuten eitrigen Meningitis oder Enzephalitis,
d.h. einer Hirnhaut- bzw. Gehirnentzündung oder einer kongenitalen, d.h.
bereits vor oder unter der Geburt erworbenen Infektion mit sogenannten
TORCH-Erregern (Toxoplasmose, Syphilis, Listeriose, Röteln,
Cytomegalievirus oder Herpesviren). Demgegenüber fanden sich Zeichen
einer frischen hypoxämischen Hirnschädigung sowie umschriebene frische
Subarachnoidalblutungen und ein deutliches Hirnödem, die das
morphologische Korrelat für einen Sauerstoffmangel unter der Geburt
darstellen.
In Übereinstimmung mit der Einschätzung des Rechtsmediziners Dr. C3
wurden die neuropathologischen Befunde als mit einem unter der Geburt
eingetretenen Tod in Folge einer Hypoxie bei stark erniedrigter
Herzfrequenz und Steißlage angesehen, während andere mögliche cerebrale
Todesursachen differentialdiagnostisch sicher auszuschließen waren.
Nach einer ergänzend in Auftrag gegebenen Beurteilung des kindlichen
Herzens durch den Kinderkardiologen Prof. Dr. C5, Direktor der Klinik
für angeborene Herzfehler und Kinderkardiologie in O29, des Herz- und
Diabeteszentrums NRW, Universitätsklinik der R.-Universität O2, auf der
Grundlage der Ermittlungsakten, des Obduktionsbefundes und des
neuropathologischen Gutachtens, ließ sich auch das Vorliegen eines
angeborenen Herzfehlers sicher ausschließen.
Die toxikologische Analytik eines Teils der Leber und einer Blutprobe,
die über das Institut für Blutgruppenforschung in O45 in den
Laboratorien der LGC Ltd. in O30, Großbritannien durchgeführt wurde,
erbrachte keinen Anhalt für das Vorliegen einer Vergiftung; insbesondere
verliefen die Nachweise auf die Drogen Amphetamine, Benzodiazepine,
Cannabinoide, Kokainmetaboliten, Methadon, Methylamphetamine und Opiate
negativ. Auch Rückstände von Antipsychotika fanden sich nicht. In der
Leberflüssigkeit waren lediglich Spuren von Koffein und
Benzalkoniumchlorid - ein äußerlich zur Konservierung und Desinfizierung
verwandtes Mittel - nachweisbar.
Dieser Umstand gab der Angeklagten im Laufe der Hauptverhandlung
Veranlassung zu der Behauptung, G. Z1 sei an einer Vergiftung durch
Benzalkoniumchlorid gestorben. Ursächlich sollte u.a. die Aufnahme von
Himbeerblättertee durch die Kindsmutter gewesen sein; eine These, die
nach Einholung entsprechender Gutachten nicht zu halten war. Die an der
Leber gefundenen Spuren des Desinfektionsmittels stammten von dem
Obduktionstisch bzw. den bei der Obduktion verwandten Instrumenten,
deren regelmäßige Desinfektion mit einem Mittel erfolgt, das unter
anderem Benzalkoniumchlorid in nicht unerheblicher Konzentration
enthält.
Logged
Julian
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Re: Angeklagte wegen Totschlags zu Freiheitsstrafe von 6 Jahren + 9
Monaten verurte
« Reply #5 on: June 12, 2016, 04:33:45 AM »
Verhalten der Angeklagten im Anschluss an G. Z1s Tod
Tatsächlich hielt die Angeklagte auch nach den zwei tödlichen
Geburtsausgängen im Jahre 2008 weiter an dem von ihr verfolgten
Entbindungskonzept einer "natürlichen", unmedizierten, technisch
unüberwachten außerklinischen Geburt, auch in Fällen risikobehafteter
und komplikationsträchtiger Geburten fest. Durch den weiteren Tod eines
Kindes bei einer von ihr begleiteten Geburt innerhalb weniger Monate
zeigte sie sich nicht beeindruckt, da der Tod nach ihrer Einstellung zu
einem Geburtsvorgang schicksalhaft dazugehörte. Auch meldete sie keinen
der Todesfälle an die "Gesellschaft für Qualität in der außerklinischen
Geburtshilfe e.V." (QUAG), um die Statistik im Hinblick auf das Risiko
von Hausgeburten zu schönen und eigenes Fehlverhalten nicht
einzugestehen. Die Gesellschaft wertet seit dem Jahr 1999 in Deutschland
außerklinische Geburten mithilfe eines Datenerfassungsbogens aus, der
u.a. auch die perinatale Mortalität erfasst. In der
Hebammenberufsordnung für das Land NRW ist die Teilnahme an dieser
qualitätssichernden Maßnahme verpflichtend geregelt (§ 6 HebBerufsO).
Die Sorge der Angeklagten galt angesichts des eingeleiteten
Ermittlungsverfahrens allein möglichen straf- und berufsrechtlichen
Konsequenzen. Weder das Schicksal der verstorbenen und behinderten
Kinder, die bei einer rechtzeitigen Verlegung in ein Krankenhaus gesund
zur Welt gekommen wären, noch das der Eltern, die einen solchen Verlust
nie verwinden bzw. eine lebenslange Pflege eines schwerstbehinderten
Kindes zu bewältigen haben, tangiert die Angeklagte.
Nur wenige Tage nach dem Tod der kleinen G. Z1 riet sie einem weiteren
Elternpaar, das sie im Hinblick auf eine Beratung und Begleitung
bezüglich der Entbindung einer Beckenendlage aufgesucht hatte, zu einer
Hausgeburt, wobei sie den Entbindungsmodus als absolut sicher und ohne
besondere Komplikationen im Vergleich zu einer Entbindung aus
Schädellage darstellte und nicht nur eine Aufklärung über die besonderen
Risiken der vaginalen Entbindung aus Beckenendlage unterließ, sondern
darüber hinaus noch unzutreffend und ihr aufgrund ihrer medizinischen
Kenntnisse bewusst, die Eltern durch die wissenschaftlich unhaltbare
Erklärung in Sicherheit wog, dass ein eventueller Sauerstoffmangel bei
der Geburt angesichts organischer "Speicherungsmöglichkeiten" von
Sauerstoff in der Leber des Ungeborenen überhaupt keine Gefahr
darstelle. Den nur vier Tage zurückliegenden Vorfall eines ungeklärten
Todesfalles im Rahmen einer von ihr begleiteten Beckenendlagenentbindung
verschwieg sie bewusst. Außer Zweifel steht, dass die Angeklagte
tatsächlich selbst nicht von einem Organschaden des Kindes ausging.
Nur aufgrund der ihnen als kompetent und überzeugend erscheinenden
Beratung der Angeklagten und ihrer Zusage der Anwesenheit bei der
Entbindung, sofern andere Termine nicht entgegenstünden, entschlossen
sich die Eheleute Z6, das Risiko einer Hausgeburt einzugehen. Hätten sie
Kenntnis von dem tragischen Ausgang einer durch die Angeklagte betreuten
Beckenendlagengeburt wenige Tage zuvor gehabt, hätte dies ihre
Entscheidung maßgeblich in eine andere Richtung beeinflusst.
Feststellungen zur Geburt des Kindes J. Z6 am 25.07.2008
Die in O31 an der Lahn wohnenden Eheleute Z6 erwarteten im Juli 2008 ihr
erstes Kind. In der 31. Schwangerschaftswoche stellte sich heraus, dass
sich das Kind in Beckenendlage befand. Eine Fahrt zu der ca. 1,5 Stunden
entfernt liegenden Klinik in O32, in der eine vaginale
Beckenendlagenentbindung möglich gewesen wäre, erschien den werdenden
Eltern unter einer Geburt zu riskant. Die selbst als Hebamme tätige
Kindsmutter kannte die Angeklagte von Fortbildungsveranstaltungen, u.a.
zu den Themen Säuglingsreanimation und Notfallmanagement, auf denen
diese u.a. ausgeführt hatte, dass das Risiko von Beckenendlagen und
Schädellagen sich kaum unterscheide. Zudem hatte die Kindsmutter die
Angeklagte als Person in Erinnerung, die Kompetenz und Erfahrung
ausstrahlte.
Am 04.07.2008 fand nach vorheriger telefonischer Kontaktaufnahme in den
Praxisräumen der Angeklagten in O8 ein mindestens eine Stunde dauerndes
Gespräch statt, in dessen Rahmen die Angeklagte wiederum einen "sanften"
äußerlichen Wendeversuch unternahm, der jedoch nicht zum Erfolg führte.
Die Angeklagte riet den werdenden Eltern zu einer Hausgeburt, negierte
das gesteigerte Risiko einer Beckenendlagenentbindung und erklärte
vielmehr, dass sich dieses kaum von einer Geburt aus Schädellage
unterscheide; sie wies lediglich auf die Notwendigkeit hin, das Kind in
der Austreibungsphase zunächst wiederholt hochschieben zu müssen, um
eine Nabelschnurkompression zu verhindern. Die Angeklagte machte
Ausführungen dazu - wie sie es noch im Rahmen einer
Fortbildungsveranstaltung während des laufenden Verfahrens im November
2013 tat -, dass das Ungeborene während der Geburt aufgrund der
Sauerstoffspeicherkapazität der Leber auch längere Zeit ohne
Sauerstoffzufuhr zurechtkäme, weshalb ein Sauerstoffmangel unter der
Geburt keine Gefahr darstelle. Ebenso wie die unzutreffende Darstellung
der Risiken der Beckenendlagenentbindung ist diese Aussage der
Angeklagten wissenschaftlich unhaltbar. Die Leber ist nicht in der Lage,
Sauerstoff zu speichern. Erst recht gibt es unter der Geburt für das
Ungeborene keine Möglichkeit, auf Sauerstoffreserven in dieser Form
zurückzugreifen. Weder ist - wie die Angeklagte dies Hebammen vermittelt
- die kindliche Leber eine "O2-Ressource und hat eine große
Speicherkapazität", noch ist sie "durch einen fetalen Gefäßkurzschluss
als O2-Donor schnell erreichbar". Das Ungeborene ist bei einer Hypoxie
unter der Geburt lediglich in der Lage, das aus der Nabelvene kommende
sauerstoffreiche Blut im Hinblick auf die Durchblutung der Leber - die
auch sonst nur von einem Teil dieses Blutes, das nämlich unmittelbar vor
der Leber durch den Ductus venosus zur Hohlvene umgeleitet wird,
erreicht wird - noch weiter zu reduzieren. Eine Speicherkapazität für
Sauerstoff in der Leber gibt es nicht, was die Angeklagte als Ärztin
weiß. Sie vertritt diese Thesen nach außen allein zur Überzeugung
medizinisch ungebildeter Eltern von der Sicherheit einer außerklinischen
Entbindung.
Auch auf wiederholte Nachfragen der Kindsmutter, ob man eine
außerklinische Beckenendlagengeburt wagen könne, versicherte die
Angeklagte dies und führte zur Bekräftigung die eigene Hausgeburt einer
Beckenendlage an. Sie bezeichnete es als "Mythos", dass
Beckenendlagenentbindungen gefährlich bzw. risikoreicher seien.
Abschließend erklärte sich die Angeklagte auch - unter dem Vorbehalt,
dass keine andere Geburt oder eine Fortbildungsveranstaltung
entgegenstünde - zu einer Teilnahme an der Geburt bereit, da die
betreuende Hebamme der Kindseltern in der Durchführung von
Beckenendlagenentbindungen nach deren Mitteilung unerfahren war.
Unbeeindruckt von dem Geburtsausgang im Fall Z1 hielt die Angeklagte
allein aus ideologischen Gesichtspunkten und aufgrund ihrer Ablehnung
der Schulmedizin und klinischen Geburtshilfe an dem von ihr präferierten
Entbindungsmodus fest.
Die Überzeugungsarbeit der Angeklagten sowie ihre Zusage einer Teilnahme
bestärkte die Eheleute Z6 in ihrer Entscheidung, eine außerklinische
Geburt zu wagen. Auch im Anschluss erfolgten mehrere Telefonate und
E-Mail-Verkehr, in denen die Angeklagte ihre Einstellung stets
aufrechterhielt. Umso überraschter waren die Eheleute, als sie kurz vor
dem Geburtstermin einen Anruf der Angeklagten erhielten, in dem sie
ihnen den Text einer von den Zeugen vorab zu unterzeichnenden Erklärung
diktierte. In Anbetracht des laufenden Ermittlungsverfahrens und in
Kenntnis der Risikobehaftetheit der Beckenendlagenentbindung im Hinblick
auf eine Sauerstoffmangelversorgung des Kindes, hielt die Angeklagte
dies im Hinblick auf ihre eigene Entlastung und Absicherung im Fall
eines erneuten Schadenseintritts für sinnvoll und erforderlich. Diese
Erklärung hatte folgenden Inhalt:
"...(Eheleute Z6)
A.straße ...
... O31
O31, 24.7.2008
Einverständniserklärung
Unser Kind liegt in Beckenendlage. Es ist unsere Entscheidung, dass wir
es zu Hause zur Welt bringen. Wir sind darüber aufgeklärt worden, dass
es in Ausnahmen zu Zwischenfällen kommen kann, die zu Tod oder
Behinderung des Kindes oder zum Tod der Mutter führen können.".
Die Eheleute Z6 waren vom Inhalt der Erklärung vollkommen überrascht,
zumal dieser in konträrem Widerspruch zu den mündlich von der
Angeklagten gemachten Ausführungen von einer völlig unkomplizierten
gefahrlosen Geburt stand. Die Angeklagte beruhigte sie jedoch im
Hinblick darauf, dass es sich nur um eine Formalität handeln würde.
Entsprechend dem Wunsch der Angeklagten druckten die Eltern die
vorformulierte Erklärung aus, unterschrieben sie jedoch zunächst nicht.
Zur Geburt am 24./25.07.2008 erschien die Angeklagte sodann nicht.
Es spricht alles dafür, dass der Angeklagten das Risiko einer erneuten
Beckenendlagenentbindung in Anbetracht des laufenden
Ermittlungsverfahrens und vor dem Hintergrund der Einstellung der
Kindseltern, die ein Risiko für die Gesundheit und das Leben ihres
Kindes nicht eingehen wollten, im Hinblick auf die ihr möglicherweise
drohenden Konsequenzen zu groß erschien. Nachdem am Abend des 24.07. die
Wehen eingesetzt hatten, riefen die Eheleute Z6 in der Nacht gegen ca.
3.00 Uhr, nachdem ihre Hebamme etwa eine Stunde zuvor erschienen war,
die Angeklagte an, die erklärte, gerade erst von einer anderen Geburt
zurückgekommen zu sein und nicht zur Geburt kommen zu können. Trotz der
Bitte der Kindsmutter, die sich auf das Erscheinen der erfahrenen
Angeklagten verlassen hatte und durch deren Absage eine große
Unsicherheit verspürte, ließ sich die Angeklagte nicht dazu überreden zu
kommen, bot aber, nachdem auch die Hebamme der Eheleute Z6 die
Anwesenheit aus ihrer Sicht nicht für zwingend erforderlich hielt, eine
telefonische Kontaktaufnahme während der Austreibungsphase an, wovon
jedoch im weiteren kein Gebrauch gemacht wurde.
Ob die Angeklagte bewusst nicht an der Geburt teilnahm oder tatsächlich
verhindert war, hat die Kammer nicht sicher feststellen können. Es ist
jedoch naheliegend und es spricht alles dafür, dass sie infolge des
laufenden Ermittlungsverfahrens aufgrund des Umstands, dass die Eheleute
Z6 die Erklärung nicht unterschreiben wollten, davon Abstand nahm. In
der Hauptverhandlung hat die Angeklagte entgegen der früheren Angabe
gegenüber den Kindseltern erklärt, aufgrund eines Migräneanfalls zu
einer Teilnahme an der Geburt nicht in der Lage gewesen zu sein. In
einem solchen Fall wäre aber auch kaum eine telefonische Unterstützung
möglich gewesen. Der Angeklagten war bewusst, dass unabhängig von den
grundsätzlichen Risiken einer außerklinischen Beckenendlagenentbindung
diese Risiken bei der Begleitung einer solchen Geburt durch eine mit
diesem Entbindungsmodus nicht vertraute und nicht kompetente
Geburtshelferin, die in der Anwendung der erforderlichen Handgriffe
nicht erfahren und geübt war, noch erheblich verstärkt würden. Sie
wusste, dass die betreuende Hebamme der Eheleute Z6 in
Beckenendlagenentbindungen nicht erfahren war. Gleichwohl erwähnte sie
diese problematische Situation mit keinem Wort und empfahl den
Kindseltern auch nicht, in diesem Fall besser eine Geburtsklinik
aufzusuchen. Sie überließ die werdenden Eltern und das ungeborene Kind
ihrem Schicksal, ohne sie sowohl im Vorgespräch als auch im weiteren
über die möglichen lebensbedrohlichen Risiken aufzuklären.
Mit einer weiter hinzugezogenen zweiten Hebamme wurde die Geburt sodann
weiter als Hausgeburt durchgeführt. Im weiteren Verlauf realisierten
sich die typischen Risiken der Beckenendlage, was dazu führte, dass auch
J. Z6 die Geburt beinahe nicht überlebt hätte. J. Z6 erlitt unter der
Geburt eine schwere Asphyxie. Er wurde mit doppelter
Nabelschnurumschlingung in Fuß-Steißlage geboren. Es trat weiter die
gefürchtete Komplikation des Hochschlagens der Arme ein, was zur Folge
hatte, dass der Kopf des Kindes nicht problemlos entwickelt werden
konnte. Wie dargelegt, ist in dieser Situation ein unmittelbares
Versterben des Kindes durch Ersticken zu befürchten. Nachdem erst die
Arme des Kindes manuell gelöst werden mussten, fehlte es nach dem
Empfinden der Kindsmutter bei den anwesenden Hebammen an der
erforderlichen Erfahrung zur Anwendung der weiteren geburtshilflichen
Handgriffe, weshalb die Kindsmutter, die wie erwähnt Hebamme war,
schließlich selbst Versuche unternahm, ihr Kind vollständig zu
entwickeln, was auch ihr nicht gelang. Während weitere Zeit verstrich,
in der der Kopf des Kindes nicht geboren wurde, erlitt das Ungeborene
einen massiven Sauerstoffmangel. J. Z6 wurde schließlich leblos, tief
zynaotisch und ohne Spontanatmung um 08.49 Uhr geboren. Die Herzfrequenz
lag nur noch bei 60 bis 80 Schlägen in der Minute. Die Hebammen vergaben
die Apgar-Werte 3/2/3.
Den beiden Hebammen und dem herbeigerufenen Notarzt gelang es, zunächst
durch kardiopulmonale Reanimation und folgender oraler Intubation durch
den Notarzt, J. Z6 wiederzubeleben. Mit dem Rettungshubschrauber wurde
J. Z6 unter Begleitung eines Neugeborenennotarztes auf die
Intensivstation der Kinderklinik in O33 verlegt. J. Z6 musste weiter
beatmet werden und wurde in ein künstliches Koma versetzt. Es wurde eine
Hypothermiebehandlung vorgenommen mit einer Zieltemperatur von 32 Grad,
die über 72 Stunden fortgesetzt wurde; J. Z6 wurde medikamentös tief
sediert. Am 27.07. kam es in kurzer Folge wiederholt zu cerebralen
Krampfanfällen. Aufgrund des schweren Krankheitsgeschehens erhielt er
eine antibiotische Therapie. J. Z6 entwickelte im Anschluss an das
Geburtsgeschehen ein Hirnödem. In den durchgeführten Schädelsonographien
zeigten sich zeitweise verwaschene Strukturen im Bereich der
Großhirnrinde, dazu korrespondierend eine Erhöhung der diastolischen
Flussgeschwindigkeiten. Nach einem EEG bestand zunächst der Verdacht auf
ein Burstsuppression-Muster - was durch ein kurzzeitiges Auftreten von
regelmäßig hochamplitudiger Aktivität abwechselnd mit dem Ausfall
jeglicher EEG-Aktivität definiert und ein Hinweis auf eine schlechte
Prognose ist -, in einer Kontrolle am 06.08. zeigte sich eine bifrontale
Hirnfunktionsstörung. Nahrungsaufnahme und Darmtätigkeit waren
problematisch; die Nahrung musste überwiegend sondiert werden. In den
ersten Tagen entwickelte J. Z6 weiter eine deutliche Hypoproteinämie,
die das Auftreten von Ödemen im Rahmen der durch die
Kreislaufinsuffizienz erforderlichen hohen Flüssigkeitszufuhr
begünstigte. Auch nach dem Ausschleichen der Sedierung und der am 13.08.
erfolgten Verlegung auf die Normalstation zeigte J. Z6 Probleme in der
Nahrungsaufnahme und in der Koordination; Hirnschäden waren zu diesem
Zeitpunkt nicht abschätzbar.
Die Angeklagte erfuhr am darauffolgenden Tag vom Ausgang der Geburt.
Erstmals zu diesem Zeitpunkt räumte sie gegenüber den Kindseltern ein,
dass es in der Vergangenheit wiederholt schwierige Geburtsverläufe
gegeben habe. Um ihre Einstellung und das von ihr verfolgte
Entbindungskonzept jedoch nicht in Frage stellen zu lassen und nicht
angreifbar zu machen, griff sie jedoch erneut auf ein organisches
Problem als mögliche Ursache zurück. In dem Telefonat, das sie mit den
Kindseltern führte, teilte sie ihre in diesen Fällen stets bemühte
Erklärung mit, dass sicher ein relativ unbekannter Lungenkeim für die
Probleme bei der Geburt verantwortlich sei, wobei sie auf eine
Fachärztin in O19 verwies, die entsprechende Untersuchungen durchführen
sollte. Von der Klinik in O33 wurde dem Hinweis auf Anregung der Eltern
auch nachgegangen. Eine Bestätigung der Erklärung der Angeklagten ergab
sich nicht. J. Z6 litt an keinem Keim und hatte auch keine organische
Erkrankung. Tatsächlich war der Angeklagten bewusst, dass J. Z6 infolge
der Geburtsproblematik einen Sauerstoffmangel erlitten hatte; in der
jetzigen Hauptverhandlung hat sie diese Ursache als plausibel und sicher
anerkannt.
In einem weiteren Telefonat machte die Angeklagte schließlich den
Versuch der Kindsmutter, ihr Kind selbst mit dem Bracht´schen Handgriff
zu entwickeln, für den Geburtsverlauf und die Schädigung des Kindes
verantwortlich, was von den behandelnden Ärzten auf Nachfrage der Eltern
ebenfalls als unhaltbar zurückgewiesen wurde. In einem weiteren Gespräch
gab die Angeklagte auch ihrer Erleichterung Ausdruck, bei der Geburt
nicht dabei gewesen zu sein, da J. Z6 bereits der zweite oder dritte
Fall gewesen sei und sie wohlmöglich dann "die ganze Sache an den Nagel
gehängt hätte".
Tatsächlich bewirkten weder die von ihr begleiteten
komplikationsträchtigen Geburtsverläufe, bis hin zu letalem Ausgang oder
die Verursachung eines schwersten asphyktischen Geburtsschadens, noch
ihre Kenntnis anderer Geburtsverläufe, innerhalb derer sich die
typischen Risiken der anomalen Kindslagen verwirklicht haben, ein
Umdenken oder Innehalten oder kritisches Reflektieren der Angeklagten.
Nach wie vor war sie entschlossen, an ihrem Entbindungskonzept
uneingeschränkt in aller Konsequenz festzuhalten, jegliche
wissenschaftlichen und medizinischen Standards bewusst zu negieren, die
natürliche Geburt auch bei komplikationsträchtigen und risikobehafteten
Geburtsverläufen zu idealisieren und auch einen eigenen Ansehens- und
Kompetenzverlust zu verhindern. Wichtig war ihr lediglich eine
Freizeichnung von eigener Verantwortlichkeit im Hinblick auf drohende
juristische Konsequenzen.
So hielt sie nach wie vor an dem Gedanken fest, die gemeinsam mit der
Hebamme Z14 auf der Insel O13 ohne mögliche Anbindung an ein Krankenhaus
geplante Drillingsgeburt Anfang August 2008 durchzuführen.
Das Schicksal des Kindes J. Z6 war für die Angeklagte ebenfalls von
untergeordneter Bedeutung. Vielmehr überwog die Erleichterung darüber,
dass sie nicht erneut innerhalb eines kurzen Zeitraums und im Rahmen des
bereits laufenden Ermittlungsverfahrens an einem problematischen
Geburtsgeschehen beteiligt war. An ihre Freundin und Kollegin, die
Zeugin Z19, schrieb sie eine SMS mit dem Inhalt, dass das O31er Baby
ziemlich leblos in einer Kinderklinik liege und sie bei der Geburt aus
glücklichen Umständen nicht dabei gewesen sei.
J. Z6 befand sich vom 25.07. bis zum 13.08.2008 in stationärer
Behandlung auf der Intensivstation und im Anschluss bis zum 23.08.2008
auf der Normalstation. Auf Anraten der Angeklagten nahmen die
Kindseltern während der Zeit der intensivmedizinischen Behandlung ihres
Kindes Kontakt zu einer Freundin der Angeklagten auf, die als
"Geistheilerin" arbeitet; auf der Intensivstation führte sie ein
Heilungsritual durch und teilte den Eltern mit, J. Z6 als dreijähriges
gesundes Kind mit roten Gummistiefeln zu sehen.
Aufgrund der Komplexität des Krankheitsbildes und der notwendigen
Nahrungssondierung war auch im Anschluss an die Entlassung eine
intensive Betreuung und Pflege erforderlich. Auch waren Folgeschäden
über längere Zeit nicht absehbar. Im Anschluss musste J. Z6 noch drei
Monate sondiert und ein Jahr lang am sozialpädiatrischen Zentrum
nachbetreut werden.
Mittlerweile hat sich J. Z6 altersentsprechend entwickelt und ist
gesund.
Ein zweites Kind haben die Eltern Z6 ebenfalls in Beckenendlage spontan
entbunden, allerdings in einer Klinik in O34.
Feststellungen zur Drillingsgeburt Z15 am 05.08.2008
Wie dargelegt, plante die Angeklagte - neben ihrer grundsätzlichen
ideologischen Einstellung zudem aus Gründen ihrer eigenen Reputation -
weiter unbeeindruckt ihre Teilnahme an einer weiteren Drillingsgeburt
auf der Insel O13. Die Angeklagte und die Zeugin Z14, die, wie
dargelegt, vor dem Hintergrund der Verfechtung einer "natürlichen
Geburt" die großen Risiken einer Mehrlingsentbindung, zudem auf einer
Insel ohne die Möglichkeit einer klinischen Versorgung im Notfall,
ignorierten, fanden in den Eltern der Drillinge Gleichgesinnte.
Die in der Nähe von O16 lebenden Eheleute Z15, eine Lehrerin und
Schulpsychologin und ein Bauingenieur, erwarteten kurze Zeit nach der
Geburt eines ersten Kindes, nach weniger als einem Jahr, Drillinge. Der
errechnete Entbindungstermin war der 23.09.2008.
Die Zeugin Z15, die auch - unbegründete - Vorbehalte gegen
Ultraschalluntersuchungen hatte, wollte eine vaginale Entbindung. Die
Betreuung während der Schwangerschaft ließ sie überwiegend durch eine
Hebamme vornehmen. Nur einmal ließ sie bei einer Gynäkologin einen
Ultraschall machen, nachdem sie von ihrer Hebamme aufgrund des großen
Bauchumfangs in der 17. Schwangerschaftswoche dorthin verwiesen worden
war. Eine weitere für die 21. Schwangerschaftswoche angeratene
Untersuchung lehnte die Zeugin ab und ließ eine solche erst im 7.
Schwangerschaftsmonat vornehmen.
Die Hebammenpraxis, in der sie ihr erstes Kind zur Welt gebracht hatte,
lehnte eine Praxisgeburt von Drillingen ab. Die Zeugin und ihr Ehemann
informierten sich daraufhin in einer Klinik, in der eine
Vaginalentbindung unter bestimmten Bedingungen für möglich gehalten
wurde. Die Eheleute wurden darüber aufgeklärt, dass bei
Drillingsgeburten in der Regel ein Kaiserschnitt vorgenommen wird. Eine
vaginale Entbindung wurde nur für den Fall eines spontanen oder
eingeleiteten Wehenbeginns vor einer bestimmten Schwangerschaftswoche
avisiert, im anderen Fall wurde ein Kaiserschnitt für zwingend notwendig
erachtet. Mit dieser Bedingung erklärte sich die Zeugin Z15 nicht
einverstanden. Über eine befreundete Hebamme, in deren Praxis die Zeugin
Z14 bereits Fortbildungen veranstaltet hatte, lernte die Zeugin Z15
letztere kennen. Nach einer Untersuchung der Kindsmutter erklärte sich
die Zeugin Z14 unter der Voraussetzung, dass alle Kinder über eine
eigene Fruchtblase verfügten, sich gleich entwickelt hätten und sich in
Schädellage, und nicht eins in Querlage befänden, zu einer Durchführung
der Geburt auf der Insel O13 bereit. Ob alle drei Kinder über eine
eigene Fruchtblase verfügten, war anhand der zwei durchgeführten
Ultraschalluntersuchungen, zu denen sich die Zeugin Z15 bereiterklärt
hatte, nicht festzustellen gewesen. Nach den Angaben der Zeugin Z14 der
Kindsmutter gegenüber war sie angeblich in der Lage, diesen Umstand
durch ein Abtasten des Bauches zu verifizieren.
Die Kindseltern wussten, dass es auf O13 nicht nur keine
geburtshilfliche Klinik, sondern sogar überhaupt kein Krankenhaus gab.
Gedanken an mögliche Komplikationen verdrängten sie oder ließen sie vor
dem Hintergrund eines esoterischen Gedankenguts nicht zu. Dass es ihnen
an intellektuellen Fähigkeiten zur Einschätzung der großen Gefahren
mangelte, kann angesichts ihrer Berufe nicht angenommen werden. Die
Kindsmutter verließ sich auf ihr Empfinden, dass alles in Ordnung sei
und alles gut gehen werde: sie hatte die Einstellung, dass die Kinder
auf natürlichem Wege in den Bauch hineingekommen waren und so auch
wieder hinauskommen würden, und konzentrierte sich auf die ihr aus ihrer
Sicht zugedachte Aufgabe, sich auf das "Brüten" zu beschränken. Weitere
Gedanken wollte sie sich nicht machen. Den letzten Untersuchungstermin
bei ihrer Frauenärztin nahm die Zeugin Z15 am 31.07.2008 wahr. Nachdem
auch das Gesundheitsamt - möglicherweise über die behandelnde
Frauenärztin - Kenntnis von einer geplanten Hausgeburt der Drillinge
erlangt hatte, suchte eine Amtsärztin die Eheleute Z15 auf, wobei sie in
einem Gespräch mit dem Kindsvater versuchte, die Notwendigkeit einer
Klinikgeburt zu verdeutlichen. Dazu führte sie auch ein Beispiel einer
erst kurz zuvor stattgefundenen Zwillingshausgeburt im Wohnort der
Zeugen an, bei der die in der 29. Schwangerschaftswoche geborenen Kinder
mit einem Rettungshubschrauber in die Klinik verlegt werden mussten.
Auch dieser Überzeugungsversuch blieb jedoch erfolglos. Vielmehr
bestärkte er die Eheleute darin, möglichst frühzeitig vor dem
errechneten Entbindungstermin die Insel aufzusuchen, aus Sorge,
anderenfalls könnten noch amtliche Maßnahmen gegen sie erfolgen.
Gemeinsam mit ihrer Hebamme aus O17 reiste die Zeugin Z15 daraufhin am
04.08.2008, am Ende der 33. Schwangerschaftswoche, mit dem Zug nach O13.
Der Ehemann sollte wenige Tage später mit dem ersten Kind folgen. Die
Kindseltern hatten sich nicht darüber informiert, ab welcher Woche
überhaupt eine Geburt der Drillinge möglich war. Ihnen war lediglich
bekannt, dass die Kinder in der Lage sein sollten, selbständig zu atmen.
Ab wann dies der Fall war, wussten sie nicht und verließen sich auch
insoweit insgesamt auf die Einschätzung der Hebamme Z14. Während sie die
sie beratenden Ärzte nicht für kompetent hielten, schätzten sie die
Zeugin Z14 als sehr fähige Frau ein.
Die Zeugin Z14 und die Angeklagte hatten bereits im Vorfeld konkrete
Absprachen bezüglich einer Teilnahme der Angeklagten an der Geburt
getroffen. Nachdem der Reisetermin der Zeugin Z15 feststand, nahm die
Zeugin Z14 zur Angeklagten Kontakt auf und teilte ihr in einer SMS vom
31.07.2008 - einem Donnerstag - mit, dass die Geburt in absehbarer Zeit
bevorstand. Sie bat sie, direkt von O18 nach O13 zu kommen, da die
"O16-er" am Sonntag anreisen würden. Die Angeklagte plante danach ihre
Reise auf die Insel für das kommende Wochenende und organisierte ihre
Termine. An ihre befreundete Kollegin, die Hebamme Z16 schrieb sie eine
SMS, mit der sie mitteilte, bis zum darauffolgenden Tag bei einer
Mehrlingsgeburt zu sein, und um die Übernahme einer eventuell
anstehenden Geburt einer Drittgebärenden bat.
Die Geburt der Drillinge fand sodann in der Hebammenpraxis der Zeugin
Z14 einen Tag nach der Anreise der Kindsmutter und am Tag der Ankunft
der Angeklagten am 05.08.2008 statt. Anwesend war neben der Zeugin Z14
und der Angeklagten lediglich die Hebamme, die die Zeugin Z15 begleitet
hatte. Die drei Jungen wurden mit einem Geburtsgewicht von 1950 g, 2000
g und 2150 g bei einer Körpergröße von 44 cm, 45 cm und 47 cm - womit
sie insgesamt als Frühgeborene galten - um 18.41 Uhr, 19.29 Uhr und
19.42 Uhr geboren. Zu dem zeitlichen Ablauf der Geburt und den konkreten
Umständen hat die Kammer keine Feststellungen treffen können.
Die Angeklagte dokumentierte die Geburtsdaten im Mutterpass, wobei sie
fälschlich die 35. SSW anstelle der 33./34. SSW eintrug.
Im Anschluss an die Geburt informierte die Angeklagte stolz zahlreiche
Bekannte und Freunde per SMS über die geglückte Entbindung und nahm
mehrfache Glückwünsche und Anregungen, der Presse hiervon Mitteilung zu
machen, entgegen. Die Kurznachricht, in der sie mitteilte, dass sie um
18 Uhr auf O13 gelandet sei und um 18.41 Uhr der erste Junge von knapp 2
kg in der Badewanne zur Welt gekommen, der zweite um 19.29 Uhr nach
Reponierung der 3. sich vorschiebenden Fruchtblase gefolgt und der
dritte um 19.42 Uhr geboren worden sei; alle Kinder seien wohlauf,
sandte sie an Freunde und Hebammenkolleginnen.
In der Nacht vom 10. auf den 11.08.2008 mussten die Drillinge
notfallmäßig mit Rettungshubschrauber unter Notarztbegleitung in das
Klinikum in O35 verlegt werden, wo eine stationäre Behandlung bis zum
05. oder 06.09.2008 erforderlich war. Als Grund im Einsatzprotokoll war
als Erstdiagnose "keine Nahrungsaufnahme" angegeben. Zu den konkreten
Gründen der erforderlichen Verlegung und der Art der durchgeführten
stationären Behandlung hat die Kammer keine Feststellungen treffen
können, da die Zeugen Z15 mit der Begründung einer "generell schlechten
Erfahrung" mit solchen Erklärungen nicht bereit waren, die behandelnden
Ärzte der O35er Klinik von der Einhaltung der ärztlichen Schweigepflicht
zu entbinden. Festzustellen war lediglich, dass es zumindest auch
Probleme mit der Herzfrequenz der Kinder gab.
Im Rahmen des hiesigen Ermittlungsverfahrens infolge des Todes des
Kindes G. Z1 versuchte die Angeklagte schließlich, ihre Teilnahme an der
Drillingsgeburt zu verheimlichen. Im Verfahren zur Prüfung der
vorläufigen Entziehung ihrer Approbation formulierte die Angeklagte
unter anderem in einem Brief an die zuständige Dezernentin in Arnsberg,
weder mit der Geburtsplanung noch mit der medizinischen Betreuung etwas
zu tun gehabt zu haben. Das Schreiben vom 16.07.2012 hatte weiter
folgenden Inhalt, mit dem die Angeklagte auch ihre grundsätzliche
Einstellung zu natürlichen Geburtsvorgängen auch im Rahmen von
Risikoschwangerschaften und solchen, bei denen nicht nur eine klinische
Entbindung erforderlich ist, sondern eine Spontangeburt praktisch nicht
durchgeführt wird, bekräftigte:
"Sehr geehrte Frau Oberrätin ...,
ich danke Ihnen für Ihre erneute Stellungnahme und Anfrage zu einer
Drillingsgeburt auf O13, die mir soeben von RA ... per Fax zugestellt
wurde. Es ist erfreulich, dass Sie Interesse an der Behandlung
geburtshilflicher Sonderfälle zeigen. Die Frage, ob eine konkrete
Gefährdung eingetreten ist, kann ich als fachkundige Zeugin
vollumfänglich verneinen. Frau Z14 hatte mit einem Stab von
Mitarbeiterinnen und mit einer fachlich überaus verantwortlichen
Geburtsleitung dafür gesorgt, dass der Geburtsprozess optimal verlief.
Mutter und Kinder waren nach der Geburt gesund und unverletzt. Soweit
mir bekannt, gibt es bis heute für die Kinder keine negativen
gesundheitlichen Effekte, die sich auf die Geburt zurückführen lassen.
Ich stimme mit Ihnen überein, dass eine Drillingsgeburt im Hochseeklima
und in einem Geburtshaus andere Risiken birgt, als eine Entbindung in
einem Krankenhaus, zumal letztere dann vermutlich zwei Wochen früher per
Kaiserschnitt erfolgt wäre. Somit wäre dann für die Mutter das
Todesfallrisiko um etwa 30 Prozent erhöht worden und für die Kinder wäre
eine Intensivversorgung aufgrund der zu erwartenden Lungenproblematik
wahrscheinlich gewesen. Leider gibt es keine weiterführenden Studien zum
Vergleich von vaginalen und abdominalen Entbindungen bei gesunder
Drillingsgravidität, so dass ich weiter dazu nichts sagen kann.
Die Planung der Geburt liegt - laut meiner Berufsordnung - bei der
Mutter, die bekanntlich die körperlichen und psychischen Konsequenzen zu
tragen hat und bei dem geburtsbegleitenden Team. Ich darf noch einmal
betonen, dass ich im O13er Drillingsfall weder mit der Geburtsplanung
noch mit der medizinischen Betreuung etwas zu tun hatte.
Was die Abgabe meiner Approbationsurkunde anbelangt, bin ich meines
Erachtens nicht verpflichtet, diese irgendwo anders zu deponieren als in
meinen persönlichen Akten. Mit der Abgabe würde ich möglicherweise der
u.U. formaljuristisch richtigen aber sachlich falschen Entscheidung
stattgeben.
Außerdem habe ich Verpflichtungen gegenüber meinen Patienten, die ich
gemäß meiner Berufsordnung nicht vernachlässigen darf.
Wenn Sie auf einer Herausgabe bestehen, schlage ich vor, dass Sie einen
Vertreter ihres Vertrauens entsenden, der eine Hausdurchsuchung
vornimmt, bei der ich ihm helfen würde. Ich bin allerdings nur bereit,
Ihnen die Urkunde gegen ein angemessenes Pfand zu überlassen.
Vorher muss dringend die Frage geklärt werden, wer einen Vertreter für
meine Praxis bezahlt, da es nicht im Sinne des Gesetzgebers sein kann,
eine z.B. aufgrund von falschen Annahmen angeklagte Ärztin der Existenz
zu berauben.
Gerne leite ich unsere Korrespondenz auch auf Ihre Anregung an die
zuständige Ärztekammer weiter."
Feststellungen zur Zwillingsgeburt Z36 am 27.08.2008
Ebenfalls im August 2008 plante die Angeklagte die Betreuung einer
Zwillingsgeburt als Hausgeburt, wovon der werdenden Mutter - was die
Angeklagte wusste - von den Ärzten aufgrund einer problematischen
Beckenendlage dringend abgeraten worden war. Die Kindsmutter, die Zeugin
Z36, ist wie die Angeklagte, von der Schicksalshaftigkeit und
Natürlichkeit des Geburtsvorgangs und dem Selbstbestimmungsrecht der
Mutter überzeugt.
Detaillierte Feststellungen im einzelnen hat die Kammer nicht treffen
können, da die Zeugin Z36, worauf noch eingegangen wird, im wesentlichen
die Unwahrheit gesagt hat. Sicher festzustellen ist, dass im Frühjahr,
etwa im April/Mai 2008, eine Kontaktaufnahme erfolgt ist. Die zum
vierten Mal schwangere Zeugin Z36, die als psychologische
Psychotherapeutin tätig ist, wünschte eine Betreuung der Angeklagten bei
der Hausgeburt ihrer im August erwarteten Zwillinge. Die Angeklagte
hatte sich hierzu entgegen der berufsordnungsrechtlichen Vorschriften
und der geburtshilflichen Empfehlungen und Standards bereit erklärt. Die
Warnung ihrer behandelnden Gynäkologin unter Hinweis auf die oben
genannten Risiken einer spontanen Mehrlingsentbindung ignorierte die
Kindsmutter, die die Auffassung vertritt, dass das Leben immer eine
zerbrechliche Angelegenheit sei, und man es nicht versichern könne.
Gegen Ende der Schwangerschaft, Ende Juli 2008, befand sich eins der
Kinder in Beckenendlage, was sowohl die Kindsmutter als auch die
Angeklagte nicht davon abhielt, gleichwohl weiter an der Planung der
Hausgeburt festzuhalten. Nach einer Bitte der Zeugin um Terminabsprache
meldete sich die Angeklagte Anfang August von der Insel O13, wobei sie
der Zeugin Z36 stolz Mitteilung von der bereits angekündigten
Drillingsgeburt machte und ihr suggerierte, noch etwas "stillzuhalten",
bis sie wieder zurück sei. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich beide
Zwillinge in Beckenendlage, was die Zeugin Z36 der Angeklagten auch
mitteilte.
Nach einer ärztlichen Untersuchung nahm die Kindsmutter schließlich am
11.08. wieder Kontakt zu der Angeklagten auf. Aufgrund einer Problematik
im Hinblick auf die Lage der Kinder war ihr dringend zu einer Einleitung
der Geburt in einer Klinik geraten worden, wobei sie im einzelnen über
die anderenfalls drohenden möglichen Risiken aufgeklärt wurde.
Unbeeindruckt von den ihren Kindern drohenden lebensbedrohlichen Risiken
war die Zeugin Z36 entschlossen, weiter eine von der Angeklagten
betreute Hausgeburt durchzuführen. Auch die Angeklagte erklärte sich
trotz des ihr bekannten ärztlichen Rats weiter dazu bereit, wobei sie
nunmehr wiederum die Unterzeichnung einer Erklärung durch die
Kindsmutter anstrebte, mit der diese eine Risikoaufklärung bestätigen
und die alleinige Verantwortung für die von ihr gewünschte
außerklinische Geburt übernehmen sollte. Im Hinblick auf das
eingeleitete Ermittlungsverfahren war es der Angeklagten wichtig, für
den Fall einer Komplikation juristisch abgesichert zu sein. Die
Angeklagte formulierte sodann am 11. oder 12.08.2008 eine entsprechende
haftungsfreizeichnende Erklärung, die sie der Zeugin Z36 entweder per
Mail oder Fax zukommen ließ. Den konkreten Inhalt der vorformulierten
Erklärung hat die Kammer nicht feststellen können.
Eine parallel am 12.08. gesandte Kurzmitteilung hatte, wie von der
Angeklagten bestätigt, folgenden Inhalt:
"Hallo, liebe ... (Vorname der Zeugin) - ich schicke jetzt die Post,
ganz krass formuliert, damit ich rechtlich aus der Nummer raus bin.
Würde dir viel lieber sinnvollen Rückhalt geben, statt vor dieser Kultur
den Kotau zu machen. Ruf mich bitte an, wenn du Fragen zur Sicherheit
der normalen Geburt hast. LG ... (Vorname der Angeklagten)"
Die Zeugin Z36 erwiderte mit einer SMS vom selben Tag mit folgendem
Inhalt:
"Liebe ...(Vorname der Angeklagten), ich wollte dich zu keinem Zeitpunkt
in eine juristische Bredouille bringen, ganz im Gegenteil. Es tut mir
leid. Natürlich unterschreibe ich alles. Ich möchte weiterhin, dass
meine Kinder ihren Weg gehen können, den uralten Weg des Wissens und
Lebens folgend, dass man das Leben nicht versichern kann, aber leben,
dass es immer eine zerbrechliche Angelegenheit bleibt, habe ich nicht
zuletzt spätestens von unserem Sohn ... gelernt. In diesem Sinne hoffe
ich von Herzen, dass du uns weiter begleitest, auch wenn ich manchmal
Angst habe und Rückhalt suche, wo es vielleicht gar keinen geben kann.
...(Vorname der Zeugin)"
Zu einer Geburtsbegleitung durch die Angeklagte kam es schließlich nur
aus dem Grund nicht, dass bei einem vorzeitigen Fruchtblasensprung
mekoniumhaltiges Fruchtwasser abging und die Zeugin Z36 sich daraufhin
auf den Rat einer anderen Hebamme doch in eine Geburtsklinik begab.
Feststellungen zur Zwillingsgeburt Z37 am 15.01.2009
Eine weitere Mehrlingsgeburt begleitete die Angeklagte sodann im Januar
2009. Auch bei dieser Geburt kam es aufgrund der Steißlage des
erstgeborenen Zwillings und der Zwillingsschwangerschaft zu einer
naheliegenden Komplikation und einem lebensbedrohlichen Sauerstoffmangel
des zweiten Kindes unter der Geburt.
Die in O11 wohnenden Eheleute Z37 erwarteten Anfang des Jahres 2009
Zwillinge. Der ursprünglich errechnete Entbindungstermin war der
11.01.2009, der im Verlauf der Schwangerschaft auf den 16.01.2009
korrigiert wurde. Vorangegangen waren Schwangerschaften in den Jahren
2001, 2003 und 2005, die alle mit einer Hausgeburt, ohne Beteiligung der
Angeklagten, geendet hatten.
Auch bei der Schwangerschaft der Zeugin Z37 bestanden, abgesehen von der
Mehrlingsschwangerschaft, die nach der Hebammenberufsordnung und den
Richtlinien grundsätzlich bereits ein Ausschlusskriterium für eine
Hausgeburt ist, mehrere weitere Risikofaktoren. Neben einer familiären
Krankheitsbelastung und besonderen psychischen und sozialen Belastungen
gab es bei der Kindsmutter Skelettanomalien, sie leidet unter
Wundheilungsstörungen und Asthma. Trotz des ihnen bekannten Umstands,
dass bei Mehrlingsgeburten generell eine Klinikentbindung vorzunehmen
ist, waren die Kindseltern entschlossen, auch in diesem Fall eine
Hausgeburt durchzuführen. Insbesondere die Kindsmutter hatte eine große
Abneigung gegen Krankenhäuser, da sie nach ihren Bekundungen bei einer
Kaiserschnittentbindung sexualbezogene Äußerungen der männlichen Pfleger
wahrgenommen haben will. Subjektiv empfand sie im Rahmen ihrer
Zwillingsschwangerschaft Kommentare von Medizinern als abwertend in
Bezug auf die Anzahl ihrer Kinder, und angsteinflößend im Hinblick auf
die Risiken, so dass sie sich im Herbst 2008 entschloss, Kontakt zu der
Angeklagten aufzunehmen. Mit der sie zunächst behandelnden Gynäkologin
besprach sie ihre Absicht, eine Hausgeburt durchführen zu wollen, nicht,
da sie entschlossen war, ihren eigenen Weg zu gehen, ohne auf den Rat
und dringende Empfehlungen der Ärzte Rücksicht zu nehmen. Der erste
persönliche Kontakt zur Angeklagten war am 30.09.2008, dem bis zur
Geburt im Januar 2009 drei weitere folgten.
Trotz ihrer Abneigung gegen Klinikentbindungen ließ die Zeugin Z37 in
der 12., 17. und 35. Schwangerschaftswoche eine Ultraschalldiagnostik im
Hinblick auf die unauffällige Entwicklung und Lage der Kinder
durchführen. Beide Kinder zeigten bei der letzten Untersuchung am
08.12.2008 einen unauffälligen Organstatus und eine konkordante
Entwicklung. Beide lagen zu diesem Zeitpunkt auch in Schädellage, was
der Zeugin Z37 als grundsätzlich erforderliche Bedingung für die
Möglichkeit einer vaginalen Entbindung bekannt war. Nach der 35.
Schwangerschaftswoche erfolgten keine gynäkologischen Untersuchungen und
auch keine Ultraschallkontrollen mehr. Bei der Kontrolle am 08.12.2008
war der Kindsmutter eine präpartale Vorstellung in der entbindenden
Klinik zeitnah angeraten worden. Dieser Empfehlung kam die zu einer
Hausgeburt entschlossene Zeugin nicht nach, wobei auch in den weiteren
fünf Schwangerschaftswochen eine erneute Kontrolle der Schädellage
beider Gemini nicht vorgenommen wurde. Vielmehr wartete die Zeugin
nunmehr lediglich den Geburtsbeginn ab. Eine Risikoaufklärung in Bezug
auf eine Hausgeburt mit Mehrlingen nahm die Angeklagte entsprechend
ihrer Einstellung, nicht durch die Weitergabe schädigender Informationen
Ängste zu schüren, nicht vor. Sie wies die Eheleute Z37 lediglich darauf
hin und ließ sich das auch unterschreiben, dass anlässlich einer
Hausgeburt die Gabe von Schmerzmitteln und Anästhetika nicht möglich
sein würde. Wahrscheinlich ließ sie sich auch hier eine
Haftungsfreizeichnung unterschreiben.
Für den Fall von tatsächlich auftretenden Komplikationen hatten die
Zeugen Z37 ein Aufsuchen der nahegelegenen, etwa zwei Kilometer vom
Wohnort der Zeugen im G.weg in O11 entfernten Universitätsklinik O11
angedacht.
Am 14.01.2009 begannen schließlich die Geburtswehen. Die Zeugin Z37 nahm
im Verlauf des Tages und abends, nachdem die Wehen bereits deutlich
regelmäßig, länger andauernd und intensiv folgten, Kontakt mit der
Angeklagten auf. Gegen 21.30 Uhr nahm die Zeugin erneut telefonisch
Kontakt zu der Angeklagten auf, als die Wehen zu diesem Zeitpunkt
regelmäßig erfolgten und deutlich an Dauer und Intensität zugenommen
hatten. Im Anschluss versuchte sie, gemeinsam mit ihrem Ehemann einen
sog. "birth pool" aufzubauen, wobei sie die heftigen Wehen bereits im
Vierfüßlerstand veratmen musste. Die Angeklagte sah sich zu keinem
Zeitpunkt trotz des ihr bekannten Geburtsbeginns veranlasst, nach der
Schwangeren zu sehen und sich vom Gesundheitszustand der Kinder und der
Mutter und dem Verlauf der Geburt ein Bild zu machen.
Erst nachdem es um 23.55 Uhr zum Fruchtblasensprung gekommen war, machte
sich die Angeklagte nach dem Anruf des Kindsvaters auf den Weg von O8
nach O11. Dabei herrschten im Januar 2009 sehr extreme
Wetterverhältnisse mit Schnee und Frost. Gegen 00.42 Uhr traf die
Angeklagte sodann in O11 ein. Die Angeklagte hatte auch die Zeugin Z37
als Risikogebärende über nahezu die gesamte Eröffnungsperiode unter der
Geburt allein gelassen. Nur etwa eine halbe Stunde nach ihrem Eintreffen
wurde das erste Kind geboren. Die Austreibungsphase verlief jedoch
komplikationsreich und für das zweite Kind lebensbedrohlich. Bei ihrem
Eintreffen untersuchte die Angeklagte die Kindsmutter lediglich durch
Abtasten des Bauches, weitere Untersuchungen nahm sie nicht vor. Zu
diesem Zeitpunkt hatte die Zeugin Z37 bereits alle zwei Minuten Wehen
und verspürte einen Pressdrang. Um 00.55 Uhr nahm die Angeklagte
schließlich auf die Bitte der Kindsmutter eine Vaginaluntersuchung vor,
wobei sie in einem Geburtsbericht zeitgleich notierte: "0.55 Uhr VU
wegen V.a. BEL". Zu diesem Zeitpunkt stellt die Angeklagte die
Beckenendlage des vorangehenden Zwillings fest. Sie notierte eine
"regelrechte Steiß- Fußlage, Rückentendenz nach vorn, Steiß im BE mit
Füßchen links, kein Mekonium, KBW (Kindsbewegungen) positiv, Greifreflex
Fuß auslösbar". Die Zeugin Z37 war zwar innerlich nach wie vor
entschlossen, eine Klinikgeburt möglichst zu vermeiden, gleichwohl war
sie nunmehr verunsichert und fragte die Angeklagte, ob sie das schaffen
würden. Die Angeklagte zog eine Verlegung in die Klinik nicht in
Betracht. Zwar war die Geburt zu diesem Zeitpunkt bereits sehr weit
fortgeschritten, allerdings wäre auch eine Verlegung in die nur wenige
Minuten entfernt liegende Universitätsklinik noch möglich gewesen. Zu
diesem Zeitpunkt saß auch die Angeklagte noch auf einem Sofa, um sich
Notizen über die Geburt zu machen. Eine Risikoaufklärung über die Geburt
aus Steißlage nahm die Angeklagte gegenüber den Kindseltern nicht vor.
Der Zeugin Z37 war zwar bewusst, dass sie medizinischen Empfehlungen
zuwider handelte, was sie später in einem eigenen Geburtsbericht so
formulierte: "Mir wird schnell klar, dass ich hier offensichtlich gerade
die von den anderen Ärzten eingebildeten Grenzen überschreite, was auch
gut so ist"; die konkreten Geburtsrisiken einer Beckenendlage für ihre
Kinder kannte sie nicht. Um 01.16 Uhr wurde das erste Kind, L. Z37,
geboren, das die Angeklagte mit dem Veit-Smellie Griff aufgrund einer
Komplikation mit den Armen entwickeln musste. L. Z37, der bei einer
Größe von 55 cm ein Geburtsgewicht von 3.300 g aufwies, wurde mit
doppelter straffer Nabelschnurumschlingung um Hals und Körper geboren.
Ob der von der Angeklagten notierte Apgar-Wert von 10 tatsächlich
zutraf, hat die Kammer nicht feststellen können. Auch soweit die
Angeklagte in Zusammenhang mit der Geburt des Jungen notiert hat, dass
es nicht zu Mekoniumabgang gekommen ist, kann die Kammer dies angesichts
der auch bei anderen Geburtsvorgängen nicht in allen Punkten
zutreffenden Dokumentierung der Angeklagten nicht sicher feststellen.
Die Kindsmutter hatte jedenfalls im Verlauf der Geburt gegen 00.54 Uhr
das Gefühl, dass etwas aus ihr herauskam, was sie mit den Worten "Da
kommt total viel" kommentierte. Es ist möglich, dass es sich dabei um
Mekonium handelte. Festgestellt hat die Kammer dies nicht.
Unmittelbar nach der Geburt des ersten Zwillings kam es sodann zu der
eingangs der Feststellungen beschriebenen Komplikation einer vorzeitigen
Plazentaablösung und in deren Folge zu einem sog. "Holzuterus" - einer
brettharten, druckdolenten, kontrahierten Gebärmutter -, mit der Folge
einer inneren Blutung und einer unmittelbar eintretenden
Sauerstoffunterversorgung des zweiten Zwillings.
Die Zeugin Z37 verspürte unmittelbar nach der Geburt des ersten Kindes
einen starken anhaltenden Schmerz, den die Angeklagte auch zutreffend
als Komplikation einer partiellen Plazentalösung einordnete. In ihrem
Geburtsbericht notierte sie dazu: "1.18 Uhr Wehe, länger andauernd:
Uterus längsgerichtet, keine Blutung, aber keine klare Pause, V.a.
Partielle Plazentalösung". Bis zur Geburt des zweiten Zwillings dauerte
es weitere 11 Minuten, in denen das Kind unter einer Mangelversorgung
mit Sauerstoff litt. Dies war auch der Angeklagten und der Kindsmutter
klar, weshalb die Angeklagte sie dazu anleitete, aus der Gebärposition
aus dem Wasserbecken in eine aufrechte Position zu wechseln. Die Zeugin
Z37 formulierte dazu: "Uns allen ist klar, dass A. Z37s
Sauerstoffversorgung knapp sein muss". Auch ohne entsprechende
Presswehen forderte die Angeklagte die Zeugin Z37 zum Pressen auf, um
die Geburt zu beschleunigen, nachdem bei einer erneuten
Vaginaluntersuchung zuvor die zweite Fruchtblase geplatzt und der Kopf
des Kindes in das Beckenende eingetreten war. Um 01.27 Uhr wurde der
zweite Zwilling A. Z37 mit einer Größe von 54 cm und einem Gewicht von
3.600 g geboren. Bereits als der Kopf bis zu den Augenhöhlen geboren
wurde, erkannte die Angeklagte deutliche Hypotoniezeichen, weshalb ein
sofortiges aktives Herausschieben des Kindes durch die Zeugin Z37 auch
ohne Presswehen unter gleichzeitiger aktiver Schulterentwicklung durch
die Angeklagte erforderlich war.
Infolge des erlittenen Sauerstoffmangels war das Neugeborene blass,
tonus- und bewegungslos, die Nabelschnur pulsierte bei 100 bpm, was auf
eine Bradykardie hindeutete. Die Angeklagte begann sofort mit
Reanimationsmaßnahmen, die zunächst nicht erfolgreich schienen. Sie
versuchte, das Neugeborene auf dem Beckenrand zu beatmen, was ihr nicht
gelang. Obwohl die Angeklagte der Kindsmutter mitteilte, dass sie keine
Luft hineinbekomme, da die Lunge sich nicht entfalten würde, vertraute
die Zeugin Z37 auf ihr Gefühl, dass es ihrem Kind gut gehe. Anschließend
ließ die Angeklagte das Kind auf den Boden gleiten und hielt einen
Moment ratlos inne, den die Mutter dazu nutzte, ihrem Kind den Rücken zu
massieren. Nach weiteren Bemühungen seitens der Kindsmutter und der
Angeklagten gelang es schließlich, das Neugeborene wiederzubeleben. Nach
fünf Minuten vergab die Angeklagte den Apgar-Wert 10, zu dessen
zutreffender Einordnung die Kammer nichts sagen kann.
Die Zeugin Z37 schrieb in ihrem Geburtsbericht dazu: " A. Z37 ist in
...s (Vorname der Angeklagten) Augen schon sehr schlapp, weshalb sie
versucht, A. Z37 auf dem Beckenrand liegend zu beatmen, es geht aber
keine Luft rein. GUTES ZEICHEN! Wir lassen A. Z37 dann auf den Boden
gleiten, wo ... (Vorname der Angeklagten) sie dann noch mal mit mir
zusammen anspricht. ... (Vorname der Angeklagten) wird dann kurz
nachdenklich, geht in sich (Sekundenbruchteile). Meine Verbindung zu
meinem Kind steht, keine Frage! Ich nutze diesen Moment, drehe meine
Kleine behutsam auf die Seite und denke "ich will euch doch beide
haben!", spreche sie an, rubbele ihr den Rücken. ... (Vorname der
Angeklagten) macht auch direkt mit und so rubbeln wir gemeinsam:
UND DANN ERWACHT A. Z37 AUS IHREM DORNRÖSCHENSCHLAF !"
In dem Protokoll der Angeklagten findet sich die Formulierung: "Wir
beide geben dem Kind intensive Hautreize, ... (Vorname der Zeugin)
spricht es an. Noch vor Ablauf der ersten Minute die erste
Schnappatmung, danach schnelle Erholung: Apgar nach fünf Minuten 10".
Im Anschluss an die Geburt erlitt die Zeugin Z37 eine Kreislaufschwäche,
wobei etwa zwei Stunden später eine Besserung der Beschwerden eintrat.
Um 04.10 Uhr fuhr die Angeklagte sodann zurück nach O8.
Die Zeugin Z37 setzte im Anschluss an die Geburt in einen Blog
"Zwillingsmonde" unter Einarbeitung des Geburtsberichts der Angeklagten
ihre Schilderung des Geburtsgeschehens in das Internet. Soweit
feststellbar, haben sich die Zwillinge im Anschluss normal entwickelt.
Weitere Geburtsvorgänge
Die Kammer hat im Hinblick auf die Einstellung, die Risikobereitschaft,
die Kenntnisse und das Verantwortungsbewusstsein der Angeklagten
weitere, z.T. von der Angeklagten als Beleg für ihr
Verantwortungsbewusstsein und das Fehlen eines ideologischen
Hintergrundes benannte, z.T. aus beschlagnahmten Abrechnungsunterlagen
der Angeklagten zu ermittelnde Vorgänge zum Inhalt der Beweisaufnahme
gemacht, bei denen es während einer begonnenen Haus- bzw. Praxisgeburt
zu einer Verlegung der werdenden Mütter in eine Klinik gekommen ist.
Festzustellen ist insoweit, dass eine Änderung der Einstellung der
Angeklagten, eine Einsicht in die Notwendigkeit eines klinischen
Entbindungsmodus bei Risikoschwangerschaften und ein kritisches
Hinterfragen der eigenen Vorgehensweise nach dem Tod des Kindes G. Z1
auch im weiteren nicht zu erkennen ist. Sofern es bei Komplikationen im
Rahmen von Hausgeburten - in der Zeit vor und nach 2008 - zu einer
Verlegung in ein Krankenhaus kam, war dieser Umstand im wesentlichen auf
die Beteiligung einer weiteren erstbetreuenden Hebamme, den
ausdrücklichen Wunsch der Kindsmutter oder eine offensichtlich akut
lebensbedrohliche Situation auch für die Gebärende selbst
zurückzuführen. In anderen Fällen lagen die Geburten bereits mehr als
zwei Jahrzehnte zurück, was ihre Bedeutung für die Beurteilung der
Einstellung der Angeklagten zum Tatzeitpunkt mindert. Bei dem
Tatgeschehen nachfolgenden Geburten war im Einzelfall auch immer zu
bedenken, dass das laufende Ermittlungsverfahren wegen der Tat die
Entscheidung der Angeklagten beeinflusst haben kann.
Mehrere der von der Angeklagten benannten Zeuginnen haben nach einer
Kontaktaufnahme durch die Angeklagte und überwiegend auf ihren Wunsch
und von ihr redigiert, einen positiven Bericht des Geburtsverlaufs
schriftlich gefertigt, wobei zum Teil die tatsächlichen Abläufe bewusst
nicht zutreffend, wesentlich verkürzt oder unwahr wiedergegeben wurden.
Die insgesamt auf die Bitte der Angeklagten niedergeschriebenen
"Geburtsberichte" sind von den Zeuginnen mit der Intention verfasst
worden, die Angeklagte in dem Verfahren zu entlasten. Nur in
Ausnahmefällen - wie etwa bei der Geburt Z38 und Z39 hat die Kammer
ergänzend Krankenhausberichte beigezogen oder einen Arzt vernommen.
Feststellungen zur Geburt des Kindes P. Z38 am 20.06.2010
Die hohe Risikobereitschaft der Angeklagten zur Realisierung des von ihr
verfolgten Entbindungskonzepts zeigte sich auch noch im Jahre 2010. Bei
der Geburt des Kindes P. Z38, die durch einen Notkaiserschnitt beendet
werden musste, war nicht nur das Leben des Kindes, sondern auch das der
Kindsmutter in Gefahr, nachdem sich hier die typische Gefahr einer
Narbenruptur bei einer vaginalen Entbindung nach Kaiserschnitt
realisiert hatte.
Die Zeugin Z38, Körpertherapeutin und Psychologin, und Kinder- und
Jugendpsychotherapeutin in Ausbildung, erwartete im Sommer 2010 im Alter
von 46 Jahren ihr zweites Kind. Das erste Kind war fünf Jahre zuvor
durch einen Kaiserschnitt entbunden worden. Bereits zu einem relativ
frühen Zeitpunkt der Schwangerschaft suchte sie ihre Gynäkologin nicht
mehr auf und ließ auch keine Ultraschalluntersuchungen durchführen, die
sie auch bereits bei ihrer ersten Schwangerschaft aus grundsätzlichen
Erwägungen abgelehnt hatte. Stattdessen ließ sie sich ausschließlich von
der Angeklagten betreuen. Die Einstellung der Angeklagten im Hinblick
auf die Präferenz einer natürlichen unmedizierten Geburt traf ebenso auf
Übereinstimmung mit der Denkweise der Zeugin Z38 wie deren
grundsätzliche Abneigung gegenüber schulmedizinischen Erkenntnissen.
Insgesamt nahm die Angeklagte zwischen dem 20.12.2009 und dem 31.05.2010
sieben Vorsorgeuntersuchungen vor. Weiter sah sie die Zeugin Z38 am 08.
und 14.06.2010 sowie am Tag vor der Geburt, worauf noch eingegangen
wird.
Eine besondere Risikoaufklärung hinsichtlich der Gefahr einer
Narbenruptur im Rahmen des Geburtsgeschehens nach vorangegangener Sectio
nahm die Angeklagte nicht vor. Zwar fand ein Gespräch über die
möglicherweise schlechte Qualität der Narbe an der Gebärmutter statt,
die Hinweise der Angeklagten beschränkten sich jedoch im wesentlichen
darauf, dass man alles im Blick haben müsse, insbesondere wie der Bauch
sich verhalte, wobei die Zeugin anlässlich durchgeführter Untersuchungen
der Angeklagten immer der Überzeugung war, dass sich alles "gut,
entspannt und gesund" anfühlte. Sie war der Überzeugung, den Wachstums-
und Gesundheitszustand ihres Kindes aufgrund ihrer Fähigkeiten und
Ausbildung als Körpertherapeutin auch selbst einschätzen zu können,
wobei sie ebenso die Auffassung vertrat, auch die Empfängnis - bei einem
von mehreren Geschlechtsakten - gespürt zu haben.
Einen Tag vor dem errechneten Geburtstermin, am 19.06.2010, kam es
bereits zu einer kritischen Situation, die nach ärztlicher Einschätzung
einer unmittelbaren Aufnahme im Krankenhaus bedurft hätte. Nachdem sich
die Zeugin an diesem Tag unwohl gefühlt hatte, informierte sie gegen
Abend die Angeklagte, die etwa nach 20 Uhr bei ihr eintraf. Als
Erklärung für den Zustand der Kindsmutter vermutete die Angeklagte, dass
die Zeugin zu wenig getrunken hatte. Zur Absicherung suchte man - die
Zeugin Z38, ihr Ehemann und die Angeklagte - aufgrund fehlender
Wahrnehmung von Kindsbewegungen gleichwohl das K.-Krankenhaus in O36
auf, in dem nach Angaben der Zeugin ihr Schwiegervater früher Leiter der
urologischen Abteilung gewesen war.
Nachdem man um 0.45 Uhr im Krankenhaus eingetroffen war, stellte der
diensthabende Oberarzt der geburtshilflichen Abteilung, der Zeuge Dr.
Z40, anlässlich der durchgeführten Untersuchungen ein hochpathologisches
CTG und ein Polyhydramnion - eine überdurchschnittlich große Menge
Fruchtwasser - fest. Die kindliche Herztonfrequenz zeigte teilweise zu
hohe Werte von 170 Schlägen in der Minute und zugleich weiter
Herztonabfälle bis auf 70, darüberhinaus zeigte die Frequenz eine
Einengung, zum Teil nahezu eine gerade Linie. Für den Zeugen Dr. Z40 war
dieses pathologische CTG ein massiver Warnhinweis, der aus seiner Sicht
dazu Veranlassung gab, unmittelbar einen Kaiserschnitt durchzuführen.
Als er den Kindseltern in Anwesenheit der Angeklagten die unbedingte
Indikation für einen sofortigen Kaiserschnitt unterbreitete, lehnten sie
dies kategorisch ab. Der Zeuge Dr. Z40 führte im Anschluss wiederholt
über einen Zeitraum von mindestens einer Stunde ein Gespräch mit den
Eltern, bei dem auch die Angeklagte anwesend war, sich aber nicht
äußerte, in dem er wiederholt auf die Erforderlichkeit, Dringlichkeit
und die akute Gefahr für das Leben des ungeborenen Kindes hinwies.
Die Zeugin Z38 und ihr Ehemann zeigten sich, ebenso wie die Angeklagte,
von den Ausführungen des Arztes unbeeindruckt. Die Zeugin Z38 erklärte
vielmehr, dass sie ein gutes Gefühl habe und nach Hause gehen wolle.
Auch nachdem der Zeuge Dr. Z40 wiederholt darauf hingewiesen hatte, dass
sich in dem Fall massive Komplikationen bis hin zum Tod des Kindes
ergeben könnten, entschlossen sich die Eltern unbeeindruckt, nach Hause
zu gehen. Die Angeklagte, die grundsätzlich die Auffassung vertritt,
dass die Entscheidung über den Geburtsort allein in den
Verantwortungsbereich der Kindsmutter fällt, riet den Eltern nicht zu
einer anderen Entscheidung und zu einem Verbleib in der Klinik. Der
Zeuge Dr. Z40 ließ sich anschließend durch die Zeugin Z38 eine Erklärung
unterzeichnen, mit der sie die Verweigerung der stationären Behandlung
gegen den ausdrücklichen und eindringlichen ärztlichen Rat bestätigte.
Der Zeuge Dr. Z40 nahm in das Formular den folgenden Text auf:
"Patientin ausführlich in Anwesenheit der Hebamme und des Ehemannes über
mögliche Komplikationen und Konsequenzen bis hin zum Kindstod (wobei er
das Wort mehrfach unterstrich) aufgeklärt".
Im Verlauf des anschließenden Tages kam es sodann zu der Geburt, bei der
sich das typische Risiko nach Sectio einer Narbenruptur an der
Gebärmutter - begünstigt durch das vorliegende Polyhydramnion -
ereignete. Nachdem es wohl gegen 16 Uhr zum Fruchtblasensprung und
regelmäßiger Wehentätigkeit seit 15 Uhr gekommen war, traf die
Angeklagte gegen 17 Uhr bei der Zeugin Z38 und ihrem Ehemann ein.
Nachdem der Muttermund um 17.30 Uhr auf etwa 5 bis 6 cm geöffnet war und
der Kopf sich im Beckeneingang befand, zeigte sich bis 18.30 Uhr keine
Veränderung der Geburtssituation, so dass die Angeklagte von einem
Geburtsstillstand ausging. Nachdem sich schließlich massig dunkelgelbes
Fruchtwasser mit stechendem Geruch entleerte und die Angeklagte bei der
durchgeführten Vaginaluntersuchung feststellte, dass die vordere
Muttermundlippe ohne Kontakt zum Kopf des Kindes war, war ihr bewusst,
dass die akut lebensbedrohliche Situation einer Narbenruptur -
begünstigt durch den wegen vermehrten Fruchtwassers gesteigerten Druck
innerhalb des Uterus - eingetreten war, die keine andere Alternative als
eine sofortige Verlegung in eine Klinik zuließ und die Durchführung
einer Sectio erforderte, um das akut bedrohte Leben der Mutter und des
Ungeborenen zu retten. Ohne Verlegung wären Mutter und Kind sicher
gestorben.
Um 19.15 Uhr erfolgte die Aufnahme im ca. 10 km von der Wohnanschrift
der Zeugin Z38 entfernt liegenden K.-Krankenhaus in O36. Die Zeugin Z38
und die Angeklagte gaben an, dass nach Blasensprung und regelmäßiger
Wehentätigkeit bei der letzten vaginalen Untersuchung, bei der der
Muttermund ca. 5 cm weit gewesen sei, blutiges und grünes Fruchtwasser
abgegangen sei. Bei der Aufnahmeuntersuchung zeigte sich ebenfalls
blutig stinkendes Fruchtwasser, der Muttermund war nicht mehr tastbar
und das CTG zeigte regelmäßige Dezelerationen, d.h. ein Absinken der
fetalen Herzfrequenz, ein Hinweis auf eine massive
Sauerstoffunterversorgung des Ungeborenen. Die diensthabende Oberärztin
stellte daraufhin mit Verdacht auf eine Ruptur die Indikation zur
eiligen Sectio caesarea. Vor Einleitung des Notkaiserschnitts zeigte
sich eine bradykarde fetale Herzfrequenz von nur noch 70 Schlägen in der
Minute. Nach einer Intubationsnarkose wurde um 19.50 Uhr die
Schnittentbindung durchgeführt und das Kind - ... - konnte um 19.53 Uhr
gesund entwickelt werden. Die Apgar-Werte betrugen 8/9/10.
Die Zeugin Z38 hatte einen massiven Blutverlust erlitten; der Hb-Wert
war von 11,1 auf 4,9 abgefallen, wobei der reale Wert aufgrund der
Blutverdünnung durch Infusionen etwas darüber lag. Gleichwohl wurde
bereits über die Erforderlichkeit einer Bluttransfusion nachgedacht, die
letztlich aber nicht erforderlich wurde. Die postoperativ empfohlene
Antibiotikaprophylaxe wie auch eine Fortführung der
Kontrazeptivaeinnahme lehnte die Zeugin Z38 ab. Auch eine
Vitamin-K-Prophylaxe für ..., die bei Neugeborenen empfohlen wird,
lehnte sie ab. Am 24.06.2010 verließ die Zeugin auf eigenen Wunsch mit
ärztlicher Zustimmung das Krankenhaus.
Auch im nachhinein ist die Zeugin Z38 der Überzeugung, dass die
Durchführung einer Hausgeburt die richtige Entscheidung gewesen sei.
Insbesondere vertritt sie die Auffassung, dass ihr ungeborener Sohn ...
ihrer beider Leben gerettet habe, indem er in Wahrnehmung der Notlage
seiner Mutter bewusst eine Schulter in den Riss der Gebärmutter gedrückt
habe, um die Blutung zu stoppen.
Um der Angeklagten im Rahmen des gegen sie geführten Verfahrens
Unterstützung zukommen zu lassen, fertigte die mit Beweisantrag vom
16.10.2013 benannte Zeugin nach Rücksprache im persönlichen Austausch
und unter Abgleichung mit der Angeklagten mit Datum vom 18.01.2013 ein
Schreiben, mit dem sie den Geburtsverlauf und die vorangegangene
Situation positiv beschrieb und unzutreffend wiedergab. Sie stellte die
Umstände so dar, als wäre die lebensrettende Geburtsbeendigung nur auf
das Handeln der Angeklagten zurückzuführen gewesen, wobei sie die
wesentlichen Faktoren - die ärztliche Diagnose, die dringende Empfehlung
zur stationären Aufnahme und das Handeln gegen diesen ausdrücklichen
ärztlichen Rat, wonach es erst zur lebensbedrohlichen Situation gekommen
war - insgesamt verschwieg.
Das Schreiben der Zeugin hatte dabei unter anderem folgenden Inhalt:
"Liebe ... S.,
B..ich habe Dich als kompetent, sehr kooperativ mit uns und mit den
Ärzten in der Klinik und sehr gebildet erlebt, so dass die Begleitung
für uns sehr hilfreich war. Im September 2009 wurde ich schwanger.
Nachdem die erste Frauenärztin auf mein Alter, damals 45, mit Angst
reagierte, habe ich mich an dich erinnert. Da Du mein biologisches Alter
für jünger einschätztest und meinen Gesundheitszustand als positiv, war
der Weg gebahnt für eine Betreuung nach Kaiserschnitt mit dem Ziel einer
natürlichen Geburt. Ich entschied mich für die weitere Begleitung durch
Dich, suchte weder weitere Ärzte noch Ultraschall auf. Das Wachstum des
Kindes im Bauch hielst Du für zu schnell. So dass du mir empfahlst,
keine isolierten Kohlehydrate mehr zu essen und täglich eine Stunde zu
laufen. ...
Am 19. Juni 2010, ein Tag vor dem errechneten Geburtstermin, wurde mir
schwindelig, das Baby hatte erhöhten Herzschlag. Du kamst zunächst zu
uns nach Hause. Dann suchten wir auf Deinen Rat gemeinsam mit Dir ein
Krankenhaus auf (... O36 ...). Dort wurde diagnostiziert, dass ich an
dem heißen Tag lediglich zu wenig getrunken habe. Gegen 22.00 Uhr fuhren
wir auf unseren eigenen Wunsch wieder nach Hause.
Am 20.10.10 begann um ca. 15.00 Uhr die gut vorbereitete Hausgeburt.
Gegen 17.00 Uhr trafst Du wegen häufiger Wehentätigkeit ein. Ab 17.30
Uhr färbte sich das austretende Fruchtwasser plötzlich bräunlich, nach
deinen Aussagen. Ich bemerkte das nicht, lediglich bekam ich plötzlich
Schmerzen, die sich sehr unangenehm anfühlten. Die Geburt schien nicht
weiterzugehen. Daraufhin hast Du mich genau untersucht und sofort
vorgeschlagen, in die Klinik zu fahren. Ich gab mein Bestes, um zügig
mit meinem Mann in die Klinik zu fahren. Du kamst auch mit, was mir
große Sicherheit gab. Die diensthabende Oberärztin Dr. ... fand nach
kurzer Untersuchung, dass ein Notkaiserschnitt erforderlich sei. Da Du
das auch so sahst, habe ich eingewilligt. Bei der Sectio wurde dann
festgestellt, dass eine Schulter von ... bereits durch die alte
Sectionarbe der Gebärmutter getreten war. ... hat so wahrscheinlich die
Blutung stoppen helfen wollen, damit wir beide überleben. Das wurde mir
hinterher berichtet und rührt mich noch heute, erstens weil wir
wahrscheinlich deswegen beide noch leben und zweitens weil ... (Vorname
des geborenen Kindes) immer für Themen schnell eine Lösung weiß oder
mindestens deutlich Bescheid gibt, wenn ihn was stört...
Dass Du den Kontakt zur Klinik nicht scheust, sogar dorthin mitgehst,
wenn es dringend notwendig erscheint, fand ich äußerst beruhigend. ...
Der eingetretene Blutverlust konnte dank deiner Beratung durch Ernährung
und Eisentabletten ausgeglichen werden. Auch warst die Einzige, die
darauf hinwies, dass das Blutgerinnsel im Bauch so abgebaut wird, dass
der Eisenanteil wieder zur Blutbildung genutzt wird. Das vermittelte
erneut ein Gefühl von Selbstwirksamkeit und Zufriedenheit. Die
Empfehlung bei deiner Nachsorgeuntersuchung, möglichst schnell wieder in
das vertraute Zuhause zu gehen, beschleunigte ebenfalls meinen Prozess
der Regenerierung...
Auch in der Nachsorge - wo es weiter keine Komplikationen gab, fühlten
wir uns kompetent und zuverlässig unterstützt. ...(Vorname des Kindes)
ist ein fitter witziger 2-jähriger...".
Verlegungen in eine Klinik vor dem Tod G. Z1s
Die Beweisaufnahme zu den erfolgten Klinikverlegungen unter der Geburt
ist ganz überwiegend auf Initiative der Verteidigung erfolgt.
Geburt Z41 am 02.04.1985
Bei der nahezu 30 Jahre zurückliegenden Geburt des Kindes der Zeugin Z41
war es zu einem Geburtsstillstand gekommen, der die Entscheidung der
Kindsmutter bedingte, eine Verlegung in eine Geburtsklinik vornehmen zu
wollen. Die 1964 geborene Zeugin ist als Assistenzärztin in der
Neurochirurgie eines Krankenhauses beschäftigt und seit dem
Medizinstudium mit der Angeklagten bekannt und ihr eng verbunden. Im
Jahre 1985 war die Zeugin mit dem zweiten Kind schwanger. Aufgrund ihrer
grundsätzlichen Einstellung, bei einer Geburt so wenig Medizin wie nötig
zuzulassen, plante sie die Durchführung einer Hausgeburt mit Begleitung
der Angeklagten. Nachdem es im Rahmen des Geburtsverlaufs zu Problemen
kam - der Kopf des Kindes war im Geburtskanal nicht richtig eingestellt,
die Gebärende litt unter starken Schmerzen, die Wehen waren über einen
längeren Zeitraum ineffektiv, weshalb die Angeklagte die Möglichkeit
einer Fruchtblaseneröffnung vorschlug - entschied man sich auf den
Wunsch der Mutter zu einer Beendigung der Spontanentbindung im
Krankenhaus.
Nachdem es infolge des eingeleiteten Ermittlungsverfahrens etwa Mitte
des Jahres 2012 zu einer erneuten Kontaktaufnahme der Angeklagten zur
Zeugin und deren Ehemann gekommen war, hatte man bei gemeinsamen Treffen
die Umstände der Geburt G. Z1s, auf der Grundlage der Einschätzungen der
Angeklagten, analysiert. Nach einer eigenen Theorie der Zeugin Z41 hält
sie eine Hirnschädigung des ungeborenen Kindes, mit dem auf einen
längeren cerebralen Anfall folgenden Hirntod, für die wahrscheinliche
Todesursache, wobei sie einräumen musste, dass diese Einschätzung
medizinisch durch nichts belegt sei. Ebenfalls auf der Grundlage der
Angabe der Angeklagten, dass Mekoniumabgang erst in der letzten Phase
der Geburt stattgefunden habe, ordnete die Zeugin Z41 diesen Umstand
einem Auspressen des Darms des Kindes im Geburtskanal zu.
Geburt Z42 am 26.09.1992
Bei der über 20 Jahre zurückliegenden Geburt des Kindes der Zeugin Z42
führte ein Nabelschnurvorfall, der keine Hoffnung auf einen glücklichen
Geburtsausgang ließ, zu der Verlegung in eine Geburtsklink. Ein
Nabelschnurvorfall ist ein geburtshilflicher Notfall, bei dem die
Nabelschnur vor den vorangehenden Teil des Kindes rutscht, was die
Gefahr der Abklemmung und damit einer Hypoxie des Kindes bedingt. Bei
einem Nabelschnurvorfall wird notfallmäßig eine sofortige Sectio
durchgeführt, um eine Hypoxie des Kindes zu verhindern.
Bei der Kindsmutter lagen Geburtsrisiken aufgrund einer Allergie und
Epilepsie vor. Unter der Geburt, die sich mit Wehentätigkeit beginnend
bereits am 24.09. über nahezu zwei Tage hinzog, kam es aufgrund eines
geplanten Urlaubs der betreuenden Hebamme zu einem Wechsel der
Betreuungsperson. Die Angeklagte übernahm die Geburtsbegleitung, bevor
es zum Fruchtblasensprung bei protrahiertem Geburtsverlauf und
schließlich dem Nabelschnurvorfall kam. Beim Eintreffen des daraufhin
alarmierten Rettungsdienstes war der Angeklagten die manuelle
Reponierung der Nabelschnur gelungen. Nach der Verlegung in die
Geburtsklinik kam es unmittelbar zur Spontanentbindung des Kindes, das
bereits Anzeichen einer Hypoxie in Form einer Zyanose - einer bläulichen
Verfärbung der Haut - zeigte.
Während des jetzigen Ermittlungsverfahrens verfasste die Zeugin Z42 auf
den Wunsch der Angeklagten und von ihr überarbeitet ein Schreiben, mit
der Intention, der Angeklagten " zu helfen". Die Zeugin Z42 und die
Angeklagte erstellten bewusst eine verkürzte tendenziöse Darstellung,
die lediglich das Erscheinen der Angeklagten erst im Zeitpunkt des
Nabelschnurvorfalls mit dem unbedingten Rat zur Verlegung zur
Untermauerung ihres Verantwortungsbewusstseins beschrieb.
Geburt Z43 am 12.03.1996
Die nahezu zwei Jahrzehnte zurückliegende Geburt der von der Angeklagten
benannten Zeugin Z43 war bereits nicht als Hausgeburt geplant; die
Zeugin stand unter der Begleitung einer anderen erstbetreuenden Hebamme,
der mit der Angeklagten befreundeten Zeugin Z16. Nachdem im 8.
Schwangerschaftsmonat eine Beckenendlage festgestellt worden war, war
der Kindsmutter eine Hausgeburt zu riskant, weshalb sie eine spontane
Entbindung im Krankenhaus plante, die auch bereits mit dem Klinikarzt
besprochen war. Nachdem am Morgen des 12.03.1996 die Geburtswehen
eingesetzt hatten, schlug die Zeugin Z16, die am späten Nachmittag
erstmals eine Untersuchung durchgeführt hatte, in Anbetracht des
stattgefundenen Fruchtblasensprungs, starker Wehen und der
vorangeschrittenen Eröffnung des Muttermundes vor, doch gemeinsam mit
der Angeklagten eine Hausgeburt durchzuführen. Nach dem Erscheinen der
Angeklagten und einer von ihr vorgenommenen Vaginaluntersuchung,
versuchte die Angeklagte, die Gebärende von einer Hausgeburt zu
überzeugen, indem sie ihr erklärte, dass es ihr und dem Kind gut gehe
und sie den Wehen einfach freien Lauf lassen sollte. Die Zeugin Z43, die
sich in dieser Situation an die Ausführungen des Klinikarztes erinnerte,
der sie - anders als die Angeklagte - über die Risiken und die
gegebenenfalls erforderliche Durchführung einer schnellen Sectio
aufgeklärt hatte, entschied sich jedoch unmissverständlich für eine
Verlegung in die Geburtsklinik.
Geburt Z44 am 17.09.1999
Auch bei der Geburt der Zeugin Z44 im Jahre 1999 führten andere Umstände
als der im Vordergrund stehende Rat der Angeklagten zu einer Verlegung
in ein Krankenhaus. Auch in diesem Fall wurde die Zeugin durch eine
andere erstbetreuende Hebamme begleitet; Komplikationen unter der
geplanten Hausgeburt einer Beckenendlage führten, auch auf eigenen
Wunsch der Kindsmutter, zur notfallmäßigen Verlegung in das Krankenhaus,
in dem nur ein durchgeführter Notkaiserschnitt das Leben des Ungeborenen
rettete.
Die Zeugin Z44, die nach ihren Angaben "so nebenbei schwanger war", "es
nicht so mit Ärzten hat", sich keine besonderen Gedanken machte und sich
auf den Rat ihrer Hebamme, der Zeugin Z45, und später der Angeklagten
verließ, war im Jahre 1999 mit ihrem ersten Kind schwanger. Die Planung
einer Hausgeburt wurde auch nicht verworfen, als sich zum Ende der
Schwangerschaft eine Beckenendlage des Kindes herausstellte. Auf den Rat
der ebenfalls mit der Angeklagten gut bekannten bzw. befreundeten Zeugin
Z45, sollte lediglich eine Hinzuziehung der Angeklagten als Fachfrau für
Beckenendlagen erfolgen. Die Zeugin Z44 wurde im Rahmen der Planung der
Hausgeburt weder von der Zeugin Z45 noch von der Angeklagten über die
Risiken der Lageanomalie des Kindes aufgeklärt. Auch nachdem bereits
eine rechnerische Überschreitung des Geburtstermins und schließlich eine
Übertragung der Schwangerschaft vorlag - der errechnete Geburtstermin
war der 01.09.1999 -, erfolgten keine ausreichenden Kontrollen. Die
Zeugin Z44 hatte bereits 42 Schwangerschaftswochen überschritten, als es
am Abend des 16.09.1999 zum Beginn der Geburt kam. Bei Voruntersuchungen
der Angeklagten in den letzten Tagen vor der Geburt hatte sie bereits zu
niedrige Herztöne des Kindes (105 bpm) festgestellt, was ihr jedoch
keine Veranlassung zu einer Überweisung der Kindsmutter in eine
Geburtsklinik gegeben hatte. Während zunächst der Ehemann, die Zeugin
Z45 und eine Hebammenschülerin anwesend waren, konnte die Angeklagte,
die parallel eine weitere Geburt begleitet hatte, erst am Morgen des
17.09., mehrere Stunden nach ihrer Benachrichtigung, zur Geburt
hinzukommen. Vor dem Eintreffen der Angeklagten, wohl nach 05.00 Uhr am
Morgen des 17.09. waren die Herztöne des Kindes bereits über mehrere
Stunden schwankend und trotz starker Wehen der Kindsmutter veränderte
sich die Geburtssituation nicht. Wohl gegen 05.50 Uhr kam es infolge des
unter Stress stehenden Kindes und des daraus resultierenden reduzierten
gastrointestinalen Blutflusses mit verstärkter fetaler Darmperistaltik
zu einem massiven Mekoniumabgang; die Herztöne wiesen mit 105 bpm eine
Bradykardie auf und erholten sich auch nur mäßig, nachdem die Angeklagte
das Kind zunächst zurückgeschoben hatte. Aufgrund einer weiter
bestehenden unklaren Situation in Bezug auf die Nabelschnur, die
verlangsamt pulsierte, war eine Gefährdung der Gesundheit und des Lebens
des Ungeborenen für die beteiligten Geburtshelfer offensichtlich. Auch
für die Kindsmutter stand angesichts der von den Hebammen eingeschätzten
Situation eine unmittelbare Verlegung in eine Klinik außer Frage. Die
Aufnahme in das Johannes-Krankenhaus in O36 erfolgte um 06.05 Uhr. Die
Zeugin Z44 hatte sehr starke Wehen, denen sie durch unkontrolliertes
Pressen nachgab; der Muttermund war vollständig geöffnet, der Steiß
befand sich noch in Beckenmitte. Die Vulva der Gebärenden war mit
Mekonium verschmiert. Das CTG zeigte eine leichte Bradykardie mit
Dezerelation, dem kurzzeitigen Abfall der Herzfrequenz um mindestens 15
Schläge pro Minute. Durch die Klinikärzte wurde unmittelbar die
Durchführung einer Notsectio veranlasst. Bei der Entwicklung des Kindes
zeigte sich eine Nabelschnurumschlingung um Hals und Schulter, wobei das
Neugeborene erst nach dem Lösen der Nabelschnur vollständig zu
entwickeln war. Um
06.29 Uhr erfolgte die Entwicklung eines reifen Mädchens aus reiner
Steißlage mit einem Geburtsgewicht von 2980 g. Als Apgar wurde dreimal
der Wert 9 vergeben. Das Neugeborene wurde zur Beobachtung in die
Kinderklinik verlegt. Die Zeugin Z44 verließ bereits einen Tag nach der
Geburt gegen ärztlichen Rat die Klinik; das Neugeborene wurde noch am
Abend der Geburt gegen ärztlichen Rat von dem Kindsvater aus der
Kinderklinik geholt.
Im Rahmen des gegen sie geführten Strafverfahrens nahm die Angeklagte
mit der Bitte um Unterstützung Kontakt zu der Zeugin Z44 auf.
Geburt Z67 am 15.12.1999
Bei der ebenfalls nahezu 15 Jahre zurückliegenden Geburt der von der
Angeklagten benannten Zeugin Z67 kam es mutmaßlich infolge eines
Geburtsstillstandes zu einer Verlegung in die Klinik, wo die Geburt
mittels Saugglocke beendet wurde. Einzelheiten zu dem Geburtsverlauf
waren mangels konkreter Erinnerung der Zeugin, die fünf Kinder hat und
deren zweite Geburt von der Angeklagten als Hausgeburt begleitet wurde,
nicht festzustellen. Auch bei der Zeugin Z67 war eine esoterische
Einstellung zu Schwangerschaft und Geburt festzustellen. So lehnt die
Zeugin etwa die Durchführung von Ultraschalluntersuchungen ab, da sie
die Auffassung vertritt, dass damit für das Ungeborene eine
gesundheitsschädliche Geräuschbelastung vergleichbar mit dem Getöse
eines Düsenjägers verbunden sei.
Geburt Z62 am 23.02.2000
Bei der Geburt der Zeugin Z62, die über 14 Jahre zurückliegt, erfolgte
eine Verlegung einer geplanten Beckenendlagenentbindung unter der Geburt
auf Empfehlung der erstbetreuenden Hebamme.
Die Zeugin Z60, die mehrere Jahre im anthroposophischen Krankenhaus in
O20 als angestellte und später als Beleghebamme arbeitete, betreute die
Zeugin Z62 während der Schwangerschaft. Als sich zum Ende der
Schwangerschaft herausstellte, dass das Kind in Beckenendlage lag,
lehnte die Hebamme Z60, aufgrund ihrer grundsätzlichen Einstellung,
Beckenendlagen angesichts der gesteigerten Risiken eines
Sauerstoffmangels des Kindes nicht außerklinisch zu entbinden, die
Durchführung einer Hausgeburt ab. Die Kindsmutter war gleichwohl
entschlossen, die Geburt zuhause durchzuführen, weshalb sie Kontakt zu
der Angeklagten aufnahm. Unter Beteiligung der ihr ebenfalls bekannten
Angeklagten erklärte sich sodann auch die Hebamme Z60 zur
Geburtsbegleitung bereit. Elf Tage nach dem für den 12.02.2000
errechneten Geburtstermin setzten am frühen Morgen die Geburtswehen ein.
Weder war bei der Kindsmutter eine Vermessung des Beckens vorgenommen
worden noch war sie von der Angeklagten im einzelnen über die
gesteigerten Risiken einer Geburt aus Beckenendlage informiert worden.
Da die Zeugin Z60 an diesem Tag unter Migräne litt, begleitete die
Angeklagte die Geburt zunächst allein. Wie es ihrer Einstellung
entsprach, nahm sie keine Kontrolle der Blutdruck- und Pulswerte der
Kindsmutter, und nur zweimal eine Kontrolle der Herzfrequenz des
Ungeborenen um 11 Uhr und um 12.25 Uhr vor. Nachdem es um 11.25 Uhr zum
Fruchtblasensprung gekommen war, war das abfließende Fruchtwasser eine
Stunde später bereits leicht grünlich, was auf einen vorzeitigen
Mekoniumabgang als Signal für einen Sauerstoffmangel des Kindes hinwies.
Nachdem auch die Zeugin Z60 im weiteren Verlauf der Geburt beiwohnte,
kam es etwa 5 Stunden nach dem Fruchtblasensprung erneut zum Abgang von
viel Mekonium. Zudem war seit einiger Zeit kein Geburtsfortschritt
festzustellen, was die erstbetreuende Hebamme Christa Z60 Veranlassung
gab, dringend die Verlegung in das O20r Krankenhaus anzuraten. Die
Angeklagte hätte die Geburt trotz der Warnzeichen noch weiter
fortgesetzt, was sie der Kindsmutter gegenüber später im Krankenhaus mit
einer Äußerung des Inhalts, dass sie etwas mehr Ehrgeiz erwartet hätte,
zum Ausdruck brachte. Mit dem Pkw der Angeklagten wurde die Gebärende
sodann in die Klinik gebracht, wobei die Angeklagte noch an einer
Tankstelle anhalten musste, um ihr Fahrzeug zu betanken. Aufgrund der
akuten Gefährdung des Kindes wurde die Geburt in der Klinik unmittelbar
durch einen Kaiserschnitt beendet.
Geburt Z68 am 30.01.2001
Bei der Geburt des Kindes der Eheleute Z68 im Jahre 2001 handelte es
sich ebenfalls um eine geplante außerklinische Beckenendlagenentbindung.
Der konkrete Grund für die Verlegung war nicht festzustellen.
Die Kindsmutter, die sich gegen den ausdrücklichen Rat der
Geburtsmediziner, aufgrund der Kindslage einen Kaiserschnitt durchführen
zu lassen, zu einer Hausgeburt entschied, war von einer Klinikhebamme
auf den Namen der Angeklagten aufmerksam gemacht worden. Nach
entsprechender Kontaktaufnahme kam es zu einem Besuch in der Praxis der
Angeklagten in O8; im weiteren Verlauf fanden lediglich Telefonate
statt. Auch nachdem der errechnete Geburtstermin bereits um 10 Tage
überschritten war, erfolgten keine weitergehenden
Kontrolluntersuchungen. Eine Aufklärung über die besonderen Risiken
erfolgte, wie in den anderen Fällen, ebenfalls nicht.
Die in den Praxisräumen der Angeklagten begonnene Geburt wurde am
Nachmittag wohl auf den Rat der Angeklagten in eine Klinik verlegt, wo
sie als Spontangeburt beendet werden konnte. Die Feststellung der
konkreten Geburtsumstände sowie des Grundes für die Verlegung war der
Kammer nicht möglich. Die Angeklagte hat keine Einzelheiten zum
Geburtsverlauf angegeben, der als Zeuge vernommene Kindsvater hatte
keine detaillierte Erinnerung mehr; die Kindsmutter ist mittlerweile
nach Österreich verzogen, wobei eine Vernehmung unter
Amtsaufklärungsgesichtspunkten nicht geboten war.
Geburt Z66 am 04.07.2001
Bei der Geburt der von der Angeklagten benannten Zeugin Z66 handelte es
sich nicht um eine Entscheidung zur Verlegung im Rahmen von
Geburtskomplikationen bei begonnener Hausgeburt; es handelte sich um
eine Frühgeburt im 6. Schwangerschaftsmonat. Die als Zahnärztin tätige
Zeugin Z66 hatte vorzeitige Wehen in der 26. Schwangerschaftswoche,
wobei es zum Fruchtblasensprung und dem Abgang von Fruchtwasser und Blut
gekommen war. Nachdem sie die Angeklagte, mit der sie für den späteren
Zeitraum des regulären Geburtstermins eine Hausgeburt angedacht hatte,
angerufen und diese die unmittelbar lebensbedrohliche Situation für das
Ungeborene infolge fehlender Lebensfähigkeit erkannte hatte, wurde die
Zeugin Z66 mittels RTW in ein Krankenhaus in Datteln gebracht. Das 925 g
leichte Frühgeborene bedurfte intensivmedizinischer Behandlung und
Versorgung, ohne die es nicht lebensfähig gewesen wäre.
Geburt Z63 am 11.08.2004
Bei der Zeugin Z63 kam es infolge eines protrahierten Geburtsverlaufs
mit Geburtsstillstand unter der Begleitung einer anderen erstbetreuenden
Hebamme zur Verlegung in das evangelische Krankenhaus in O8, wo ein
Notkaiserschnitt durchgeführt werden musste. Die Schwangerschaft war
infolge des Alters der Mutter von 40 Jahren und des Umstands, dass sie
ein erstes Kind verloren hatte, als Risikoschwangerschaft eingestuft
worden. Auch die zweite Schwangerschaft verlief nicht problemlos; im 5.
Schwangerschaftsmonat litt die Zeugin unter Blutungen, weshalb ihr eine
stationäre Aufnahme geraten worden war, was sie jedoch abgelehnt hatte.
Nachdem am Abend des 09.08.2004 bereits leichte Wehentätigkeit begonnen
und sich sodann nahezu über 2 Tage hingezogen hatte, war es zu einem
Geburtsstillstand gekommen, im Rahmen dessen das Ungeborene bereits
unter einer zeitweisen Sauerstoffunterversorgung litt. Nachdem die
erstbetreuende Hebamme, die mit der Angeklagten befreundete Zeugin Z16,
erstmalig am Mittag des 10.08. und sodann am Abend desselben Tages die
Kindsmutter aufgesucht hatte, entschloss sie sich zu einem konkret nicht
feststellbaren Zeitpunkt im Verlauf des 11.08. aufgrund des
protrahierten Geburtsverlaufs und des mangelnden Geburtsfortschritts zur
Hinzuziehung der Angeklagten. In Kenntnis des problematischen
Geburtsverlaufs riet diese der Kindsmutter zunächst zu einem Wannenbad.
Eine Aufklärung über die Risiken für die Gesundheit und das Leben des
Ungeborenen bei einem protrahierten Geburtsverlauf erfolgte nicht. In
der Badewanne kam es sodann zum Fruchtblasensprung, bei dem mutmaßlich
verfärbtes Fruchtwasser infolge Mekoniumabgangs abging; sicher
feststellbar war dies nicht. Nach einer im Anschluss von der Angeklagten
durchgeführten Vaginaluntersuchung, wurde gemeinsam mit den Kindseltern
und der erstbetreuenden Hebamme die Entscheidung zur Verlegung in eine
Geburtsklinik getroffen. Entsprechende Vorbereitungen für eine Verlegung
waren nicht getroffen worden. Spätestens in der Klinik wurde sodann
mekoniumhaltiges Fruchtwasser festgestellt, was unmittelbar zur
Durchführung eines Notkaiserschnitts Veranlassung gab.
Geburt Z69 am 07.06.2004
Bei der Zeugin Z69 handelte es sich um die Risikoschwangerschaft einer
40-jährigen mit Zustand nach vorangegangener Sectio. Gleichwohl wollte
die Kindsmutter, auch entgegen der Vorbehalte des Kindsvaters, eine
Hausgeburt. Über die Risiken einer Spontangeburt nach einer
Kaiserschnittentbindung wurde sie von der Angeklagten nicht im einzelnen
aufgeklärt. Nachdem die Geburtswehen bereits am Abend des 05.06.2004
eingesetzt hatten, kam es insgesamt zu einem protrahierten
Geburtsverlauf mit verlängerter Eröffnungs- und Austreibungsphase bis
hin zu einem Geburtsstillstand. Nach einem ersten Anruf am 06.06. um
4.00 Uhr morgens traf die Angeklagte etwa zwei Stunden später ein.
Nachdem es am sodann am späten Nachmittag um 17.00 Uhr zum
Fruchtblasensprung bei vollständiger Eröffnung des Muttermundes gekommen
war, war in den folgenden anderthalb Stunden kein Geburtsfortschritt zu
verzeichnen. Vielmehr ließ die Wehentätigkeit nach und im weiteren
Verlauf des Abends kam es schließlich infolge der Stresssituation des
ungeborenen Kindes zu Mekoniumabgang. Die Angeklagte dokumentierte im
Geburtsbericht eine sekundäre Wehenschwäche, die sie mit Arnika und
Sepia zu behandeln suchte. Noch um 23.00 Uhr war ein status idem zu
verzeichnen, weshalb die Angeklagte durch die Verabreichung von Oxytocin
eine Wehenförderung erhoffte. Erst um 23.45 Uhr kam es schließlich,
insbesondere auch auf Drängen des Kindsvaters, zu der Entscheidung einer
Verlegung in ein Krankenhaus, wo die Geburt mittels Zange beendet wurde.
Auf die Bitte der Angeklagten fertigte auch die Zeugin Z69 mit Datum vom
20.11.2011 einen Geburtsbericht mit der Intention einer Entlastung der
Angeklagten im Verfahren. Die problematischen Umstände, die protrahierte
Austreibungsphase und den Mekoniumabgang, schilderte sie nicht.
Geburt Z65 am 01.04.2005
Bei der von der Angeklagten benannten Geburt der Zeugin Z65 handelte es
sich um eine Verlegung in eine Klinik zur Durchführung eines
Ultraschalls aufgrund einer Geburtskomplikation. Nach der Beendigung der
zweiten Schwangerschaft durch Kaiserschnitt betreute die Angeklagte die
Geburt des dritten und vierten Kindes als Hausgeburt. Eine Aufklärung
über die Risiken einer Narbenruptur nach Kaiserschnitt erfolgte nicht.
Am Morgen des 01.04.2005, dem Geburtstag des dritten Kindes, traten
gegen 7.30 Uhr erste Wehen auf, die gegen 10.00 Uhr bereits sehr heftig
und teilweise ohne Pause auftraten. Eine adäquate Eröffnung des
Muttermundes fand gleichwohl nicht statt. Zudem registrierte die
Angeklagte eine große Unruhe des Kindes und untypische starke Schmerzen
der Gebärenden, die durch eine Geburtskomplikation ausgelöst wurden.
Eine vaginale Untersuchung begründete den Verdacht, dass sich eine Hand
oder ein Fuß neben dem Kopf des Kindes befanden, was insofern ein Risiko
bedeutete, als bei einem nachfolgenden Fruchtblasensprung die Gefahr
eines Armvorfalls, einer Geburtskomplikation, bei der eine vaginale
Entbindung unmöglich ist, hätte eintreten können. In derartigen Fällen
ist umgehend eine Sectio angezeigt. Um die Situation abzuklären, riet
die Angeklagte zu einer klinischen Ultraschalluntersuchung. Bei ihrer
Untersuchung stellte sich eine Zurückverlagerung des Arms heraus, so
dass die Entbindung im weiteren in der Klinik durch Spontanpartus zu
Ende gebracht werden konnte. Weitere konkrete Feststellungen konnten
nicht getroffen werden. Die Angeklagte empfand die erforderlichen
klinischen Maßnahmen als "typisches Störmanöver", was sie in ihrem
Geburtsbericht dokumentierte.
Auch die Entbindung des 4. Kindes der Zeugin Z65 fand als Hausgeburt aus
Schädellage unter Betreuung durch die Angeklagte am 07.07.2008 statt.
Eine Aufklärung über die Risiken der vaginalen Entbindung nach Sectio
fand ebenfalls nicht statt.
Geburt Z64 am 14.12.2006
Eine Verlegung der als Hausgeburt geplanten Beckenendlagenentbindung der
Zeugin Z64 im Jahre 2006 erfolgte unter der Beteiligung einer
erstbetreuenden Hebamme sowie aufgrund einer eigenen Entscheidung der
Kindsmutter. Hinsichtlich der als Hausgeburt geplanten
Beckenendlagenentbindung war die Zeugin weder von der sie betreuenden
Hebamme, der Zeugin Z45, noch von der hinzugezogenen Angeklagten - auch
die beiden Hebammen sind bereits seit über 25 Jahren gut bekannt - über
die besonderen Geburtsrisiken aufgeklärt worden. Die Angeklagte wies
lediglich darauf hin, dass im Krankenhaus immer ein Kaiserschnitt
gemacht werde. Erst wenige Wochen vor der Geburt erfuhr die Zeugin im
St. A. Krankenhaus in O4, dass auch eine spontane Entbindung einer
Beckenendlage klinisch möglich sei. Bis zuletzt war sie deshalb auch
über den Geburtsort unsicher. Nachdem am Abend des 13.12.2006 die Wehen
eingesetzt hatten, erschien mehrere Stunden später zunächst die Zeugin
Z45, die im weiteren Verlauf in der Nacht die Angeklagte informierte,
die gegen 1.30 Uhr dazukam. Nach einer protrahierten Austreibungsphase
im Verlauf des Vormittags des 14.12., die sich bereits über mehrere
Stunden hinzog, war es schließlich die Kindsmutter, die die Entscheidung
zu einer Fortsetzung der Geburt in der Klinik traf. Sie hatte den
Eindruck, die Motivation zu verlieren, und war nicht mehr bereit, die
Geburt zuhause fortzusetzen. Im St. A. Krankenhaus konnte die Geburt
nach einer Pudendusanästhesie und Dammschnitt spontan beendet werden.
Die Zeugin Z64 war im Laufe des hiesigen Verfahrens von der Hebamme Lisa
Z45 um eine Zeugenaussage für die Angeklagte gebeten worden, vor dem
Hintergrund, dass dieser unterstellt würde, keine Verlegungen in eine
Klinik vorzunehmen.
Geburt Z46 am 24.10.2007
Bei der von der Angeklagten benannten Geburt der ZeuginZ46 war sie
selbst zum Zeitpunkt der Verlegungsentscheidung nicht anwesend.
Die Zeugin Z46, eine Grundschullehrerin, vertritt die grundsätzliche
Einstellung, dass ein Krankenhaus ein Ort mit Keimen ist, an dem sie
kein Kind zur Welt bringen möchte. Bereits im Jahre 2000 hatte sie mit
Begleitung der Hebamme Z16 und der mit dieser befreundeten Angeklagten
eine Beckenendlage als Hausgeburt entbunden. Die im Jahre 2007
bestehende zweite Schwangerschaft, mit Schädellage, sollte ebenfalls als
Hausgeburt durchgeführt werden. Trotz der grundsätzlich unkomplizierten
Lage wünschte die Kindsmutter erneut eine Betreuung durch beide
Hebammen. Nachdem es am Abend des 23.10. zum Fruchtblasensprung gekommen
war, traf die Angeklagte einige Zeit nach der erstbetreuenden Hebamme
Z16 um 1.00 Uhr bei der Zeugin ein. Nachdem es nach mehrstündiger
Wehentätigkeit zu einem Rückgang der Wehen und einem Geburtsstillstand
gekommen war, begaben sich beide Hebammen zuächst wieder nach Hause und
ließen die Gebärende allein. Als die Hebamme Z16 nach ihrer Rückkehr
eine besorgniserregende Verschlechterung der Herztöne des Kindes
feststellte, riet sie der Kindsmutter zu einer Verlegung ins
Krankenhaus, wovon sie der Angeklagten lediglich telefonisch Mitteilung
machte. In der Klinik wurde die Geburt sodann durch einen Kaiserschnitt
beendet.
Die Zeugin Z46 pflegt regelmäßige Kontakte zu der Angeklagten, unter
anderem im Rahmen von gemeinsamen Spaziergängen mit ihren Hunden.
Anlässlich von Gesprächen hatte die Angeklagte auch von dem angeklagten
Geburtsgeschehen berichtet, und dabei der Wahrheit zuwider geschildert,
dass die Zeugin Z1 entgegen ihrem Rat nicht ins Krankenhaus gewollt
habe. Zudem vertrat die Angeklagte die Auffassung, dass G. Z1
wahrscheinlich bereits im Bauch der Mutter gestorben sei.
Auch die Zeugin Z46 verfasste zu Gunsten der Angeklagten einen
Geburtsbericht, wobei sie eine falsche, bewusst unvollständige
Darstellung des Geburtsgeschehens vornahm. So stellte sie die
Verlegungsentscheidung als eine einvernehmliche Entscheidung beider
Hebammen dar, ohne davon zu berichten, dass die Angeklagte zu diesem
Zeitpunkt gar nicht anwesend war. Der Geburtsbericht hatte diesbezüglich
folgenden Inhalt: "Im Oktober 2007 brachte ich meine zweite Tochter ...
zur Welt. Sie sollte zu Hause geboren werden und sowohl Frau S., als
auch Frau Z16 waren abermals die betreuenden Hebammen. Nach einiger Zeit
ließ die Wehentätigkeit nach und die Herztöne gaben Anlass zur Sorge. In
Absprache entschieden beide Frauen einvernehmlich präventiv eine
sofortige Verlegung ins Krankenhaus.".
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Julian
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Re: Angeklagte wegen Totschlags zu Freiheitsstrafe von 6 Jahren + 9
Monaten verurte
« Reply #6 on: June 12, 2016, 04:35:37 AM »
Geburt Dr. Z47 am 16.06.2008
Die von der Angeklagten für eine Verlegungsentscheidung benannte Zeugin
Z47 war mit Zwillingen schwanger und hatte keine Haus-, sondern eine
Klinikgeburt geplant. Die Zeugin, selbst Ärztin für innere Medizin,
hatte ihr erstes Kind bei einer Hausgeburt zur Welt gebracht und war im
Jahre 2008 mit Zwillingen schwanger. Da sie als Ärztin und aufgrund
eigener Berufserfahrungen in der Geburtshilfe sowie auch ihr Ehemann als
Mediziner über entsprechende Kenntnisse der Risiken einer
Zwillingsgeburt verfügten, kam eine geplante Hausgeburt für sie nicht in
Betracht. Die Zeugin war nach ihrem Umzug nach O11 vielmehr auf ihrer
Suche nach einer Beleghebamme, mit der sie eine Entbindung in einer
Klinik mit Neonatologie plante, auf die Angeklagte aufmerksam geworden,
ohne dass bereits entsprechende Planungen erfolgt waren. Als es in der
35. Schwangerschaftswoche, mithin 5 Wochen vor dem errechneten Termin
des 22.07.2008 zu einer leichten Wehentätigkeit gekommen war, bat die
Zeugin Dr. Z47 die Angeklagte um eine Untersuchung. Nach der
Feststellung einer Armvorlage suchte man eine Klinik zur Durchführung
eines Ultraschalls auf. Aufgrund der Empfehlung des anwesenden
Oberarztes zur grundsätzlichen Durchführung einer Sectio bei einer
Zwillingsschwangerschaft, fasste die Kindsmutter die Entscheidung, eine
andere Klinik zur Spontanentbindung aufzusuchen. Im Anschluss wurde das
F. Krankenhaus in O11 aufgesucht. Nachdem der Oberarzt der
geburtshilflichen Abteilung den Arm des ersten Zwillings reponieren
konnte, konnte die Zwillingsgeburt als Spontanentbindung in der Klinik
durchgeführt werden.
Nach dem Tod G. Z1s
Geburt Z48 am 02.11.2008
Im November 2008 begleitete die Angeklagte als zweite Hebamme eine
Hausgeburt, die zahlreiche Faktoren einer Risikogeburt beinhaltete, nach
berufsordnungsrechtlichen und geburtshilflichen Regeln und Standards in
keinem Fall hätte außerklinisch betreut werden dürfen, und schließlich
mittels Sectio beendet werden musste. Die Verlegung erfolgte vor dem
Hintergrund der Anwesenheit einer weiteren Hebamme und der Gedanken der
Angeklagten im Hinblick auf das laufende Ermittlungsverfahren. Es
handelte sich um einen Zustand nach Sectio mit dem Risiko einer
Narbenruptur, einer pathologischen Beckenendlage mit den oben
dargelegten Risiken, die Überschreitung des rechnerischen Geburtstermins
und eine rechnerische Übertragung sowie einen protrahierten
Geburtsverlauf mit Geburtsstillstand.
Die Zeugin Z48 erwartete zum errechneten Geburtstermin vom 15.10.2008
ihr zweites Kind. Erstbetreuende Hebamme war die Zeugin Z48, die
aufgrund ihrer eigenen Unerfahrenheit in Bezug auf
Beckenendlagenentbindungen einen Kontakt zur Angeklagten vorschlug, der
am 01.10.2008 stattfand. Weder die Zeugin Z48 noch die Angeklagte
klärten die Zeugin Z48 über die gesteigerten Risiken einer vaginaler
Beckenendlagenbentbindung, zudem nach Sectio, auf. Bei der Zeugin Z48
beruhte dies mutmaßlich auf Unkenntnis und Unerfahrenheit; sie vertritt
die fehlerhafte Einstellung, dass eine Beckenendlage wie jede Geburt
Risiken beinhalte, die längere Dauer der Geburt keine Gefährdung
darstelle, und eine vaginale Entbindung nach Sectio nur im Falle einer
Überdosierung von wehenfördernden Mitteln problematisch werden könne.
Bei der Angeklagten unterblieb die Risikoaufklärung wiederum bewusst.
Sie machte der Zeugin Z48 auch keine Mitteilung von der tragisch
ausgegangenen Geburt aus Beckenendlage nur wenige Monate zuvor. Vielmehr
bestärkte sie die Kindsmutter in ihrem Wunsch nach einer außerklinischen
Entbindung und propagierte im Gegenteil die problemlose Möglichkeit der
außerklinischen vaginalen Geburt trotz der Kindslage. Die Zeugin Z48
nahm die Untersuchungen durch ihre Gynäkologin wahr; die Angeklagte
führte keine Ultraschalluntersuchung oder ein CTG durch. Einen Tag nach
dem errechneten Geburtstermin fand am 16.10.2008 eine letzte
Untersuchung im Krankenhaus in O20 statt. Die erforderliche engmaschige
Überwachung nach Überschreitung des errechneten Termins und erst recht
nach der rechnerischen Übertragung nach dem 29.10.2008 erfolgte nicht.
Die am Abend des 31.10.2008 gegen 21 Uhr beginnende Geburt zog sich
sodann über 19 Stunden hin, bevor eine Verlegung in die Klinik
stattfand. Die Angeklagte nahm erst ab dem Morgen des 01.11.2008 gegen 9
Uhr, mithin erneut erst 12 Stunden nach Beginn der Eröffnungswehen, an
der Geburt teil. Die Zeugin Z48 war seit etwa Mitternacht anwesend. Bei
ihrer Ankunft, zu einem Zeitpunkt, als sich das Ende der
Eröffnungsperiode hätte zeigen müssen, registrierte die Angeklagte
vielmehr einen Wehenrückgang mit einem chaotischen Wehenmuster, wobei
nach einer Wehe eine 20-minütige Pause eintrat mit dazwischen
auftretenden Kontraktionen mit Krampfmuster. Das Kind zeigte starke
Bewegungen und eine erhöhte Herzfrequenz von 179 bpm. Auch bei
nachfolgenden Kontrollen, die nur unregelmäßig erfolgten, zeigte sich
jeweils eine erhöhte kindliche Herztonfrequenz, die normalerweise einen
Bereich von 150 nicht über längere Zeit überschreiten sollte.
Erst nach einer 17-stündigen Eröffnungsperiode war der Muttermund gegen
13.45 vollständig eröffnet. Die danach beginnende Austreibungsphase war
auch nach zwei Stunden nicht beendet; vielmehr zeigte sich erneut ein
Rückgang der Wehentätigkeit. Entsprechend ihrer Einstellung einer
zurückhaltenden Betreuung während der Geburt kontrollierte die
Angeklagte den Geburtsfortschritt und die Vitalparameter nur sporadisch.
Die Leitung der Geburt erfolgte durch die in Beckenendlagenentbindungen
unerfahrene Hebamme Z48; die Angeklagte hielt sich wiederholt in einem
Nebenraum auf. Als sich im Anschluss an den protrahierten Geburtsverlauf
auch bis zum Nachmittag gegen 16 Uhr kein Geburtsfortschritt zeigte und
eine ausreichende Wehentätigkeit nicht erreicht wurde, wurde die
Entscheidung zur Verlegung getroffen; zur Überzeugung der Kammer
aufgrund der Anwesenheit einer weiteren Hebamme, und mutmaßlich
beeinflusst durch die Sorge der Angeklagten vor einem erneuten
tragischen Ausgang im Hinblick auf das laufende Ermittlungsverfahren.
Nach einer Ankunft im Gemeinschaftskrankenhaus O20 um 17.10 Uhr wurde
unter CTG-Überwachung zunächst der Versuch einer vaginalen Entbindung
auf Wunsch der Kindsmutter unter Einsatz wehenfördernder Mittel
fortgesetzt. Im Verlauf des späteren Abends, nach Empfehlung des
Oberarztes zur Durchführung einer Sectio, einer erbetenen halbstündigen
Bedenkzeit vor dem Hintergrund des nach wie vor bestehenden Wunsches der
Kindsmutter einer vaginalen Entbindung, wurde die Geburt schließlich
durch Kaiserschnitt beendet.
Geburt Z50 am 02.11.2009
Ein Jahr später kam es zu einer Verlegung einer Hausgeburt, die mit über
30 Stunden einen protrahierten Verlauf genommen hatte und bei der das
Ungeborene durch Sauerstoffmangel gefährdet war. Beeinflusst war die
Verlegung durch Kenntnisse der als Krankenschwester tätigen Kindsmutter,
der die Gefahren eines Abgangs von Mekonium bekannt waren, sowie durch
die Sorge der Angeklagten in Anbetracht des laufenden
Ermittlungsverfahrens.
Die zum Geburtszeitpunkt fast 41-jährige Zeugin Z50 erwartete zum
errechneten Termin "23.10.2009" ihr erstes Kind. Etwa einen Monat zuvor
hatte sie mit der Angeklagten die Durchführung einer Hausgeburt geplant.
Nach der rechnerischen Überschreitung des Geburtstermins führte die
Angeklagte lediglich am 27.10.2009 eine Untersuchung durch. Die Geburt
begann am Abend des 31.10.; die Angeklagte war am Morgen des 01.11. in
der Zeit zwischen 08.40 und 09.30 Uhr anwesend, wobei sie eine
Muttermundseröffnung von ca. 5 bis 6 cm feststellte, sowie erneut am
Nachmittag ab ca. 14.30 Uhr. Trotz des in den folgenden 4 Stunden
fehlenden Geburtsfortschritts - auch um 19.22 Uhr war der Muttermund
noch nicht weiter als 6 cm eröffnet, wartete die Angeklagte bis nach
Mitternacht in der Nacht zum 02.11.2009, als es schließlich zum Abgang
von grünem mekoniumhaltigen Fruchtwasser kam. Erst nach einer
Geburtsdauer von über 30 Stunden, der massiv protrahierten
Eröffnungsphase, bei einer erneut unzureichenden Kontrolle der
Vitalparameter des Ungeborenen - die Angeklagte dokumentierte die
Kontrolle der Herztöne des Kindes in ihrem Geburtsbericht nur siebenmal
- dem Abgang von Mekonium und dem anschließenden Rückgang der
Wehentätigkeit, kam es zur Verlegung in das Krankenhaus. Dabei war der
Zeugin Z50, die eine Ausbildung zur Krankenschwester absolviert hat,
klar, dass der Abgang von Mekonium eine Gefährdung des Kindes bedeuten
konnte. Nachdem sie bereits mehrere Stunden zuvor das Gefühl hatte, dass
es bei der Geburt nicht ausreichend weiterging, wurde die Entscheidung
zur Verlegung getroffen. Nachdem im Krankenhaus unter Überwachung des
Zustands des ungeborenen Kindes auch nach Anwendung eines Wehentropfes
kein Fortschritt erzielt werden konnte, wurde die Geburt durch
Kaiserschnitt beendet.
Auch an die Zeugin Z50 hat die Angeklagten sich im Laufe des Verfahrens
mit der Bitte gewandt, ein Schreiben über die Geburt aufzusetzen. Den
Inhalt des im Oktober 2012 verfassten Berichts sprach die Zeugin mit der
Angeklagten ab.
Geburt Z51 am 19.07.2010
Bei der Verlegung der Geburt der Zeugin Z51 im Juli 2010, einer
geplanten Beckenendlagenentbindung, war wiederum eine andere
erstbetreuende Hebamme in einem Geburtshaus zugegen. Trotz des Hinweises
ihrer behandelnden Gynäkologin, dass die geplante Entbindung in einem
Geburtshaus aufgrund der festgestellten Beckenendlage des Kindes nicht
möglich sein würde, plante die Zeugin Z51 die Geburt ihres zweiten
Kindes unbeeindruckt mit einer sie betreuenden Hebamme des Geburtshauses
O11-W. Die Betreuung in den letzten 4 Wochen der Schwangerschaft
erfolgte sodann ausschließlich durch die Hebamme, die die Angeklagte zur
Geburtsbegleitung hinzuzog. 9 Tage nach dem errechneten Termin setzten
am Mittag des 18.07.2010 die Geburtswehen ein. Gemeinsam mit der sie
betreuenden Hebamme, die seit etwa 20 Uhr zugegen war, suchte die
Kindsmutter sodann etwa 2 Stunden später das Geburtshaus auf; die
Angeklagte erschien kurze Zeit später. Nachdem das durchgeführte CTG ein
auffälliges Muster in Bezug auf die Herztonfrequenz des Ungeborenen
zeigte, wurde eine Entscheidung zur Verlegung ins Krankenhaus getroffen,
wo die Geburt spontan beendet werden konnte.
Die Angeklagte hat sich von sämtlichen tragischen Geburtsausgängen, bei
denen insgesamt Sauerstoffmangel unter der Geburt entweder bewiesen oder
wahrscheinlich und naheliegend war, in keiner Weise beeindrucken lassen
oder als Anlass genommen, den von ihr verfolgten Weg zu reflektieren.
Noch im Laufe der Hauptverhandlung, etwa im November 2013, hielt die
Angeklagte, wie dargelegt, auf Fortbildungsveranstaltungen für Hebammen
Vorträge, unter anderem über die Reanimation von Neugeborenen im
außerklinischen Bereich, so etwa am 19.10.2011 im St. F.-Krankenhaus in
O37, in denen sie nach wie vor vor dem Hintergrund ihrer Ideologie einen
von Medizinern als Sauerstoffmangel bezeichneten Zustand als "kindlichen
Systemzusammenbruch" infolge des Versagens der zentralregulativen
Steuerung beim Kind als Ursache eines tödlichen Geburtsausgangs
darstellte.
Bei einer im November 2013 in einer Hebammenpraxis in O38 durchgeführten
Fortbildungsveranstaltung hat die Angeklagte zu ihren Beiträgen Skripten
mit folgenden Themen ausgegeben:
"Selbstregulation unter der Geburt - Potenziale und Grenzen" und
"Reanimation des Neugeborenen". In dem erstgenannten Artikel wurden von
der Angeklagten wissenschaftlich und medizinisch unhaltbare Thesen
verbreitet, mit denen ein Sauerstoffmangel des Ungeborenen bei der
Geburt negiert wird. So wird von der Angeklagten behauptet, dass ein
bedeutender plazentarer Sauerstoffaustausch über die
Chorion-Amnion-Membran und Fruchtwasser zur Dezidua verlaufen würde. Für
diese Behauptung gibt es keine wissenschaftlich haltbaren Daten. Auch
die physikalischen Eigenschaften von Sauerstoff sowie der im Körper
stattfindende Transport von Sauerstoff sprechen eindeutig gegen eine
solche Form des Sauerstoffaustauschs. Es gibt keinen nachvollziehbaren
Weg, wie Sauerstoff aus dem Fruchtwasser in den Kreislauf des Feten
gelangen sollte. Physikalisch kann Sauerstoff in einer Flüssigkeit nur
in einem ganz geringen Umfang gebunden werden. Das Fruchtwasser wird in
der Lunge resorbiert, da aber die Lungendurchblutung intrauterin fast
vollständig ausgeschaltet ist, kann über diesen Weg keine relevante
Übertragung des Sauerstoffs an das kindliche Blut erfolgten.
Auch die von der Angeklagten wiederholt, nicht nur im Rahmen dieses
Artikels, sondern auch gegenüber Kindseltern vertretene These, dass die
Leber im Rahmen des Geburtsvorgangs als O2-Ressource in Betracht komme,
ist wissenschaftlich unhaltbar. Die Angeklagte führt insoweit aus, dass
die Leber eine große Speicherkapazität habe und durch einen fetalen
Gefäßkurzschluss als O2-Donor schnell erreichbar sei. Auch diese Aussage
ist, was der Angeklagten als Medizinerin bewusst ist, falsch. Die Leber
ist, wie oben dargelegt, nicht in der Lage, Sauerstoff zu speichern.
Einzig durch die Abgabe von Glykogen und einer Erhöhung der anaeroben
Glykogenolyse ist die Leber indirekt daran beteiligt, über den
erniedrigten pH-Wert Sauerstoff leichter vom Hämoglobin abzugeben. Eine
Speicherkapazität für Sauerstoff gibt es nicht. Auch der von der
Angeklagten wiedergegebene "fetale Gefäßkurzschluss" wird von ihr falsch
interpretiert. Das aus der Nabelvene kommende sauerstoffreiche Blut
fließt zur Leber, wird aber unmittelbar vor der Leber durch den Ductus
venosus zur Hohlvene umgeleitet, so dass nur ein Teil des
Nabelvenenblutes unter Umgehung der Leber direkt in die Hohlvene fließt.
Es ist eine Fehlinterpretation der Angeklagten, dass über den Ductus
venosus Blut aus der Leber in den fetalen Kreislauf gelangen kann.
Ein von ihr verfasster Beitrag als Gastautorin in dem Buch "Luxus
Privatgeburt" der mit der Angeklagten befreundeten Autorin Caroline
Oblasser hat zu einem konkret nicht feststellbaren Zeitpunkt im Laufe
des Strafverfahrens die Anfügung eines abschließenden Absatzes mit
folgendem Inhalt erfahren:
"Ausblick: Kinder, die eine derartig zurückhaltende Geburtshilfe nicht
unbeschadet überleben, sind nach wissenschaftlichen Erkenntnissen zu
etwa 90 % durch Infekte, Thrombosen, Blutungen oder chemische Noxen
vorbelastet. Diese Vorschädigungen sind in der Regel weder vermeid- noch
erkennbar. Eine Garantie für einen glücklichen Ausgang kann es also
nicht geben. Trotzdem ist die Hausgeburtshilfe unter den oben genannten
Bedingungen die zurzeit sicherste Betreuungsform."
Auch unter den Anhängerinnen der Angeklagten, im wesentlichen
freiberuflich tätige Hebammen, die zahlreich jeden Prozesstag verfolgt
haben, wird nach wie vor kein Zweifel an der Kompetenz und den
Fähigkeiten der Angeklagten erhoben. Ungeachtet der miterlebten
Beweisaufnahme haben die Zuhörerinnen durch Gestik, Mimik und
Bekundungen, z.T. auch im Rahmen erfolgter Zeugenvernehmungen, ihre
Überzeugung von einer Unfehlbarkeit der Angeklagten und einer
Organschädigung als zweifelsfreie Ursache für den Tod des Kindes G. Z1
kundgetan. Mehrere der als Zeuginnen vernommenen Hebammen und
Kindsmütter haben offenkundig und unverfroren die Unwahrheit gesagt mit
der eindeutigen Intention, die Angeklagte zu schützen und eine
Bestrafung zu verhindern, worauf im einzelnen im Rahmen der
Beweiswürdigung eingegangen wird.
Im Internet kam es zu Spendenaufrufen unter der Hebammenschaft zugunsten
der Angeklagten zur Finanzierung ihrer Verteidigung, u.a. auf Konten
befreundeter Hebammen, des Büros der Verteidigung in O39 sowie eines von
dem von der Angeklagten gestellten Sachverständigen Dr. Eldering
verwalteten Spendenaufrufs über eine Stiftung (Bethe-Stiftung), die sich
nach ihrem Zweck zum Schutz von Kindern einsetzt.
Die Angeklagte befand sich in dieser Sache in der Zeit vom 05.09.2013
bis zum 09.10.2013 in Untersuchungshaft, nachdem die Kammer im Hinblick
auf die Vorenthaltung der Organe des Kindes G. Z1 einen auf den
Haftgrund der Verdunklungsgefahr gestützten Haftbefehl erlassen hatte.
Erst bei der Vernehmung der von der Angeklagten gestellten präsenten
Sachverständigen, Frau Dr. C18, war ersichtlich geworden, dass die
Angeklagte die Organe des toten Kindes G. Z1 noch immer in Besitz hatte,
die sich nach einer anschließenden Hausdurchsuchung zum Teil im Keller
in Formalin eingelegt und zum Teil im Tiefkühlfach des Kühlschranks der
Angeklagten in der Küche fanden. Weitere Gewebeteile waren von der
Verteidigung oder der Angeklagten in Gläsern mit Formalin im Auto
transportiert und am 26. Verhandlungstag in Zusammenhang mit der
Festnahme der Angeklagten übergeben worden.
Nach Durchführung weiterer Untersuchungen, die eine Manipulation
unwahrscheinlich erschienen ließen und eine DNA-Bestimmung nicht
zuließen, hat die Kammer den Haftbefehl aufgehoben.
Folgen für die Nebenkläger
Die Eltern von G. Z1 leiden noch immer unter dem traumatischen Geschehen
und dem vermeidbaren Tod ihrer Tochter, der sie ein Leben lang belasten
wird. Sie haben einen der empfindlichsten Verluste, der ihnen durch den
Tod ihres Kindes zugefügt wurde, mit dem damit verbundenen größten
seelischen Schmerz zu verarbeiten. Ihre psychische Belastung geht dabei
weit über die normale mit einem Todesfall eines nahen Angehörigen
verbundene primäre psychische Beeinträchtigung der Trauer, Depression
und Antriebsschwäche hinaus. Ein glückliches, unbeschwertes,
unbeeinträchtigtes Leben ist ihnen nicht mehr möglich und wird es
letztlich kaum wieder sein können. Noch lange Zeit nach dem Tode G. Z1s
haben die psychischen Beeinträchtigungen die Form einer verifizierbaren
Erkrankung angenommen.
Die Zeugin Z1 führte vom 26.11.2008 bis zum 02.08.2009 eine
internetgestützte Therapie für trauernde Eltern von der Universität O40
bei Dr. Z52 durch. Vom 06.01. bis zum 24.09.2009 nahm sie weiter an
einer Gesprächstherapie bei Dr. Z53 in O23 teil. Sie litt unter einem
posttraumatischen Belastungssyndrom, erheblichen Schuldgefühlen,
körperlichen Beschwerden mit Zyklusbeschwerden, stark ausgeprägten
Schlafstörungen, Albträumen, Panikattacken, Antriebslosigkeit,
Beeinträchtigungen der Konzentrationsfähigkeit, Flash-Backs, erhöhter
Ermüdbarkeit und Mutlosigkeit. Nach der Geburt bewegten sie auch
Suizidgedanken. In der Zeit vom 19. bis zum 30.01.2010 schloss sich eine
stationäre Therapie in der S-Klinik in O41 an, wo eine posttraumatische
Belastungsstörung nach ICD 10 F 43.1 und eine reaktive mittelgradige
depressive Episode nach ICD 10 F 32.1 diagnostiziert wurden. Zur
Entlassung wurden dringend eine ambulante Psychotherapie sowie eine
Intervallbehandlung mit einer stationären Wiederaufnahme nach ca. 3 bis
6 Monaten empfohlen.
Eine im Juli 2010 entstandene neue Schwangerschaft, bei der erneut eine
Beckenendlage vorlag, wurde angesichts der psychischen Beeinträchtigung
der Nebenklägerin als sehr belastend und angstvoll erlebt. Im Jahre 2011
sind sie Eltern einer gesunden Tochter - ... - geworden, die ebenfalls
aus Beckenendlage in einer Klinik geboren wurde. Im Umgang mit dem Kind
reagiert die Nebenklägerin angstvoll, übervorsichtig und panisch. Auch
sind die Gedanken an G. Z1 immer präsent und mit der Vorstellung
verbunden, wie das Leben mit G. Z1 konkret aussehen würde. Vom
19.01.2012 an befand sich die Zeugin Z1 erneut in psychotherapeutischer
Behandlung der Dipl-Pschologin Z54 in O23. Sie litt unter Verlustängsten
in Bezug auf ihre zweite Tochter, Albträumen über die Geburt G. Z1s,
Selbstvorwürfen, und ständigen Gedanken an den Tod und das Leiden ihres
Kindes. Auch die Beziehung der Kindseltern litt unter den psychischen
Beeinträchtigungen beider Partner. Nach wie vor wurden ein
posttraumatisches Belastungssyndrom sowie eine postnatale Depression
diagnostiziert. Noch heute, Jahre nach dem Geschehen, wird die Zeugin Z1
von Träumen im Zusammenhang mit dem Geburtsgeschehen geplagt. Ihren noch
2008 und auch 2012 gehegten Berufswunsch, eine Hebammenausbildung zu
absolvieren, hat sie inzwischen aufgegeben.
Auch der Zeuge Z1 hat das Geburtserlebnis traumatisch verarbeitet. Er
reagierte selbst nach einem ersten Verdrängungsprozess mit körperlichen
Beeinträchtigungen, litt unter Konzentrationsstörungen, immer wieder
kehrenden eindringlichen Erinnerungen an die Geburt und einem stark
verminderten Interesse an seinem Beruf. Er war in seiner
Leistungsfähigkeit und Aktivität über einen längeren Zeitraum erheblich
eingeschränkt. Zur Verarbeitung absolvierte der Nebenkläger im Jahr 2011
eine Gesprächspsychotherapie bei der Psychologin und Psychotherapeutin
Z55 in der Schweiz, die eine starke posttraumatische Belastungsstörung
diagnostizierte. Noch heute leidet er massiv unter dem Geburtstrauma,
den Selbstvorwürfen, und hat immer wieder Alpträume, die verzweifelte
Versuche, seiner Tochter das Leben zu retten, beinhalten.
Die Eltern machen sich massive Vorwürfe, der falschen Geburtshelferin
ihr Vertrauen geschenkt zu haben, was ihr Kind das Leben gekostet hat.
Die Angeklagte hat in der Hauptverhandlung den Eindruck vermittelt, dass
ihr das Schicksal des verstorbenen Kindes G. Z1 und der ein Leben lang
unter diesem traumatischen Ereignis leidenden Eltern gleichgültig ist,
sie in keiner Weise zu einem Umdenken bewogen hat, und sie vielmehr im
Rahmen von Äußerungen stets ihre eigene Befindlichkeit in den
Vordergrund gestellt und sich medienwirksam von einem Fernsehteam
während des Verfahrens hat begleiten lassen. Auch ein von ihr verfasstes
und verlesenes Schreiben, das sich mit der Haftsituation beschäftigte,
ließ in auffälliger Weise eine ausschließliche Beschäftigung mit ihrer
Situation und ihrem Befinden erkennen. So beschrieb die Angeklagte, die
Inhaftierung als Folter empfunden zu haben, das Gefühl gehabt zu haben,
entführt worden zu sein, ihrer Würde entäußert, von jeglichem Kontakt
abgeschnitten und vollkommen ausgeliefert zu sein. Die Erfahrung, all
ihrer Grundrechte beraubt worden zu sein, selbst ihr Wahlrecht - die
Inhaftierung erfolgte zur Zeit der Bundestagswahl - nicht ausüben zu
können, habe ihr vor Augen geführt, in welcher Gefahr sie sich befinde.
Sie solle sich weiter einem Prozess stellen, der bislang nur darauf
ausgerichtet zu sein scheine, ihre Diskreditierung als Fachfrau
voranzutreiben.
Feststellungen im Hinblick auf eine rechtsstaatswidrige
Verfahrensverzögerung
Wenngleich der Zeitraum vom Tode G. Z1s bis zur Urteilsverkündung 6
Jahre betragen hat, ist der Umfang der staatlich zu verantwortenden
Verzögerung gering. Insbesondere ist keinerlei Fehlverhalten der
Staatsanwaltschaft bis zur Anklageerhebung festzustellen.
Die Staatsanwaltschaft hat nach Eingang des rechtsmedizinischen und
unmittelbar in Auftrag gegebenen neuropathologischen Gutachtens und
erfolgter Zeugenvernehmungen den Akteneinsichtsgesuchen entsprochen und
sodann den Sachverständigen Prof. Dr. C1 mit der Erstattung eines
Gutachtens beauftragt, das am 12.10.2009 fertiggestellt wurde. Die
Angeklagte wechselte im Lauf des Ermittlungsverfahrens wiederholt ihre
Verteidiger, was jeweils zu Verzögerungen führte. Nach Meldung des
dritten Verteidigers im Januar 2010 wurde eine Monatsfrist zur
Stellungnahme unter Hinweis auf die Einreichung eines Privatgutachtens
erbeten, deren Verlängerung sodann bis Anfang April 2010 erbeten wurde.
Nach der Meldung eines vierten Verteidigers im März 2010 wurde eine
umfassende Einlassung angekündigt, wobei wiederholt, noch im Juni 2010
um Fristverlängerung ersucht und um Geduld gebeten wurde. Nachdem die
Staatsanwaltschaft Anfang Juli 2010 die Abschlussverfügung angekündigt
hatte, wurde erneut um Fristverlängerung bis August 2010 gebeten. Dem
sodann im August 2010 gestellten Antrag der Verteidigung auf Einholung
u.a. eines kinderkardiologischen Gutachtens wurde nachgegangen und am
07.09.2010 der Kinderkardiologe Prof. Dr. C5 beauftragt, der sein
Gutachten zum 29.09.2010 erstattete. Darüber hinaus war ein weiteres
neuropathologisches Zusatzgutachten vom 28.11.2010 eingeholt worden.
Nach erneuter Frist zur Stellungnahme wurde am 05.01.2011 Anklage
erhoben. Mit Schreiben vom 25.01.2011 beantragte die Verteidigung
Akteneinsicht zur ergänzenden Stellungnahme hinsichtlich der Eröffnung
des Hauptverfahrens, die am 29.03.2011 einging.
Die mit Haftsachen übermäßig belastete Kammer hat mit Beschluss vom
05.09.2011 die Anklage zur Hauptverhandlung zugelassen. Mit Schreiben
vom 06.01.2012 legte der vierte Verteidiger das Mandat nieder, mit
Schreiben vom 13.09.2011 hatte sich die anfänglich in der
Hauptverhandlung tätige Verteidigerin Rechtsanwältin Combe´ gemeldet,
die im Februar 2012 wiederholte Akteneinsicht erbat. Unter
Berücksichtigung der Belastung des Schwurgerichts sowie urlaubsbedingter
Abwesenheit und anderweitiger Verhinderung der weiteren
Verfahrensbeteiligten wurde im Juni 2012 der Verfahrensbeginn im August
2012 abgesprochen.
Eine Verzögerung ist mithin für den Zeitraum vom 29.03.2011 bis zum
05.09.2011 sowie in der Zeit von Februar bis Juni 2012 festzustellen.
Die Dauer der folgenden zweijährigen Hauptverhandlung war im
wesentlichen durch immer neue Beweisanträge der Angeklagten und ihrer
Verteidigung, die zur Einholung zahlreicher ergänzender Gutachten und
Zeugenvernehmungen Anlass gegeben haben, verursacht, und beruhte nicht
auf einem konventions- und rechtsstaatswidrigen Verhalten der
Strafverfolgungsbehörden.
III.
Beweiswürdigung
Die Feststellungen beruhen auf der Einlassung der Angeklagten, soweit
ihr gefolgt werden konnte sowie auf den weiter erhobenen Beweisen, wie
sie sich aus dem Protokoll der Hauptverhandlung ergeben.
Die Angeklagte hat sich zunächst lediglich am ersten Verhandlungstag
über ihre Verteidiger mit einem sogenannten "richtungsweisenden
Statement" geäußert und zunächst weitere Angaben verweigert. Über die
Verteidigung hat sie sodann am 23. Verhandlungstag, im Juni 2013, eine
Einlassung angekündigt. Am 50. Verhandlungstag, dem 25.06.2014, mithin
nahezu am Ende der Beweisaufnahme, ist diese Einlassung schließlich
erfolgt. Dabei handelte es sich um eine 27-seitige schriftliche,
mündlich vorgetragene und zum Teil mündlich ergänzte, Erklärung, die
hinsichtlich der für die Beurteilung des Tatvorwurfs entscheidenden
Tatsachen zu ihren Gunsten angepasst und konstruiert wurde. In im
Anschluss auf weitere Nachfragen der Kammer vorgenommenen
Einlassungsäußerungen am 57. Verhandlungstag hat die Angeklagte ihre
Darstellungen selbst durch zum Teil widersprüchliche Angaben als unwahre
Schutzbehauptungen entlarvt.
Den ihr zur Last gelegten Tatvorwurf hat die Angeklagte bereits in dem
"Statement" in Abrede gestellt und insoweit vortragen lassen, die Geburt
fachgerecht durchgeführt zu haben und für den Tod des Kindes nicht
verantwortlich zu sein. Sie sei eine Fachfrau, die nicht nur über 100
Beckenendlagengeburten durchgeführt habe, sondern auch Fachreferentin
für die Hebammenausbildung und Fachautorin. Nach ihrer Meinung sei
Todesursache ein "plötzlicher intrauteriner Kindstod".
Die angekündigten Belege für die Durchführung der Anzahl von
Beckenendlagengeburten hat die Angeklagte im Rahmen der weiteren
Beweisaufnahme auch auf Nachfrage nicht erbracht. Über ihre Verteidiger
und zum Teil auch persönlich hat sie im Laufe der Hauptverhandlung
einzelne weitere Angaben gemacht.
Das vor der erfolgten Einlassung im Rahmen von zahlreichen
Beweisanträgen und mit der Stellung von zwei präsenten, ihr persönlich
eng verbundenen Sachverständigen zum Ausdruck gebrachte
Verteidigungsverhalten der Angeklagten lief im wesentlichen darauf
hinaus, das übereinstimmende Ergebnis sämtlicher gerichtlich bestellter
medizinischer Sachverständiger - der Feststellung des Todes des gesunden
Mädchens G. Z1 infolge vermeidbaren Sauerstoffmangels unter der Geburt
während der Geburtsbetreuung durch die Angeklagte - zu widerlegen,
unzutreffend eine Organschädigung bis hin zu einer angeblichen
Erbkrankheit, eine Infektion und schließlich eine Vergiftung des Kindes
zu behaupten, die Verantwortung für den Tod des Kindes den Kindseltern
bzw. dem hinzugerufenen Notarzt zuzuweisen, und demgegenüber ihre eigene
Kompetenz sowie ihr Verantwortungsbewusstsein hervorzuheben.
In Bezug auf die Todesursache von G. Z1 erfolgten dabei im Lauf des
Verfahrens mit Hilfe von immer neuen Beweisanträgen zahlreiche
unterschiedliche, sich widersprechende, dabei insgesamt medizinisch
nicht fundierte, unhaltbare, und vielmehr abstruse Diagnosen und
Schlussfolgerungen, was von der Kammer unter anderem durch Einholung
ergänzender Gutachten von Spezialisten des entsprechenden Fachgebiets im
Rahmen der Beweisaufnahme zweifelsfrei belegt werden konnte. Auch soweit
die zum Teil von der Angeklagten im Rahmen von Beweisanträgen benannten
und von der Kammer beauftragten Sachverständigen das behauptete
Beweisergebnis negiert und vielmehr ebenfalls übereinstimmend durch
eigene Befunde das Vorliegen eines Sauerstoffmangels unter der Geburt
bekräftigt haben, hat die Angeklagte dies lediglich zum Anlass genommen,
weitere Beweisanträge mit unhaltbaren medizinischen Diagnosen zu
stellen.
So wurden im Laufe des Verfahrens abwechselnd Behauptungen des Inhalts
aufgestellt, G. Z1 sei an einer virusbedingten Lungenerkrankung
gestorben; eine Vergiftung mit Benzalkoniumchlorid - ein Inhaltsstoff
von im Rahmen der Obduktion für die Bestecke und Tische genutzter
Desinfektionsmittel - habe zu einer tödlichen Organschädigung geführt,
wobei die Aufnahme der Chemikalie über einen von der Kindsmutter
konsumierten Himbeerblättertee erfolgt sein sollte; zu einem späteren
Zeitpunkt wurde ein intrauteriner Hirntod und damit ein Tod des Kindes
bereits mehrere Stunden vor der Geburt behauptet, während später ein
"Sportlerherz" und eine Lungenhypoplasie, d.h. eine mangelnde Ausreifung
der fetalen Lunge, die mit einer Größenminderung eines oder beider
Lungenflügel einhergeht, auf der Grundlage einer Erberkrankung
unmittelbar im Anschluss an das Geburtsgeschehen todesursächlich gewesen
sein sollen. Später wurde eine Verantwortung des Notarztes für den Tod
des Kindes mit der Begründung einer vorzeitigen Beendigung der
erforderlichen Reanimationsmaßnahmen geltend gemacht sowie zuletzt der
Versuch unternommen, die Sauerstoffmangelversorgung des Ungeborenen
einem Zeitpunkt vor dem Tätigwerden der Angeklagten im Rahmen des
Geburtsgeschehens zuzuordnen, um eine Kausalität zu negieren.
Sämtliche im Rahmen des Verteidigungsvorbringens angeführten
alternativen Todesursachen konnten im Rahmen der Beweisaufnahme
insgesamt zweifelsfrei widerlegt werden. Nach dem Ergebnis der
Beweisaufnahme besteht kein Zweifel daran, dass das Kind G. Z1 infolge
Sauerstoffmangels unter der von der Angeklagten begleiteten Geburt
gestorben ist, eine andere Todesursache sicher ausscheidet, die
Angeklagte die lebensbedrohliche Situation erkannt hat und G. Z1 im Fall
eines rechtzeigen Kaiserschnitts vollkommen gesund und noch etwa eine
Stunde zuvor zumindest lebend, wenn auch mit irreversiblen Schäden,
geboren worden wäre.
Wenngleich bereits die ursprünglich im Rahmen des Ermittlungsverfahrens
erfolgten Untersuchungen und Gutachten der Rechtsmedizin, der
Pathologie, der Neuropathologie, der Kinderkardiologie und der
Perinatalmedizin und Gynäkologie sowie ergänzende chemischtoxikologische
und histologische Untersuchungen zu dem übereinstimmenden Ergebnis der
Todesursache geführt hatten, hat die Kammer im Hinblick auf die von der
Verteidigung aufgestellten Behauptungen sowie die im Laufe der
Hauptverhandlung bei der Angeklagten aufgefundenen Organe die
Beweisaufnahme auf die Einholung zahlreicher weiterer Gutachten
ausgedehnt, und nicht nur ergänzende Anhörungen der ursprünglichen
Sachverständigen durchgeführt, sondern weiter sowohl eine Koryphäe der
Kinderpathologie, den Leiter der Sektion Kinderpathologie des
Universitätsklinikums Schleswig-Holstein, O43, Prof. Dr. C6, die
Kinderpathologin mit Schwerpunkt Fetal- und Perinatalpathologie Dr. C7,
bis Ende 2011 Oberärztin in der C. O42, sowie einen weiteren
renommierten Neuropathologen des Klinikums der G.-Universität in O26,
den Sachverständigen Prof. Dr. C8, angehört, wie auch eine Untersuchung
des von der Kindsmutter konsumierten Himbeerblättertees auf
Benzalkoniumchlorid, eine Untersuchung der bei der Angeklagten
sichergestellten Organe auf die Chemikalie angeordnet und auch
ergänzende Beweiserhebungen in Bezug auf die behauptete unzureichende
Reanimation durch den Notarzt durchgeführt. Sämtliche ursprünglichen und
ergänzenden Beweiserhebungen lassen übereinstimmend zweifelsfrei und
ausschließlich einen erkennbaren Sauerstoffmangel des Kindes G. Z1 unter
der Geburt in dem von der Angeklagten begleiteten Zeitraum als
Todesursache annehmen.
Für die Angeklagte war dies Anlass, gegen mehrere der Sachverständigen,
auch die von ihr selbst namentlich benannten, zum Teil wiederholt,
Befangenheitsanträge zu stellen.
Von der Kammer im Verlauf des Verfahrens weiter festgestellte von der
Angeklagten begleitete Geburtsvorgänge, von ihr vertretene und
publizierte Ansichten sowie dokumentiertes Verhalten lassen bereits
einen Rückschluss auf ihre grundsätzliche Einstellung zu, einen
Geburtsvorgang als natürlichen Prozess unbeeinflusst mit allen
Konsequenzen zu akzeptieren, wobei der Angeklagten sicher nicht
abzusprechen ist, dass sie in jedem einzelnen Fall auf das Überleben
eines gesunden Kindes gehofft hat. Dass sie jedoch - mindestens - bei
dem abzuurteilenden Geburtsgeschehen ab einem gewissen Zeitpunkt in der
Erkenntnis, dass das Leben des Kindes G. Z1 infolge Sauerstoffmangels in
akuter Gefahr war und bei einer Verlegung in ein Krankenhaus durch die
Durchführung eines Kaiserschnitts gerettet werden könnte, den Tod des
Kindes vor dem Hintergrund ihrer ideologischen Einstellung und anderer
sachfremder Erwägungen in Kauf genommen hat, auch wenn ihr dieser
Ausgang der Geburt grundsätzlich unerwünscht war, unterliegt nach dem
Ergebnis der Beweisaufnahme zur sicheren Überzeugung der Kammer
ebenfalls keinem Zweifel.
1. Einlassung der Angeklagten
Die am 50. Verhandlungstag erfolgte Einlassungserklärung der Angeklagten
hatte abweichend von den getroffenen Feststellungen im wesentlichen
folgenden Inhalt:
Die Angeklagte hat in Zusammenhang mit einer sechsseitigen Darstellung
ihres Werdegangs erklärt, dass es bis zum Jahre 2008 keinen Todesfall
bei einer selbst betreuten Geburt zu beklagen gegeben habe. Sie sei es
allerdings gewohnt gewesen, seit Beginn ihrer freiberuflichen Tätigkeit
von Laien und Kontrahenten, die nur den klinischen Standard gekannt
hätten, als "potenzielle Kindsmörderin" tituliert zu werden. Dies sei
dem Umstand zuzuschreiben, dass über die Art der betriebenen
Geburtshilfe - der vorsichtigsten, die ihr persönlich möglich erscheine
- unklare Vorstellungen bestünden. Seit nunmehr 5 Jahren sehe sie sich
einem Ermittlungs- und Strafverfahren gegenüber, das sie psychisch,
physisch und finanziell an ihre Grenzen bringe. Sie habe nie in Kauf
genommen, in einer wahrnehmbaren Gefahrensituation Hilfe für die Mutter
und das Kind zu verweigern.
In Bezug auf die Schwangerschaftsbetreuung der Nebenkläger hat sie eine
umfassende Aufklärung über die Geburtsrisiken, regelmäßige, Risiken
ausschließende, Vorsorgeuntersuchungen, Erkrankungen der Kindsmutter und
eine detaillierte Betreuung bis zur Geburt beschrieben. In Bezug auf den
Erstkontakt hat die Angeklagte angegeben, die Nebenkläger seien einem
gängigen Aufklärungsund Untersuchungsprozedere in der Uniklinik O26
unterzogen worden, über Vor- und Nachteile einer vaginalen Geburt
aufgeklärt worden, wobei sich Befunde, die gegen eine vaginale Geburt
gesprochen hätten, nicht ergeben hätten. Sie habe von der Zeugin Z1 den
Eindruck einer gut informierten, selbstbewussten Frau, die
differenzieren könne und wisse, was sie wolle und was nicht, gehabt, und
diese habe damit in das Bild der typischen Hausgeburtsklientin, die eine
möglichst autonome Geburt erleben wolle und zu ihrer Entscheidung stehe,
gepasst.
Sie habe umfassend ihre Arbeitsweise erklärt, auf die WHO-Richtlinien
verwiesen und erklärt, dass ihre Arbeit die alleinige Begleitung und
Beobachtung des natürlich ablaufenden Geburtsvorgangs und die Schaffung
und Schonung von kindlichen und mütterlichen Ressourcen sei.
Die Nebenklägerin habe ihr berichtet, im Vorjahr eine Fehlgeburt
erlitten, im zweiten und dritten Schwangerschaftsdrittel zwei grippale
Infekte mit wiederkehrenden tagelangen Episoden von Müdigkeit gehabt und
eine bekannte Kreislaufschwäche zu haben. Die Angeklagte hat detailliert
ihre Aufklärung über den Geburtsverlauf beschrieben, wobei sie ihre
Erinnerung an Einzelheiten des Gesprächs damit begründete, dass sie bei
jeder Frau, die mit dem Wunsch nach einer vaginalen Steißlagengeburt
komme, ähnliche Ausführungen mache.
Sie habe die Nebenklägerin auch darauf hingewiesen, dass sie jederzeit
das Recht habe, ihre Entscheidung zu revidieren und in eine Klinik zu
gehen. Auch habe sie dem Paar gegenüber betont, dass sie für nichts
garantieren könne. Die Angeklagte hat weiter geschildert, dass sie einen
privaten Kontakt zugelassen habe, da die jungen Leute im Alter ihrer
Kinder gewesen seien und sie sich vorgestellt habe, dass ihnen etwas
näherer menschlicher Kontakt guttun würde.
Die Angeklagte hat weiter geltend gemacht, eine Untersuchung im Hinblick
auf die Gefahr eines Nabelschurvorfalls bei einem Fruchtblasensprung
bereits am 11.06. durchgeführt zu haben. Der vorangehende Teil des
Kindes sei schwer beweglich über dem Beckeneingang von außen zu tasten
gewesen, so dass sie sicher habe sein können, dass im Falle eines
Blasensprungs keine Gefahr gedroht habe. Z1 hätte erneut einige Tage
"ihrer bekannten Schlappheit" hinter sich gehabt, die Beine seien
deutlich livide gewesen als Zeichen einer Venenschwäche. Die Angeklagte
hat sich weiter dahin eingelassen, alle Nachfragen der Nebenkläger zu
Geburtskomplikationen ausführlich beantwortet zu haben.
In Bezug auf Nachfragen der Nebenkläger zur Gefahr eines
Nabelschnurvorfalls bei der Geburt habe sie erklärt, dass dies möglich
sei, sich dann aber an der Veränderung der kindlichen Herztöne zeige.
Aus ihrer Erfahrung sei aber mit keinem derartigen Problem zu rechnen
bis kurz vor dem Durchtritt des Steißes. Erst dann würde sich der
Abstand vom Nabelschuransatz zum oberen Teil der Gebärmutter und zur
Plazenta auswirken, was die Angeklagte im einzelnen weiter ausgeführt
hat. Auch für die übrigen Tage der Vorsorgeuntersuchungen hat die
Angeklagte jeweils umfassende Aufklärungsgespräche geltend gemacht.
In Bezug auf den Tag vor der Geburt, den 29.06.2008, hat die Angeklagte
erneut eine livide Verfärbung der Beine der Nebenklägerin beschrieben,
die mittels CTG abgenommene Herztonfrequenz des ungeborenen Kindes mit
132 Schlägen als regelrecht bezeichnet und ihren Hinweis auf den
baldigen Geburtsbeginn angegeben. Sie habe dem Paar auch den Hinweis
gegeben, dass es sich bei Geburtsbeginn in der Praxis einfinden solle.
So hat die Angeklagte sich dahin eingelassen, Z1 habe sich um etwa 5 Uhr
morgens am 30.06.2008 mit der "Botschaft" bei ihr gemeldet, sie hätte
den Eindruck, dass die Geburt heute losgehen könne. Ausgehend vom 17.06.
als errechnetem Termin hätte für sie - die Angeklagte - für den
folgenden Tag, den 01.07.2008, die Überlegung angestanden, in welcher
Klinik sie - Z1 - zur weiteren Kontrolle gut aufgehoben gewesen wäre.
Die Angeklagte will die Nebenklägerin sodann umfassend über die
verschiedenen möglichen Ursachen der abgegangenen Flüssigkeit aufgeklärt
haben, über angesammelte Scheidenflora, einen Riss der Eihäute der
Fruchtblase, einen hohen Blasensprung, einen echten Blasensprung, und
dass noch regelmäßige Wehen auftreten müssten, da es ohne Wehen keine
Geburt gebe. Es sei also unsicher, ob es sich um einen Geburtsbeginn
handle, sie sei aber zuversichtlich, dass keine Gefährdung für das Baby
vorliege, da sie sich noch 10 Stunden zuvor davon überzeugt habe, dass
es bereits fest im Beckeneingang liege und da nichts mehr vorfallen
könne.
Z1 habe dann noch etwas ruhen und abwarten wollen, wobei abgesprochen
gewesen sei, dass sie jederzeit in die Praxis hätten kommen können. Z1
habe in keiner Weise Unsicherheit oder Angst signalisiert, sonst wäre
sie selbstverständlich hingefahren, obwohl eine Untersuchung oder
Behandlung im Hotel nicht vereinbart gewesen sei.
Die Angeklagte hat weiter von dem zweiten Telefonat etwa um 09.40 Uhr
berichtet, in dem die Kindsmutter sie davon in Kenntnis gesetzt habe,
dass sie ein regelmäßiges Ziehen verspüre und auch weiterhin klares
Fruchtwasser abgehe, was sie auf einen regelrechten Geburtsbeginn habe
hoffen lassen. Sie habe die Kindsmutter dann darauf hingewiesen, dass
sie, wenn sie den Eindruck habe, regelmäßige Wehen zu produzieren, in
die Praxis umziehen solle. Sie selbst würde in die Geburtsräume gehen
und überprüfen, ob alles bereit sei und ihre Sprechstunde absagen, weil
sie sie im Laufe des Vormittags erwarten würde.
Ab diesem Zeitpunkt habe sie auf das Eintreffen des Paares gewartet. Sie
habe dann lange nichts von den beiden gehört, und habe das so deuten
müssen, dass offenbar noch keine wesentlichen Veränderungen eingetreten
seien, vor allem aber auch keinerlei Unsicherheiten bestanden hätten.
Um kurz vor 3 habe dann ...(Vorname Z1) das dritte Mal bei ihr angerufen
und die Kontraktionen beschrieben, so dass man wohl von "richtigen
Wehen", die regelmäßig aufträten, reden könne. Sie - die Angeklagte -
sei beruhigt gewesen, ihren Ausführungen zu entnehmen, dass sich ein
normaler Geburtsprozess abzeichnete, die Gebärmutteraktivität also nicht
rückläufig sei oder sistiere. Die Tatsache, dass ...(Vorname Z1) noch
selber mit ihr telefoniert habe, habe sie in der Annahme versichert,
dass die Geburt noch nicht direkt bevorgestanden habe. Denn nach ihrer
Erfahrung hätten Frauen bei heftiger Wehentätigkeit keine Kapazität mehr
frei, in Ruhe zu telefonieren. Auch der Umstand, dass das Gespräch
einige Minuten gedauert habe und dabei nur eine Wehe aufgetreten sei,
die ...(Vorname Z1) ruhig veratmet habe, habe sie sicher sein lassen,
dass sie den Weg zu ihr noch gut schaffen würde.
Sie habe zu dem Zeitpunkt das Bedürfnis gehabt, sich persönlich um
...(Vorname Z1) kümmern zu wollen und sie ausdrücklich gebeten, endlich
in die Praxis zu kommen. Sie habe zu bedenken gegeben, dass es mit
kräftigeren Wehen schwierig werden könne, noch ins Auto zu steigen und
die Stufen in die Praxis zu bewältigen. Um sie zu motivieren, habe sie
ihr angeboten, Badewasser einzulassen. Von Z1 sei kein Widerspruch
hinsichtlich ihrer Aufforderung, unverzüglich zur Praxis zu kommen,
gekommen, so dass sie davon ausgegangen sei, dass das Paar in der
nächsten halben Stunde erscheinen würde. Sie habe dann darauf gewartet.
Nachdem sich das Paar über eine Stunde nicht gemeldet habe, sei sie
irritiert gewesen, weil sie sich das nicht habe erklären können und habe
gerade überlegt, selbst anzurufen. Um 16.02 Uhr habe ...(Vorname Ehemann
Z1) angerufen und sie habe sofort im Hintergrund ...(Vorname Z1)
vernommen, und es habe sich für sie so angehört, als schöbe sie gerade
ihr Kind aus sich heraus. Der Nebenkläger habe gleichwohl in erstaunlich
ruhigem Ton lediglich um eine Untersuchung seiner Lebensgefährtin
gebeten. Sie, die Angeklagte, habe ihn aber nicht weiterreden lassen und
sofort ihren bereitstehenden Hausgeburtskoffer gegriffen. Sie sei ohne
die in der Praxis im Souterrain befindlichen Karteiblätter losgefahren.
Als der Kindsvater ihr die Tür geöffnet habe, habe er auf sie einen
gelassenen Eindruck gemacht. Sie habe gesehen, dass das Zimmer für die
Geburt nicht vorbereitet gewesen sei. Sie sei am Badezimmer
vorbeigeschritten, habe ihren Koffer in der Nähe des Bettes abgestellt;
...(Vorname Z1) habe ruhig und orientiert in Seitenlage auf dem Bett
gelegen. An den herumliegenden gebrauchten weißen Handtüchern habe sie
erkennen können, dass sie von klarem Fruchtwasser ohne Spuren von Blut
oder Mekonium getränkt gewesen seien, was für sie der erste Hinweis
darauf gewesen sei, dass das Kind bislang offenbar keiner Notsituation
ausgesetzt gewesen sei. Es sei dann eine Wehe gekommen, die ...(Vorname
Z1) ohne Anstrengung habe veratmen können, was ihr gezeigt habe, dass
die Geburt nicht unmittelbar bevorgestanden habe. Bei der Untersuchung
habe sich dann gezeigt, dass bereits ungefähr "ein Eierbecher voll
Mekonium" abgegangen sei. Sie habe geschätzt, dass die am Telefon
gehörte Wehe der Auslöser dafür gewesen sei. Mekoniumabgang bei der
Geburt sowie grünes Fruchtwasser könnten zwar ein Zeichen für eine
fetale Notsituation sein. Bei einer Steißlage trete dieses Phänomen aber
nach ihrer Erfahrung in etwa 90 % der Fälle auf und sei rein mechanisch
bedingt. Bei einem Tiefertreten des Steißes in den Beckenraum würde bei
einem willkürlichen oder reflexhaften Mitdrücken der Mutter auf den
Bauchraum des Kindes Druck ausgeübt. Da das Kind den Afterschließmuskel
noch nicht kontrollieren könne, führe der Druck zu einem Austreten der
ersten Portion des im kindlichen Enddarm enthaltenen Inhalts. Bei der
sofortigen vaginalen Untersuchung habe sie sich davon überzeugen können,
dass der Austritt von Mekonium offenbar tatsächlich mechanisch bewirkt
worden sei. Zur positiven Überraschung aller Beteiligten sei der
Muttermund schon weit eröffnet gewesen - etwa 7 cm, was einer eher
zügigen Eröffnungsphase entspreche. Der kindliche Steiß sei bereits tief
in das mütterliche Becken eingetreten gewesen, was zu der Annahme der
mechanischen Ursache des Mekoniumaustritts gepasst habe, denn ein
Vorliegen der Nabelschnur habe, wie schon vorher festgestellt, de facto
nicht festgestellt werden können. Um eine akute Notsituation gänzlich
auszuschließen, habe sie auch sofort die kindlichen Herztöne abgehört.
Vor dem Hintergrund ihrer Erfahrungen, dass es in 90 % aller
Steißlagengeburten zu einem Mekoniumabgang komme und der Tatsache, dass
die kindlichen Herztöne normal gewesen seien, habe sie sich nicht
vorstellen können, dass sich das Kind in einer Notsituation befunden
habe.
Die Nebenklägerin habe etwas schlapp und unbeweglich gewirkt; über
solche ihr bekannten Zustände sei öfter gesprochen worden.
Für den gesamten weiteren Geburtsvorgang hat die Angeklagte im weiteren
eine kontinuierliche Kontrolle der kindlichen und mütterlichen
Vitalparameter angegeben. Sie hat erklärt, etwa viertelstündlich die
kindlichen Herztöne kontrolliert zu haben, jeweils im Vergleich mit der
mütterlichen Pulsfrequenz, um sicher zu sein, dass es sich um die
kindliche Herzaktion gehandelt habe. Diese seien immer stabil gewesen.
Sie hätte die Zeugin Z1 zwar lieber mit in ihre Praxis genommen, weil
sie dort ihre gesamte Ausstattung und auch ein CTG zur Verfügung gehabt
hätte. Dagegen habe jedoch das Bedürfnis der Kindsmutter gesprochen,
liegen bleiben zu wollen und auch die Möglichkeit, dass bei einem
plötzlichen Stärkerwerden der Wehen die Geburt sehr schnell hätte
stattfinden können.
Den Wunsch, in die Klinik verlegt zu werden, habe das Paar ausdrücklich
nicht gehabt, sonst hätte sie dem entsprochen. Sie habe die Tatsache,
dass man sie - entgegen der Absprachen - durch das Nichterscheinen in
der Praxis praktisch gezwungen habe, die Geburt im Hotel zu begleiten,
nicht als Geburtshindernis gesehen, sie habe aber von ihrer Seite
deutlich gemacht, dass sie unter den gegebenen Umständen kein CTG zur
gleichzeitigen Messung der Wehen- und Herzfrequenz zur Verfügung hätte.
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Julian
Boltbender
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Re: Angeklagte wegen Totschlags zu Freiheitsstrafe von 6 Jahren + 9
Monaten verurte
« Reply #7 on: June 12, 2016, 04:39:23 AM »
Die Angeklagte hat weiter angegeben, dass die Wehen, von denen sie bis
16.20 Uhr nur zwei mitbekommen habe, weshalb sie sich zunächst eine
Viertelstunde zurückgezogen habe, um nicht zu stören, dann nach 17 Uhr
wieder regelmäßiger, aber noch immer mit Pausen von etwa 5 bis 6 Minuten
gekommen seien. Da noch 3 Zentimeter Muttermund zu schaffen gewesen
seien bis zur vollständigen Eröffnung, habe sie den Kindseltern erklärt,
dass sich das angesichts der mäßigen Wehenkraft und der langen Pausen
noch ein paar Stunden hinziehen könne. Es könne aber auch sehr flott
gehen.
Um 18 Uhr habe die Nebenklägerin auf einmal gefröstelt. Solche Effekte
seien ihr aus der Übergangsphase durchaus geläufig. Sie habe die
Körpertemperatur gemessen, was keinen Anhalt für eine pathologische
Entwicklung gegeben habe.
Die Menge des um 18.22 Uhr erneut erfolgten Mekoniumabgangs hat die
Angeklagte als "ungefähr ein Esslöffel voll" beschrieben. Sie habe dies
als ein Zeichen des Tiefertretens des Steißes gedeutet und habe auch
durch die erneute Überprüfung der stabil bleibenden kindlichen Herztöne
ausschließen können, dass eine Notsituation vorgelegen habe. Sie habe
deshalb auch nicht in Betracht gezogen, eine Verlegung in eine Klinik
anzuraten, was sie gemacht hätte, wenn Anzeichen für eine Notsituation
vorgelegen hätten.
Einen entsprechenden Rat hat die Angeklagte allerdings für die Zeit um
ca. 19.30 Uhr behauptet. Sie hat insoweit geschildert, dass sie eine
gute Stunde und etwa 8 Wehen später versucht habe, Z1 dazu zu bringen,
im Bett in die Vierfüßlerposition zu gehen, um die Gebärmutter zu
kräftigeren Wehen anzuregen. Der Versuch sei jedoch sofort abgebrochen
worden, da es für die Mutter zu schmerzhaft gewesen sei. Sie habe Z1
daraufhin erklärt, dass sie in der Klinik jetzt vermutlich einen
Wehentropf bekäme, um die Geburt zu beschleunigen. Wenn sie das
versuchen wolle, hätte sie nichts dagegen. Eine medizinische
Notwendigkeit bestünde, nach allem, was sie in Erfahrung über ihren
Zustand bringen könne, nicht. Sie - die Kindsmutter - solle nur wissen,
dass sie selber, so wie sie es auch schon in der Schwangerschaft
besprochen hätten, die Entscheidung hätte. Weder Z1 noch Z1 hätten sich
dazu geäußert. Als sie beim anschließenden Versuch der Kindsmutter gegen
19.50 Uhr, bei einer Wehe mitzuschieben, nachgefragt habe, ob sie
bewusst schiebe, habe sie keine Antwort erhalten. Sie habe dann gebeten,
bei der nächsten Wehe nichts aktiv zu unternehmen. Die Kindsmutter habe
die nächste Wehe veratmen können, was ihr gezeigt habe, dass es sich
noch nicht um die Austreibungsphase gehandelt habe.
Bei einer anschließenden vaginalen Untersuchung habe sie dann
festgestellt, dass der Muttermund so gut wie vollständig eröffnet, der
Steiß tiefer, die Wehen aber nicht kräftig genug gewesen seien, um
diesen bis zur Beckenmitte zu bewegen. Sie habe die Kindsmutter dann
dazu bewegen wollen, die Blase zu entleeren, da eine volle Blase
manchmal ein Geburtshindernis sei. Die kindlichen Herztöne seien nach
wie vor unauffällig gewesen, weshalb sie sich um das Kind keine Sorgen
gemacht habe. Allerdings hätte Z1 die Kommunikation mit ihr fast
eingestellt, vielleicht, weil sie sich besser habe konzentrieren wollen,
oder weil sie müde gewesen sei, oder weil sie es ihr vielleicht
übelgenommen habe, dass sie ihr einen Wehentropf vorgeschlagen habe.
Es werde so gegen 20.15 Uhr gewesen sein, dass sie sich entschieden
habe, ein kurzes Telefonat mit einer befreundeten Hebamme zu führen. Sie
habe sich aus dem Raum entfernt, weil sie die werdenden Eltern durch das
Gespräch nicht habe ablenken wollen. Eine langsam verlaufende Geburt sei
keine Indikation zur klinischen Einweisung, vor allem, wenn der Wille
der Frau dazu fehle. Dennoch sei sie unzufrieden damit gewesen, dass sie
die betreute Frau weder habe motivieren können, sich zu bewegen, noch,
Wasser zu lassen, noch, sich ihr deutlicher mitzuteilen. Sie habe nicht
gewusst, wie lange die Geburt noch dauern würde, und ihr habe eine Idee
gefehlt, wie sie sich für Mutter und Kind weiter habe einbringen können.
Mit Hilfe ihrer Kollegin habe sie sich darüber klarer werden wollen.
Diese Strategie nenne man "secondlook-Manöver", die sich im klinischen
Alltag bewährt habe, wenn die Geburtshelferin nicht so recht
weiterkomme, z.B. aufgrund einer gewissen Betriebsblindheit. Sie wende
dieses Verfahren jedes Mal an, wenn sie nicht weiter wisse und habe
bisher immer eine Kollegin gefunden, die ansprechbar gewesen sei.
... Z14, als ebenfalls steißlagenerfahrene Kollegin, habe vorgeschlagen,
die Frau wegen mangelnder Kooperation in die Klinik zu verlegen. Sie -
die Angeklagte - habe dann erwidert, dass die betreuten Leute sicher
nicht den langen Weg von O23 über O26 hierhin gekommen, um dann ohne
medizinischen Grund in eine Klinik zu gehen. Vermutlich stehe dahinter
die Angst der Frau vor einer Bauch-OP, zumal bei ihr die Gefahr einer
Thrombose aufgrund ihres Venenstatus bestehe. Die Zeugin Z14 habe ihr
dann empfohlen, die Frau mit einem stimulierenden Espresso zu bedenken
und energischer auf die Beine zu bringen. Sie könne dazu als Alternative
ja deutlicher noch einmal die Klinikverlegung ins Spiel bringen.
Durch dieses Gespräch habe sie den nötigen Rückhalt erhalten, Z1 eine
Alternative zu bieten. Sie habe ihr kurz darauf gesagt, dass sie es sich
jetzt aussuchen könne, ob sie sich helfen lassen wolle, auf die Beine zu
kommen und so die Geburt voranzubringen, oder ob sie lieber in einen
Kreißsaal mit allem Komfort gebracht werden wolle. Statt einer Antwort
habe Z1 sich hochhelfen lassen und in den Genuss eines doppelten
Espresso eingewilligt. Gegen 20.20 Uhr habe sie die Kindsmutter dann
gemeinsam mit dem Kindsvater zur Toilette gebracht, wo es ihr besser
gegangen sei. Sie habe sich auch hier vergewissert, dass die kindlichen
Herztöne die normale Frequenz gehabt hätten. Die Wehen seien in
regelmäßigen Abständen etwa alle 4 Minuten gekommen. Sie habe sich
entschieden, Frau Z14 per SMS über das weitere Geschehen auf dem
Laufenden zu halten, um gleichzeitig für sich auch die exakten Zeiten
elektronisch festzuhalten und nicht durch ein Gespräch zu stören. Die
viertelstündlich kontrollierten Herztöne seien unverrückbar stabil
gewesen.
Gegen 21 Uhr sei der Espresso gebracht worden. Kurz nach 21.30 Uhr sei
klar gewesen, dass das Kind nun bald kommen würde. Sie habe den Steiß
sehen können, die Kindsmutter gebeten, sich vor dem Bett eine bequeme
Position zu suchen, und sich nach jeder Wehe überzeugen können, dass das
Kind mit einer normalen Herzfrequenz offenbar keinen Stress gehabt habe.
Um 22 Uhr habe ihr Gerät ausgesetzt; sie habe sich dann für noch etwa
zwei Wehen ihres Holzhörrohrs bedient. Um 22.02 Uhr habe sie damit eine
etwas reduzierte Herzfrequenz von etwa 100 gehört. Das komme in der
Austreibungsphase häufiger vor und sei noch kein Indiz für eine Gefahr.
Bei den zwei nachfolgenden Wehen habe sie den Steiß des Kindes ein Stück
hoch gedrückt zur besseren Durchblutung der Nabelschnur und zur Erholung
für das Kind. Nach zwei weiteren Wehen, um 22.08 Uhr, habe sie eine
Herzfrequenz von etwa 80 Schlägen pro Minute ausmachen können. Auch das
stelle nach allgemeiner geburtshilflicher Erfahrung noch keine wirkliche
Gefährdung für das Kind dar, wenn es sich nur um wenige Minuten handle.
Da der Steiß nun greifbar gewesen sei, habe sie beschlossen, das Kind zu
entwickeln, da eine Verlegung nicht mehr infrage gekommen sei. Auch eine
sofortige Sectio wäre jetzt langsamer als der manuelle Eingriff gewesen.
...(Vorname Z1) habe nach Kräften geholfen und den sicher unangenehmen
Eingriff toleriert, weil sie vor der Geburt von ihr darüber aufgeklärt
worden sei, dass es dazu im Notfall kommen könne. Innerlich müsse sie
bei so einem seltenen Eingriff auch auf eine Reanimation eingestellt
sein. Die meisten Kinder seien jedoch nach solchen Maßnahmen erstaunlich
fit; das hänge davon ab, welche Grundgesundheit sie vorher gehabt
hätten. Sie sei also auf beides eingestellt: auf ein lebendiges,
vielleicht gestresstes Kind oder aber auch auf ein bewusstloses, jedoch
reanimierbares Baby.
Zur Geburt G. Z1s hat die Angeklagte angegeben, sie um 22.14 Uhr mehr
blass als rosig und völlig leblos in den Händen gehalten zu haben. Ein
Nabelschnurpuls habe nicht existiert. Sie habe sofort mit der
Reanimation begonnen; der Brustkorb habe sich gut federnd eindrücken
lassen. Bei der Beatmung habe sich dann gezeigt, dass es praktisch
unmöglich gewesen sei, Luft in die Lungen zu bekommen. Dies sei
außergewöhnlich, weil Ungeborene bei einem Sauerstoffmangel und einem
damit einhergehenden hohen Kohlendioxidgehalt im Blut die Lungenfunktion
anwerfen würden. Sie kämen blau zur Welt als Zeichen der Überladung des
Blutes mit Kohlendioxid, könnten aber sofort atmen oder beatmet werden.
G. Z1 aber sei weiß gewesen und habe nicht beatmet werden können. Sie
habe letztlich so viel Druck wie bei einer Erwachsenenbeatmung
aufgewandt und nur eine minimale Wirkung erreicht. Als sie begriffen
habe, dass ihre Reanimationsmaßnahmen nicht erfolgreich gewesen seien,
habe sie Verzweiflung in sich aufsteigen fühlen und sofort einen
ärztlichen Kollegen als Unterstützung, Zeugen und zur Einleitung einer
Untersuchung gewollt.
Während sie ihre Reanimation weiter fortgesetzt habe, habe sie Z1
gesagt, welche Nummer er wählen und dass er einen Babynotarzt anfordern
solle. Nach 10 Minuten sei noch keine Änderung eingetreten.
Als der Notarzt den Raum betreten habe, habe sie ihm einen Hinweis geben
wollen, dass sie die Reanimation für vergeblich halte. Sie habe deshalb
sinngemäß gesagt: "Herr Kollege, ich glaube Sie können bestätigen, dass
es sich um eine Totgeburt handelt.". Sie habe den Eindruck gehabt, der
Notarzt sei überfordert gewesen und habe seine Bedenken gegen den Ort
der Geburt loswerden wollen. Er sei dann zusehends missmutiger geworden,
weil ihm die Reanimation nicht gelungen sei. Er habe sich dann bei ihr
beschwert, dass er nicht intubieren könne, weil er die Stimmritze nicht
darstellen könne, die mit etwas grünlichem belegt sei. Sie habe dann
ihren Absauger zur Hand genommen und etwa zwei Milliliter einer grünlich
schleimigen Flüssigkeit abgesaugt. Vermutlich sei durch die Bemühungen
des Rettungssanitäters, den Brustkorb zu komprimieren, auch der Magen
zusammengedrückt worden und etwas Magensaft nach oben befördert worden.
Sie sei jedenfalls sicher, dass es sich nicht um zähes Mekonium
gehandelt habe.
Der Notarzt habe dann mit Z1 ein kurzes Wortgefecht über den Umstand,
dass G. Z1 nicht soeben sterbe, sondern tot zur Welt gekommen sei,
gehabt. Als der Notarzt von Z1 erfahren habe, dass G. Z1 als Steißlage
zur Welt gekommen sei, sei für ihn der Bogen offenbar überspannt
gewesen. Sie habe sich heftig gegen die Einschaltung der Polizei
gewehrt, weil sie wisse, wie sehr die Trauer der Eltern dadurch
beeinflusst werde. Sie habe den Eltern zumindest Zeit allein mit ihrem
Kind ermöglichen wollen. Eine Untersuchung wäre auch auf einem
menschlicheren Weg möglich gewesen. Es sei allerdings nicht daran zu
denken gewesen, Herrn Z26 zu einer Kooperation zu bewegen, wie z.B.
einer zeitnahen Blutuntersuchung von Nabelvenenblut oder einer
Ultraschalluntersuchung.
Sie habe sich nicht anmerken lassen, wie traurig und verstört sie über
das tragische Ereignis und die Zuspitzung durch die Einschaltung des
Notarztes und der Polizei gewesen sei. Für sie gehöre die Trauer der
Eltern in den Mittelpunkt. Aus Mitgefühl sei sie noch bis etwa 3 Uhr
morgens bei den Eltern geblieben.
Das, was passiert sei, sei für sie völlig unvorhersehbar gewesen. Bis
zum Abfallen der Herzfrequenz gegen 22 Uhr habe sie zu keinem Zeitpunkt
eine Notsituation objektivieren können. Sie wolle nochmal ausdrücklich
betonen, dass das Wohl von Kind und Mutter bei ihr immer oberste
Priorität habe. Hätte sie eine Notsituation festgestellt, hätte sie für
eine Verlegung gesorgt. Sie sei gerade Hebamme und Ärztin geworden, um
das Leben von Mutter und Kind zu schützen und nicht, um das Leben einem
Risiko auszusetzen. Der Vorwurf des Totschlags treffe sie zutiefst. Sie
habe immer - auch in diesem Fall - aus ihrer Sicht professionell
gehandelt. Sie sei für ihr verantwortungsvolles Handeln deutschlandweit
bekannt gewesen.
Die Angeklagte hat auf Nachfragen der Kammer erklärt, dass ihr die
Hebammenberufsordnung bekannt sei, sie sich aber nicht darüber
hinweggesetzt habe, da sie als Ärztin tätig geworden sei. Als Equipment
habe sie ihren Koffer dabei gehabt. Es sei zutreffend, dass sie ihre
Tätigkeit lediglich als Hebamme abgerechnet habe. Später hat die
Angeklagte diesbezüglich ergänzt, dass sie als Hebamme abrechne, weil
die Arbeit, die sie tue, als Hebamme gemacht werden könne, und die
Eltern dann von der Krankenkasse auch das Geld bekämen. Die Eltern, die
zu ihr kämen, hätten nicht so viel Geld.
Auf die Frage, warum die Abhandlung der Beckenendlage in dem von ihr als
Mitautorin verfassten Artikel in dem Buch "Hebammenkunde" nur die
klinische Geburt und keine Hausgeburt behandle, hat die Angeklagte
erklärt, dass Hebammen auch nur im klinischen Bereich ausgebildet
würden. Dass sich in dem Lehrbuch auch ein Kapitel "Hausgeburt" findet,
hat die Angeklagte auf Vorhalt nicht kommentiert.
Auf Vorhalt eines Absatzes "Grünes Fruchtwasser" (Bl. 387
Hebammenkunde), nach dessen Inhalt bei einem kurz- oder langfristigen
Sauerstoffmangel des Feten (z.B. durch Nabelschnurkompression oder
Plazentainsuffizienz) dieser mit einer kurzen Kreislaufdrosselung
zugunsten lebenswichtiger Organe, wie Herz und Gehirn reagiere, wobei
der so entstehende lokale Sauerstoffmangel am Darm zur Hyperperistaltik
und damit zum Mekoniumabgang führe, und der Nachfrage, ob sie bei der
Feststellung des Mekoniumabgangs bei ihrem Eintreffen im Hotel in O8 und
der gleichzeitigen Annahme, die Geburt stünde noch nicht unmittelbar
bevor, nicht hieran gedacht habe, hat die Angeklagte erklärt, dass sie
an einen mechanischen Auslöser gedacht und gleichzeitig die Herztöne
kontrolliert habe, die unauffällig gewesen seien. Sie habe diese
regelmäßig kontrolliert. Auf Nachfrage in Bezug auf Notizen und die
Dokumentation hat die Angeklagte hierzu weiter angegeben, nicht mehr
Einzelheiten dokumentiert zu haben, als der Kammer bekannt seien. Ihr
reiche diese Art der Kurzdokumentation, auch wenn die
Dokumentationspflicht mehr verlange, da sie zeitnah einen Bericht
fertige und dies auch bei der Geburt von G. Z1 mit ihrer Erinnerung am
nächsten Tag getan habe.
Im Hinblick auf die unterschiedlichen Dokumentationen hat die Angeklagte
angegeben, dass hier untergehe, dass natürlich das Leid der Familie im
Vordergrund stünde. Aber auch für sie als Geburtshelferin sei es
schrecklich, ein totes Kind in den Händen zu halten, was sie nicht
reanimieren könne. Deshalb habe sie auch nach einer Ursache gesucht, und
sich lange damit beschäftigt. Man fahre von so einer Geburt in einer
ganz anderen Stimmung nach Hause, und deshalb brauche es auch manchmal
drei Anläufe, bis sie die Überlegungen habe und Zeiten und Daten der
Geburt richtig notieren könne. Sie habe den Eltern gegenüber allein zu
deren Schutz erklärt, dass sie die Angaben, sie schon mehrere Jahre zu
kennen, gegenüber der Polizei machen sollten.
Die Äußerung gegenüber den Kindseltern, den Notarzt bewusst verspätet
rufen zu lassen, um den Eltern das Leben mit einem wie eine Pflanze
dahinvegetierenden Kind zu ersparen, hat die Angeklagte eingeräumt und
dazu erklärt, dass sie die Eltern auf eine hilflose Art habe trösten
wollen. Natürlich sei ihr bei der Reanimation von G. Z1 im Kopf
herumgegangen, wie sie ihr eigenes Kind mehrfach habe reanimieren
müssen, und in den Situationen im Krankenhaus als Mutter habe erleben
müssen, wie ihr Kind immer gestochen worden sei.
Eine Erklärung, die die Eltern ihr im nachhinein hätten unterzeichnen
sollen, habe sie nicht vorgelegt. Auf so eine Idee komme sie nicht. Sie
habe so etwas auch nicht mit Frau Z14 besprochen. Frau Z14 habe ihr
einmal ein solches Formular zur Verfügung gestellt und ihr im nachhinein
davon berichtet, dass sie den Eltern Z1 nur ein solches Formular gezeigt
hätte, was sie selbst sich immer bei Geburten unterschreiben lasse.
Abschließend wolle sie noch sagen, dass sie es bei den Geburten mit
Leuten zu tun habe, die bereits so entschieden seien und bei denen sie
Sorge haben müsste, dass diese die Geburt sonst auch allein machen
würden. Auch seien die Frauen, die zu ihr kämen, in aller Regel gut
aufgeklärt, durch ihren Gynäkologen oder andere Hebammen. Sie kämen dann
mit dem Wunsch zu ihr, das alles nicht zu wollen, sondern eine
Hausgeburt.
Soweit die Angeklagte auf Nachfragen zu weiteren Geburtsvorgängen
Angaben gemacht hat, erfolgt deren Wiedergabe in Zusammenhang mit den
einzelnen Geburtsgeschehen.
In Bezug auf sämtliche tragisch geendeten Geburtsvorgänge hat die
Angeklagte einen Sauerstoffmangel als Ursache trotz entsprechender
Hinweise und fehlender gesicherter anderweitiger Erkenntnisse negiert.
Sie hat insoweit erklärt, dass sie seit sechs Jahren versuche, die
Ursache für den Tod der Kinder L. Z2 und G. Z1 und eine Erklärung für
den Tod von F. Z5 zu finden. Es könne sich dabei nur um eine
Intoxikation, einen Infekt oder Genetik handeln. Man komme bei allen
Fällen nicht mit der ganz normalen Vorstellung weiter, dass es einen
Sauerstoffmangel gegeben habe.
Es gebe auch einen reversiblen Herzstillstand. Dies sei etwas, was
Kliniken und Mediziner immer abstreiten würden. Die Fälle ließen sie
irritiert zurück und sie wundere sich, dass es keine weitergehende
Forschung gebe, sondern bei dem Tod eines Kindes immer gleich ein
geburtshilflicher Fehler angenommen würde. In NRW habe es im Jahr 2008
567 Todesfälle gegeben, die alle nicht untersucht worden seien, oder bei
denen eine Ursache nicht zu finden gewesen sei. Ihre Geburtshilfe sei
jedenfalls nicht geeignet, Kinder umzubringen, weshalb ihr die
Todesfälle auch keine Ruhe ließen.
Diese Darstellung der Angeklagten ist eine unwahre Schutzbehauptung, und
eine entsprechende Überzeugung besteht auch nicht etwa tatsächlich vor
dem Hintergrund einer Verblendung oder fehlgeleiteten Überzeugung,
sondern der Angeklagten ist zweifelsfrei bewusst, dass Sauerstoffmangel
in den unklaren Todesfällen sehr wohl die naheliegende Erklärung und bei
den Geburten von G. Z1 und A. Z3 zweifelsfrei die einzige Ursache für
den tragischen Ausgang ist, was sie vor dem Hintergrund ihrer
Überzeugung des Schicksalhaften und Vorbestimmten lediglich für sich
verdrängt und nach außen zur eigenen Rechtfertigung anders vertritt.
Die Angeklagte hat weiter eingeräumt, die Todesfälle der Gesellschaft
für Qualitätssicherung der Hausgeburt nicht gemeldet zu haben. Sie hat
insoweit erklärt, dass sie ihre eigene Statistik führe. Sie habe die
Fälle G. Z1 und L. Z2 an ihre Kolleginnen gemeldet, die dies an das
Gesundheitsamt weitergegeben hätten. Auf Nachfrage, um welche
Kolleginnen es sich dabei gehandelt habe, hat die Angeklagte erklärt,
dass die jeweils tätigen Notärzte die Dinge dem Gesundheitsamt melden
würden. Sie melde das als Ärztin der Gesellschaft für Qualitätssicherung
nicht, weil es Geburten betreffe, die aus dem Rahmen fielen, da sie
überwiegend Beckenendlagen- und Mehrlingsgeburten durchführen würde, die
die Kammer als Risikogeburten "titulieren" würde.
Ein Risiko sei nicht gleichzusetzen mit einer Gefährdung. Eine Steißlage
etwa sei keine Gefährdung; ein einzelnes Risiko sei ein Konstrukt und
vor ihr sitze immer nur eine einzelne Frau. Eine Frau könne zehn Risiken
haben, gleichwohl müsse keine Gefährdung vorliegen.
Am 57. Verhandlungstag hat die Angeklagte auf Vorhalt des Inhalts der
mit der Zeugin Z36 ausgetauschten Kurznachrichten, und dabei
insbesondere der des Inhalts: " ..ich schicke dir jetzt die Post, ganz
krass formuliert, damit ich rechtlich aus der Nummer raus bin. Würde dir
viel lieber sinnvollen Rückhalt geben, statt vor dieser Kultur den Kotau
zu machen...", folgende Einlassung abgegeben:
Sie habe bis zu dem Zeitpunkt, als Ermittlungen gegen sie gelaufen
seien, nie mit dem Gedanken gespielt, sich von einer Frau einen
Aufklärungsbogen unterschreiben zu lassen. Es habe sich bei Frau Z36 um
eine gesunde Schwangere mit zwei offensichtlich gesunden Kindern im
Bauch gehandelt. Sie halte es für einen "Angang", einer Frau so kurz vor
der Geburt erzählen zu müssen, dass bei der Geburt ein Kind oder beide
Kinder, oder die Mutter sterben könnten. Das seien für sie schädigende
Informationen; ihre Erfahrung gebe das nicht her. Sie habe über 40
Mehrlingsgeburten zuhause begleitet und dabei nicht einen Fall erlebt,
bei dem jemand gestorben sei. Sie rechne auch nicht damit. Sie halte es
für psychologisch nicht richtig, einer Frau das zu erzählen. Dabei habe
sie gemerkt, was die Ermittlungen aus ihr gemacht hätten. Dass sie unter
dem Druck gestanden habe, sich für die Arbeit, die sie mache, zu
rechtfertigen. Sie habe ... Z36 deshalb gesagt, dass sie sich
außerstande sehe, etwas zu begleiten, was ihr im nachhinein vorgehalten
würde, dass sie es nicht hätte machen dürfen; sie habe sich deshalb
quasi verweigert.
Sie gehe grundsätzlich immer davon aus, dass es für Mutter und Kind gut
und gesund ausgehe. Auf ihre Aufklärungspflicht angesprochen, hat die
Angeklagte erklärt, dass sie in dem Fall davon habe ausgehen können,
dass ... Z36 von den Gefahren gewusst habe, sie sei ja im Krankenhaus
aufgeklärt worden. Sie könne das psychologisch nicht nachvollziehen,
dass man einer Frau etwas unter die Nase reiben würde, was gar nicht
passieren würde. Jede Schwangere wisse, dass bei einer Geburt etwas
passieren könne. Es habe sich um eine gesunde Schwangere mit zwei
gesunden Kindern in Längslage gehandelt. Für sie sei auch eine Steißlage
kein besonders kompliziertes Geschehen, weil sie damit einfach zu tun
habe. Da könne sie nicht auf die laienhafte Einschätzung kommen, dass
das gefährlich sei. Wenn eine Frau sie direkt frage, könne sie auch eine
Antwort dazu geben. Aber Angst zu machen, erhöhe das Risiko, dass etwas
passiere, wie eine "self fulfilling prophecy".
2. Würdigung des Beweisergebnisses:
Soweit die Einlassung der Angeklagten in Widerspruch zu den getroffenen
Feststellungen steht, ist sie nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zur
zweifelsfreien Überzeugung der Kammer als unwahre Schutzbehauptung
widerlegt.
Die gesamte Einlassung stellt eine Glorifizierung ihrer Person dar, und
besteht hinsichtlich der Schilderung des Geburtsereignisses aus einer
Aneinanderreihung von Unwahrheiten, konstruierten und angepassten
Schilderungen an geburtsrechtlich geforderte Verhaltensweisen,
ausgerichtet am jeweiligen Beweisergebnis, zur Negierung der eigenen
Verantwortlichkeit. Sie steht in Widerspruch zu weiteren eigenen
Äußerungen und schriftlichen Urkunden, und ist in großen Teilen von
Zynismus und Anmaßung gegenüber den Kindseltern Z1 und Z1 geprägt, denen
sie vorgeworfen hat, sie quasi zur Geburtsbegleitung im Hotel gezwungen
zu haben. Darüber hinaus stellt die Angeklagte erneut das eigene
Schicksal in den Vordergrund, während das Leid der betroffenen Eltern,
die ein Kind verloren haben, keine Beachtung findet. Wenn die Angeklagte
etwa einleitend erklärt, sie habe den Vierfüßerstand bei Steißlagen
entwickelt oder eine spezielle präventive Geburtshilfetechnik bei
Beckenendlagen, die erfreulicherweise auch in manchen Kliniken
übernommen worden sei, mutet das nicht nur angesichts des Umstands, dass
die vertikale Gebärhaltung bis in prähistorische Zeiten zurückreicht,
mehr als merkwürdig an.
Feststellungen zum Vorgeschehen
Lebenslauf und Ideologie der Angeklagten
Die Feststellungen zum Lebenslauf der Angeklagten beruhen auf ihren
eigenen Angaben im Rahmen ihrer schriftlichen Einlassungserklärung und
auf ergänzende Nachfragen, daneben auf der Verlesung einer im Verlauf
des Verfahrens eingereichten Auflistung ihres Werdegangs.
Die Feststellungen zu der Einstellung der Angeklagten zu
Geburtsgeschehen als natürlichem, unmediziertem, unüberwachtem,
schicksalhaftem Geschehen und der stattgefundenen Entwicklung ihrer mit
Idealismus begonnenen Laufbahn zu einer ideologisierten und medizinische
und geburtshilfliche Erfordernisse negierenden Haltung beruhen auf
Äußerungen im Rahmen ihrer Einlassung, dem Inhalt zahlreicher,
insbesondere in der Zeit ab 2003, erfolgter Veröffentlichungen, u.a. in
der Deutschen Hebammenzeitschrift, die verlesen worden sind,
dokumentierter Äußerungen im Rahmen von Fortbildungsveranstaltungen für
Hebammen, deren Verlesung ebenfalls erfolgt ist, sowie dem in
zahlreichen begleiteten Geburtsvorgängen dokumentierten, eindeutige
Rückschlüsse zulassenden Verhalten der Angeklagten.
In den verlesenen Publikationen der Angeklagten mit etwa den Themen "In
eigener Verantwortung", "Man muss viel wissen um wenig zu tun", "Trotz
aller Unkenrufe in Steißlage entbinden", "Wieviel Technik braucht die
Hausgeburt", "Hausgeburt (Schutzgeburt, Privatgeburt) - eine andere
Lebensphilosophie" pp., sind die von der Kammer beschriebenen
Einstellungen der Angeklagten zu Geburten, Risikogeburten,
Schulmedizinern, Lebensrisiken und dem Erfordernis der Beachtung
medizinischer Erkenntnisse von ihr dargelegt worden. Die Artikel
enthalten die immer gleiche Tendenz, biologische Vorgänge, wie die
Geburt (sowie Menstruieren, Wachsen, Stillen, Orgasmus, Menopause,
Sterben) als prinzipiell selbstinduzierende, selbstregulierende,
selbsterhaltende, von selbst laufende und sich selbst korrigierende
Prozesse zu verstehen, bei denen man nichts tun muss, um hier etwas zu
verbessern. Die Angeklagte hat aus ihrer Ablehnung und ihrem
Konkurrenzdenken gegenüber klinischen Entbindungen und der Negierung des
ihr aus Hebammenausbildung, Medizinstudium und Allgemeinwissen bekannten
Umstands, dass es medizinischen Erkenntnissen und hohen Standards zu
verdanken ist, dass die perinatale Mortaliät durch eine umfassende
Schwangerenvorsorge, Untersuchungen zur Früherkennung von Krankheiten,
hochwertige klinische Geburtsmedizin und die besondere Betreuung von
Risikoschwangerschaften sowie Überwachungsmöglichkeiten während der
Geburt in den letzten Jahrzehnten drastisch minimiert werden konnte,
dabei keinen Hehl gemacht.
Die von ihr vertretenen Auffassungen werden durch ihr Verhalten bei
zahlreichen Geburten, deren Einzelumstände die Kammer feststellen
konnte, belegt. Die Angeklagte hat sich gerühmt, die Begleitung von
Risikogeburten - u.a. Beckenendlagen, Mehrlingsgeburten, Geburten nach
vorangegangenem Kaiserschnitt - als Haus- bzw. Praxisgeburten entgegen
medizinischen und berufsrechtlichen Standards, Lehrbuchwissen,
Empfehlungen des Hebammenbundes und eigenen offiziellen Empfehlungen
(wie dem Artikel "Beckenendlage" in dem Buch Hebammenkunde) durchgeführt
zu haben, und sich dabei bewusst in Gegensatz zu den sogenannten
Klinikstandards und medizinischen Erkenntnissen und Errungenschaften und
Vorschriften der Hebammenberufsordnung, die nach ihrer Auffassung für
Klinikhebammen gemacht sei, gesetzt. Mit Äußerungen im Rahmen ihrer
Einlassung hat sie deutlich gemacht, dass sie sich insoweit eine
überragende Kompetenz zuschreibt, die Sorge vor der Verwirklichung von
Risiken als "laienhafte" Einschätzung abtut, und großen Wert darauf
legt, als deutschlandweit bekannte "Fachfrau" auf dem Gebiet anerkannt
zu sein.
Sie hat ihre publizierte Einstellung, dass Hausgeburtshilfe Geburtshilfe
ohne Zahlen sei und mit Zentimetern Muttermundsweite oder Höhenständen
des kindlichen Kopfes oder Steißes nichts zu tun habe und Zeit keine
Rolle spiele, in sämtlichen Geburtsvorgängen, deren Einzelheiten
zeugenschaftlich und durch eigene schriftliche Dokumentationen
festgestellt wurden, praktiziert, worauf im einzelnen noch eingegangen
wird. Bei allen Schwangerschaften fehlt es danach an einer ausreichenden
Überwachung während einer rechnerischen Überschreitung des errechneten
Geburtstermins sowie bei Geburten und insbesondere Risikogeburten
hinsichtlich der mütterlichen und kindlichen Vitalparameter zur
rechtzeitigen Erkennung und Vermeidung von konkreten und naheliegenden
Gefahren. Die Angeklagte hat dieses Verhalten mit der ideologischen
Sichtweise gerechtfertigt, dass in der Hausgeburtshilfe "anders als in
der Klinik das Kind nicht als gefährdetes Subjekt, sondern als
kompetentes Wesen gelte, das aufgrund seiner eigenen Hormonantwort auf
den Wehenstress mitbestimmen könne, wie lange seine Erholungsphasen
dauern müssten". Die Angeklagte hat nachweislich auch bei absehbaren und
naheliegend zu erwartenden Komplikationen während einer Risikogeburt
keine Vorbereitungen in Bezug auf die Inanspruchnahme klinischer Hilfe
getroffen.
Die ideologisch beeinflusste Denkweise der Angeklagten zeigt sich zur
Überzeugung der Kammer weiter darin, dass sie unbeeindruckt durch
tragische Ausgänge von ihr begleiteter Geburten an ihrem
Entbindungskonzept unverändert festgehalten und dieses zu keinem
Zeitpunkt auch nur ansatzweise in Zweifel gezogen hat. Ihre
grundsätzliche innere Einstellung, den Tod eines Neugeborenen als
schicksalhaftes und natürliches Lebensgeschehen zu akzeptieren - ohne
Bewertung eines konkreten Inkaufnehmens eines derartigen Ausgangs für
jeden Geburtsvorgang -, hat die Angeklagte durch ihre publizierte
Meinung, die Klinik vermittle einen trügerischen Gedanken der
Sicherheit, die den Schicksalsgedanken, dass der eine komme und der
andere gehe, zu verleugnen suche, wobei die Frauen sich dieser
technischen Akribie unterordnen würden, von außen ein komplexes
selbstregulierendes System zu kontrollieren, deutlich gemacht.
Angesichts der im einzelnen festgestellten Umstände der Geburtsvorgänge
hat die Kammer nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme auch keinen Zweifel
daran, dass das Verhalten der Angeklagten nicht vor dem Hintergrund
einer fehlenden Erkenntnis der tatsächlichen Ursache eines vermeidbaren
Sauerstoffmangels und einer Art "Verblendung" beruhte, sondern eine
bewusste Ausschaltung und Verdrängung einer solchen Ursache gerade vor
dem Hintergrund ihrer Einstellung und einer maßlosen Selbstüberschätzung
erfolgte. Im einzelnen erfolgt die entsprechende Würdigung im
Zusammenhang mit dem Tatgeschehen.
Dass die Angeklagte trotz entgegenstehender Fachkenntnisse als Ärztin
falsche medizinische Inhalte bei Fortbildungsveranstaltungen für
Hebammen propagiert hat, hat die Kammer anhand der Verlesung
entsprechender Unterlagen - des auf einer Veranstaltung im November 2013
in O38 in der Praxis der Hebamme Z56 verteilten Artikels
"Selbstregulation unter der Geburt - Potenziale und Grenzen", sowie auf
der Grundlage der Darlegungen zu den Thesen der Angeklagten vernommener
Sachverständiger, der Fetalpathologen Prof. Dr. C6 und Dr. C7 sowie des
Gynäkologen Prof. Dr. C1 festgestellt. Insbesondere der Sachverständige
Prof. Dr. C6 hat nachvollziehbar erläutert, dass für den von der
Angeklagten behaupteten plazentaren Sauerstoffaustausch sowie die
Sauerstoffresource der kindlichen Leber keine wissenschaftlich haltbaren
Daten existieren. Auch die Sachverständige Dr. C7 hat unter
Berücksichtigung des von der Angeklagten herangezogenen Zitats des
Arztes Rockenschaub dargelegt, dass die benannte Literaturstelle in
keiner Weise geeignet sei, derartige Aussagen zu belegen, sondern es
sich um eine Fehlinterpretation handle.
Dass die Einstellungen der Angeklagten und das praktizierte Verhalten
insgesamt im Widerspruch zu geburtshilflichen und medizinischen
Erkenntnissen stehen, hat die Kammer auf der Grundlage der Verlesung
benannter Vorschriften und Urkunden, der inhaltlichen Bekanntgabe, sowie
aufgrund der unter Bezugnahme auf zugrunde liegende Richtlinien
erfolgten sachverständigen Ausführungen des Gynäkologen Prof. Dr. C1,
wie unter anderem der Berufsordnung für Hebammen und Entbindungspfleger
mit der Anlage für die Dokumentation der Hebammenhilfe, der Empfehlungen
und Auswahlkriterien für die Wahl des Geburtsortes des Bundes Deutscher
Hebammen e.V., der Mutterschafts-Richtlinien, der Empfehlungen der
Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe zur Geburt bei
Beckenendlage und zur Zusammenarbeit von Arzt und Hebamme, festgestellt.
Der Sachverständige Prof. Dr. C1, ehemaliger Leiter der Frauenklinik in
O25 in der Zeit von 1987 bis 2006, mit den Schwerpunkten Geburtshilfe
und Perinatalmedizin, sowie pränataler Diagnostik, an der vaginalen
Entbindung von ca. 1620 Kindern aus Beckenendlage beteiligt, Autor
zahlreicher Fachbücher und Fachartikel, insbesondere auch zur
Beckenendlage, zur Ultraschalldiagnostik und Frauenheilkunde, mit
Tätigkeiten in der geburtshilflichen Fortbildung und der Entwicklung von
Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe,
hat insoweit umfassend und anschaulich, unter Erörterung der
Richtlinien, Empfehlungen, Verordnungen und geburtshilflichen Literatur,
wie u.a. der Fachbücher "Geburtshilfe" von Z48, Husslein, Z48,
"Frauenheilkunde" unter seiner Mitwirkung und der Autoren Rempen,
Würfel, Jawny, Rohde, "Hebammenlehrbuch" von Martius, "Geburtshilfe" von
Gerhard und C1, "Geburtshilfe und Perinatalmedizin" von Rath, Gembruch
und Schmidt, die Terminologie und Definition der geburtshilflich
relevanten Fakten erläutert. Auf diesen abwägenden und
gegenüberstellenden, differenzierten Darlegungen beruhen die
Feststellungen der Kammer zu den erforderlichen Maßnahmen der
Schwangeren- und Geburtsbetreuung, der Definitionen der rechnerischen
Überschreitung des errechneten Entbindungstermins, der rechnerischen
Übertragung, der Phasen und der Dauer einer Geburt, des protrahierten
Geburtsverlaufs, der sogenannten Risikoschwangerschaften und
-entbindungen und der erforderlichen Überwachungsmaßnahmen. Auf der
weiteren Grundlage der Hebammenberufsordnung, der darin beinhalteten
Dokumentationspflicht und der Empfehlungen und Leitlinien basieren die
Feststellungen ergänzend hinsichtlich der objektiven Verpflichtungen der
Angeklagten.
Der Sachverständige Prof. Dr. C1 hat dezidiert die grundsätzlichen und
bei Risikoschwangerschaften und -geburten potenzierten Risiken, die
insbesondere für das Ungeborene, aber auch teilweise für die Kindsmutter
bestehen, dargelegt, weshalb Risikogeburten angesichts der
Erforderlichkeit der Überwachung und der Möglichkeit des schnellen
Wechsels auf den abdominalen Weg eine außerklinische Entbindung
unverantwortbar erscheinen lassen, was in der Regelung der Berufsordnung
der Hebammen sowie in sämtlichen Leitlinien und Empfehlungen
Niederschlag gefunden hat.
Feststellungen zu den Geburtsgeschehen
F. Z5 23.05.05 (Beiakte 80 Js ...)
Die Feststellungen zur Geburt der F. Z5 beruhen im wesentlichen auf der
Einlassung der Angeklagten, soweit ihr gefolgt werden konnte, den
verlesenen Geburtsprotokollen der Angeklagten und der Zeugin Z7,
Bekundungen bzw. Verlesungen von Vernehmungsprotokollen und
Stellungnahmen der Hebammenschülerinnen, Aussagen der Klinikärzte, des
Rechtsmediziners und der Klinikhebamme. Die Hebamme Z7 hatte im Hinblick
auf erfolgte Falschaussagen zuvor von ihrem Auskunftsverweigerungsrecht
Gebrauch gemacht.
Die Kammer hat dem Geburtsgeschehen dabei nur insoweit Bedeutung
beigemessen, als es Rückschlüsse auf die Einstellung und das
Verantwortungsbewusstsein der Angeklagten zulässt. Sowohl die
Todesursache als auch eine Verantwortlichkeit der Angeklagten für den
tödlichen Ausgang der Geburt waren nicht festzustellen.
Die Angeklagte hat sich zunächst dahin eingelassen, dass der Tod von F.
Z5 genauso unerklärlich sei wie der von G. Z1. Eine Azidose habe nicht
vorgelegen. Sie habe die Schwangere untersucht und einen
Geburtsstillstand festgestellt und daraufhin die Klinikeinweisung
veranlasst. Das CTG, das in der Klinik genommen worden sei, sei
seltsamerweise verschwunden - was nicht zutrifft; die Kammer hat dieses
in Augenschein genommen -, habe aber bis zuletzt einen Wert von 120 -
130 ausgewiesen - was allerdings im Widerspruch zu ihrem eigenem
Gedächtnisprotokoll steht, in dem eine Frequenz von 86 bis 134 notiert
ist. Ob sie vor der Untersuchung Kalziumtabletten habe besorgen lassen,
erinnerte die Angeklagte zunächst nicht, an einem späteren
Verhandlungstag war ihr dieser Umstand wiederum doch erinnerlich. Ob sie
eine Litzmann`sche Obliquität festgestellt habe, könne sie nicht sagen,
da das Kind auf Beckenbodenhöhe gewesen sei, spiele dies aber auch keine
Rolle.
Am darauffolgenden Verhandlungstag hat die Angeklagte ihre Einlassung
dahingehend ergänzt, dass sie in ihrer Arbeitsweise grundsätzlich erst
aus dem Hintergrund beobachte und nicht sofort untersuche, um die Frauen
nicht zu irritieren. Sie habe bei Frau Z5 vielleicht drei Wehen
abgewartet. Frau Z7 habe ihr am Telefon gesagt, dass sie das von der
Gebärenden kenne, dass es jedes Mal kurz vor der Austreibungsphase einen
Geburtsstillstand gebe. Frau Z7 habe die Zystozele als Muttermundslippe
bezeichnet, das sei wohl eine Verwechslung gewesen; es handle sich aber
nicht um einen geburtsunmöglichen Zustand. Das Gewebe sei nur nach
Zurückschieben nicht dort geblieben, weil die Wehen wohl nicht kräftig
genug gewesen seien. Deshalb habe sie Kalziumtabletten haben wollen.
Anders als in ihrer Angabe am Vortag hat die Angeklagte nunmehr erklärt,
dass sie den von ihr erhobenen Befund laut in den Raum gesprochen habe;
sie habe aber sicher nicht Litzmann´sche Obliquität gesagt, den Begriff
benutze sie nicht. Sie habe bei der Untersuchung auch schon einen
"intrauterinen Fruchttod" im Kopf gehabt, aber es nicht laut aussprechen
können, da die Belastung für die Kindsmutter zu groß gewesen wäre. Sie
habe das Köpfchen dann hochgeschoben und das Kind in die
Vorderhauptslage gedreht, es habe dann kein Geburtshindernis mehr
vorgelegen, die Gebärende hätte nur keine Wehen gehabt. Sie habe dann
keine Herztöne mehr gefunden und sei davon ausgegangen, dass das Kind
tot sei. An Sauerstoffmangel habe sie nicht gedacht. Die Länge der
Geburt habe auch nichts mit einer Sauerstoffmangelversorgung zu tun. Das
Kind befinde sich im Mutterleib wie in der besten Intensivstation
versorgt. Man müsse eben in der außerklinischen Geburtshilfe viel
längere Geburten aushalten und diese seien zu akzeptieren, weil man ohne
Wehenmittel arbeite.
Zu einem späteren Zeitpunkt hat die Angeklagte erneut erklärt, dass das
Kind keine Azidose gehabt habe. Das vierte Kind der Familie sei mit
einem Jahr an einem hochfieberhaften Infekt gestorben. Aus diesem Grund
sei es naheliegend, auch hier von einem Infekt auszugehen. Es habe ein
reversibler Herzstillstand während der Geburt vorgelegen, und die
Verlegung in die Klinik habe offensichtlich bewirkt, dass das Herz
wieder angesprungen sei. Es seien Parallelen wie im Fall G. Z1 zu sehen;
das Kind sei auch blass rosig und leblos gewesen.
Die Feststellungen zum Verlauf der Geburt beruhen im Wesentlichen auf
den Bekundungen der Hebammenschülerin Z11, der Verlesung ihrer
polizeilichen Zeugenvernehmung vom 08.12.2006 und der Verlesung der
Stellungnahme der Zeugin Z12 vom 02.01.2007. Beide haben die Erschöpfung
der Kindsmutter und den bereits zum Zeitpunkt der Benachrichtigung der
Angeklagten seit längerer Zeit bestehenden Geburtsstillstand
beschrieben, wobei insbesondere die Zeugin Z11 in ihrer Vernehmung zum
Ausdruck gebracht hat, dass sie angesichts des Zustands der Kindsmutter
ein ungutes Gefühl gehabt und viel früher eine Verlegung in ein
Krankenhaus in Betracht gezogen hätte. Der Zeitpunkt der
Benachrichtigung und des Eintreffens der Angeklagten ist in dem
Geburtsprotokoll der Hebamme Z7 dokumentiert, wobei auch die Zeugin Z11
in ihrer verlesenen Stellungnahme ihre Verwunderung darüber zum Ausdruck
gebracht hat, dass die Angeklagte trotz der Mitteilung der Probleme erst
zwei Stunden später erschienen sei.
Die Zeugin Z12 hat in ihrer im Verlauf des gegen die Hebamme Z7
geführten Ermittlungsverfahrens detailliert einen zunehmenden
Erschöpfungszustand und eine Kraftlosigkeit der Mehrgebärenden bereits
vor 06.00 Uhr beschrieben, was in Übereinstimmung mit dem
Geburtsprotokoll der Hebamme Z7 steht, dass die Kindsmutter bereits um
05.30 Zweifel an einer Fortsetzung der Hausgeburt geäußert und eine
halbe Stunde später selbst eine Verlegung in eine Klinik erwogen hatte.
Auch hatte die Zeugin Z12 eine konkrete Erinnerung an die Diagnose der
Hebamme Z7 einer störenden Muttermundslippe sowie die Feststellung einer
Litzmannschen Obliquität durch die Angeklagte. Auch die Feststellung,
dass die Angeklagte gleichwohl bei ihrem Eintreffen nicht unmittelbar
eine Untersuchung der Gebärenden oder der Herzfrequenz des Kindes
vornahm, sondern zunächst Kalziumtabletten orderte, beruht auf den
Darlegungen der Zeugin Z12 und der Erinnerung der Zeugin Z11.
Die Angeklagte hat selbst in dem von ihr zu der Geburt gefertigten
Gedächtnisprotokoll als Untersuchungsbefund notiert, dass die
Fruchtblase vor einigen Stunden gesprungen sei, der Kopf des Kindes die
unterste Beckenebene noch nicht erreicht habe und weder im Stehen noch
im Liegen der Kopf tiefer trete, und kindliche Herztöne nicht
feststellbar seien, weshalb sie die Diagnose eines intrauterinen
Fruchttods notierte.
Die Feststellungen zur nachfolgende Geburtssituation im Anschluss an die
Verlegung in die Klinik und die medizinische Beurteilung des
Geburtsverlaufs, bei dem angesichts des Umstands eines bereits zum
Zeitpunkt der Benachrichtigung der Angeklagten bestehenden
Geburtsstillstands eine Verlegung in eine Klinik angeraten gewesen wäre,
beruht auf den Bekundungen der sachverständigen Zeugen Dr. Z10 und Dr.
Z9. Die Beurteilung der Gefahren eines Sauerstoffmangels im Rahmen eines
protrahierten Geburtsverlaufs und Geburtsstillstandes sind durch den
Sachverständigen Prof. Dr. C1 erfolgt.
Die sachverständigen Zeugen konnten beide auf der Grundlage der von
ihnen gefertigten Geburtsberichte sowie aufgrund ihrer nachhaltigen
Erinnerung des einmaligen Geschehens detaillierte Angaben zu der
Situation machen. Insbesondere der erstbetreuende Arzt Dr. Z9 hatte eine
konkrete Erinnerung an die ihm gegenüber von den Hebammen Z7 und der
Angeklagten gemachten Angaben, dass der Muttermund bereits seit 5
Stunden vollständig eröffnet und der Kopf des Kindes bereits seit 2
Stunden auf Beckenbodenhöhe sei. Die entsprechenden Angaben waren
unmittelbar von ihm auch an den Chefarzt Dr. Z10 weitergegeben worden.
Soweit diese zeitlichen Angaben mit den Darstellungen der Hebamme Z7 in
dem von ihr gefertigten Geburtsprotokoll nicht übereinstimmen, ist dem
keine Bedeutung beizumessen, da das Protokoll nach den Bekundungen der
Zeugin Z11 erst im Anschluss an die Geburt gefertigt worden ist, und die
Zeugin Z7 auch bei anderen Geburtsvorgängen - worauf im Rahmen des
Geschehens zum Nachteil von A. Z3 einzugehen sein wird - Unterlagen
gefälscht hat.
Der Zeuge Dr. Z10, der das Kind nach einer Zurückverlagerung der aus
seiner Sicht extrem gefüllten Harnblase und einem großen Dammschnitt
entwickelte, hat in Übereinstimmung mit dem sachverständigen Zeugen Dr.
Z9 dargelegt, dass die bei der Gebärenden bestehende Zystozele und die
dorsoposteriore Lage des Kindes zu einem Geburtshindernis geführt
hatten, was die verzögerte Austreibungsphase und den Geburtsstillstand
erklärte.
Soweit die Angeklagte behauptet hat, den Kopf des Kindes zuvor wieder in
die Vorderhauptslage gedreht zu haben, ist die Angabe durch die
Bekundungen der Zeugen Dr. Z9 und Dr. Z10 widerlegt. Beide haben darauf
hingewiesen, dass angesichts der Befunde eine derartige Korrektur durch
manuelle Eingriffe nicht möglich gewesen sei und das Kind eine
entsprechende Hinterhauptslage bei der Geburt, die dokumentiert worden
ist, aufgewiesen habe. Ebenso war die Angabe der Angeklagten, dass das
CTG im Krankenhaus einen typischen Doppelschlag - den Herzschlag des
Ungeborenen und den Pulsschlag der Mutter - gezeigt habe, was sie mit
einem "reversiblen Herzstillstand" - einem in der Geburtshilfe
unbekannten - Begriff erklären wollte, zweifelsfrei unzutreffend. Beide
Mediziner haben übereinstimmend bekundet, dass der Herzschlag angesichts
des Zustands der Gebärenden, die aufgrund der starken Schmerzen nur sehr
schwer zu führen gewesen sei, nur sehr schwer habe abgeleitet werden
können, wobei ein kindlicher Herzschlag nicht festzustellen gewesen sei.
Insbesondere sei der typische Doppelschlag nicht auszumachen gewesen,
was der sachverständige Zeuge Dr. Z10 anhand des CTG-Diagramms erläutert
hat.
Nach Einschätzung beider Ärzte - auf der Grundlage des Zustandes des
Kindes, das initial komplett schlaff wirkte, des Hautkolorits und der
deutlich veränderten sulzig erweichten, gräulich lividen Nabelschnur -
war das Kind zum Zeitpunkt der Geburt bereits tot - was der
Rechtsmediziner Dr. C9auf der Grundlage der Beschreibungen mit einem
Zeitraum von mindestens einer halben Stunde vor der Geburt bestätigt hat
-, wobei aus ihrer Sicht naheliegend eine Asphyxie infolge der viel zu
langen Austreibungsphase vorgelegen hat. Korrespondierend fand sich aus
ihrer Sicht die Nabelschnurumschlingung und der Abgang dickgrünlichen
Fruchtwassers als Umstand einer Sauerstoffmangelversorgung, eine
Einschätzung, die durch zahlreiche weitere gutachterliche Stellungnahmen
in Bezug auf das Tatgeschehen zum Nachteil des Kindes G. Z1 Bestätigung
gefunden hat, worauf im einzelnen noch eingegangen wird. In Überstimmung
mit den Darlegungen des Sachverständigen Prof. Dr. C1 weist nach den
Ausführungen der beiden Gynäkologen eine Grünfärbung des Fruchtwassers
auf eine Stress-Situation des Fetus hin, bei dem es durch eine
Mangelversorgung zu einem vorzeitigen Abgang von Mekonium gekommen ist.
Infolge einer Hypoxie vor oder unter der Geburt tritt ein reduzierter
gastrointestinaler Blutfluss mit verstärkter fetaler Darmperistaltik
auf.
Nach den Darlegungen des nach Exhumierung des Leichnams von F. Z5 mit
der Obduktion beauftragten Rechtsmediziners Dr. C9 war angesichts des
Verwesungszustandes eine konkrete Todesursache jedoch nicht mehr
festzustellen.
Die Kammer hat, wie dargelegt, jedoch auch nicht feststellen können,
dass die Angeklagte von der Vermutung der Klinikärzte, dass eine
Asphyxie todesursächlich geworden ist, was sie in der Todesbescheinigung
mit dem Vermerk "Asphyxie, Geburtsstillstand, Nabelschnurkompression"
dokumentierten, Kenntnis erlangt hat. Anhaltspunkte für eine andere
Todesursache lagen jedoch ebenfalls nicht vor und sind auch der
Angeklagten nicht zur Kenntnis gelangt. Eine Reflektion des
Geburtsmodus, angesichts des ihr bekannten Umstandes eines
Geburtsstillstandes infolge von Geburtshindernissen, mit der nach
Einschätzung sämtlicher Mediziner naheliegenden Folge eines
Sauerstoffmangels, hat der tragische Ausgang der Geburt bei der
Angeklagten jedenfalls nicht ausgelöst.
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Julian
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Re: Angeklagte wegen Totschlags zu Freiheitsstrafe von 6 Jahren + 9
Monaten verurte
« Reply #8 on: June 12, 2016, 04:40:25 AM »
A. Z3 (Beiakte 110 O ...)
Anders ist die Geburt des infolge Sauerstoffmangels im Rahmen eines
eklamptischen Anfalls der Mutter schwerstbehinderten Kindes A. Z3 am
27.08.2007 zu beurteilen. Die Kammer hat nach dem Ergebnis der
Beweisaufnahme keinen Zweifel daran, dass die Angeklagte entgegen
jeglicher Standards, Leitlinien, Empfehlungen und Vorschriften, in
Kenntnis der Erkrankung der Kindsmutter bei zudem pathologischer
Kindslage und protrahiertem Geburtsverlauf, bis zur Realisierung des
sich ankündigenden und erkennbaren lebensgefährlichen typischen
Geburtsrisikos eines Anfallgeschehens an einer Haus- bzw. Praxisgeburt
festgehalten hat.
Die Angeklagte hat sich am 50. Verhandlungstag wie folgt eingelassen:
Sie würde auch gerne wissen, wie das habe passieren können.
Sie habe nur Kenntnis davon gehabt, dass es sich um eine Erstgebärende
mit überraschender Beckenendlage gehandelt habe, bei der die Geburt
nicht so richtig weitergegangen sei. Wenn sie zu einer Geburt komme,
stürze sie nicht sofort in einen Entbindungsraum; sie warte ab, stelle
sich vor und ziehe sich zurück und gucke, wie die Situation sei. Sie
habe sich den Mutterpass zeigen lassen und gesehen, dass der Blutdruck
ein- oder zweimal leicht erhöht gewesen sei. Anfänglich sei es wohl eine
Gestose gewesen, sie sei aber davon ausgegangen, dass es wieder besser
gewesen sei. Sie habe zwar die Ödeme bei der Zeugin Z3 gesehen, aber die
habe fast jede 5. Frau.
Auf den Vorhalt, ob die Hinweise zusammengenommen nicht Anlass für die
Durchführung einer Untersuchung bzw. Blutdruckkontrolle gewesen seien,
hat die Angeklagte erklärt, solche Untersuchungen nicht gemacht zu
haben. Sie habe der Hebamme Z7 dann geraten, sich hinzulegen, da die
Zeugin Z7 gewollt habe, dass das Kind komme, und Anleitungen zum Pressen
gegeben. Sie - die Angeklagte - habe gesagt, es sei noch nicht soweit,
und versucht, der Frau die Situation so angenehm wie möglich zu machen,
und um zu sehen, ob sich die Situation klären und die Frau von selber
wieder vernünftige Wehen bekommen würde.
Die Angeklagte hat die nachfolgende Situation sodann - wie auch ihre
Kollegin - fälschlich so darzustellen versucht, dass zunächst der
Hinweis auf die erforderliche Krankenhausverlegung gegenüber der Zeugin
Z3 erfolgt und erst im Anschluss ein Krampfanfall eingetreten sei. Die
Angeklagte hat sich dahin eingelassen, dass sie der Zeugin Z3 erklärt
habe, den selben Befund wie Stunden zuvor vorgefunden zu haben und
deshalb in eine Klinik verlegen wolle. Im Anschluss habe die Zeugin Z3
infolge der Aufregung den Krampfanfall erlitten.
Auf die Frage nach der im Rahmen des Zivilprozesses vorgelegten
Erklärung, hat die Angeklagte angegeben, dass es so geplant gewesen sei,
und die Erklärung kurz, nachdem sie in die Situation eingetreten sei und
diese nicht habe beurteilen können, entstanden sei. Die Situation habe
es dann anders erfordert und sie habe die Geburt kurzfristig übernommen.
Die Einlassung der Angeklagten ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme
insgesamt als unwahre Schutzbehauptung widerlegt - die Angeklagte wusste
sowohl von der EPH-Gestose der Zeugin Z3, vor dem Erleiden des
Krampfanfalls ist eine Verlegung zu keinem Zeitpunkt in Betracht gezogen
worden, und die Kammer hat auch keinen Zweifel daran, dass die
schriftliche Erklärung im Anschluss an das Geburtsgeschehen aufgesetzt
worden ist, um eine Haftung der Angeklagten auszuschließen.
Die Angeklagte, wie auch die Zeugin Z7 haben im wesentlichen gelogen, um
die eigene Verantwortung für den Ausgang des Geburtsgeschehens und die
massive Behinderung des Kindes zu negieren.
Die Aussage der Hebamme Z7 war dabei insgesamt eine dreiste
Aneinanderreihung von Lügen, was die Betreuung der Schwangerschaft, den
Geburtsverlauf und die eigene Verantwortung anging. Die Feststellungen
der Kammer beruhen insoweit im Wesentlichen auf den glaubhaften und
tragfähigen Bekundungen der Zeugen Z3 und Z4, die trotz massiver eigener
Betroffenheit in keiner Weise überschießende Belastungstendenzen haben
erkennen lassen, wenngleich die Aussagen die Tragweite, das Leid und die
Verzweiflung der Familie nicht verhehlt haben, deren Bekundungen
differenziert, detailliert, zurückhaltend, erinnerungsreich und
übereinstimmend waren, und im übrigen durch zahlreiche objektive
Umstände Bestätigung erhalten haben.
Die Feststellungen der Umstände der mangelnden Aufklärung der
Kindseltern durch die Zeugin Z7 über die Risiken einer außerklinischen
Entbindung; der nach medizinischen Standards mit der
Schwangerschaftserkrankung der Mutter verbundenen lebensbedrohlichen
Risiken für Mutter und Kind und danach ausgeschlossenen Durchführung
einer Hausgeburt; der massiven Versäumnisse der Zeugin Z7 und der
Angeklagten während des Geburtsvorgangs - die Fortsetzung einer
außerklinischen Beckenendlagengeburt, die fehlerhafte Unterlassung der
Kontrolle des Blutdrucks, des Pulses der Mutter und die unzureichende
Überprüfung der Herztöne des Kindes, die unterlassene Aufklärung über
die Bedeutung des Mekoniumabgangs unter der Geburt, die fehlerhafte
Unterlassung der Verlegung in ein Krankenhaus, die
Kompetenzüberschreitungen, der Verstoß gegen bewährte Behandlungsregeln
und gesicherte medizinische und geburtshilfliche Erkenntnisse - beruhen
dabei neben den tragfähigen Bekundungen der Kindseltern in Bezug auf die
objektiven Umstände, im Hinblick auf die medizinische und
geburtshilfliche Bewertung auf der Aussage des sachverständigen Zeugen
Prof. Dr. C2, den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. C1, sowie
verlesener Urkunden, wie unter anderem der sachverständigen Bewertung
der Hebamme C10.
Die Zeugin Z3 hat in Übereinstimmung mit ihrem Ehemann, dem Zeugen Z4,
unter Benennung von Zitaten der Hebamme Z7 glaubhaft deren Rat, auf
weitere ärztliche Betreuung und die Durchführung von
Ultraschalluntersuchungen zu verzichten, beschrieben. Wiederholt habe
die Zeugin Z7 darauf hingewiesen, dass trotz der erhöhten Werte alles in
Ordnung sei und nichts einer Praxisgeburt entgegenstehen würde,
gebetsmühlenartig wiederholt, wie schädlich Ultraschalluntersuchungen
seien und lediglich Tips zur Ernährung bzw. dem Karma-Malen gegeben.
Soweit die Zeugin Z7 behauptet hat, sie habe der Schwangeren im
Gegenteil empfohlen, sich aufgrund des erhöhten Blutdrucks in ärztliche
Behandlung oder eine Klinikbetreuung zu begeben, ist dies zur sicheren
Überzeugung der Kammer zur Leugnung der Verantwortung für den tragischen
Ausgang der Geburt und zur Abwehr der zivilrechtlichen Inanspruchnahme
der Hebamme erlogen. Gegen die Richtigkeit dieser Behauptung spricht
schon entscheidend, dass die Zeugin Z7 nichts davon berichtet hat, die
Zeugin Z3 anschließend auf das Ergebnis einer solchen Untersuchung bzw.
Behandlung angesprochen zu haben, was selbstverständlich gewesen wäre,
wenn sie ihr diesen Rat erteilt hätte. Die Kammer hat die Überzeugung
gewonnen, dass die Zeugin Z7 gerade umgekehrt die Symptomatik
verschleierte, was sich auch in den nachweislich von ihr im Mutterpass
vorgenommen Fälschungen hinsichtlich der Blutdruckwerte zeigt.
Die Zeugen Z3 und Z4 haben übereinstimmend die Veränderung der Situation
der bis dahin unproblematischen Schwangerschaft im Juli 2007 mit der
bewusst falschen Dokumentation der Blutdruckwerte und Eiweißwerte im
Mutterpass durch die Zeugin Z7 geschildert. Dabei hatten beide Zeugen
eine ganz konkrete Erinnerung an den am 11.07.2007 erstmals auffällig
hohen Wert von 160/90. Diese konkrete Zahl war ihnen glaubhaft im
Gedächtnis geblieben. Die Zeugin Z3 hat in dem Zusammenhang die
wörtliche Erklärung der Hebamme erinnert, dass sie einen niedrigeren
Wert aus dem Grund in den Mutterpass eintragen würde, dass dieser später
einmal Ärzten in die Hände fallen könne. Tatsächlich wies die Eintragung
im Mutterpass, die von der Zeugin im Rahmen ihrer Vernehmung eingesehen
wurde, einen Wert von 140/85 auf. Dass die Zeugin Z7 auch in den
folgenden Wochen bewusst falsche Werte sowohl in Bezug auf den Blutdruck
als auch das Gewicht der Zeugin Z3 in den Mutterpass eintrug, wird durch
ihre eigene, in der Hauptverhandlung verlesene
Untersuchungsdokumentation sowie Äußerungen im Rahmen der
Zeugenvernehmung belegt. Für den 08.08.2007, bei dem die Zeugin Z7 in
den Mutterpass einen Wert von 147/90 eingetragen hatte, ist aus ihren
Unterlagen ein Wert von 160/110 zu entnehmen. Weiter ist festzustellen,
dass die Zeugin Z7 auch hinsichtlich der Gewichtszunahme der Kindsmutter
eine falsche Dokumentation im Mutterpass vorgenommen hat. Angesichts
ihrer wie eine Ausrede wirkenden Angaben, "sie habe keine digitale
Waage, es gebe vielleicht Schwankungen und eine Diskrepanz von 2 kg sei
schon möglich; es sei eine frauenfreundliche Waage", hat die Kammer
keinen Zweifel daran, dass die Erinnerung der Kindsmutter, zum Ende der
Schwangerschaft tatsächlich ca. 95, und nicht, wie im Mutterpass
angegeben, 88 kg gewogen zu haben, zutreffend ist. Diese Angabe steht
auch in Übereinstimmung mit der medizinischen Einschätzung des
sachverständigen Zeugen Prof. Dr. C2, dass der aus den Unterlagen zu
entnehmende Umstand einer quasi fehlenden Gewichtsreduzierung nach der
Geburt - 6 Tage nach der Geburt betrug das Gewicht noch 85 kg -
auffällig und nicht nachvollziehbar sei.
Die Feststellungen zu den konkreten Zeiträumen des Geburtsvorgangs, die
zweifelsfrei für einen protrahierten Geburtsverlauf sprechen, zum
wiederholten Mekoniumabgang bereits Stunden vor dem Anfallsgeschehen und
zur mehrstündigen alleinigen Begleitung der Geburt durch die Angeklagte,
beruhen neben den glaubhaften Bekundungen der Kindseltern auf den
Angaben der Angeklagten und der Zeugin Z7 in den von ihnen gefertigten
Geburtsprotokollen, soweit diese den Angaben der Zeugen nicht
widersprechen. Das von der Zeugin Z8 im Anschluss an die Geburt allein
aus der Erinnerung gefertigte Gedächtnisprotokoll ist insoweit
hinsichtlich der aufgeführten Zeiten unbrauchbar. So wird von ihr der
Zeitpunkt der Übernahme der Geburtsleitung, die die Angeklagte und die
Zeugin Z7 übereinstimmend mit 01.00 Uhr angeben, auf ca. 02.15 Uhr
festgelegt. Dass die von der Zeugin Z8 insgesamt notierten Uhrzeiten
nicht zutreffen können, belegt insbesondere der Umstand der Alarmierung
des RTW, der von ihr mit ca. 04.00 Uhr angegeben wird; tatsächlich ging
der Notruf bei der Feuerwehr um 03.31 Uhr ein. Im Rahmen ihrer
Zeugenvernehmung hat die Hebammenschülerin auch erklärt, sie habe nicht
auf die Uhr geguckt und zeitliche Daten aus der Erinnerung später
notiert.
Wenn die Zeugen Z3 und Z4 auch ihre sichere Überzeugung dahin bekundet
haben, dass es bereits gegen 20 Uhr zum Sprung der Fruchtblase mit dem
Abgang bräunlichgrünen Fruchtwassers gekommen sei, hat die Kammer diesen
Zeitpunkt nicht zweifelsfrei feststellen können, spätestens war dies
jedoch mit der Benachrichtigung der Angeklagten der Fall, mithin etwa
gegen 22 Uhr; an der Beurteilung der nachfolgenden Situation ändert
dieser Umstand nichts, da in jedem Fall ein protrahierter Geburtsverlauf
vorlag. Angesichts der von den beiden Hebammen gefertigten Erklärung,
die den Zeitpunkt der Anwesenheit der Angeklagten beinhaltet, hat die
Kammer keinen Zweifel daran, dass die Angeklagte spätestens ab ca. 23
Uhr bei der Geburt anwesend war. Die Zeugin Z7 hat in Übereinstimmung
mit der Schilderung der Kindseltern für den Zeitpunkt des
Fruchtblasensprungs den "Abgang von mekoniumhaltigen Fruchtwasser"
notiert mit einem zu diesem Zeitpunkt nahezu vollständig eröffneten
Muttermund von 9 cm, was nach den Darlegungen des Sachverständigen Prof.
Dr. C1 und den Ausführungen des sachverständigen Zeugen Prof. Dr. C2 das
Ende der Eröffnungsphase und den Beginn der Austreibungsphase bedeutete.
Dass es zu wiederholtem Abgang von Mekonium unter der nachfolgenden
Geburtsleitung durch die Angeklagte gekommen ist, haben nicht nur die
Kindseltern glaubhaft bekundet, sondern die Angeklagte selbst in dem von
ihr gefertigten Geburtsprotokoll für den Zeitpunkt um 00.05 Uhr mit der
Bemerkung "reichlich Mekonium" notiert.
Dass die Zeugin Z7 die Kindseltern zu keinem Zeitpunkt über die Risiken
der von ihr erst unter der Geburt festgestellten Beckenendlage
aufgeklärt hat, und ebensowenig über die Bedeutung von Mekoniumabgang,
unterliegt nach den glaubhaften, tragfähigen Bekundungen der Zeugen Z3
und Z4 keinerlei Zweifeln. Beide Kindseltern haben gleichlautend
anschaulich bekundet, dass die Zeugin Z7 erklärt habe, man könne "ganz
normal weiter machen", sie werde lediglich eine befreundete Ärztin
hinzuziehen, mit der sie bereits wiederholt Beckenendlagen entbunden
habe. Soweit die Zeugin Z7 eine Aufklärung über die Risiken einer
Beckenendlagenentbindung bereits im Vorfeld behauptet hat, ist dies
schon allein deshalb unglaubhaft, als es für eine derartige Aufklärung
überhaupt keine Veranlassung gab, da sie selbst bis zuletzt von einer
Schädellage des Kindes ausgegangen ist. Im übrigen spricht die Art ihrer
Aussage bereits für sich. So hat die Zeugin erklärt, Frau Z3 sei mit ihr
so im Vertrauensverhältnis gewesen, sie habe sie vorher aufgeklärt. Sie
hätten darüber gesprochen, was der Unterschied bei der Geburt sei, wenn
das Kind mit dem Po vorangehe. Auf die Frage, was sie konkret gesagt
habe, hat die Zeugin Z7 erklärt: "Sie möchten von mir hören, dass ich
die Beckenendlage als Risikogeburt ansehe und sie nicht durchführen
kann, was wollen Sie mir jetzt einreden? Ich habe ihr gesagt, wie eine
Beckenendlagenentbindung vonstatten geht, wenn das Baby mit dem Steiß
tiefer in das Becken geht, wie die Entwicklung mit der Manualhilfe nach
Veit-Smellie und Bracht ist, wie so etwas abläuft". Auf die weitere
Frage, was sie der Zeugin Z3 konkret gesagt habe, hat die Zeugin sodann
erklärt, sie könne sich nicht erinnern, wie sie es ihr im Einzelfall
gesagt habe, ihre Konzentration lasse jetzt auch langsam nach. Ob sie
ihr von einem möglichem Sauerstoffmangel etwas gesagt habe, könne sie
heute in dem Detail nicht mehr sagen.
Ebenso unwahr und dreist gelogen ist die weitere Behauptung der Zeugin
Z7, die Zeugin Z3 habe nach Feststellung der Beckenendlage während der
Geburt und entsprechender Risikoaufklärung unter "keinen Umständen" in
eine Klinik gewollt und auf einer Entbindung im Geburtshaus bestanden.
Auch die Zeugin Z8, die den Raum zu diesem Zeitpunkt nach ihren Angaben
verlassen hatte, um auf das Eintreffen der Angeklagten zu warten, hat
weder eine Risikoaufklärung noch eine entsprechende Äußerung der
Kindsmutter bekundet. Vielmehr hat sie beim Verlassen des Raumes
ebenfalls lediglich eine Äußerung der Zeugin Z7 entsprechend der
Beschreibung der Kindseltern vernommen.
Während im Rahmen des vor dem Landgericht O11 anhängigen Zivilverfahrens
eine wechselseitige Zuweisung der Verantwortung für die Geburtsleitung
erfolgt ist, hat die Angeklagte im Rahmen der hiesigen Hauptverhandlung
eingeräumt, über mehrere Stunden die Geburtsleitung übernommen zu haben.
Dass sie selbst eine Aufklärung über die Risiken der Geburtslage
vorgenommen hat, hat die Angeklagte selbst nicht behauptet und ist von
den Zeugen Z3 und Z4 glaubhaft in Abrede gestellt worden.
Die Bekundungen der Kindseltern, dass die Angeklagte während dieser
Zeit, in der sich der Zustand der Zeugin Z3 ständig verschlechterte,
keinerlei Untersuchungen der Parameter Blutdruck und Puls der
Kindsmutter und keine ausreichende Herztonkontrolle des Ungeborenen
vorgenommen hat, hat die Angeklagte letztlich durch die am Ende erfolgte
Einlassungserklärung bestätigt, die auch in Übereinstimmung mit ihrer
zahlreich publizierten Einstellung steht, dass eine Überwachung
überflüssig und störend sei, die so genannten Vitalparameter bei einer
gesunden Gebärenden erst bei einem Hinweis auf Krankheit oder drohende
Dekompensation zu überprüfen seien, der Versuch, einen biologischen
Prozess, wie eine Geburt, in einem Zweistunden-Rhythmus zu bewerten,
sich in der Hausgeburtshilfe nicht bewährt habe, und anders als in der
Geburtsmedizin nicht medizinischmathematisch betrachtet werden müsse, wo
Wehenfrequenz, kindliche Herztöne, Zeit und Geburtsfortschritt messbar
seien und wie der Bestandteil einer linearen Funktion behandelt würden.
Die Schilderung der Kindseltern steht dabei auch in Übereinstimmung mit
den Angaben der Zeugin Z8, dass die Angeklagte sich häufiger in einen
Nebenraum zurückgezogen habe, während sie bei der Gebärenden geblieben
sei.
Die Kammer hat auch keinen Zweifel daran, dass die Angeklagte in
Kenntnis davon war, dass die Zeugin Z3 an einer EPH-Gestose erkrankt
war. Ihre Einlassung, die Erkrankung habe wohl zu Anfang bestanden und
sie sei davon ausgegangen, dass sie sich gebessert habe, ist zweifellos
eine unwahre Schutzbehauptung. Die Angeklagte hat den Mutterpass nach
ihrer Einlassung eingesehen, in dem erstmals zum Ende der
Schwangerschaft, wenn auch verfälschte, gleichwohl aber noch erhöhte
Blutdruckwerte eingetragen waren. Sie hat nach ihrer eigenen Einlassung
auch die unübersehbaren Ödeme der Kindsmutter bemerkt, die offenkundig,
was sich aus den insoweit verlesenen Klinikberichten und den
Schilderungen der Zeugin Z3 der stark angeschwollenen Beine und Hände
ergibt, massiv waren. Nach ihrer Einlassung will die Angeklagte Kenntnis
davon gehabt haben, dass zu Beginn der Schwangerschaft eine Gestose
bestanden habe, und ohne weiteres davon ausgegangen sein, dass sich
diese wieder gebessert habe, was bei Kenntnis der fortbestehenden
auffälligen Symptomatik absurd erscheint. In Anbetracht des Umstandes,
dass auch die Zeugin Z8 in Kenntnis der bestehenden Erkrankung war - sie
hat insoweit angegeben, die Zeugin Z7 habe sie über die erhöhten
Blutdruckwerte der Kindsmutter informiert, was für sie in Zusammenhang
mit den Ödemen und Proteinen ein klarer Hinweis von Gestosesymptomen
gewesen sei, hat die Kammer keinen Zweifel daran, dass erst recht auch
die Angeklagte informiert war. Wenn schon naheliegend ist, dass die
Zeugin Z7 die Angeklagte konkret informiert hat, besteht jedenfalls
angesichts der Kenntnisse der Angeklagten und des Inhalts ihrer
Einlassung für die Kammer kein Zweifel daran, dass sie von der
EPH-Gestose wusste.
Die Feststellungen zu der Zustandsverschlechterung der Gebärenden unter
der Betreuung der Angeklagten beruhen insgesamt auf den glaubhaften und
überzeugenden Bekundungen der Zeugen Z3 und Z4. Die Zeugin Z3 hat
differenziert ihre Erinnerungen bis zum Zeitpunkt des Erleidens des
eklamptischen Anfalls schildern können, während sie ab dem Zeitpunkt
unter einer Erinnerungslücke leidet. In Übereinstimmung mit der
Schilderung ihres zu jedem Zeitpunkt anwesenden Ehemannes hat sie
bekundet, dass die Angeklagte auf wiederholte Hinweise hinsichtlich der
Verschlechterung des gesundheitlichen Zustandes in Form von
Kopfschmerzen, Schwindelgefühlen, Augenflimmern und Schwäche und ihrer
mehrfach wiederholten Erklärung, dass sie nicht mehr könne - wobei es
sich nach den Darlegungen des Sachverständigen Prof. Dr. C1 insgesamt um
typische Zeichen eines drohenden eklamptischen Anfalls im Rahmen der
EPH-Gestose handelte - nicht reagiert habe. Sie habe sich dramatisch
schlechter gefühlt, habe die Augen nicht mehr öffnen und irgendwann kaum
noch sprechen können. Gleichwohl habe die Angeklagte nichts unternommen
und nicht einmal den Blutdruck kontrolliert. Sie habe lediglich durch
die Zeugin Z8 einen kalten Waschlappen und ein Glas Wasser holen lassen.
Auch der Zeuge Z4 hat insoweit glaubhaft bekundet, dass es seiner Frau
erschreckend schlechter gegangen sei, sie mehrfach geäußert habe, nicht
mehr zu können, und die Antwort der Angeklagte gewesen sei, dass alles
in Ordnung sei und man so weiter machen würde wie bisher.
Eine Bestätigung der Darstellung der Zeugen findet sich letztlich auch
in dem eigenen Geburtsprotokoll der Angeklagten, in dem sie für den
Zeitraum zwischen 01.00-03.00 Uhr vermerkt hat: "Schwangere macht einen
erschöpften Eindruck, öffnet kaum noch die Augen; 03.10 Uhr Geburt geht
trotz aller Bemühungen nicht weiter".
Zweifel an der Darstellung der Kindseltern ergeben sich auch nicht
daraus, dass die Zeugin Z8 an Kopfschmerzen der Gebärenden keine
Erinnerung hatte und in ihrem Gedächtnisprotokoll für den Zeitpunkt um
03.10 Uhr vermerkt hat: "Patientin sagt, dass es ihr gut geht". In dem
nur etwa 1 ½ seitigen stichpunktartigen Protokoll der Zeugin ist dies
der erste Eintrag zu der Verfassung der Gebärenden, abgesehen von der
falschen Uhrzeit der Zeitpunkt kurz vor Erleiden des eklamptischen
Anfalls. In Anbetracht des nachfolgenden Geburtsausgangs hat die Kammer
keinen Zweifel daran, dass auch die Zeugin Z8 aus Angst vor etwaigen
Konsequenzen die Situation geschönt dargestellt hat. Nach der
medizinischen Beurteilung der Situation, worauf im einzelnen noch
eingegangen wird, ist es auszuschließen, dass es der Zeugin Z3 zu dem
Zeitpunkt noch gut ging.
Beide Kindseltern hatten desweiteren auch eine konkrete Erinnerung an
einen mehrfachen Mekoniumabgang vor und in Gegenwart der Angeklagten,
wobei sie weder über die Bedeutung noch über Risiken und Gefahren
aufgeklärt worden sind.
Auf der Grundlage der tragfähigen Bekundungen der Zeugen Z3 und Z4 und
der aus dem Geburtsverlauf insgesamt zweifelsfrei zu ziehenden Schlüsse
steht zur Überzeugung der Kammer auch fest, dass eine Verlegung in ein
Krankenhaus, wie von der Angeklagten und der Zeugin Z7 behauptet, zu
keinem Zeitpunkt vor Eintritt des eklamptischen Anfalls angesprochen
wurde. Soweit die Angeklagte und die Hebamme Z7 in ihren
Geburtsprotokollen wortgleich für die Zeit 03.15 Uhr dokumentiert haben:
"Entscheidung zur Verlegung in Ruhe. Als der Schwangeren dies mitgeteilt
wird, bekommt sie unmittelbar darauf einen tonischklonischen Anfall mit
tiefer schnarchender Atmung und Nichtansprechbarkeit", handelt es sich
um eine Lüge. Der Zeuge Z4 hat im Rahmen seiner Zeugenvernehmung eine
detaillierte Beschreibung der Einzelheiten des Versuchs nunmehr, nach
Rückkehr der Zeugin Z7, beider Hebammen, im Badezimmer die Geburt wieder
in Gang zu bringen, abgegeben. Danach hat er seine Partnerin zur
Wehenveratmung im Stehen gehalten, die auf Anweisung der Zeugin Z7 immer
wieder in die Hocke haben gehen sollen, um den stockenden Geburtsvorgang
zu beschleunigen, als seine Frau plötzlich in der Position, in der er
sie gehalten habe, eine fürchterliche Grimasse gezogen und einen Ton von
sich gegeben habe, der ganz tief aus dem Körper gekommen sei und der ihm
das Blut in den Adern habe gefrieren lassen. Dabei erfolgte die Aussage
des Ehemannes unter reaktivierter Erinnerung des Geschehens unter Tränen
und mit Ringen um Fassung. Es sei ein Anblick gewesen, den er nicht
nochmal erleben wolle. Er habe seine Frau in die stabile Seitenlage
gebracht und fortlaufend mit ihr gesprochen, wobei er überhaupt nicht
mehr zu ihr durchgekommen sei. Sie sei nicht mehr in der Lage gewesen,
etwas wahrzunehmen, und er habe in der Situation Angst um ihr Leben
gehabt. Der Zeuge Z4 hat glaubhaft bekundet, dass eine Verlegung der
Geburt in die Klinik zuvor zu keinem Zeitpunkt von keiner der Hebammen
angesprochen worden sei.
Letztlich spricht schon das gesamte Verhalten der Hebammen im Verlauf
des Geburtsgeschehens, der Umstand einer fehlenden bzw. unzureichenden
Kontrolle der Vitalparameter, die unterbliebene Reaktion auf den bereits
Stunden zuvor und wiederholt erfolgten Mekoniumabgang und den
protrahierten Geburtsverlauf, auf die Erschöpfungszustände der Mutter
und den Geburtsstillstand sowie die Verlagerung der Geburt erneut in das
Badezimmer, eindeutig für die Darstellung des Zeugen Z4, dass vor
Eintritt des Anfalls eine Verlegung nicht angesprochen worden ist. Die
von der Angeklagten und der Zeugin Z7 geschilderte Situation eines kaum
nachvollziehbaren Zufalls des Ansprechens der Verlegung praktisch im
selben Moment des Anfalls, wenn zuvor trotz problematischer Situation
eine solche Möglichkeit nicht einmal angedacht worden ist, ist zur
Überzeugung der Kammer eine unwahre Schutzbehauptung der beiden
Hebammen, die ihre Geburtsprotokolle gegenseitig angepasst und
übernommen haben.
Die Aussage der Zeugin Z8 bedingt ebenfalls keine andere Beurteilung.
Nach ihren Bekundungen hatte sie sich zu dem Zeitpunkt, als die
Angeklagte und Frau Z7 sich mit den Kindseltern in das Badezimmer
begeben hatten, in der Küche aufgehalten, um Kaffee zu kochen. Während
in der Darstellung ihres Geburtsprotokolls der Eintritt des Anfalls
ebenso unvermittelt und nicht als Reaktion auf die Ankündigung einer
Verlegung geschildert wird, hat sie auf Nachfragen in der
Hauptverhandlung bekundet, bei ihrer Rückkehr sei es zeitgleich zum
Anfall und der Äußerung der Angeklagten, dass man jetzt ins Krankenhaus
fahren solle, gekommen. Eine zeitliche Differenzierung war der Zeugin
nicht möglich.
Die in dem Zusammenhang weiter aufgestellte Behauptung der Zeugin Z7,
die Zeugin Z3 habe sogar im Rahmen des Anfalls noch geäußert, dass sie
auf gar keinen Fall unter gar keinen Umständen in die Klinik wolle, und
dies sogar noch im Rettungswagen wiederholt, wobei die Zeugin ganz klar
und vernünftig, ruhig und ansprechbar gewesen sei, ist an Dreistigkeit
und Zynismus kaum zu überbieten. Dieser Schilderung steht nicht nur die
glaubhafte Aussage des Zeugen Z4 entgegen, auch die Zeugin Z8 hat
bekundet, dass die Gebärende überhaupt nicht mehr ansprechbar gewesen
sei. Nichts anderes ergibt sich aus den insoweit verlesenen
Krankenhausberichten bzw. der Notiz des Arztes Dr. Peters, wonach die
Patientin bei der Einlieferung somnolent war, eben noch ihren Namen
wusste und eine überdeutliche Hyperreflexie zeigte.
Auch nach den sachverständigen Ausführungen des Facharztes für
Gynäkologie und Geburtshilfe, Prof. Dr. C1, ist die Schilderung der
Zeugin Z7 mit der anhand der medizinischen Unterlagen zu beurteilenden
Schwere des erlittenen Anfalls in keiner Weise zu vereinbaren. In
Anbetracht der dramatischen, lebensbedrohlichen und folgenbehafteten
Situation ist die Darstellung der Zeugin Z7, die Zeugin Z3 sei ganz
klar, vernünftig, wach und ansprechbar gewesen und hätte noch in der
kritischen lebensbedrohlichen Situation eine Verlegung in ein
Krankenhaus abgelehnt, unverfroren und nur mit ihrem Bestreben zu
erklären, sich der Verantwortung für ihr Fehlverhalten um jeden Preis
und wenn auch unter Belastung der in ihrer Existenz getroffenen
Kindesmutter zu entziehen.
Die Feststellungen zum Rettungseinsatz, zur Aufnahme im Krankenhaus, zum
gesundheitlichen Zustand der Zeugin Z3, zu der Geburtssituation und den
massiven Folgen für das Kind A. Z3 beruhen auf der Verlesung der
entsprechenden Arztberichte. Soweit die Angeklagte und die Zeugin Z7 in
ihren Geburtsprotokollen angegeben haben, dass aus dem Kreißsaal das
kräftige Schreien eines Kindes zu vernehmen gewesen sei, die Hebamme die
Auskunft erteilt habe, dass alles in Ordnung sei und das Kind später in
einem normalen Transportinkubator schlafend und rosig gelegen habe,
handelt es sich in Anbetracht des Berichts des St. F. Hospitals O11 vom
20.09.2007, wonach A. Z3 aus grünem Fruchtwasser aton, ohne Eigenatmung,
bradykard und weiß entwickelt wurde, und mit einer schweren Asphyxie auf
die Neugeborenenintensivstation verlegt werden musste, ebenfalls um eine
wahrheitswidrige, nach den Umständen auch dreist erscheinende
Darstellung.
Sowohl der sachverständige Zeuge Prof. Dr. C2, der im Rahmen des
Zivilrechtsverfahrens ein fachgynäkologisches Gutachten erstattet hat,
als auch der Sachverständige Prof. Dr. C1 und auch die in dem
Zivilverfahren ergänzend mit einer Gutachtenerstattung beauftragte
Hebamme C10 bestätigend, kommen übereinstimmend zu dem Schluss, dass
sowohl die Angeklagte als auch die Zeugin Z7 mit der Geburtsbegleitung
gegen gesicherte medizinische Erkenntnisse und bewährte
Behandlungsregeln einer Hebamme verstoßen haben, und es sich dabei aus
objektiver Sicht um unverständliches Fehlverhalten handelte, das einen
groben Behandlungsfehler darstellt.
Nach übereinstimmender Bewertung durfte aufgrund der hypertensiven
Schwangerschaftserkrankung der Zeugin Z3 bereits keine Planung einer
außerklinischen Geburt erfolgen, die Patientin hätte vielmehr einer
stationären Behandlung und Entbindung bedurft. Erst recht hätte die
Feststellung der Beckenendlage des Kindes nach Beurteilung der Ärzte und
der Hebamme unmittelbar Veranlassung zu einer Klinikverlegung geben
müssen, es sei denn, die Kindseltern hätten gleichwohl trotz
entsprechender Risikoaufklärung auf einer Entbindung im Geburtshaus
bestanden. Angesichts der von der Kammer zweifelsfrei festgestellten
unterbliebenen Aufklärung ist den Eltern überhaupt keine Gelegenheit
gegeben worden, eine verantwortliche Entscheidung zu treffen.
Der sachverständige Zeuge Prof. Dr. C2, Leiter eines der größten
Perinatalzentren Deutschlands, dessen Fachgebiet unter anderem die
Eklampsie ist, hat insoweit ausgeführt, dass er sein Gutachten bewusst
nicht unter Zugrundelegung des Standards einer Klinikgeburt bzw.
ärztlich geleiteten Geburt erstattet habe. Gerade bei der klassischen
Hebammengeburtshilfe sei es aber erforderlich, sich auf die über
Jahrhunderte tradierten Normen der klassischen Geburtshilfe zu verlassen
und die entsprechenden Untersuchungen durchzuführen, wozu
Blutdruckmessung, Messung des mütterlichen Pulses und der kindlichen
Herzfrequenz zählten, da eine zuverlässige Bewertung der Herzfrequenz
nur möglich sei, wenn man wisse, dass die mütterliche Herzrequenz
entsprechend niedriger liege.
Nach den Darlegungen des sachverständigen Zeugen Prof. Dr. C2 war es
weiter ein elementarer Verstoß, nach Feststellung der Beckenendlage
keine Verlegung in ein Krankenhaus vorzunehmen, zumal eine solche Geburt
auch nach der Hebammenberufsordnung ohnehin nur zulässig sei, wenn die
Entbindung drohe bzw. eine Verlegung in eine Geburtsklinik nicht mehr
möglich sei. Nur bei einer absoluten Weigerung der Schwangeren und dem
erneuten Hinweis auf die drohenden Komplikationen hätte die Hebamme
äußerst hilfsweise die Schwangere weiter betreuen dürfen. Auch der
Umstand, dass die Angeklagte gleichzeitig approbierte Ärztin sei, ändere
daran nichts, da sie zum einen nicht ärztlich tätig geworden sei - was
sich aus der Abrechnung der Angeklagten ihrer Hebammentätigkeit
bestätigend ergibt - und was im Hinblick auf die möglichen
Komplikationen einer Beckenendlagengeburt auch keine andere Beurteilung
rechtfertige. Auch die unterlassene Verlegung durch einen Arzt hätte in
der Situation einen groben Behandlungsfehler dargestellt.
Eine Beckenendlage sei immer eine pathologische Situation, die mit einem
deutlich erhöhten Risiko für das ungeborene Kind verbunden sei und einer
besonders sorgfältigen Geburtsleitung bedürfe. Gerade bei der Entbindung
von Beckenendlagen komme es überzufällig häufig zu pathologischen
Herztonabfällen und der Notwendigkeit einer raschen, häufig auch
notfallmäßigen Geburtsbeendigung mittels Kaiserschnitt. Das Risiko der
Beckenendlage sei immer die Hypoxie, dabei handle es sich um ein
Kadinalproblem. Im ungünstigsten Fall komme es zu einem Hochschlagen der
Arme, wobei das Kind unter der Geburt sterben könne. Die Beckenendlage
habe immer eine erhöhte Inzidenz für hypoxischen Schaden; diese sei etwa
15-20 % häufiger als bei Schädellagen. Kinder aus Beckenendlagen hätten
alle eine höhere Azidose als Kinder aus Schädellagen. Aktuelle Studien
würden zudem ergeben, dass die Mortalität und Morbidität bei einer
Hausgeburt höher sei als bei einer Klinikgeburt. Während es bei einer
Beckenendlage bei geplantem Kaiserschnitt 2 Ereignisse auf 514 Fälle
gebe, wären dies bei einer geplanten vaginalen Geburt 29 Ereignisse auf
511 Fälle; zudem sei die Azidoserate der Neugeborenen bei vaginaler
Beckenendlagenentbindung um das 20-fache höher als bei einer primären
Sectio, was eine erhöhte Überwachung der Geburt aus Beckenendlage
bedinge.
Nach der sachverständigen Beurteilung des Prof. Dr. C2 handelte es sich
vorliegend um eine Risikokombination von Beckenendlage und Präeklampsie,
die zweifelsfrei ein hypoxämisches Geschehen zur Folge gehabt habe. Die
festgestellten Beschwerden der Zeugin Z3 seien dabei eindeutige
erkennbare Vorboten eines eklamptischen Anfalls gewesen, der mit dem
Risiko einer Lebensgefahr für Mutter und Kind verbunden gewesen sei. Bei
einer Verlegung in ein Krankenhaus wäre A. Z3 mit ganz überwiegender
Wahrscheinlichkeit als gesundes Kind (time safes brain) auf die Welt
gekommen, das sich normal entwickelt hätte. Es habe sich bei dem
Geburtsverlauf das typische Risiko der Präeklampsie verwirklicht, wobei
der Anfall ursächlich für den Sauerstoffmangel des Kinds geworden sei.
Dabei habe die Dauer der Geburt infolge der Beckenendlage, die häufig
mit einem protrahierten Verlauf verbunden sei, auch Auswirkungen auf den
Eintritt des Anfalls gehabt. Die Sauerstoffversorgung des Kindes sei in
der Zeit des Anfalls nicht gegeben gewesen. Wenn zudem bereits vorher
schon der Grenzbereich infolge eines protrahierten Verlaufs bei
Beckenendlage bestanden habe und das Kind einer Stressbelastung
ausgesetzt sei, werde aus der chronischen Situation ein dynamischer
Prozess.
In Übereinstimmung mit den insoweit auf der Basis zahlreicher
Literaturzitate erfolgten Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. C1
hat auch der sachverständige Zeuge Prof. Dr. C2 nachvollziehbar
erläutert, dass Mekoniumabgang immer eine Stresssituation des Feten
bedeute. Bei einer Beckenendlage sei in erhöhtem Maße damit zu rechnen,
dass die Nabelschnur in der Wehe komprimiert werde, weil der Steiß den
Geburtskanal nicht so gut abdichte. In jedem Fall sei Mekoniumabgang
immer Anlass für häufigere Kontrollen, die von der Angeklagten und der
Zeugin Z7 nur völlig unzureichend durchgeführt worden seien.
Nach sachverständiger Bewertung gab es in Bezug auf die Schwangerschaft
keine Hinweise auf eine Schädigung des Kindes, ebensowenig waren solche
aus dem Geburtsbeginn zu ersehen. Mit dem protrahierten Verlauf in
Verbindung mit dem Krampfanfall der Mutter sind nach Einschätzung der
Geburtsmediziner die Auswirkungen der Hypoxie auf das Kind dagegen
begründbar, während andere Ursachen als eine Sauerstoffmangelversorgung,
die für einen Arzt und eine Hebamme erkennbar und voraussehbar waren,
nicht zu erkennen sind. Dabei macht es nach sachverständiger Beurteilung
keinen Unterschied, ob es bereits um 20 Uhr oder erst gegen 22 Uhr zum
Fruchtblasensprung mit Abgang von Mekonium gekommen ist, da im
erstgenannten Fall der protrahierte Verlauf und der Geburtsstillstand
lediglich noch eklatanter gewesen wären, in jedem Fall aber vorgelegen
haben.
Auch der Sachverständige Prof. Dr. C1, auf dessen Darlegungen die
grundsätzlichen Feststellungen zu der Schwangerschaftserkrankung der
Gestose und deren Risiken eines eklamptischen Anfalls mit den eklatanten
Folgen für Mutter und Kind, beruhen, hat in vollständiger
Übereinstimmung mit dem im Zivilverfahren beauftragten Sachverständigen
Prof. Dr. C2 dargelegt, dass bereits die bei der Zeugin Z3 offenkundig
bestandene EPH-Gestose ein Ausschlusskriterium für eine außerklinische
Geburt gewesen sei. Auch nach seiner Einschätzung macht es keinen
Unterschied, ob der Fruchtblasensprung um 20 Uhr oder ca. 2 Stunden
später erfolgt ist, da insgesamt eine massiv protrahierte
Austreibungsphase bestanden habe, da der Muttermund mindestens 5 Stunden
vollständig gewesen sei. In dieser Situation sei eine Kontrolle der
kindlichen Herztöne alle 5 Minuten erforderlich, tatsächlich seien
ausweislich der Unterlagen in 5 Stunden nur 4x die Herztöne des Kindes
kontrolliert worden, was völlig unzureichend gewesen sei. Ein
protrahierter Geburtsverlauf bei einer Beckenendlage potenziere das
Risiko eines eklamptischen Anfalls bei bestehender EPH-Gestose massiv,
was sich durch die Erschöpfungszustände der Gebärenden mit erkennbaren
physischen Auswirkungen eindeutig angekündigt habe.
Als unverantwortlich hat der Mediziner auch den Umstand der mangelnden
Blutdruckkontrolle durch die Angeklagte bewertet. Bereits aufgrund der
nach den Klinikberichten und den Schilderungen der Zeugin Z3 bestehenden
Ödeme, und erst recht nach dem Beklagen von Kopfschmerzen hätte der
Blutdruck umgehend gemessen werden müssen, da angesichts dieser Symptome
das große Risiko des bevorstehenden eklamptischen Anfalls gegeben
gewesen sei.
Nach der sachverständigen Einschätzung des Prof. Dr. C1 lassen die
Schilderungen der Kindseltern und die medizinischen Befunde die sichere
Feststellung eines hypoxischen Schadens des Kindes A. Z3 infolge des
eklamptischen Anfalls bzw. einer Sauerstoffminderversorgung des Feten im
Rahmen des völlig unzureichend überwachten protrahierten Geburtsvorgangs
zu. Eine Schädigung des Kindes bereits Tage zuvor sei angesichts des
Umstands, dass es sich um ein gesundes, eutrophes Neugeborenes (3.520 g,
36 cm Kopfumfang) gehandelt habe, sehr unwahrscheinlich. Wenn die
Bluthochdruckerkrankung der Mutter in der Schwangerschaft bereits zu
einer anhaltenden Mangelversorgung des Kindes geführt hätte, wäre es
gleichzeitig zu einer Verminderung des Substratflusses gekommen, was
sich in einer Minderentwicklung (Hypotrophie, Retardierung) bemerkbar
gemacht hätte. Es gebe keinen Hinweis auf eine andere Ursache der
Schwerstbehinderung des Mädchens, wie etwa eine Infektion im 2.
Trimester der Schwangerschaft. Es sei als grobes Fehlverhalten der
Angeklagten zu bewerten, schon angesichts der Beckenendlage keine
Verlegung in eine Geburtsklinik vorzunehmen; erst recht sei dies bei
einer Bluthochdruckerkrankung der Mutter und eindeutigen Anzeichen eines
sich ankündigenden eklamptischen Anfalls der Fall. Selbst bei einer nur
relativ milden Blutdruckerhöhung müsse bereits mit einem eklamptischen
Anfall unter der Entbindung gerechnet werden, wenn Eiweißausscheidungen
im Urin vorliegen würden, erst recht, wenn deutlich sichtbare Ödeme
bestünden.
Auch aus Sicht der im Rahmen des Zivilverfahrens ergänzend mit einer
Beurteilung beauftragten Hebamme C10, deren gutachterliche Stellungnahme
verlesen und von der Kammer nur bestätigend gewertet worden ist, liegt
zweifelsfrei eine Kompetenzüberschreitung der tätigen Hebammen vor, die
bewährte Behandlungsregeln und bekannte gesicherte medizinische
Erkenntnisse, die jeder Hebamme bekannt seien, ignoriert hätten. Eine
Kompetenzüberschreitung der Hebamme Z7 habe bereits darin bestanden,
nach Feststellung der Beckenendlage nicht in ein Krankenhaus zu
verlegen. Die Hinzuziehung einer zweiten Hebamme, auch wenn diese Ärztin
sei, sei nicht ausreichend, da die Gebärende auch nach der Berufsordnung
für Hebammen bei Komplikationen zur ärztlichen Versorgung in ein
Krankenhaus hätte verlegt werden müssen. Mit der Vernachlässigung
regelmäßiger Blutdruckmessungen seien bewährte Behandlungsregeln
übergangen worden, wobei es eine jeder Hebamme bekannte medizinische
Erkenntnis sei, dass pathologische Blutdruckwerte zu eklamptischen
Anfällen während und auch nach der Geburt führen können. Die
Unstimmigkeiten in der Dokumentation zwischen Mutterpass und
persönlicher Schwangerschaftsverlaufsdokumentation der Hebamme Z7
erwecke den Eindruck, dass abnorme Werte nicht für andere hätten
sichtbar sein sollen.
Die Angeklagte habe die Verlegung mit der Anordnung der Ruhepause nach
Mekoniumabgang verzögert, wobei die Herztöne des Kindes zu selten gehört
worden seien, um glaubhaft versichern zu können, dass es dem Kind über
die Zeit der Wehen beständig gut gegangen sei. Infolge der Erschöpfung
der Kindsmutter sei auch nicht davon auszugehen gewesen, dass ihre
Mitarbeit bei der Wehentätigkeit und Geburt ausreichen würde.
Danach steht es insgesamt außer Zweifel, dass die Angeklagte in Kenntnis
und unter Inkaufnahme der sich bereits aus der Beckenendlage mit
protrahiertem Geburtsverlauf ergebenden Risiken und der gesteigerten
Gefahr eines eklamptischen Anfalls infolge der bei der Gebärenden
bestehenden Gestoseerkrankung an der Durchführung der Praxisgeburt
festgehalten hat, ohne die Kindseltern über die besonderen Risiken
aufzuklären und ohne bei den sich abzeichnenden Komplikationen eine
Verlegung in ein Krankenhaus zu veranlassen.
Drillingsgeburt Z13
Die hohe Risikobereitschaft der Angeklagten in Kenntnis drohender
medizinischer Komplikationen zeigt sich in besonderem Maße in der
Beteiligung an Mehrlingsgeburten auf einer Insel ohne Krankenhaus.
Dass es auf O13 auch im Jahre 2008 kein Krankenhaus mehr gab, sondern
nur ein niedergelassener Arzt dort Räumlichkeiten genutzt hat, hat die
Zeugin Z14 bestätigt.
Hinsichtlich der beiden auf O13 unter ihrer Beteiligung stattgefundenen
Drillingsgeburten Z13 und Z15 hat die Angeklagte gemeinsam mit den
offenkundig beeinflussten und infiltrierten Zeuginnen Z14, Z13 und Z15
eine Darstellung versucht, nach der sie rein zufällig anwesend und nicht
als Hebamme tätig gewesen sein will.
Die Beweisaufnahme hat zweifelsfrei ein anderes Ergebnis erbracht. Die
Angeklagte hat sich dahin eingelassen, bei der Geburt der Zeugin Z13
dabei gewesen zu sein, jedoch nicht in beruflicher Tätigkeit. Sie habe
sich für den Fall eines Notfalls im Hintergrund gehalten, sei aber nicht
tätig gewesen. Auf Vorhalt einer erfolgten Rechnungsausstellung für
Hebammentätigkeit, die verlesen worden ist, hat die Angeklagte die
klägliche Erklärung abgeben, die Rechnung "einfach mal aus Interesse"
gemacht zu haben, was eine solche Geburt die Kasse kosten würde und um
zu überprüfen, wie viel Geld ihr am Ende entgangen sei. Auf die Frage,
warum mit ihrer Unterschrift im Untersuchungsheft der Kinder die
Durchführung der ersten Untersuchung unmittelbar im Anschluss an die
Geburt dokumentiert ist, hat die Angeklagte angegeben, dass sie dazu
stehe. Wenn sie da sei, mache sie auch die sogenannte U1.
Auf den Vorhalt des Risikos der Entbindung von Drillingen auf einer
Insel ohne Krankenhaus hat die Angeklagte sich dahin eingelassen, dass
sie gewusst habe, dass die Geburt auch ohne sie stattfinden würde; die
Entscheidung sei völlig ohne sie gefallen. Die Entbindungen seien
geplant gewesen und sie habe darauf keinen Einfluss nehmen können. Im
übrigen habe Frau Z14 diesbezüglich die größere Kompetenz und sie - die
Angeklagte - sei die letzte, die sagen würde, dass man es lassen solle.
In Bezug auf die grundsätzlichen Risiken einer Mehrlingsschwangerschaft
und -entbindung, die Geburtsrisiken der Frühgeburtlichkeit, einer
Nabelschnurumschlingung oder vorzeitigen Plazentalösung mit der Gefahr
lebensbedrohlicher Blutungen bei der Mutter und einer Hypoxie des
Ungeborenen, sowie in Bezug auf die Besonderheiten der bei der Zeugin
Z13 bestehenden Drillingsschwangerschaft mit Fetofetalem
Transfusionssyndrom beruhen die Feststellungen auf den kompetenten
sachverständigen Ausführungen des Geburtsmediziners Prof. Dr. C1. Der
Sachverständige hat das Risiko der vorzeitigen Plazentalösung
(Holzuterus) dargestellt - was sich bei der später von der Angeklagten
begleiteten Zwillingsgeburt verwirklicht hat -, wobei ein solches sich
nicht immer durch eine Blutung nach außen deutlich zeigt. Im Rahmen
einer CTG-Überwachung ist eine solche Komplikation festzustellen,
weshalb eine klinische Entbindung unter kontinuierlicher Überwachung
nach den Darlegungen des Sachverständigen unabdingbar ist, um
gegebenenfalls aufgrund eines sofortigen Abschneidens des zweiten Kindes
von der Sauerstoffversorgung als Folge der Plazentalösung, auf einen
Kaiserschnitt umsteigen zu können. Bei der vorzeitigen Plazentalösung
handelt es sich nach den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. C1
um ein bekanntes typisches Risiko bei Mehrlingsgeburten, das sich durch
die Veränderung der intrauterinen Druck- und Volumenverhältnisse nach
der Geburt des ersten Zwillings verwirklichen kann. Bei der Gebärenden
besteht in diesem Fall das Risiko der Uterusatonie (Erschlaffen der
Gebärmuttermuskulatur), was mit einer Verblutungsgefahr verbunden ist.
Aufgrund dieser Risiken unterliegt die außerklinische Begleitung von
Mehrlingsgeburten nach der Hebammenberufsordnung einem Verbot.
Hinsichtlich der objektiven Umstände der Schwangerschaft, der erfolgten
Behandlungen, Untersuchungen und der späteren Behandlung des Kindes L.
Z13 beruhen die Feststellungen auf den Bekundungen der Zeugin Z13 und
der Verlesung von Kranken- und Behandlungsunterlagen, die von der Zeugin
übergeben worden sind.
Die Zeugin Z13 hat im Rahmen ihrer Aussage keinen Hehl daraus gemacht,
nach der fehlgeschlagenen Laserkoagulation mit der schulmedizinischen
Behandlung der Schwangerschaft abgeschlossen zu haben, und in Kenntnis
des Risikos, dass es auf der Insel O13 kein Krankenhaus gab, die
Entbindung dort geplant zu haben. Sie hat insoweit angegeben, nach der
Laserbehandlung fix und fertig gewesen, und alles mit Spezialisten nicht
mehr gewollt zu haben. Einen Kaiserschnitt habe sie abgelehnt. Zu Beginn
der anschließenden Betreuung habe eine Untersuchung bei Frau Z14
stattgefunden, im weiteren Verlauf sonst nur Telefonate.
Anhand der von der Zeugin Z13 übergebenen Arzt- und Behandlungsberichte
war in Zusammenhang mit den Darlegungen des Sachverständigen Prof. Dr.
C1 auch nachvollziehbar, dass es erst in der 33. Schwangerschaftswoche
zum Tod des Drillings gekommen ist, mithin zu einem Zeitpunkt, zu dem es
aller Voraussicht nach bei der Wahrnehmung der der Zeugin angeratenen
Überwachung unter klinischen Bedingungen bereits zur Durchführung eines
Kaiserschnitts und damit mutmaßlich zum Überleben aller drei Kinder
gekommen wäre.
Logged
Julian
Boltbender
Jr. Member
Posts: 237
Re: Angeklagte wegen Totschlags zu Freiheitsstrafe von 6 Jahren + 9
Monaten verurte
« Reply #9 on: June 12, 2016, 04:41:29 AM »
Die Kammer hat keinen Zweifel daran, dass die Angeklagte in Kenntnis der
konkreten Umstände geplant an der Entbindung teilgenommen hat. Spricht
ihre Einlassung schon für sich, dass sie nicht beruflich beteiligt
gewesen sei, sondern sich nur für den Fall eines Notfalls - angeblich
also mit derselben Intention, die der gefertigten Erklärung bei der
Geburt Z3 zugrunde lag - auf der Insel aufgehalten haben will, ist ihr
jetziges Einlassungsverhalten zur zweifelsfreien Überzeugung der Kammer
allein dem Umstand geschuldet, dass sie im Hinblick auf den Tatvorwurf
jegliche unverantwortliche Risikobereitschaft negieren will. Wie auch
die Teilnahme an der Drillingsgeburt im August 2008 geplant war, worauf
im einzelnen noch eingegangen wird, war es auch bei der Geburt Z13 die
Intention der Angeklagten und der Zeugin Z14, als "letzte Kämpferinnen
für die natürliche Geburt", eine Äußerung der Hebamme Z14, die nach den
glaubhaften Bekundungen der Zeugen Z1 ihnen gegenüber gefallen ist, in
ihren Kreisen spektakuläres Aufsehen zu erregen.
Die Angeklagte hat, wie sich aus den Eintragungen in den
Untersuchungsheften der Kinder ergibt, und von ihr daher auch nicht in
Abrede gestellt werden konnte, die unmittelbar im Anschluss an die
Geburt erfolgende erste Untersuchung (U1) durchgeführt. Sie hat mit
Datum vom 10.03.08 eine Rechnung über Hebammenleistungen für den
Zeitraum der Geburt ausgestellt. Die Kammer hat insoweit nicht
überprüft, ob die Rechnung eingereicht worden ist; wenn nicht, ist dies
jedenfalls nicht aus den von der Angeklagten genannten abstrusen Gründen
erfolgt, sondern allein aus Sorge vor Konsequenzen aufgrund der
Unzulässigkeit einer solchen Geburtsbegleitung. Die Angeklagte hat der
Zeugin Z57 später, wie auch im übrigen anderen Freunden und Bekannten
per SMS, wie diese bestätigt haben, stolzerfüllt Mitteilung von der
Drillingsgeburt im August 2008 gemacht, wobei sie die Zeugin Z57 auf
deren Nachfrage darauf hingewiesen hat, dass diese Drillingsgeburt ihre
erste mit drei lebenden Kindern gewesen sei - eine Formulierung, die
keinen Zweifel an einer Beteiligung an der Geburt Z13 aufkommen lässt.
Die Angeklagte stand im übrigen mit der Zeugin Z14 in so enger
Verbindung, dass sie die Zeugin als einzige bei der problematischen
Geburtsentwicklung von G. Z1 kontaktiert hat.
Die Zeugin Z13 hat insoweit zweifelsfrei zugunsten der Angeklagten die
Unwahrheit gesagt. Ihr Verhalten lässt den eindeutigen Rückschluss zu,
dass sie bereits im Vorfeld ihrer Vernehmung Kontakte zur Angeklagten
oder dem Kreis der Angeklagten zugehörigen Personen gehabt hat. So hat
sie nach der Ankündigung ihrer beabsichtigten Vernehmung im Vorfeld
bereits erklärt, sich kundig gemacht zu haben, "wie mit anderen Zeugen
umgegangen worden sei", weshalb sie mit einem Zeugenbeistand erscheine.
Eine Entbindung von der Schweigepflicht beider Hebammen, der Zeugin Z14
und der Angeklagten, hat sie verweigert und mit ihrer tendenziösen
Aussage den Versuch unternommen, jegliche Beteiligung der Angeklagten an
der Geburtsbetreuung abzustreiten. So hat sie etwa angegeben, die
Angeklagte sei da gewesen, sie habe das aber gar nicht gewusst, Frau S.
habe Frau Z14 nur gerade besucht, und habe mal sehen wollen, wie das
gehe, sie habe sie bei der Geburt das erste Mal gesehen, sie sei dann
irgendwann zugegen gewesen und habe gesagt, sie sei auch Hebamme und
Kinderärztin und ob es ok sei, wenn sie bei der Geburt zuschauen würde
bzw. dabei sei. Auf die konkrete Nachfrage, ob die Angeklagte geholfen
habe, hat die Zeugin dies vehement bestritten und erklärt, die
Angeklagte sei in keiner Weise beteiligt gewesen, Frau Z14 habe die
Geburt gemacht, sie wisse auch nicht, ob Frau S. die U1 gemacht habe.
Gegen die Richtigkeit dieser Angaben spricht nicht nur der von dem
Sachverständigen Prof. Dr. C1 dargestellte erforderliche logistische
Aufwand einer Drillingsgeburt, sondern auch die auf die Drillingsgeburt
im August 2008 bezogene, aber für jede Mehrlingsgeburt geltende
Erklärung der Zeugin Z14, dass jede helfende Hand gebraucht werde und
die Angeklagte deshalb geholfen habe. Mit ihrer Aussage hat die Zeugin
Z13 die Angeklagte wahrheitswidrig heraushalten wollen.
Soweit die Angeklagte über ihre Verteidiger im Zusammenhang mit dem
Vergraben des dritten Kindes geltend gemacht hat, es habe sich um einen
nicht bestattungspflichtigen Abort gehandelt, ist diese Angabe nach den
Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. C1 ebenfalls falsch. In
Anbetracht des Zeitpunktes des Absterbens des Ungeborenen erst in der
33. Schwangerschaftswoche, des Umstands eines Gewichts der Kinder
bereits in der 23. Schwangerschaftswoche am 19. Oktober 2007 von 562,
595 und 443 g und des Geburtsgewichts der beiden überlebenden Kinder von
2050 und 2360 g, ist trotz des zurückliegenden Versterbens davon
auszugehen, dass das Gewicht des Kindes über dem bestattungspflichtigen
Gewicht von 500 g gelegen hat.
L. Z2
Die Feststellungen zu Schwangerschaft und Geburt des Kindes L. Z2
beruhen zum einen auf den Angaben der Kindseltern, zum anderen im
wesentlichen auf den Bekundungen des Gynäkologen Dr. Z17 und der
sachverständigen Bewertung des Prof. Dr. C1.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht außer Zweifel, dass die
Angeklagte gegen dringenden ärztlichen Rat unter Inkaufnahme zahlreicher
Risiken eine Hausgeburt begleitet hat und als Todesursache des Kindes
ein Sauerstoffmangel unter der Geburt naheliegend ist, und sich
insbesondere auch ihr zumindest diese naheliegende Schlussfolgerung
aufdrängen musste und aufgedrängt hat. Weitergehende Feststellungen
waren mangels einer durchgeführten Obduktion nicht zu treffen.
Die Angeklagte hat sich dahin eingelassen, dass die Zeugin Z2 soweit
aufgeklärt gewesen sei. Sie habe gewusst, dass das Rupturrisiko nach
Kaiserschnitt 1 % - eine von der Angeklagten angegebene Zahl - betrage.
Die Klinik könne die Zeichen einer Ruptur bei einer Geburt genausowenig
wahrnehmen wie sie. Auf den Vorhalt, dass man in der Klinik bei einem
Notfall schneller reagieren könne, hat die Angeklagte erklärt, dass in
der Klinik aufgrund des Arbeitsaufwands und des großzügigen Umgehens
eine viel größere Gefahr bestehe, eine Ruptur zu übersehen. Das würde
ihr nicht passieren. Und wenn es nach Klinikärzten ginge, würde es eine
Hausgeburt gar nicht geben. Sie müsse prospektiv arbeiten und ihre
Aufmerksamkeit darauf richten, dass es möglichst nicht passiere. Sie
habe die Zeugin Z2 auch mit Sicherheit aufgeklärt; sie kläre jede Frau
über das Risiko auf, auch wenn dies aufgrund der neuen Nahttechnik sehr
gering sei. Die Todesursache müsse bei L. Z2 in der Genetik liegen. Die
Zeugin Z2 sei über drei Monate krank gewesen. Ein Infekt sei als
Todesursache für sie mehr im Vordergrund gewesen als alles andere. Alles
andere sei unerklärlich. Im Geburtsablauf habe es sowohl bei F. Z5 als
auch bei L. Z2 keinen Hinweis auf eine geburtstechnische Hypoxie
gegeben; es müsse woanders hergekommen sein.
Die Einlassung der Angeklagten ist, soweit sie im Widerspruch zu den
getroffenen Feststellungen steht, als unwahre Schutzbehauptung
widerlegt. Die Angeklagte hat die Zeugin Z2 nicht aufgeklärt, sondern
die Risiken der Hausgeburt verharmlost. Bei der Behauptung, dass es im
Rahmen des Geburtsverlaufs keine Anzeichen für eine geburtstechnische
Hypoxie gegeben habe und ein Infektgeschehen ursächlich für den Tod
gewesen sein müsse, handelt es sich im Hinblick darauf, dass der
Schwangerschaftsverlauf in keiner Weise Anhaltspunkte für eine Infektion
oder Fehlentwicklung des Kindes gegeben hat, offensichtlich um eine
Ausrede.
Die Feststellungen zum Verlauf der Schwangerschaft und den bei der
Kindsmutter bestehenden Schwangerschafts- und Geburtsrisiken beruhen auf
den glaubhaften und zuverlässigen Angaben des sachverständigen Zeugen
Dr. Z17, der Kindseltern sowie der Verlesung einer Kopie des
Mutterpasses. Beide Kindseltern haben einen völlig unauffälligen Verlauf
der Schwangerschaft geschildert, wobei auch zu keinem Zeitpunkt von dem
regelmäßig aufgesuchten Gynäkologen Dr. Z17 irgendwelche Besonderheiten
in Bezug auf die gesunde Entwicklung des Kindes angemerkt worden wären.
Die Zeugin Z2 hat auch die Behauptung der Angeklagten, dass sie über
drei Monate krank gewesen sei, in keiner Weise bestätigt. Zwar hat sie
angegeben, unter einem wiederkehrenden Erkältungsinfekt im Winter
gelitten zu haben, wobei jedoch nicht einmal die Einnahme von
Medikamenten erforderlich gewesen sei, sie nur homöopathische Mittel
genommen habe, bereits zum Jahresende wieder gesund gewesen sei und zum
Anfang des Jahres deshalb auch eine von ihrem Frauenarzt genehmigte
Flugreise nach London habe unternehmen können.
Der Zeuge Dr. Z17 hat auf der Grundlage der von ihm erhobenen
Untersuchungsbefunde und Ultraschallscreenings bekundet, dass die
Schwangerschaft in Bezug auf die Entwicklung des Kindes zu jedem
Zeitpunkt normal und unauffällig verlaufen sei, und lediglich im
Hinblick auf die bei der Kindsmutter bestehenden Risiken eine
engmaschige Kontrolle erfolgt sei. Er habe regelmäßig
Dopplerultraschalluntersuchungen bis zur 37. Schwangerschaftswoche
durchgeführt, die immer unauffällig gewesen seien. Der Gynäkologe hat
weiter anhand der Behandlungsunterlagen und der darin von ihm
dokumentierten Gespräche mit der Kindsmutter seine dringenden
Empfehlungen einer klinischen Entbindung und den Rat, dies auch mit der
Angeklagten zu besprechen, nachvollziehen können. Er habe der Zeugin Z2
angesichts der erheblichen Risiken einer Hausgeburt nach vorangegangenem
Kaiserschnitt, in Verbindung mit der Autoimmunerkrankung der Mutter und
der bestehenden Anämie, die bei einem weiteren Blutverlust unter der
Geburt von nur einem Liter für die Mutter eine akute Lebensgefahr
bedeutet hätte, dringend von einer Hausgeburt abgeraten und sie darauf
hingewiesen, dass sie in jedem Fall klinisch entbinden und zu einem
Geburtsplanungsgespräch die anthroposophische Klinik in O20 aufsuchen
solle. Ihm sei die Angeklagte seit den 90-er Jahren als Geburtshelferin
und, wie auch den anderen Gynäkologen in O8, als sehr risikobereit
bekannt. Ihm sei auch ein Fall bekannt, in dem die Angeklagte eine
seiner Patientinnen mit Beckenendlage und Zustand nach Kaiserschnitt bei
einer Hausgeburt begleitet habe, von der er ebenfalls dringend abgeraten
habe. Es sei zwar letztlich alles gut gegangen, aber eine Beckenendlage
zu Hause zu entbinden, halte er für äußerst riskant, erst recht, wenn
zudem noch eine Kaiserschnittnarbe bestehe.
Die Kammer hat auch keinen Zweifel daran, dass die Angeklagte von der
Zeugin Z2 über den dringenden Rat ihres Arztes im einzelnen in Kenntnis
gesetzt worden ist. Zwar hatte die Zeugin keine detaillierte Erinnerung
mehr an den konkreten Inhalt des Gesprächs mit ihrem Gynäkologen, wohl
aber an seinen dringenden Rat, eine Hausgeburt aufgrund der Risiken,
insbesondere aufgrund der Narbe, zu unterlassen. Auch hatte die Zeugin
eine konkrete Erinnerung daran, mit der Angeklagten im Anschluss gerade
deshalb über die Risiken hinsichtlich der Kaiserschnittnarbe gesprochen
zu haben, worauf diese ihr davon berichtet, habe, dass die Gefahr nicht
groß sei und sie es bereits mehrfach erlebt habe, dass Frauen mit
Kaiserschnittnarbe spontan entbunden hätten. Ein statistischer Wert sei
ihr nicht bekannt gewesen. Die Zeugin hat weiter ausschließen können,
dass sie der Angeklagten gegenüber etwa bewusst etwas aus dem Gespräch
mit ihrem Gynäkologen verschwiegen hätte, weshalb die Kammer keinen
Zweifel daran hat, dass die von dem Gynäkologen sicher erinnerten Punkte
auch zwischen der Zeugin Z2 und der Angeklagten besprochen worden sind.
Unter Tränen hat die Zeugin auch erklärt, dass sie leider dem Rat ihres
Arztes, das Krankenhaus in O20 zu einem Planungsgespräch aufzusuchen,
nicht gefolgt sei.
Nach dem Inhalt der Aussage der Zeugin Z2 hat die Kammer auch keinen
Zweifel daran, dass die Angeklagte die nach den Darlegungen des
Sachverständigen Prof. Dr. C1 erforderlichen Kontrollen nach dem
Überschreiten des errechneten Geburtstermins nicht vorgenommen hat. Die
Zeugin Z2 hatte noch eine Erinnerung daran, dass die Angeklagte nicht
oft bei ihr gewesen sei, es insgesamt keine hohe Frequenz an
Untersuchungen gegeben habe, es sich mehr um telefonische Kontakte
gehandelt habe, die Angeklagte aber sofort dagewesen sei, als sie sie am
28.03. - dem Tag vor der Geburt - angerufen habe, weil sie - die Zeugin
- sich Sorgen gemacht habe, das Kind nicht mehr zu spüren. Die
Angeklagte sei dann gekommen, habe sie untersucht und auch die Herztöne
des Kindes und Kindsbewegungen wahrgenommen. Angesichts dieser
Erinnerungen der Zeugin Z2 in Verbindung mit der Einstellung der
Angeklagten, dass natürliche Vorgänge, wie die Schwangerschaft, keiner
ständigen Kontrolle bedürften sowie ihres bei anderen Schwangerschaften
praktizierten Vorgehens insoweit, ist die Kammer der sicheren
Überzeugung, dass eine entsprechende ausreichende Kontrolle trotz der
erheblichen Überschreitung des errechneten Geburtstermins nicht
stattgefunden hat.
Die Feststellungen zum Geburtsgeschehen beruhen neben den Angaben der
Zeugen Z2 auf den Eintragungen der Angeklagten im Geburtsprotokoll - das
sie den Eltern überlassen hatte, und das in der Hauptverhandlung
verlesen worden ist - , was die Zeiten und die von ihr durchgeführten
Kontrollen anbelangt. Dass es sich danach um einen protrahierten
Geburtsverlauf gehandelt hat, bei dem die Angeklagte nur eine völlig
unzureichende Kontrolle der Vitalparameter des Kindes vorgenommen hat,
hat der Sachverständige Prof. Dr. C1 unter Erörterung der medizinischen
und geburtshilflichen Erfordernisse im einzelnen dargelegt. Danach hat
die Angeklagte die Herzfrequenz des Ungeborenen in den 10 Stunden ihrer
Anwesenheit bis zur Geburt nur insgesamt 7 mal kontrolliert, in der Zeit
zwischen 06.20 Uhr und 12.25 Uhr ist überhaupt keine Kontrolle erfolgt.
Die Zeugin Z2 hat ihren Eindruck vom Geburtsverlauf selbst so
geschildert, dass es unglaublich lange gedauert habe, dass die Wehen so
stark gewesen seien, dass sie gedacht habe, dass sie schon weit sei, und
jedes Mal habe die Angeklagte nur gesagt, dass der Muttermund sich nicht
öffnen würde, es sei überhaupt nicht weitergegangen. Deshalb sei sie
selbst gegen Mittag irgendwann an den Punkt gekommen, dass sie gesagt
habe, wenn es mit den starken Schmerzen so weitergehe, aber nichts
passiere, wolle sie in ein Krankenhaus. Später habe die Angeklagte dann
gesagt, dass sich nun etwas tue.
Der Sachverständige Prof. Dr. C1 hat im einzelnen dargelegt, dass
angesichts der nicht zu verzeichnenden Veränderungen des
Muttermundbefundes in der Zeit bis ca. 06.20 Uhr nach bereits
5-stündiger regelmäßiger Wehentätigkeit und der über 12 Stunden
dauernden Eröffnungsphase von ca. 01.30 Uhr bis 13.56 Uhr mit der
Feststellung der vollständigen Eröffnung des Muttermundes, insbesondere
bei einer Mehrgebärenden, ein verzögerter Geburtsverlauf vorgelegen
habe, der zumindest engmaschiger Überwachung der Vitalparameter des
Kindes bedurft hätte. Bis zu diesem Zeitpunkt habe die Angeklagte die
kindliche Herzfrequenz auf der Grundlage ihres Geburtsprotokolls
lediglich 5-mal kontrolliert. Die Kammer hat angesichts der zahlreich
und nicht zuletzt im Rahmen ihrer Einlassung in der Hauptverhandlung
geäußerten Einstellung, eine Überwachung für überflüssig zu halten, auch
keinen Zweifel daran, dass auch tatsächlich keine häufigere Kontrolle
der Herztöne erfolgt ist.
Nach den sachverständigen Ausführungen des Mediziners unterliegt auch
keinen Zweifeln, dass das Kind L. Z2 unter der Geburt unter einer
Stresssituation infolge Sauerstoffmangels litt.
Die Folge einer Azidose ist nach den Darlegungen des gynäkologischen
Sachverständigen auch die naheliegende und mit hoher Wahrscheinlichkeit
anzunehmende Todesursache; mit letzter Sicherheit zu klären war dieser
Umstand mangels einer durchgeführten Obduktion nicht.
Wie in allen Fällen, in denen es während des Geburtsvorgangs vor
Erreichen der Austrittsphase zum Abgang von Mekonium in das Fruchtwasser
kam, ist dies als Notsituation des Feten zu beurteilen, die mindestens
einer kontinuierlichen CTG-Überwachung bedurft hätte, um sicher
beurteilen zu können, ob das Ungeborene die Stresssituation weiter
tolerieren kann oder ob eine Gefahrensituation vorliegt, die einen
Notkaiserschnitt erforderlich mache. Die völlig unzureichende Kontrolle
der Herztöne durch die Angeklagte war nach den Darlegungen des
Sachverständigen Prof. Dr. C1 völlig ungeeignet, um die gesundheitliche
Verfassung des Kindes beurteilen zu können.
Der Sachverständige hat auf der Grundlage eigener Erfahrungen und
wissenschaftlicher Erkenntnisse erläutert, dass das Auftreten von
mekoniumhaltigen Fruchtwasser - die Angeklagte hat dies in ihrem
Geburtsprotokoll mit der Eintragung: "15.10 Uhr wegen langsamen
Durchtritts Entschluss zur Öffnung der Fruchtblase: reichlich dickgrünes
Fruchtwasser" dokumentiert - bei 12 % aller Geburten, insbesondere bei
übertragenen Neugeborenen, beobachtet werde. Von den pathologischen
Befunden bei der Beurteilung des Fruchtwassers sei das grüne
Fruchtwasser als Folge einer Mekoniumbeimengung der wichtigste. Hierzu
komme es bei einer intrauterinen Hypoxie des Kindes, so dass dieses
Ergebnis unverzüglich weitere diagnostische Maßnahmen zur Klärung des
Zustandes des Kindes erforderlich machen würde. Die große Gefahr bestehe
in einer Aspiration des mekoniumhaltigen Fruchtwassers, die durch ein
schweres Atemnotsyndrom gekennzeichnet sei. Beim Ungeborenen würden im
Rahmen des Sauerstoffmangels unter der Geburt kräftige Atembemühungen
ausgelöst, weshalb das im Fruchtwasser schwimmende Mekonium bis tief in
die Atemwege eindringen könne. Gerade ein schwieriger und verlängerter
Geburtsverlauf sei gehäuft mit einem Mekoniumaspirationssyndrom
assoziiert. Wenn das Kind unmittelbar nach der Geburt keine normale
Vitalität zeige, keinen oder einen stark herabgesetzten Muskeltonus und
keine Atmung, sei mit hoher Wahrscheinlichkeit von einem
Mekoniumaspirationssyndrom auszugehen. Dieser sei ein akut
lebensbedrohlicher und potentiell reanimationspflichtiger Notfall. Es
müsse sogleich ein Absaugen der oberen Atemwege und anschließend eine
Intubation erfolgen.
Dass die Angeklagte eine entsprechende Befürchtung hegte, ergibt sich
zur Überzeugung der Kammer auch daraus, dass sie nach dem Austritt des
Kopfes, aber noch vor Geburt des restlichen Körpers sofort Mund und Nase
des leblos wirkenden Kindes abgesaugt hat.
Dass eine Azidose die naheliegende Todesursache war, ergibt sich nach
den Darlegungen des Sachverständigen Prof. Dr. C1 neben den Hinweisen
aus dem Geburtsverlauf auch aus dem Verlauf der Schwangerschaft und der
dokumentierten Entwicklung des Kindes, die keinerlei Hinweis auf eine
andere Todesursache gibt. Auch aus Sicht des sachverständigen Zeugen Dr.
Z17 gab es für eine Erkrankung, einen Infekt oder eine Fehlentwicklung
des Kindes keinerlei Anhaltspunkte. Auf entsprechende Nachfragen der
Verteidigung, ob sich die von der Angeklagten angenommene Vergrößerung
der Leber noch in den wenigen letzten Wochen vor der Geburt entwickelt
haben könnte, hat der Zeuge Dr. Z17 erklärt, dass er sicher sei, dass
man eine derartige Veränderung bei der Ultraschalluntersuchung in der
30. Woche gesehen hätte und für ihn das Kind organisch völlig gesund
gewesen sei; grundsätzlich ausschließen könne er das nicht, er halte es
aber für unwahrscheinlich. Die Kammer hat allerdings keinen Zweifel
daran, dass überhaupt keine Lebervergrößerung vorgelegen hat. Die
Angeklagte hat insoweit in ihrem Geburtsprotokoll notiert, dass sich bei
der Palpation der Grund für eine Asymmetrie der Brustkorbseiten, die dem
Kindsvater aufgefallen sei, in einer stark vergrößerten Leber gezeigt
habe, wobei "man davon ausgehen dürfe, dass Organveränderungen dieser
Art sich über Monate entwickeln und sich der gesamte Stoffwechsel
verändern würde". Zum einen ist dem Kindsvater eine derartige Asymmetrie
allerdings gar nicht aufgefallen, zum anderen ist eine derartige "sich
über Monate entwickelnde Organveränderung" aufgrund der
Schwangerschaftsbefunde schon nach den Darlegungen des sachverständigen
Zeugen Dr. Z17 auszuschließen; diesen Ausschluss konnte auch der
Sachverständige Prof. Dr. C1 bestätigen.
Der Zeuge Z2 hat auf Nachfragen insoweit erklärt, dass er sich nicht
daran erinnern könne, dass ihm eine Asymmetrie des Brustkorbs
aufgefallen sei. Ihm sei lediglich beim Ankleiden des Kindes
aufgefallen, dass der Brustkorb insgesamt sich hart angefühlt habe, im
übrigen habe er keinen Unterschied im Aussehen zu seinem dritten Kind
festgestellt. Es habe sich lediglich nicht bewegt. Sie hätten wohl eine
Obduktion machen sollen, aber das hätten sie nicht gewollt. Sie hätten
"das nach der Geburt durchgekaut, und dann sei die Sache für sie
abgehakt gewesen und sie hätten nicht mehr darüber gesprochen; eine
Obduktion hätten sie auf keinen Fall gewollt".
Dass der Brustkorb eines toten Kindes sich anders anfühlt, als der eines
lebenden, bedarf sicher nicht einmal medizinischer Bewertung; dass die
Angeklagte im übrigen in der Lage gewesen sein will, eine derartige
Lebervergrößerung durch Abtasten festzustellen, ist ebenfalls abwegig.
Hinzu kommt, dass der Sachverständige Prof. Dr. C1 eine derartige
Leberveränderung, die eine Erklärung für den Tod des Kindes hätte bieten
können, sicher ausschließen konnte. Nach seinen Bewertungen auf der
Grundlage der im Mutterpass enthaltenen Eintragungen der
Ultraschalluntersuchungen entsprach der Abdomentransversaldurchmesser
(ATD) den Normwerten. Bei einer von der Angeklagten beschriebenen
Vergrößerung würden sich Leber und Zwerchfell jedoch in den Thoraxraum
drücken, was sich in jedem Fall in dem Wert dokumentiert hätte. Auch
mögliche Erklärungen für die Entwicklung einer Lebervergrößerung in den
letzten Wochen der Schwangerschaft, wie etwa eine Rhesusinkompatibilität
oder eine Erkrankung der Mutter an Ringelröteln, sind nach den
Darlegungen des Sachverständigen auszuschließen. Derartige Erkrankungen
würden sich in einer extremen Blutarmut und Minderentwicklung des Kindes
zeigen; bei einer Ringelrötelnerkrankung der Mutter sei diese mindestens
1 Woche bis 10 Tage mit Fieber und typischem Hautausschlag erkrankt, was
hier nicht vorgelegen habe.
Nicht zuletzt mutet es in dem Zusammenhang merkwürdig an, dass die
Angeklagte selbst gegenüber den Kindseltern, wie die Zeugin Z2 glaubhaft
bekundet hat, in den Tagen nach der Geburt erklärt hat, dass sie eine
Virusinfektion vermute, da die Lunge sich bei der Beatmung nicht richtig
entfaltet habe. Hat die Angeklagte damit nach außen alternierende
Todesursachen benannt, ohne irgendeinen Anhaltspunkt für die eine oder
andere Behauptung zu haben - anzunehmen, die normale Erkältung einer
Mutter würde zum Tode ihres ungeborenen Kindes führen, ist absurd -, ist
auffällig, dass sie die identische - nachweislich falsche - Behauptung
bei dem nachfolgenden Tod des Kindes G. Z1 bemüht hat, ebenfalls ohne
jedweden Anhaltspunkt; vielmehr ist ihre Behauptung, die Lungen G. Z1s
seien nicht zu beatmen gewesen, durch die glaubhafte Bekundung des
Zeugen Z26, worauf noch eingegangen wird, widerlegt. Angesichts des
weiteren Umstands, dass die Angeklagte weder an einer Obduktion
interessiert war, diese im Fall von G. Z1 vielmehr zu verhindern gesucht
hat, und auch nicht, wie von ihr angekündigt, unmittelbar eine
Untersuchung der Plazenta der Zeugin Z2 veranlasst hat, hat die Kammer
keinen Zweifel daran, dass auch für die Angeklagte der Tod des Kindes L.
Z2 infolge Sauerstoffmangels unter der Geburt zumindest naheliegend und
wahrscheinlich war, sich ihr tatsächlich keine offensichtlich andere
Todesursache aufgedrängt hat, und daher der Schluss zulässig ist, dass
sie vor dem Hintergrund des von ihr vertretenen Entbindungskonzepts an
einer Aufklärung nicht interessiert war und die naheliegende und
erkannte Ursache allein aus dem Grund verdrängt hat, ihre Einstellung
nicht hinterfragen zu müssen und an ihrem Konzept unverändert festhalten
zu können.
Auch der Umstand, dass die Angeklagte nicht unmittelbar den Notarzt
angefordert hat, und auch über die Geburt eines toten Kindes nach außen
nicht überrascht oder entsetzt wirkte, ist in einer Situation, in der
man mit der Geburt eines lebenden, gesunden Kindes rechnet, wenig
nachvollziehbar, anders jedoch, wenn man in der Erkenntnis der Gefahr
eines Sauerstoffmangels mit einem derartigen Ausgang theoretisch immer
rechnen muss. So hat die Angeklagte nach der Beschreibung des Zeugen Z2
aus seiner Sicht sehr besonnen, ruhig und gelassen reagiert, während er
sofort Panik empfunden habe, als sein Kind sich nicht bewegt habe. Die
Angeklagte habe zunächst versucht, das Kind zu beatmen und erst nach
mehreren Minuten, ob es 5 oder 7 gewesen seien, könne er nicht sagen,
gesagt, dass er lieber einen Notarzt rufen solle.
Der Sachverständige Prof. Dr. C1 hat weiter sicher ausschließen können,
dass die Autoimmunerkrankung der Mutter todesursächlich geworden sein
kann. Nach seinen Ausführungen können Schwangere mit der Erkrankung eine
normale Schwangerschaft durchlaufen und gesunde Kinder bekommen - was
sich nicht zuletzt dadurch bestätigt, dass die Zeugin Z2 zwei weitere
gesunde Kinder nach unproblematischer Schwangerschaft bekommen hat. Eine
Problematik der Erkrankung kann nach den Darlegungen des
Sachverständigen in einer Nierenfunktionseinschränkung der Mutter
bestehen, die sich aber durch eine Blutdruckerhöhung und Retardierung
des ungeborenen Kindes ebenfalls bemerkbar gemacht hätte. Wenn sich
Auswirkungen der Lupuserkrankung der Mutter durch Auffälligkeiten
während des Schwangerschaftsverlaufs nicht zeigen würden, sei der Tod
des Kindes als Folge der Erkrankung der Mutter zweifelsfrei
auszuschließen.
Eine Bestätigung findet diese Beurteilung auch in der Aussage der Zeugin
Z2, die bekundet hat, dass ihre Rheumatologin in einem späteren Gespräch
ihre Erkrankung als Todesursache des Kindes ebenfalls sicher habe
ausschließen können.
Auch die Einschätzung der Notärztin Z18 ergibt keinerlei Veranlassung zu
einer anderen Beurteilung der Todesursache. Die Zeugin hat unumwunden
erklärt, keine Erfahrung mit Neugeborenen und sich auf die Erklärungen
der Angeklagten verlassen zu haben. Sie habe gedacht, das sei eben eine
Totgeburt, wie sie vorkommen könne, unerklärlich sei ihr der Vorgang
nicht erschienen, sie habe nur geringe Kenntnisse in der Geburtshilfe
und habe nur gehört, dass Totgeburten vorkommen könnten. Sie habe vor
Ort keinerlei Anhalt dafür gehabt, dass es etwas anderes gewesen sein
könne, als eben der typische Fall einer Totgeburt. Sie habe in dem
Moment keine weiteren Angaben zur Schwangerschaft und Geburt
angefordert; als Notärztin bestehe ihre Aufgabe nur darin, medizinisch
helfend und rettend einzugreifen. Sie habe deshalb einen natürlichen Tod
angekreuzt.
Auf die Frage, ob sie sich vorstellen könne, dass Neugeborene auch ohne
sichtbare Verletzungen in fremdverschuldeter Weise zu Tode kommen
können, und warum dies hier auszuschließen sei, erklärte die Zeugin,
dass das sicher denkbar sei und man das bei einer Totenschau nie zu 100
% ausschließen könne; das sei eine Ermessensfrage. Das nachlässige, von
Unwissenheit zeugende, unqualifizierte und sorglose Verhalten der
Notärztin Z18 bedarf keiner Kommentierung.
Auch die von der Angeklagten nach dem Tod von G. Z1 veranlasste
Untersuchung der Plazenta der Zeugin Z2 hat keinerlei Hinweise auf
Leistungseinschränkungen oder Infektionsgeschehen bzw.
autoimmunologische Prozesse gegeben. Nach dem insoweit verlesenen
Schreiben des Arztes Prof. Dr. Z20 des Instituts für Zellbiologie,
Histologie und Embryologie in O22 vom 12.03.2014, nebst E-Mail Verkehr
mit der Angeklagten in der Zeit vom 09.07.2008 bis zum 14.01.2011, waren
Plazenta, Eihaut und Nabelschnur insgesamt unauffällig und normal.
Dass sie diese Untersuchung veranlasst hat, steht der Überzeugung der
Kammer, dass die Angeklagte eine Sauerstoffunterversorgung für die
naheliegendste Ursache für den Tod der Kinder gehalten hat, nicht
entgegen. Bezeichnenderweise hat sie diese Untersuchung nämlich erst
nach dem Tod G. Z1s in Auftrag gegeben.
Logged
Julian
Boltbender
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Re: Angeklagte wegen Totschlags zu Freiheitsstrafe von 6 Jahren + 9
Monaten verurte
« Reply #10 on: June 12, 2016, 04:42:35 AM »
Feststellungen zum Tatgeschehen - Geburt G. Z1
Wie einleitend dargelegt, ist die gesamte Einlassung der Angeklagten
nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zweifelsfrei als unwahre
Schutzbehauptung widerlegt.
Die Schilderung der Angeklagten in ihrer schriftlichen Einlassung in
Bezug auf angebliche Vorkenntnisse der Kindseltern Z1 bzw. erfolgte
Untersuchungen und Aufklärungen in der Klinik in O26 im Hinblick auf
Risiken der vaginalen Beckenendlagenentbindung, die angeblich von ihr
durchgeführte umfassende Aufklärung vor der Geburt, sowie die
Darstellung ihres Verhaltens und das der Kindseltern im Rahmen des
Geburtsgeschehens sind insgesamt falsch und unwahr, und durch die
glaubhaften, detaillierten, neutralen, zurückhaltenden,
übereinstimmenden Bekundungen der Zeugen Z1, die trotz der massiven
eigenen Betroffenheit frei von jeglichen überschießenden
Belastungstendenzen waren, zweifelsfrei widerlegt. Hinsichtlich der
Einzelumstände und Daten waren die Angaben der Nebenkläger gestützt
durch die Verlesung des von ihnen im Anschluss an das Geschehen
gefertigten Gedächtnisprotokolls. Die Angeklagte hat insgesamt am Ende
der Beweisaufnahme eine angepasste Einlassung konstruiert, die allein
ihrer Entlastung dienen und sie von jeglicher Verantwortung freizeichnen
sollte.
Die Kammer hat keinen Zweifel daran, dass die Nebenkläger bei ihrer
Vernehmung in der Hauptverhandlung zu jedem Zeitpunkt und zu allen
Umständen immer die Wahrheit gesagt haben. Ihre insgesamt gezeigte
Zurückhaltung und Besonnenheit, die von Objektivität, Neutralität,
Sachlichkeit und Differenziertheit gekennzeichneten Aussagen waren
angesichts des erlittenen Verlustes bemerkenswert. Unterstützung finden
die tragfähigen Bekundungen der Kindseltern auch durch die im Rahmen der
Aufklärung weiterer von der Angeklagten begleiteter Geburtsvorgänge
getroffenen Feststellungen und ihre danach belegbar auszumachende innere
Einstellung zu Geburten, sowie durch zahlreiche weitere Beweismittel.
Dagegen entspricht nahezu nichts in der Einlassung der Angeklagten der
Wahrheit:
Unwahr ist die Darstellung der Angeklagten, Z1 habe ihr davon berichtet,
in der Klinik in O26 über die Vor- und Nachteile einer vaginalen
Beckenendlagenentbindung aufgeklärt worden zu sein und entsprechend
durchgeführte Untersuchungen hätten keine Befunde ergeben, die gegen
eine vaginale Geburt gesprochen hätten. Unwahr ist die Darstellung der
angeblich von ihr vorgenommenen ausführlichen Aufklärung und Beratung in
Bezug auf den Ablauf und die Risiken einer vaginalen Entbindung aus
Beckenendlage. Auch hat die Angeklagte zu keinem Zeitpunkt betont, dass
sie für nichts garantieren könne, noch hat sie darauf hingewiesen, dass
die Kindseltern jederzeit das Recht hätten, ihre Entscheidung zu
revidieren und in eine Klinik zu gehen. Unwahr sind sämtliche Angaben in
Bezug auf die gesundheitliche Verfassung der Nebenklägerin, die
angeblich bereits eine Fehlgeburt erlitten, zwei grippale Infekte mit
wiederkehrenden tagelangen Episoden von Müdigkeit gehabt, unter einer
bekannten Kreislaufschwäche gelitten, in den Tagen vor der Geburt erneut
einige Tage ihrer bekannte Schlappheit hinter sich gehabt und livide
verfärbte Beine als Zeichen einer Venenschwäche gezeigt habe. Unwahr ist
die Darstellung der Angeklagten, die Kindseltern in den Tagen vor der
Geburt nach einer entsprechenden Untersuchung darüber aufgeklärt zu
haben, dass die Gefahr eines Nabelschnurvorfalls aufgrund der Lage des
Kindes im Becken nicht mehr bestehe.
Auch sämtliche Angaben in Bezug auf den konkreten Geburtsverlauf sind
unwahre Schutzbehauptungen, mit denen die Angeklagte in zynischer und
anmaßender Weise versucht hat, die alleinige Verantwortung für den
Ausgang des Geburtsgeschehens den Kindseltern anzulasten. Die
Nebenklägerin hat sich nicht am Morgen des 30.06.2008 mit " der
Botschaft gemeldet, sie hätte den Eindruck, dass die Geburt heute
losgehen könne" - sie hat sich mit einsetzenden Geburtswehen nach
Fruchtblasensprung gemeldet, um Unterstützung und Geburtsleitung von der
Angeklagten zu erfahren. Sie hat die Nebenklägerin dann nicht auf
verschiedene Ursachen des Flüssigkeitsabgangs hingewiesen, sondern
diesen zweifelsfrei als Fruchtblasensprung eingeordnet. Die Angeklagte
hat in keiner Weise Überlegungen angestellt, "in welcher Klinik Z1 ab
dem folgenden Tag zur weiteren Kontrolle gut aufgehoben wäre" - sie
hätte noch mindestens eine weitere Woche, zur Überzeugung der Kammer
auch noch länger, zugewartet. Die Angeklagte hat nicht in dem zweiten
Telefonat am Morgen darauf hingewiesen, dass Z1 bei regelmäßigen Wehen
in der Praxis erscheinen solle und auf das Erscheinen der Kindseltern
gewartet - sie hat vielmehr den Rat erteilt, abzuwarten, sich zu
entspannen, zu lesen, sich die Zeit zu vertreiben.
Unwahr ist die Darstellung, die Zeugin Z1 habe das dritte Telefonat am
Nachmittag des 30.06. selbst geführt, sowie weiter die darauf aufbauende
gelogene Schutzbehauptung der Angeklagten, "die Tatsache, dass
...(Vorname Z1) noch selber mit ihr telefoniert habe, habe sie in der
Annahme versichert, dass die Geburt noch nicht direkt bevorgestanden
habe" - das Telefonat wurde von dem Zeugen Z1 geführt, da die
Nebenklägerin hierzu infolge der starken Wehenschmerzen überhaupt nicht
mehr in der Lage war. Auch die weitere Angabe, dass "der Umstand, dass
das Gespräch einige Minuten gedauert habe und nur eine Wehe aufgetreten
sei, die ...(Vorname Z1) ruhig veratmet habe, was sie habe sicher sein
lassen, dass diese den Weg zu ihr noch gut schaffen würde", ist eine
dreiste Lüge. Die weitere Schilderung der Angeklagten, sie habe "zu
diesem Zeitpunkt das Bedürfnis verspürt, sich persönlich um ...(Vorname
Z1) kümmern zu wollen und sie ausdrücklich gebeten, endlich in die
Praxis zu kommen", ist eindeutig unwahr, wie auch die weitere
Schilderung, der Kindsvater habe in dem nachfolgenden letzten Telefonat
gegen 16 Uhr - in dem seine Lebensgefährtin tatsächlich vielmehr die
letzten Eröffnungswehen bereits vor Schmerzen schreiend zu veratmen
suchte - lediglich um eine "Untersuchung" gebeten; wie ebenso unwahr
ist, dass er sie schließlich "gelassen" im Hotel empfangen habe.
Sämtliche von der Angeklagten geschilderten Einzelheiten des
nachfolgenden Geburtsgeschehens sind ebenso, was die angebliche
Überwachung der Vitalparameter, den Fortgang des Geburtsgeschehens, die
Nichterkennbarkeit der massiven Gefährdung des Ungeborenen durch
Sauerstoffmangel und das Verhalten der Kindseltern betrifft, unwahr. Die
gesamte Darstellung ist allein im Hinblick auf ein behauptetes fehlendes
Verschulden der Angeklagten konstruiert, angepasst und erfunden und
steht nicht nur in weiten Teilen im Widerspruch zu ihrer eigenen
Dokumentation, ihren publizierten und bei anderen Geburten in gleicher
Weise praktizierten Einstellungen, sondern insgesamt zu den glaubhaften
und tragfähigen Angaben der Kindseltern sowie zum Teil zu den
Bekundungen der Zeugin Z14, deren Versuche in der Hauptverhandlung, die
Angeklagte durch falsche Angaben zu schützen, angesichts des Inhalts
ihrer polizeilichen Zeugenvernehmung zum Scheitern verurteilt waren:
Die Angeklagte hat mit der Angabe gelogen, dass ...(Vorname Z1) Z1 bei
ihrem Eintreffen eine Wehe ohne Anstrengung habe veratmen können, was
sie zu der Einschätzung gebracht haben soll, dass die "Geburt nicht
unmittelbar bevorgestanden habe". Vielmehr hatte die Nebenklägerin am
Ende der Eröffnungsperiode unerträglich schmerzhafte Wehen in Abständen
von 2 bis 3 Minuten. Die in der Einlassung beschriebene Menge eines
"Eierbechers" Mekonium sowie zu dem späteren Zeitpunkt von "ungefähr
einem Esslöffel" ist bereits durch die Dokumentation der Angeklagten
während der Geburt in ihrem Kalender - die einzigen während des
Geburtsverlaufs gefertigten Aufzeichnungen, wie sie selbst eingeräumt
hat -, die den Begriff "reichlich" Mekonium für den ersten Zeitpunkt und
"viel" Mekonium für den Zeitpunkt 18.22 Uhr beinhaltet, als gezielte
Abschwächung der tatsächlichen Situation offensichtlich. Widerlegt wird
diese Darstellung in der Einlassung nicht zuletzt durch die Schilderung
der Zeugin Z14, die Angeklagte habe ihr in dem Telefonat um 20 Uhr
berichtet, dass der massive Mekoniumabgang für sie sehr auffällig sei.
Es ist unwahr, dass die Angeklagte nur eine Muttermundsweite von 7 cm
vorgefunden haben will, vielmehr war der Muttermund bei ihrem Eintreffen
bereits vollständig eröffnet, wie sie selbst, sicher nicht unzutreffend
zu ihren Lasten, in dem der Staatsanwaltschaft überlassenen
Geburtsprotokoll dokumentiert hat. Es ist unwahr, dass die Kindsmutter,
die bereits bei Eintreffen der Angeklagten erschöpft und kraftlos war,
mit der Angeklagten zu früheren Zeitpunkten über solche ihr bekannten
Zustände gesprochen hätte. Es gab - abgesehen von den normalen und
üblichen Schwangerschaftsunpässlichkeiten - solche "Zustände" zu keinem
Zeitpunkt und solche wurden der Angeklagten auch nie berichtet.
Die Darstellung der Angeklagten, das Paar habe sie entgegen der
Absprache durch ihr Nichterscheinen in der Praxis quasi gezwungen, die
Geburt im Hotel zu begleiten, wobei sie darauf hingewiesen habe, dass
ihr unter den gegebenen Umständen ein CTG zur gleichzeitigen Messung der
Wehen- und Herzfrequenz nicht zur Verfügung stehe, ist abgesehen davon,
dass es seinen solchen Hinweis nicht gegeben hat, und die Angeklagte
eine CTG- begleitete Geburt prinzipiell sogar ablehnt, eine infame und
zynische Äußerung im Hinblick auf die Unerfahrenheit, das Vertrauen und
das Schicksal der Zeugen Z1.
Die von der Angeklagten behaupteten viertelstündlichen Herztonkontrollen
haben nicht stattgefunden. Ebensowenig hat die Angeklagte, wie von ihr
behauptet, gegen 19.20 Uhr eine Verlegung in ein Krankenhaus und die
Möglichkeit eines Wehentropfes zur Beschleunigung der Geburt
angesprochen. Mit keinem Wort hat sie während des gesamten
Geburtsvorganges eine solche Möglichkeit erwähnt. Auch in diesem
Zusammenhang ist die Einlassung der Angeklagten, die Kindsmutter habe im
Anschluss die Kommunikation mit ihr fast eingestellt, wobei sie als
einen möglichen Grund ihren Vorschlag eines Wehentropfes überlegt habe,
eine dreiste, unwahre und zynische Behauptung.
Gelogen ist die weitere Einlassung der Angeklagten, in Bezug auf das
Telefonat mit der Zeugin Z14 habe es sich lediglich um ein von ihr
wiederholt praktiziertes "secondlook-Manöver" gehandelt, wie auch die
Wiedergabe des Rates der Kollegin falsch ist. Erstmalig hat sie sich im
Rahmen einer Geburt aufgrund der erkannten Probleme an eine Kollegin
gewandt. Unwahr ist auch die Schilderung, den Kindseltern im Anschluss
an das Telefonat erneut eine Klinikverlegung als Alternative angeboten
zu haben. Falsch ist die Behauptung, das Gerät zur Messung der
Herzfrequenz habe erst um 22 Uhr ausgesetzt, falsch ist die Darstellung,
G. Z1 habe nicht beatmet werden können und unwahr ist die Behauptung,
sie habe das Neugeborene abgesaugt.
Ebenfalls von Dreistigkeit zeugt die Erklärung, sie habe sofort einen
ärztlichen Kollegen als "Unterstützung, Zeugen und zur Einleitung einer
Untersuchung hinzugezogen. Die festgestellte Äußerung der Angeklagten
gegenüber dem Notarzt Z26 "Herr Kollege, Sie können sicher bestätigen,
dass das Kind tot ist", und ihr anschließendes Verhalten, die Einleitung
einer Ermittlung zu verhindern, besagt zweifelsfrei etwas anderes,
worauf - wie auf die einzelnen Aspekte der Einlassung insgesamt - noch
einzugehen sein wird.
Schwangerschaft
In Bezug auf die Feststellungen, dass es sich um eine unkomplizierte
Schwangerschaft gehandelt und G. Z1 sich zu jedem Zeitpunkt unauffällig
und gesund entwickelt hat, stützt die Kammer sich neben den Bekundungen
der Kindseltern auf die Verlesung der Übersetzungen des Mutterpasses und
der Behandlungsunterlagen der Gynäkologin Dr. Z21 in O23, die
sachverständig durch den Frauenarzt Prof. Dr. C1 bewertet worden sind.
Die Zeugen Z1 haben übereinstimmend und glaubhaft bekundet, dass die
Schwangerschaft nach Angaben der behandelnden Gynäkologin immer
unauffällig verlaufen sei und die Kindsmutter lediglich unter einer
Erkältung gelitten habe, bei der sie einmalig Paracetamol eingenommen
habe. Insbesondere der Zeuge Z1, der auch bei der am 50. Verhandlungstag
erfolgten Einlassung der Angeklagten anwesend war, hat im Anschluss zu
den von der Angeklagten vorgetragenen Behauptungen ergänzend Stellung
genommen. Nach seiner glaubhaften Darstellung, die hinsichtlich
zahlreicher Punkte bereits ursprünglich von beiden Kindseltern
geschildert worden waren, gab es keine von der Angeklagten behauptete
Fehlgeburt im Vorjahr, litt seine Frau nicht unter zwei
Viruserkrankungen mit wiederkehrenden Episoden von Müdigkeit, sondern
lediglich einer einmaligen kurzen Erkältung, und gab es auch zu keinem
Zeitpunkt Schwächeanfälle bzw. eine bekannte Kreislaufschwäche. Seine
Frau habe lediglich einen niedrigen Blutdruck, was sich darin äußere,
dass sie eine Jacke anziehe, wenn er im T-Shirt sitzen könne. Soweit die
Angeklagte behauptet hat, die Zeugin Z1 habe auch noch im Juni in den
Wochen vor der Geburt "erneut einige Tage ihrer bekannten Schlappheit
hinter sich gehabt", handelt es sich zur Überzeugung der Kammer nur um
den Versuch, ihre Theorie eines "in Deutschland unerforschten Virus",
der - unter anderem - für den Tod von G. Z1 verantwortlich sein sollte,
zu untermauern. Der Zeuge Z1 hat glaubhaft die Behauptung der
Angeklagten bestritten, dass seine Frau unter "Lungenstichen" oder
"Abgeschlagenheitsschüben" gelitten habe. Zum Ende der Schwangerschaft
sei sie, wie das aber bei jeder Schwangerschaft natürlich sei, auch mal
etwas geschafft gewesen.
Nach der Bewertung des Sachverständigen Prof. Dr. C1 lassen auch
sämtliche im Mutterpass vorgenommenen Eintragungen eine insgesamt
unauffällige und normale Entwicklung des Kindes annehmen. Sowohl eine
Organschädigung als auch eine Mangelentwicklung oder Infektion während
der Schwangerschaft ließen sich sicher ausschließen. Weder gab es
Hinweise auf maternale noch auf fetale Umstände, die eine Schädigung des
Kindes und seinen Tod vor oder bei der Geburt hätten erklären können.
Nach den Darlegungen des Sachverständigen Prof. Dr. C1 hätte selbst eine
Viruserkrankung, wie HIV, Hepatitis, Lues oder Röteln - was hier
insgesamt auszuschließen war - nicht zu einem Tod des Kindes in der
Schwangerschaft geführt. Der Sachverständige hat weiter im einzelnen
dargelegt, dass weder die Schilddrüsenentfernung, noch die in früherer
Zeit bestehende Bilharziose und erst recht nicht der von der Kindsmutter
während der Schwangerschaft erlittene banale grippale Infekt in
irgendeiner Weise schädlich für das Ungeborene hätte sein können.
Risikoaufklärung / Kontrolluntersuchungen
Soweit die Angeklagte angegeben hat, ihre nunmehrige - mittlerweile 6
Jahre nach dem Geschehen - im Rahmen der Einlassungserklärung erfolgte
detaillierte Erinnerung der Einzelheiten, was die Aufklärung angehe,
beruhe darauf, dass sie dies immer in der Ausführlichkeit mache, und die
Erinnerung hinsichtlich der Einzelheiten der Geburt habe sie aufgrund
ihres guten Gedächtnisses und aus einer im Anschluss an die Geburt
gefertigten Aufzeichnung entnehmen können, ist dies für die Qualität der
Einlassung vor dem Hintergrund, dass unter anderem 3 Versionen des
Geburtsberichts existieren, schon bezeichnend. Ein anderes Bild zeichnen
zudem die uneingeschränkt glaubhaften Bekundungen der Nebenkläger, die
nachweislich dürftige durch die Angeklagte während des Geburtsvorgangs
ausschließlich erfolgte Dokumentation auf einem Kalenderblatt sowie die
wenigen Eintragungen in der Karteikarte, und ihre grundsätzliche
Einstellung zu Aufklärung und Überwachung eines Geburtsvorgangs, die sie
in den zahlreichen, in der Hauptverhandlung verlesenen Publikationen,
wiederholt dokumentiert hat, und die von ihr - wie von den als Zeugen
vernommenen Kindseltern anderer Geburtsvorgänge insgesamt bestätigt -
bei keiner Geburt vorgenommen worden ist. Wie sie selbst wiederholt in
Publikationen bekundet hat, hält sie Aufklärung für die "Weitergabe
schädlicher Informationen" und "Angstmache" und lehnt eine solche ab.
Ihre Behauptung in der schriftlichen Einlassungserklärung, die Eltern Z1
über alle Risiken umfassend aufgeklärt zu haben, hat sie letztlich
selbst mit ihrer Erklärung am 57. Verhandlungstag ad absurdum geführt,
in der sie unvorbereitet, aber mit dem Brustton tiefster Überzeugung
ausgeführt hat, dass schließlich jede Frau wisse, dass bei einer Geburt
etwas passieren könne, sie es für "schädigende Informationen" und für
psychologisch nicht nachvollziehbar halte, von Dingen zu erzählen, die
sowieso nicht passieren würden, dass Aufklärung nur Angst machen würde
und Angst wiederum nur das Risiko erhöhe, dass tatsächlich etwas
passiere. Die Sorge, dass etwas passiere, hat sie speziell im Hinblick
auf vaginale Beckenendlagenentbindungen als "laienmäßige Einschätzung"
abgetan, wonach die Kammer keinen Zweifel daran hat, dass entsprechend
der glaubhaften Bekundungen der Nebenkläger keine Aufklärung über die
Risiken und Gefahren der außerklinischen Entbindung einer Beckenendlage
stattgefunden hat, und die Angeklagte diese Risiken vielmehr bewusst
verharmlost hat. Die detailreiche Erinnerung der Nebenkläger an den von
der Angeklagten angewandten Vergleich von dem ausgesprochen seltenen
Fall des Verschluckens einer Fischgräte, und ihre Erinnerung an den
authentischen Wortlaut, dass die Nebenklägerin ihr Baby dick und rund
stillen werde und gar nicht wirklich wissen wolle, was passieren könne,
unterstützt ihre glaubhafte Schilderung des Verhaltens der Angeklagten.
Beide Zeugen hatten auch eine konkrete Erinnerung daran, die Problematik
eines Nabelschnurvorfalls angesprochen zu haben, von der sie gelesen
hatten, woraufhin ihnen die Angeklagte erklärt habe, dass es
physikalisch gar nicht möglich sei, dass die Nabelschnur längere Zeit
abgedrückt werde und das Kind die Möglichkeit habe, dies zu regulieren,
was für sie alles sehr überzeugend und plausibel geklungen habe.
Dass die Nebenkläger bereits in der Klinik in O26 umfassend aufgeklärt
worden seien, ist ebenso unwahr. Die Nebenkläger haben insoweit
angegeben, die Untersuchungen bereits vor dem Gespräch mit dem Chefarzt
abgebrochen zu haben, nichts anderes hat sich aus den von der Klinik
übersandten Behandlungsunterlagen ergeben. Weiter ist zweifelsfrei
festzustellen, dass die Angeklagte - zur Überzeugung der Kammer allein
vor dem Hintergrund, die Nebenkläger von einer außerklinischen Geburt zu
überzeugen - die Risiken mit ihren Äußerungen gezielt verharmlost hat.
Auch die Zeugen Z3, Z4, Z2, Z6 sowie die von der Kammer im einzelnen
vernommenen Mütter der weiteren von der Angeklagten begleiteten
Hausgeburten - die der Angeklagten alle wohlgesonnen waren - haben auf
entsprechende Nachfragen übereinstimmend angegeben, dass über die
konkreten Risiken einer Beckenendlage, einer vaginalen Entbindung nach
Kaiserschnitt oder einer Mehrlingsgeburt mit der Angeklagten nicht
gesprochen worden sei. Wenn manche der Zeuginnen, wie die Zeugin Z38 -
auf die noch einzugehen sein wird -, versucht haben, sich diesbezüglich
zugunsten der Angeklagten in eine Erinnerungslosigkeit hinsichtlich
dieses Punktes zu flüchten, hat die Kammer dem angesichts der Bedeutung
eines solchen Umstandes, der letztlich eine Lebensgefahr für das Kind
oder auch die Mutter beinhaltet und den man schwerlich vergessen hätte,
keinen Glauben geschenkt, dies insbesondere auch vor dem Hintergrund der
eigenen Äußerungen der Angeklagten zur Schädlichkeit einer konkreten
Aufklärung.
Dass die Angeklagte, wie in den anderen von ihr betreuten
Schwangerschaften, auch nur unzureichende Kontrolluntersuchungen,
insbesondere nach Überschreiten des errechneten Geburtstermins,
vorgenommen hat, hat die Kammer ebenfalls auf der Grundlage der Aussagen
der Zeugen Z1 festgestellt. Dass die Angeklagte dabei davon ausging,
dass die Geburt 15 Tage nach dem errechneten Termin erfolgte, wenngleich
der Termin im Mutterpass von der Gynäkologin noch kurz vor der Reise
nach Deutschland um einige Tage verschoben worden war, hat die
Angeklagte selbst wiederholt, nicht nur in ihrer Erklärung gegenüber dem
Zeugen Z26, sondern auch noch in ihrer schriftlichen Einlassung
bekundet. Soweit ihre Karteikarte die Eintragung "E.T. (US) 18.-22.6."
enthielt, kann diese auch erst im Anschluss an die Geburt erfolgt
sein,oder von der Angeklagten die Korrektur für unzutreffend gehalten
worden sein.
Die Kindseltern haben die entsprechenden Termine, die im wesentlichen
von der Angeklagten in ihrer Einlassungserklärung übernommen worden
sind, anhand des von ihnen gefertigten Gedächtnisprotokolls
rekonstruieren können. Die Kammer hat auch keinen Zweifel daran, dass
die Angeklagte ein CTG erst auf Wunsch der Nebenkläger geschrieben hat,
wie die Zeugin Z1 glaubhaft ausgesagt hat. Die Angeklagte hat auf ihrer
Karteikarte mit den Daten der Nebenkläger lediglich für den 25.06.2008
ein CTG notiert. Nicht zuletzt in dem vergleichbaren Verhalten der
Angeklagten bei anderen von ihr betreuten Schwangerschaften, wie
beispielsweise bei der Geburt Z2, und ihren publizierten Einstellungen
mit dem Inhalt der Überflüssigkeit von Kontrollen bei gesunden
Schwangeren unter Hinweis darauf, dass es Medizinern gelungen sei, in
normalen, gesunden Familien ein auf Behinderung und Krankheit
ausgerichtetes Denkschema zu entwickeln, sowie weiter in der fehlenden
Befunddokumentation in der Zeit vor der Geburt in ihren Unterlagen
findet die Aussage der Nebenkläger Bestätigung.
Der Sachverständige Prof. Dr. C1 hat im Hinblick auf die Überschreitung
des Geburtstermins unter Darlegung der Fachliteratur dezidiert den
Zusammenhang mit den für das ungeborene Kind resultierenden Gefahren
erläutert. Danach besteht zwischen rechnerischer Übertragung,
intrauterinem Fruchttod, Totgeburt und Morbidität bei lebend geborenem
Kind ein zweifelsfreier Kausalzusammenhang, wobei das Risiko einer
Totgeburt einen vierfachen Anstieg nach 42 Schwangerschaftswochen
aufweist. Zudem werde aufgrund der Zunahme der Sterblichkeit nach
Erreichen des sicheren Geburtstermins nach 280 Tagen oder 40
Schwangerschaftswochen seit einigen Jahren empfohlen, Schwangerschaften
nach 41 Schwangerschaftswochen entweder sehr sorgfältig in zweitägigen
Abständen zu überwachen oder die Geburt einzuleiten. Dabei hätte neue
Metaanalysen gezeigt, dass sich mit einer generellen Einleitung ab 41
Schwangerschaftswochen die perinatale Mortalität sowie auch das Risiko
für das Mekoniumaspirations-Syndrom signifikant verringere. Der
Sachverständige hat weiter dargelegt, dass ihm in seiner über
30-jährigen geburtshilflichen Tätigkeit, währendderer über 60.000 Kinder
geboren worden seien, kein Fall erinnerlich sei, in dem ein Kind nach
sicherer Tragzeitalterbestimmung mittels Ultraschall zwischen der 9. und
11. Schwangerschaftswoche und dreiwöchiger (21-tägiger) Übertragung
jenseits von 302 Tagen lebend und gesund geboren worden wäre. Bei
anscheinend längeren Übertragungen hätten sich immer Fehlbestimmungen
des tatsächlichen Tragzeitalters herausgestellt.
Soweit die Zeugin Z58, eine mit der Angeklagten befreundete Hebamme, die
nahezu jeden Verhandlungstag verfolgt, im Internet einen Spendenaufruf,
unter anderem mit der Begründung, "dass die Angeklagte unfassbarerweise
wegen Totschlags angeklagt sei, sie mehr als einmal an den Rand der
Fassungslosigkeit gekommen sei, man sich nicht vorstellen könne, was da
abgehe und sie in dem Verfahren den Versuch sehe, die Geburtshilfe zu
medikalisieren und Frauen die Möglichkeit zu entziehen, ihre Kinder
außerklinisch zur Welt bringen zu können..." veröffentlicht, und im
Rahmen ihrer auf einen Beweisantrag erfolgten Zeugenvernehmung erklärt
hat, dass die Angeklagte für den Tod von G. Z1 aus ihrer Sicht keine
Verantwortung trage, und diese über eine Kompetenz verfüge, wie 98 % der
Fachärzte der Gynäkologie nicht, bekundet hat, dass ihr drei Fälle
bekannt seien, in denen die Tragzeit um 22 bzw. 23 Tage überschritten
gewesen seien, gibt dies zum einen keine Veranlassung, die Darlegungen
des Sachverständigen Prof. Dr. C1 in Zweifel zu ziehen, und zum anderen
würde ein solcher Umstand nichts an der Einschätzung ändern, dass mit
dem Überschreiten des errechneten Termins das Risiko für die Ungeborenen
ansteigt und aus dem Grund engmaschige Kontrollen angezeigt sind. Die
Kammer hat jedoch bereits erhebliche Zweifel an der Qualität der Aussage
der Zeugin. So hat sie zwar erklärt, bei ihrer eigenen Schwangerschaft
sei das Tragzeitalter rechnerisch und per Ultraschall festgelegt worden,
wie ebenso bei einer von ihr betreuten Schwangerschaft, bei der die
Kindsmutter zudem ganz genau gewusst habe, wann das Kind entstanden sei,
belegbare Unterlagen hatte die Zeugin jedoch nicht, so dass ihre
Bekundung in keiner Weise nachvollziehbar war. Soweit sie weiter erklärt
hat, in dem dritten ihr bekannten Fall handle es sich um die von einer
Kollegin betreute Schwangerschaft, wobei jedoch keine Entbindung von der
Schweigepflicht erfolgt sei, ist auch dies für die Kammer nicht
verifizierbar.
Letztlich besteht an der Kompetenz und Autorität des versierten,
erfahrenen und fachkundigen Sachverständigen insgesamt keinerlei
Zweifel.
Logged
Julian
Boltbender
Jr. Member
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Re: Angeklagte wegen Totschlags zu Freiheitsstrafe von 6 Jahren + 9
Monaten verurte
« Reply #11 on: June 12, 2016, 04:43:27 AM »
Keine Weigerung der Kindseltern in Bezug auf eine Krankenhausverlegung
Als Dreistigkeit und Verdrehung der Tatsachen durch die Angeklagte in
ihrer Einlassung und die Verteidigung im Plädoyer ist es weiter zu
bewerten, den Eltern die alleinige Verantwortung für den gesamten
Verlauf zuzuschreiben mit der Unterstellung, die Angeklagte durch das
Nichterscheinen in der Praxis zur Durchführung der Geburt in dem
Hotelzimmer gezwungen zu haben, ihre elterliche Sorge verletzt zu haben,
indem sie alles außer Acht gelassen hätten, was sie ihrem Kind
geschuldet hätten, nämlich es keiner Gefahr auszusetzen, stattdessen sie
einen Flug unternommen, die Durchführung der MRT-Untersuchung abgelehnt,
bei der Geburt zu lange zugewartet hätten, sich im Hinblick auf die
Bemerkung der Angeklagten hinsichtlich der Risiken einer
Beckenendlagengeburt "wollt ihr das wirklich wissen" nicht selbstständig
informiert, sich nicht selbst um ein geeignetes Krankenhaus gekümmert
und schließlich nicht die Einweisung in das Krankenhaus ausdrücklich
verlangt zu haben.
Nach den tragfähigen Bekundungen der Nebenkläger hat die Kammer keinen
Zweifel daran, dass sie nicht zu der Klientel der Angeklagten gehört
haben - wie etwa die Zeuginnen Z38 oder Z13 -, die selbst aufgrund einer
bestimmten Weltanschauung und esoterischen Denkweise unter Inkaufnahme
bekannter Risiken in jedem Fall an einer außerklinischen Geburt
festhalten wollten.
Die Zeugen Z1 haben zuverlässig und glaubhaft geschildert, dass sie
gerne eine Hausgeburt erlebt hätten, aber dass immer außer Frage
gestanden habe, dass weder für die Zeugin Z1 noch ihr Kind ein Risiko
bestehen sollte, das über das normale Risiko jeder Geburt hinausging.
Nur vor dem Hintergrund der Informationen der Spezialisten für
Beckenendlagen in Deutschland, dass auch eine erfahrene Hebamme eine
Beckenendlage vaginal entbinden könne, und aufgrund der überzeugenden
Ausführungen der Angeklagten habe man sich dazu entschlossen. Die Zeugen
haben wiederholt bekundet, sich danach erkundigt und von der Angeklagten
auch bestätigt erhalten zu haben, dass es in unmittelbarer Nähe ihrer
Praxis mehrere Krankenhäuser gäbe, die im Falle auftretender Probleme
innerhalb weniger Minuten erreichbar gewesen wären. Die Angeklagte habe
erklärt, dass man einen Kaiserschnitt in 10 Minuten hinkriegen könne,
wenn dies nötig sei, dass sie es organisieren könne, dass der Bauch der
Zeugin Z1 innerhalb von 10 Minuten aufgeschnitten sei.
Die Zeugen haben nachvollziehbar dargelegt, dass sie allein aufgrund
dieser Angaben der Angeklagten beruhigt gewesen seien und das Risiko,
dass etwas passieren könne, als gar nicht groß angesehen hätten, und
angesichts der geschilderten Erfahrungen der Angeklagten auch davon
ausgegangen seien, dass sie Komplikationen sofort erkennen und
entsprechend handeln würde. Die Zeugin Z1 hatte noch eine konkrete
Erinnerung daran, dass sie sich aufgrund der Angaben der Angeklagten so
sicher gefühlt und noch in Telefonaten mit ihren Freundinnen davon
berichtet habe, dass sie sofort im Krankenhaus sei, wenn bei der Geburt
etwas nicht in Ordnung wäre.
Soweit die Angeklagte mit der Benennung der Zeugin Z59, einer ebenfalls
mit ihr seit über 20 Jahren eng befreundeten Hebamme, die an der
Mehrzahl der Verhandlungstage als Zuhörerin teilgenommen hat, unter
Beweis stellen wollte, dass die Nebenklägerin noch am Vorabend der
Geburt anlässlich eines Hauskonzertes bei der Angeklagten erklärt habe,
umfassend über die Risiken einer Hausgeburt bei Beckenendlage aufgeklärt
zu sein, nach Möglichkeit eine Klinikentbindung vermeiden, der Gefahr
eines Kaiserschnitts entgehen und deshalb bei der Angeklagten entbinden
zu wollen, hat die Zeugin diese Behauptungen in der Form nicht
bestätigt. Auf Nachfragen der Kammer hat sie erklärt, es habe sich um
ein smalltalk-Gespräch von maximal 6-7 Minuten gehandelt, wenn es
"hochkomme", die Kindsmutter habe auf sie einen entschlossenen Eindruck
gemacht und erklärt, dass sie ihr Kind auf normalem Wege bekommen und
keinen Kaiserschnitt wolle; Erinnerungen an Einzelheiten des Gesprächs,
das ja mittlerweile 5 Jahre zurückliege, habe sie nicht mehr. Frau Z1
habe aber gesagt, dass sie aus O23 nach O8 gereist seien, um ihr Kind
auf natürlichem Wege zu entbinden; daraus schließe sie, dass der Wille,
spontan zu entbinden, sehr groß gewesen sein müsse.
Ein Widerspruch zu der Aussage der Nebenkläger besteht damit in keiner
Weise, und insbesondere lässt diese Aussage nicht den Rückschluss zu,
dass die Zeugen einen Kaiserschnitt in jedem Fall abgelehnt haben.
Soweit die Verteidigung durch Vernehmung des Arztes Prof. Dr. Z25 der
Klinik in O26 sowie einer weiteren Mitarbeiterin unter Beweis stellen
wollte, dass die Nebenkläger eine Sectio kategorisch abgelehnt und in
jedem Fall die Geburt auf natürlichem Wege vorgezogen hätten, wobei die
Ablehnung der Durchführung einer Magnetresonanztomographie belege, dass
sie jegliche Untersuchungen und Geburtsmethoden abgelehnt hätten, die
über natürliche Methoden hinausgehen würden, war dies ebenfalls
ungeeignet, die Angaben der Nebenkläger in Zweifel zu ziehen, da die
Kindseltern nach ihren glaubhaften Bekundungen mit dem Arzt überhaupt
nicht und mit anderen Mitarbeitern auch nicht über eine Sectio
gesprochen haben, und die Ablehnung einer speziellen Untersuchung im
Vorfeld der Geburt keinen Rückschluss auf eine grundsätzliche
Einstellung der Nebenkläger zulässt. Die von der Klinik in O26
übersandten und verlesenen Behandlungsunterlagen ergeben ebenfalls
nichts anderes.
Geburtsgeschehen
Die Feststellungen zum Ablauf der Geburt beruhen ebenfalls im
Wesentlichen auf den Bekundungen der Zeugen Z1 sowie der Verlesung ihres
schriftlichen Gedächtnisprotokolls. Teilweise findet ihre Richtigkeit
auch durch verwertbare Eintragungen der Angeklagten in ihren Unterlagen
sowie ihre eigenen Angaben gegenüber der Hebamme Z14 Bestätigung.
Die medizinische Beurteilung und die Bewertung des Verhaltens der
Angeklagten hat die Kammer auf der Grundlage der kompetenten und
nachvollziehbaren Darlegungen des Sachverständigen Prof. Dr. C1
getroffen, die durch verlesene Urkunden und medizinische Einschätzungen
weiterer sachverständiger Zeugen Bestätigung gefunden haben.
Dass die Geburt gegen 04.00 Uhr am Morgen des 30.06.2008 mit dem
Fruchtblasensprung begonnen hat, ergibt sich zur zweifelsfreien
Überzeugung der Kammer aus der Eintragung der Angeklagten in ihrem
Kalender und ihrer diese Eintragung bestätigenden Erklärung gegenüber
der Zeugin Z14 sowie ihrer Einlassung in der Hauptverhandlung. Die
Nebenkläger hatten eine konkrete Erinnerung an den Zeitpunkt, an dem die
Zeugin Z1 mit dem Erwachen gegen 04.00 Uhr morgens ein erstes Ziehen
verspürte - nach den Darlegungen des Sachverständigen Prof. Dr. C1
insbesondere in Zusammenhang mit dem Fruchtblasensprung der eindeutige
Beginn der Eröffnungswehen -, wenngleich sie den Flüssigkeitsabgang
mangels konkreter Erinnerung in der Hauptverhandlung erst einem
Zeitpunkt im direkten Anschluss an das um 05.09 Uhr mit der Angeklagten
geführte Telefonat zuordneten. In ihrer Einlassung hat die Angeklagte
allerdings selbst angegeben, bereits in dem ersten Telefonat von dem
Flüssigkeitsabgang informiert gewesen zu sein. Zudem lässt ihre erste
Eintragung in ihrem Kalender mit der Notiz "Va FBS" - Verdacht auf
Fruchtblasensprung zweifelsfrei ihre Kenntnis von einem
Flüssigkeitsabgang bereits zum Zeitpunkt des ersten Telefonats zu. Ihre
Eintragung, die die Kammer neben der Verlesung in Augenschein genommen
hat, lässt auch unschwer erkennen, dass die Uhrzeit 4.00 mit der Zahl 5
überschrieben worden ist. Die Richtigkeit der ursprünglichen Zeit ergibt
sich allerdings auch zweifelsfrei aus den Angaben der Nebenkläger sowie
der Zeugin Z14 und dem insoweit mit der Angeklagten während der Geburt
geführten und verlesenen SMS-Verkehr, in dem die Angeklagte auf
Nachfrage der Zeugin Z14 nach dem Zeitpunkt des Fruchtblasensprungs
konkret die Uhrzeit 04.00 Uhr benannt hat. Auf den Inhalt der Aussage
der Zeugin Z14, die in zahlreichen Punkten gelogen hat, und nur dann,
wenn sie mit Fakten und eigenen Angaben im Rahmen ihrer früheren
polizeilichen Vernehmung konfrontiert wurde, zutreffende Angaben gemacht
hat, wird noch im Zusammenhang einzugehen sein. Im Rahmen der Vernehmung
der Zeugin Z14 durch den Zeugen KHK Z35 wurden die Speicherinhalte des
Handys der Zeugen mit ihrer Zustimmung eingesehen und wörtlich in die
Zeugenvernehmung aufgenommen. Der entsprechende Inhalt der
Zeugenvernehmung ist in der Hauptverhandlung verlesen worden.
Dass mit dem Fruchtblasensprung zu dem Zeitpunkt nach Überschreiten des
errechneten Geburtstermins die Geburt begonnen hatte, hat der
Sachverständige Prof. Dr. C1 erläutert. Die Formulierung der Angeklagten
in ihrer Einlassungserklärung, "Z1 habe sich etwa um 5.00 Uhr morgens
bei ihr mit der Botschaft gemeldet, sie hätte den Eindruck, dass heute
die Geburt losgehen könnte", ist bis auf die Zeitangabe unwahr. Gleiches
gilt für die anschließenden angeblichen detaillierten Erklärungen zu den
möglichen unterschiedlichen Ursachen des Flüssigkeitsabgangs. Mitnichten
hat die Angeklagte nach den glaubhaften Bekundungen der Nebenkläger
Ausführungen zu möglichen unterschiedlichen Gründen gemacht und
insbesondere auch nicht zu dem Umstand, dass eine Gefährdung für das
Kind auszuschließen sei, da es bereits fest im Beckeneingang liege,
wovon sie sich noch 10 Stunden vorher überzeugt habe. Da eine solche
Äußerung gegenüber den Kindseltern nach deren Bekundungen zu keinem
Zeitpunkt erfolgt ist, hat die Kammer keinen Zweifel daran, dass sowohl
die behauptete Untersuchung als auch die Äußerung eine unwahre
Schutzbehauptung im Hinblick darauf ist, dass die Kammer im Laufe des
Verfahrens mit dem Sachverständigen Prof. Dr. C1 erörtert hatte, welche
Gefahren - nämlich die eines Nabelschnurvorfalls - im Fall eines
Fruchtblasensprungs bestehen, wenn das Kind sich noch nicht tief genug
im Becken befindet, um den Beckeneingang abzudichten.
Die Feststellung, dass die Angeklagte die Gebärende über die gesamte
Eröffnungsperiode sich selbst überlassen hat und bis zu dem Telefonat um
14.49 Uhr zu keinem Zeitpunkt eine Aufforderung, die Praxisräume
aufzusuchen, erfolgt ist, beruht ebenfalls auf den Angaben der
Kindseltern. Ihre unwahre Angabe gegenüber den Polizeibeamten, bereits
vor 16 Uhr im Hotel gewesen zu sein, hat die Angeklagte selbst nicht
aufrechterhalten. Ihre Darstellung in der Einlassung, es sei der Wunsch
der Nebenklägerin gewesen, noch abzuwarten, wogegen sie nichts
einzuwenden gehabt habe, und die Behauptung, dass ausdrücklich
abgesprochen gewesen sei, dass die Kindseltern jederzeit in die Praxis
hätten kommen können, ist ebenso unwahr wie die Einlassungserklärung,
sie habe bei dem zweiten Telefonat um 09.39 Uhr zu der Zeugin Z1 gesagt,
dass sie in die Praxis umziehen sollten, wenn sie den Eindruck habe,
dass sie regelmäßige Wehen produziere, und dass sie sie im Laufe des
Vormittags erwarten würde. Die Angabe, dass sie ab diesem Zeitpunkt auf
das Eintreffen des Paares gewartet habe und den Umstand, dass sie länger
nichts von den Beiden gehört habe, so gedeutet habe, dass offenbar noch
keine wesentlichen Veränderungen eingetreten seien, ist, wie die gesamte
Einlassung der Angeklagten, nur ein zynischer Versuch der Verlagerung
der Verantwortung auf die Kindseltern. Diese haben insgesamt überzeugend
und glaubhaft geschildert, dass die Angeklagte bei dem ersten Telefonat
lediglich bestätigt habe, dass alles normal und in Ordnung sei und die
Zeugin Z1 sich noch ausruhen solle, wobei sie sich mit den Worten "bis
später" verabschiedet habe. Auch bei dem zweiten Telefonat habe die
Angeklagte mit keinem Wort erwähnt, wann ein Wechsel in die Praxis
erfolgen sollte. Sie habe lediglich den Vorschlag gemacht, zu
entspannen, zu lesen oder spazieren zu gehen und sich die Zeit zu
vertreiben. Die Kindsmutter hat nachvollziehbar geschildert, dass sie
davon ausgegangen sei, dass die Angeklagte wisse, wovon sie rede, dass
es sich um die ganz normale Eröffnungsphase handle und diese Phase auch
längere Zeit dauern könne. Die Angeklagte habe lediglich gesagt, sie
solle sich wieder melden, wenn die Schmerzen stärker würden. Irgendwann
habe der Körper dann sie unter Kontrolle gehabt und sie habe Angst
bekommen und ihren Partner gebeten, die Angeklagte erneut anzurufen, das
Zeitgefühl habe sie verloren.
Nach den Darlegungen des Sachverständigen Prof. Dr. C1 - worauf im
Hinblick auf die Versäumnisse der Angeklagten noch im einzelnen
eingegangen wird - war das Handeln der Angeklagten, eine Erstgebärende,
zudem mit den besonderen Risiken einer Beckenendlage ab dem eindeutigen
Geburtsbeginn um 04.00 Uhr morgens über einen Zeitraum von 11 bzw.12
Stunden allein zu lassen, außerhalb jedes Verantwortungsbewusstseins.
Mit den zwei befundeten Schwangerschaftsrisiken der pathologischen
Kindslage und der Überschreitung des errechneten Geburtstermins, was der
Angeklagten bekannt gewesen sei, hätte eine außerklinische Entbindung
nicht stattfinden dürfen. Sorgfaltswidrig sei bereits die Planung einer
außerklinischen Geburt gewesen und habe einen Verstoß gegen
Mutterschaftsrichtlinien, die Berufsordnung für Hebammen, die
Empfehlungen zur Zusammenarbeit von Ärzten und Hebammen und der
Hebammengeleiteten Geburtshilfe des Bundes deutscher Hebammen bedeutet.
Bereits die Planung der außerklinischen Geburt habe gegen alle gültigen
Leitlinien, Standards und Lehrbuchwissen verstoßen, die jeder
durchschnittlich qualifizierten Hebamme bekannt seien. Spätestens zum
Zeitpunkt des Anrufs der Kindsmutter am frühen Morgen sei diese von der
Notwendigkeit einer Klinikeinweisung zu überzeugen gewesen, die
Rettungsleitstelle zu verständigen oder die Schwangere abzuholen
gewesen. In höchstem Maße sorgfaltswidrig sei es zudem gewesen, die
Gebärende über die gesamte Eröffnungsperiode allein zu lassen.
Dass dieses Verhalten, was schon aus laienhafter Sicht nicht
nachvollziehbar erscheint, unüblich, unverständlich und sorgfaltswidrig
ist, hat die Kammer auch den Bekundungen anderer Hebammen entnehmen
können. So hat etwa die Zeugin Z45, eine seit 25 Jahren mit der
Angeklagten gut bekannte Hebamme, angegeben, dass sie, wenn eine Frau
sich mit Blasensprung melde, sofort zu ihr fahre und sie nicht komme
lasse, und in anderen Fällen spätestens nach ca. 3 - 4 Stunden hinfahre,
vorher aber immer telefonischen Kontakt halte. Andere, wie die Zeugin
Z60, haben bekundet, Beckenendlagen aufgrund der bekannten Risiken
selbst nicht außerklinisch zu entbinden.
Eine Erklärung für ihr Verhalten, die Gebärende über einen so langen
Zeitraum alleine zu lassen, hat die Angeklagte in keiner Weise versucht,
wonach die Kammer auch davon überzeugt ist, dass es wichtige und
überraschende Umstände, die ein Aufsuchen der Gebärenden unmöglich
gemacht oder erschwert hätten, nicht gegeben hat. Solche Umstände hätte
die Angeklagte nicht verschwiegen. Dass ihr Verhalten letztlich auch aus
ihrer Sicht nicht verantwortungsbewusstem Umgang entsprach, zeigt nicht
zuletzt ihre von dem Zeugen KOK Z33 bekundete unwahre Behauptung, über
den Tag mehrmals mit der Gebärenden telefoniert zu haben und vor 16 Uhr
bereits zweimal zu einer Untersuchung im Hotel gewesen zu sein. In der
Hauptverhandlung hat sie es sodann unzutreffend so darzustellen
versucht, als hätten die Nebenkläger sich geweigert, früher in die
Praxis zu kommen.
Dass auch die Behauptung der Angeklagten, auch das dritte Telefonat um
14.49 Uhr noch mit der Zeugin Z1 selbst geführt zu haben, eine dreiste
Unwahrheit im Hinblick auf ihre Versäumnisse ist, unterliegt nach den
Bekundungen der Kindseltern ebenfalls keinen Zweifeln. Die Darstellung
der Angeklagten, die Zeugin Z1 habe die Kontraktionen jetzt so
beschrieben, dass "man wohl von richtigen Wehen habe reden können", sie
- die Angeklagte - beruhigt gewesen sei, den Ausführungen zu entnehmen,
dass "sich ein normaler Geburtsprozess abgezeichnet habe" und die
Tatsache, dass ...(Vorname Z1) noch selbst mit ihr telefoniert habe,
"sie in der Annahme versichert habe, dass die Geburt noch nicht direkt
bevorgestanden habe", ist, angesichts des Umstands, dass sie selbst nur
eine Stunde später einen Zustand dokumentiert hat, wonach die
vollständige Öffnung des Muttermundes, mithin die gesamte
Eröffnungsphase stattgefunden hatte, und wonach mit diesem Zeitpunkt der
Beginn der Austreibungsphase, d.h. das Endstadium der Geburt, zu
verzeichnen war, an Dreistigkeit und Impertinenz kaum zu überbieten.
Gleiches gilt für ihre Behauptung, jetzt das Bedürfnis verspürt zu
haben, sich persönlich um die Gebärende zu kümmern - ungefährer und
unverbindlicher ist dieses Bedürfnis kaum zu formulieren -, sowie die
Angabe, gerade in dem Moment überlegt zu haben, anzurufen, als der Zeuge
Z1 um 15.59 Uhr ein viertes Mal anrief.
Die Feststellung, dass die Eröffnungsphase bei ihrem Eintreffen um ca.
16.08 Uhr bereits beendet war, hat die Kammer zum einen auf der
Grundlage des Geburtsprotokolls, das die Angeklagte am 01.07.2008 der
Staatsanwaltschaft übermittelt hat, getroffen. Hierin hat die Angeklagte
für den Zeitpunkt ihres Eintreffens um 16.08 Uhr die Eintragung "MM
(Muttermund) vollständig bis auf Saum" gemacht.
Die Kammer hat keinen Zweifel daran, dass diese Eintragung den
tatsächlichen Umständen entsprach, auch wenn die Angeklagte dies in den
beiden anderen Protokollen für die Zeit um 17.50 Uhr notiert hat, da
davon ausgegangen werden kann, dass die Angeklagte in der freiwillig den
Ermittlungsbehörden übergebenen Version nicht Dinge zu ihren Lasten
falsch eingetragen hat. Desweiteren hat die Angeklagte auch der Zeugin
Z14 - was diese in der Hauptverhandlung wiederum nur ungern und auf
Vorhalt ihrer entsprechenden Angaben im Rahmen der polizeilichen
Vernehmung durch den Zeugen KHK Z35 zugegeben hat - davon berichtet,
dass der Muttermund bereits bei ihrem Eintreffen gegen 16 Uhr
vollständig eröffnet gewesen sei. Die Behauptung der Angeklagten nunmehr
in ihrer Einlassungserklärung in der Hauptverhandlung, der Muttermund
sei erst bei einer der um 19.50 Uhr erfolgten vaginalen Untersuchung
nachfolgenden Untersuchung so gut wie vollständig gewesen, ist ebenfalls
eine dreiste Unwahrheit.
Im Übrigen entspricht der Befund nach den Darlegungen des
Sachverständigen Prof. Dr. C1 auch dem Geburtsverlauf, der mit einer
zwölfstündigen Eröffnungsphase unter Berücksichtigung der
durchschnittlichen Geburtsdauer einer Erstgebärenden von 6 bis 7 Stunden
schon einen überdurchschnittlichen Zeitraum in Anspruch genommen hat.
Die angesichts dieses Befundes der Angeklagten zu berechnende Dauer der
Austreibungsphase von 6 Stunden, die damit als massiv protrahiert zu
bewerten ist - worauf noch einzugehen ist -, beruht ebenfalls auf den
Darlegungen des Sachverständigen.
Dass auch die gesamte weitere Darstellung der Angeklagten vor dem
Hintergrund der Ergebnisse der Beweisaufnahme und der Ausführungen des
Geburtsmediziners konstruiert worden ist, ist nicht nur aufgrund der
Widersprüche zu früheren Dokumentationen offensichtlich. Soweit die
Verteidigung die gute Erinnerungsfähigkeit der Angeklagten angemerkt
hat, die offensichtlich nach 6 Jahren besser als im Anschluss an das
Geschehen sein soll, bedarf das keiner weiteren Erörterung. Die
Einlassung der Angeklagten, der Muttermund sei bei ihrem Eintreffen etwa
7 cm weit gewesen, steht in Widerspruch zu allen Protokollen, in denen
diese Zahl nicht auftaucht, und insbesondere zu der Beschreibung des
Muttermundes als bis auf einen Saum eröffnet, was, wie dargelegt, einem
Wert von 9 cm und einer vollständigen Eröffnung und dem Ende der
Eröffnungsphase entspricht.
Die Einlassung der Angeklagten basiert taktierend und angepasst allein
auf der Motivation, die nach den Darlegungen des Sachverständigen Prof.
Dr. C1 vorliegende protrahierte Austreibungsphase mit den erkennbaren
lebensgefährdenden Risiken für das Ungeborene zu verkürzen.
Dass die Zeugin Z1 bei ihrer Ankunft angeblich eine Wehe ohne
Anstrengung veratmen konnte, was ihr gezeigt habe, dass "die Geburt
nicht unmittelbar bevorgestanden habe", geht in die selbe Richtung und
steht nicht nur im Widerspruch zu ihrer unmittelbar zuvor gemachten
Angabe, bei dem vorangegangenen Telefonat die Kindsmutter im Hintergrund
gehört zu haben, was sich angehört habe, als schöbe diese gerade ihr
Kind aus sich heraus, sondern auch zu den glaubhaften Bekundungen der
Nebenkläger, dass die Kindsmutter sich vor kaum auszuhaltenden Schmerzen
zu diesem Zeitpunkt kaum noch habe bewegen können. Auch in ihrem der
Staatsanwaltschaft und den Kindseltern übergebenen Gedächtnisprotokoll
hatte die Angeklagte notiert, dass die Wehen bei dem Telefonat sehr
heftig zu sein schienen und in der auf ihrem Laptop sichergestellten,
dass es geklungen habe, als würde die Geburt sehr schnell vonstatten
gehen. In den beiden übergebenen Gedächtnisprotokollen hatte sie zudem
notiert, dass die Wehen sehr schmerzhaft gewesen seien, was mit einem
Veratmen ohne Anstrengung nichts zu tun hat.
Dass es bei dem Telefonat um 15.59 Uhr und erneut um 18.22 Uhr zum
Abgang von Mekonium kam, konnte die Angeklagte angesichts ihrer
entsprechenden Eintragungen im Kalenderblatt und den
Gedächtnisprotokollen, die sie der Staatsanwaltschaft und den
Kindseltern zur Verfügung gestellt hatte, später nicht mehr leugnen.
Ihre nunmehr erfolgte Konkretisierung der Menge in Zusammenhang mit der
Behauptung, dass der kindliche Steiß bereits tief im Becken gewesen sei,
im Rahmen ihrer Einlassungserklärung, ist allerdings ebenfalls nur ein
kläglicher Versuch der Abschwächung der offenkundigen Gefährdung des
Kindes und die Erklärung einer - nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme
sicher auszuschließenden - mechanischen Ursache des Mekoniumabgangs.
Während die Angeklagte in ihrer Einlassung behauptet hat, es sei
"ungefähr ein Eierbecher voll Mekonium" und später "ungefähr ein
Esslöffel voll" abgegangen, widerspricht dies schon ihrer Eintragung in
dem Kalender, in der sie "reichlich" und "viel" Mekonium dokumentiert
hat. Ebenfalls findet sich in sämtlichen Gedächtnisprotokollen für den
Zeitpunkt ihres Eintreffens die Beschreibung des Abgangs von "reichlich
Mekonium", was kaum mit der Menge eines Eierbecherinhalts kompatibel
ist. Auch in dem Telefonat mit der Zeugin Z14, worauf im einzelnen noch
eingegangen wird, hat die Angeklagte nach den Bekundungen der Zeugin von
einem "massiven" Mekoniumabgang gesprochen.
Dass die Angeklagte auch während ihrer Anwesenheit nur eine völlig
unzureichende Kontrolle des Gesundheitszustandes der Gebärenden und des
Ungeborenen vorgenommen hat, ergibt sich aus den medizinischen
Beurteilungen des Sachverständigen Prof. Dr. C1 auf der Grundlage der
von der Kammer festgestellten Umstände. Nach der Einlassung der
Angeklagten ist die von ihr während des Geburtsvorgangs ausschließlich
vorgenommene Dokumentation in ihrem Kalender erfolgt. Danach hat sie,
wie dargelegt, die Herztöne des Kindes fünfmal kontrolliert, die
Vitalparameter der Mutter, wie Puls oder Blutdruck überhaupt nicht. Kein
einziges Mal ist eine konkrete Herztonfrequenz aufgeführt. Dass dieses
Verhalten ihrer üblichen Vorgehensweise entspricht, wird nicht nur die
mangelhafte Überwachung bei anderen Geburtsvorgängen, etwa den Geburten
Z2 und Z3, sondern zudem durch ihre unzweideutige publizierte
Einstellung bestätigt. Ihre Einlassung, die Herztöne des Kindes etwa
viertelstündlich, auch im Vergleich zur mütterlichen Pulsfrequenz,
kontrolliert zu haben, reiht sich in die Auflistung der Unwahrheiten zur
Negierung ihrer Verantwortlichkeit ein. Selbst in den drei von ihr nach
der Geburt in Kenntnis des Ermittlungsverfahrens angefertigten
Gedächtnisprotokollen werden über den Zeitraum von 6 Stunden einmal 4,
einmal 9 und schließlich 11 Kontrollen genannt. Bei den behaupteten
Abständen von einer Viertelstunde hätten es 24 sein müssen. Die Kammer
ist in Anbetracht der grundsätzlichen Einstellung der Angeklagten, nach
Möglichkeit auf die Messung der Vitalparameter von Mutter und Kind zu
verzichten, der Überzeugung, dass lediglich die in dem mitgeführten
Kalender vermerkten fünf Messungen der Herztöne G. Z1s und keine
weiteren erfolgt sind.
Dass weiter die Behauptung, noch um 22.02 Uhr eine Herztonfrequenz von
100 bpm gemessen zu haben, eine unwahre Schutzbehauptung ist, steht
nicht nur aufgrund der glaubhaften Bekundungen des Zeugen Z1, dass das
Gerät etwa gegen 21.40 Uhr ausgesetzt habe, wobei er einen Blick auf
eine in dem Zimmer befindliche Uhr hatte - weshalb er auch für den
späteren Zeitraum eine konkrete Erinnerung daran hatte, dass die
Angeklagte ihn erst 10 Minuten nach der Geburt G. Z1s aufgefordert
hatte, besser einen Notarzt zu informieren - fest, sondern ergibt sich
weiter aus den Darlegungen des Sachverständige Prof. Dr. C1, dass es bei
einem derartigen Befund auszuschließen ist, dass nur etwa 10 Minuten
später ein nicht mehr reanimierbares Kind geboren wird. Dass die
Nichtreanimierbarkeit keine organische Ursache hatte, wie von der
Angeklagten behauptet wird, wird noch dargelegt werden. Der Nebenkläger
hat nachvollziehbar seine konkrete Erinnerung an den Zeitraum des
Ausfalls des Geräts geschildert sowie den anschließenden Versuch der
Angeklagten, mit einem Hörrohr die Herztöne zu überprüfen, wobei sie
dazu nichts gesagt habe, ihr Gesichtsausdruck ab diesem Moment aber
deutliche Sorge haben erkennen lassen.
Die zunehmende Erschöpfung der Nebenklägerin und der Rückgang der
Wehentätigkeit bis hin zu einem Geburtsstillstand ergeben sich nicht nur
aus den Schilderungen der Kindseltern, sondern auch aus der
Dokumentation der Angeklagten. Während sie in ihren Kalender während der
Geburt um 20.20 Uhr, mithin nach der bereits 4 Stunden dauernden
Austreibungsphase, notiert hat, dass die Pausen länger, die
Kontraktionen seltener würden, die Kindsmutter schlapp und bereits zu
diesem Zeitpunkt kein Geburtsfortschritt zu verzeichnen sei, hat sie
auch in ihren Gedächtnisprotokollen im Anschluss an die Geburt bereits
für den Zeitpunkt ihres Eintreffens eine Erschöpfung der Zeugin Z1
vermerkt, was sich für die nachfolgenden Zeitpunkte nicht gebessert,
sondern verschlechtert hat. In den der Staatsanwaltschaft und den
Kindseltern überlassenen Protokollen heißt es etwa:
"16.08 Uhr: Frau Z1 liegt in linker Seitenlage auf dem Bett und macht
einen erschöpften Eindruck; 18.22 Uhr: Frau Z1 fühlt sich weiterhin
schlapp; gegen 19.35 Uhr wird der Versuch einer Lageänderung vorgenommen
und abgebrochen, weil die Schmerzen sofort zu groß werden; 20.20 Uhr:
Frau Z1 wird zur Toilette gebracht, hier werden die Kontraktionen etwas
seltener". Das den Kindseltern übergebene Protokoll enthält für 20.20
Uhr die zusätzliche Eintragung: "während der nächsten 20 Minuten gibt es
keinen Hinweis auf einen Geburtsfortschritt".
Die Einlassung der Angeklagten, dass sie über diese den Nebenklägern
"bekannten Zustände" der Schlappheit und Unbeweglichkeit öfter
gesprochen hätten, weshalb sie sich keine ernsthaften Sorgen gemacht
hätte, ist eine weitere Unwahrheit, um ihre Verantwortung für die
Einschätzung der Situation und Verpflichtung zu einer Verlegung in eine
Geburtsklinik zu leugnen. Wie bereits dargelegt haben beide Nebenkläger
bereits zu Beginn der Hauptverhandlung im Rahmen ihrer Vernehmung
geschildert, dass die Kindsmutter sich während der gesamten
Schwangerschaft, mit Ausnahme der unbedeutenden Erkältung, sehr wohl
gefühlt habe, wobei der Zeuge Z1 der Einlassung der Angeklagten am 50.
Verhandlungstag ergänzend vehement und glaubhaft widersprochen hat.
Dass auch die weitere Einlassung, eine Verlegung in die Praxis und
später in ein Krankenhaus ebenso wie die Vorzüge eines Wehentropfes
angesprochen zu haben, was von den Kindseltern abgelehnt worden sei,
unwahr ist, steht nach den Aussagen der Zeugen Z1 ebenfalls außer
Zweifel. Die Kammer ist auch davon überzeugt, dass die Kindseltern in
diesem Punkt nicht etwa die Unwahrheit gesagt hätten, um ihre eigene
Verantwortung zu negieren oder die Angeklagte zu Unrecht, auch im
Hinblick auf mögliche Schadensersatzansprüche, zu belasten. Glaubhaft
und überzeugend haben beide Zeugen geschildert, dass diese Umstände zu
keinem Zeitpunkt während der Geburt angesprochen worden seien und die
Angeklagte vielmehr im Gegenteil immer versichert habe, dass alles in
Ordnung sei, alles gut laufe, sie der Angeklagten vertraut und bis
zuletzt gedacht hätten, dass sie gleich ihr Kind im Arm halten würden.
Auch auf die Frage an die Nebenklägerin, ob ihr Partner nicht irgendwann